Journalismus und Public Relations sind von gegenseitiger Beeinflussung geprägt. In dieser wechselseitigen Beziehung ist den Journalisten das gegenseitige Geben und Nehmen ebenso bewusst, wie auch die Public Relations-Akteure über deren Möglich-keiten zur Durchsetzung ihrer Themen zum richtigen Zeitpunkt Bescheid wissen. Werden die Redaktionen als Grenzstellen des Journalismus und die Public Relations-Abteilungen als Grenzstellen von Institutionen der Wirtschaft, Verwaltung und Politik verstanden, so liegt es nahe, dass nach Entgrenzungen im Sinne von Steuerung oder Beeinflussung gefragt wird. Nach dieser Ansicht sind die meisten Studien entstanden, die sich mit dem Verhältnis zwischen Journalismus und Public Relations beschäftigen. Bereits 1927 erkennt der Kommunikationswissenschaftler Emil Dovifat nach einem längeren Forschungsaufenthalt in den USA den Einfluss der Public Relations auf die Medienberichterstattung:
„Der Preßagent (PR-Agent, Anm. d. Verf.) rühmt sich, der Presse die […] klare und verständig abgefaßte, aus einem Wust von Nebensächlichkeiten herausgearbeitete Nachricht gegeben zu haben. Dabei verheimlicht der ‚News agent‘ die Tatsache, daß er sich wie ein Sieb zwischen die Zeitung und die Nachrichtenquelle legt. Er hält den Reporter in seiner freien Arbeit auf. Er gibt ihm die voll vorbereitete Nachricht, an deren Veröffentlichung ihm und seinen Beauftragten gelegen ist. Die diensteifrige Geschäftigkeit und Hilfsbereitschaft des Preßagenten ist ein gefährlicher Anreiz für den Reporter, sich die Arbeit angenehm zu machen und die Dinge so zu sehen und darzustellen, wie der Interessent sie dargestellt sehen will.“ (Dovifat 1990: 209)
Auch die bekannteste deutsche Untersuchung von Barbara Baerns attestiert der Public Relations, dass sie die Themen und das Timing der journalistischen Berichterstattung unter Kontrolle haben. Diese Ansicht dominierte auch einige Zeit die Forschung über das Verhältnis zwischen Public Relations und Journalismus. Doch einige modernere, methodisch und theoretisch anspruchsvollere Studien können die These des dominie-renden Einflusses der Public Relations auf die journalistische Berichterstattung in dieser pauschalen Form nicht mehr uneingeschränkt bestätigen.
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Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 1.1. Problembenennung
- 1.2. Forschungsfragen und Forschungsziele
- 2. Public Relations
- 2.1. Begriffserklärung
- 2.2. Aufgaben und Ziele
- 2.3. Modelle der Public Relations
- 2.3.1. Vier Modelle der Public Relations von Grunig und Hunt
- 2.3.2. Public Relations-Prozess-Modell von Hazleton und Long
- 2.3.3. Verständnisorientierter Ansatz nach Burkart
- 2.4. Resümee: Public Relations
- 3. Journalismus
- 3.1. Begriffserklärung
- 3.2. Aufgaben und Ziele
- 3.4. Informationsselektion im Journalismus
- 3.4.1. Der Gatekeeper-Ansatz
- 3.4.2. Die Nachrichtenwert-Forschung
- 3.4.3. Die News-Bias-Forschung
- 3.5. Resümee: Journalismus
- 4. Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Public Relations und Journalismus
- 5. Medien und Gesellschaft im Wandel
- 5.1. Public Relations 2.0
- 5.2. Journalismus 2.0
- 6. Theoretische Ansätze zum Verhältnis zwischen Public Relations und Journalismus
- 6.1. Einschätzung der Journalisten zum Einfluss der Public Relations
- 6.2. Der steuerungstheoretische Determinationsansatz
- 6.2.1. Der Determinationsansatz in der Diskussion
- 6.3. Der handlungstheoretische Intereffikationsansatz
- 6.3.1. Das Arenenmodell
- 6.3.2. Das Vier-Akteursmodell
- 6.3.3. Das Intereffikationsmodell
- 6.3.4. Weiterentwicklung des Intereffikationsmodells
- 6.3.5. Der Intereffikationsansatz in der Diskussion
- 6.4. Der systemtheoretische Interpenetrationsansatz
- 6.4.1. Der Interpenetrationsansatz in der Diskussion
- 7. Forschungsübersicht zum Einfluss von Public Relations auf den Journalismus
- 7.1. Drei Forschungsbereiche
- 7.2. Baerns Untersuchungen als Initialzündung in Deutschland
- 7.3. Medialer Wandel durch gesetzlich verordnete Publizität
- 7.4. Weiterentwicklung der Forschung
- 7.5. Messbare (erfolgreiche) Zusammenarbeit?
- 8. Darstellung der Methode
- 8.1. Die Methode der Metaanalyse
- 8.2. Anwendung der Metaanalyse
- 9. Einfluss von Public Relations auf Journalismus - Vorstellung und Ergebnisse ausgewählter Studien
- 9.1. Sigal (1973): Reporters and Officials
- 9.2. Nissen/Menningen (1977): Der Einfluss der Gatekeeper auf die Themenstruktur der Öffentlichkeit
- 9.3. Baerns (1979): Öffentlichkeitsarbeit als Determinante journalistischer Informationsleistung
- 9.4. Rohr (1980): Terminjournalismus - und sonst nichts?
- 9.5. Lang (1980): Parteipressemitteilungen im Kommunikationsfluss politischer Nachrichten
- 9.6. Hintermeier (1982): PR im journalistische Entscheidungsprozess
- 9.7. Baerns (1985): Öffentlichkeitsarbeit oder Journalismus?
- 9.8. Turk (1985): Information Subsidies and Information
- 9.9. Grossenbacher (1986): Die Medienmacher
- 9.10. Ettinger (1986): Die Pressestelle als institutionalisierte Nachrichtenquelle im Zeitungsjournalismus
- 9.11. Delitz (1986): Pressemitteilungen und Gerichtsberichterstattung
- 9.12. Meunzel (1988): Produktion und Abnahme von PR-Leistungen im Mediensystem
- 9.13. Reichmann (1988): Wirtschaftsjournalismus und unternehmerische PR in Österreich
- 9.14. Schnitzmeier (1989): Macht der Öffentlichkeitsarbeit oder Macht des Journalismus?
- 9.15. Liegler (1990): Öffentlichkeitsarbeit oder Journalismus
- 9.16. Mutter (1990): Die Beziehung zwischen Öffentlichkeitsarbeit und Wirtschaftsjournalismus I
- 9.17. Riemer (1990): Die Beziehung zwischen Öffentlichkeitsarbeit und Wirtschaftsjournalismus II
- 9.18. Grimme (1991): Zwischen Routine und Recherche
- 9.19. Fröhlich (1992): Qualitativer Einfluss von Pressearbeit auf die Berichterstattung: Die „geheime Verführung“ der Presse?
- 9.20. Barth/Donsbach (1992): Aktivität und Passivität von Journalisten gegenüber PR-Material
- 9.21. Morton/Warren (1992): Acceptance Characteristics of Hometown Press Releases
- 9.22. Walters/Walters (1992): Environment of Confidence: Daily Newspaper Use of Press Releases
- 9.23. Rossmann (1993): Öffentlichkeitsarbeit und ihr Einfluss auf die Medien
- 9.24 Saffarnia (1993): Determiniert Öffentlichkeitsarbeit tatsächlich Journalismus?
- 9.25. Steinlechner (1993): Pressearbeit im Fremdenverkehr
- 9.26. Salazar-Volkmann (1994): Marketingstrategien und Mediensystem
- 9.27. Morton/Ramsey (1994): A Benchmark Study oft he PR News Wire
- 9.28. Griffin/Dunwoody (1995): Impacts of Information Subsidies and Community Structure on Local Press Coverage of Environmental Contamination
- 9.29. Schweda/Opherden (1995): Journalismus und PR
- 9.30. Denkmayr (1996): Das Verhältnis zwischen Journalismus und PR
- 9.31. Schinagl (1996): Die Beziehung zwischen PR und Journalismus im Fremdenverkehr
- 9.32. Natter (1998): Öffentlichkeitsarbeit oder Journalismus? Presseaussendungen als Mittel politischer PR
- 9.33. Loosen/Meckel (1999): Journalismus in eigener Sache
- 9.34. Schubert (2000): Shell in der Krise
- 9.35. Rink (2001): Interdependenzen zwischen PR und Journalismus
- 9.36.-9.40. Leipziger Studien: Einleitung
- 9.36. Lausch (2001): Intereffikationsbeziehungen zwischen PR und Journalismus
- 9.37. Rehhahn (2001): Interdependenzen zwischen Sportjournalismus und Sport-PR
- 9.38. Schmidtke (2002): Die Interdependenzen zwischen PR und Journalismus
- 9.39. Schmidt-Heinrich (2002): Das Verhältnis von Journalismus und PR im Bereich Rundfunk
- 9.40. Röwer (2002): Das Verhältnis zwischen Journalismus und Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
- 9.36. - 9.40. Leipziger Studien: Wichtigste Ergebnisse und Schlussfolgerungen
- 9.41. Osman-Schenker (2002): Was denken Journalisten über Öffentlichkeitsarbeiter
- 9.42. Donsbach/Wenzel (2002): Aktivität und Passivität von Journalisten gegenüber parlamentarischer Pressearbeit
- 9.43. Liepert (2004): Interdependenzen zwischen PR und Journalismus
- 9.44. Okay/Okay (2004): Die Beziehungen von PR-Verantwortlichen in der Türkei
- 9.45. Pienegger (2004): PR und Wirtschaftsjournalismus
- 9.46. Wimmer (2004): Der Rahmen der Determinierung. Zur Nützlichkeit des Framing-Ansatzes
- 9.47. Scholl (2004): Steuerung oder strukturelle Kopplung
- 9.48. Seidenglanz/Bentele (2004): Verhältnis von Öffentlichkeitsarbeit und Journalismus im Kontext von Variablen
- 9.49. Pesendorfer (2006): Was denken PR-PraktikerInnen über JournalistInnen?
- 9.50. Riesmeyer (2006): Das Verhältnis von Journalismus und PR. Ressort und Status der Informationsquelle als Einflussfaktoren
- 10. Einordnung der Studien in Kategorienraster
- 11. Auswertung der Ergebnisse
- 11.1. Thematisierungsleistung der Public Relations
- 11.2. Transformationsleistungen der Journalisten
- 11.3. Beziehung zwischen den Akteuren
- 12. Fazit
- 12.1. Analyse bisheriger Studien und Anregungen für zukünftige Studien
- 12.2. Resümee
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht den Einfluss von Public Relations auf den Journalismus. Der Fokus liegt dabei auf dem aktuellen Forschungsstand und der Analyse verschiedener Studien zu diesem Thema. Die Arbeit soll die Dynamik zwischen den beiden Bereichen beleuchten und wichtige Erkenntnisse aus verschiedenen Forschungsrichtungen zusammenfassen.
- Die Entwicklung und Definition von Public Relations und Journalismus
- Die wechselseitige Beziehung zwischen PR und Journalismus
- Die Analyse verschiedener Theorien zum Einfluss von PR auf den Journalismus
- Die Relevanz von empirischen Studien für die Untersuchung des Einflusses von PR auf den Journalismus
- Der Einfluss des Wandels in Medien und Gesellschaft auf die Beziehung zwischen PR und Journalismus
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die die Thematik des Einflusses von Public Relations auf den Journalismus einführt und die Forschungsfragen sowie Forschungsziele definiert. Anschließend werden Public Relations und Journalismus jeweils im Detail beleuchtet, wobei die Begriffsdefinition, Aufgaben und Ziele sowie verschiedene Modelle der jeweiligen Disziplin vorgestellt werden.
Die Arbeit geht im Weiteren auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Public Relations und Journalismus ein, sowie auf die Auswirkungen des Wandels in Medien und Gesellschaft auf beide Bereiche. In einem weiteren Kapitel werden verschiedene theoretische Ansätze zum Verhältnis zwischen Public Relations und Journalismus präsentiert, darunter der Determinationsansatz, der Intereffikationsansatz und der Interpenetrationsansatz.
Es folgt eine umfassende Forschungsübersicht zum Einfluss von Public Relations auf den Journalismus, die verschiedene Forschungsbereiche und relevante Studien beleuchtet. Die Arbeit geht dabei insbesondere auf die Bedeutung der Untersuchungen von Baerns als Initialzündung in Deutschland und die Weiterentwicklung der Forschung in diesem Bereich ein.
Die Arbeit beleuchtet zudem die Methode der Metaanalyse und ihre Anwendung in der Untersuchung des Einflusses von Public Relations auf den Journalismus. Im Anschluss werden die Ergebnisse ausgewählter Studien vorgestellt, darunter Arbeiten von Sigal, Nissen/Menningen, Baerns, Rohr, Lang, Hintermeier, Turk, Grossenbacher, Ettinger, Delitz, Meunzel, Reichmann, Schnitzmeier, Liegler, Mutter, Riemer, Grimme, Fröhlich, Barth/Donsbach, Morton/Warren, Walters/Walters, Rossmann, Saffarnia, Steinlechner, Salazar-Volkmann, Morton/Ramsey, Griffin/Dunwoody, Schweda/Opherden, Denkmayr, Schinagl, Natter, Loosen/Meckel, Schubert, Rink, Lausch, Rehhahn, Schmidtke, Schmidt-Heinrich, Röwer, Osman-Schenker, Donsbach/Wenzel, Liepert, Okay/Okay, Pienegger, Wimmer, Scholl, Seidenglanz/Bentele, Pesendorfer und Riesmeyer. Die Arbeit ordnet die einzelnen Studien in einen Kategorienraster ein und präsentiert eine umfassende Auswertung der Ergebnisse, wobei sie die Thematisierungsleistung der Public Relations, die Transformationsleistungen der Journalisten und die Beziehung zwischen den Akteuren beleuchtet.
Schlüsselwörter
Public Relations, Journalismus, Medien, Gesellschaft, Einfluss, Interdependenz, Determinationsansatz, Intereffikationsansatz, Interpenetrationsansatz, Metaanalyse, Forschungsübersicht, Thematisierungsleistung, Transformationsleistung, Beziehung, Akteure
- Arbeit zitieren
- Oliver Schmidt (Autor:in), 2012, Einfluss von Public Relations auf den Journalismus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/207728