Das Kirchensteuersystem in der Bundesrepublik Deutschland

Finanzierung kirchlicher Aufgaben


Facharbeit (Schule), 2009

22 Seiten, Note: 13 Punkte


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einführung

1 Definition
1.1 Kirchensteuer
1.2 Kirchgeld
1.3 Gläubiger der Kirchensteuer

2 Kirchensteuer – Historische Entwicklung in unserem Lande ab 1803

3 Das System der Kirchensteuer in der Bundesrepublik Deutschland
3.1 Die Kirchensteuerpflicht
3.2 Der Einzug der Kirchensteuer

4 Kirchliche Aufgaben und ihre Finanzierung
4.1 Kirchliche Aufgaben
4.1.1 Verkündigung
4.1.2 Seelsorge und Beratung
4.1.3 Diakonische Arbeit
4.2 Finanzierung kirchlicher Aufgaben
4.2.1 Evangelisch-lutherische Kirche Bayerns
4.2.2 Erzbistum München/Freising

5 Kirchenfinanzierung in anderen Ländern – Erläuterung am Beispiel der Republik Österreich

6 Die Kirchensteuer in der Kritik
6.1 Kritik aus kirchlich-theologischer Perspektive
6.2 Kritik aus staatskirchenrechtlicher Perspektive

7 Trends zur Entwicklung des Kirchensteueraufkommens

Fazit und eigene Meinung

Literaturverzeichnis

Ehrenwörtliche Erklärung

Einführung

Das System der Kirchensteuer hat in Deutschland bereits eine lange Geschichte. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die Kirchensteuer aufgrund von veränderten Umständen in Staat, Kirche und Gesellschaft eingeführt. Sie dient zur Finanzierung aller kirchlichen Aufgaben und stellt zugleich einen Solidarbeitrag für unsere Gesellschaft dar.[1]

Unter dem Begriff der Kirchensteuer können grundsätzlich die unterschiedlichen in den Kirchensteuergesetzen der Länder und den Kirchensteuerordnungen genannten Kirchenfinanzierungsarten zusammengefasst werden.

„Die Kirchensteuer wird als Zuschlag zur Einkommensteuer, als Kirchensteuer vom Einkommen, als Kirchensteuer vom Vermögen, als (Orts-) Kirchgeld und als besonderes Kirchgeld in glaubensverschiedenen Ehen erhoben.“ [2]

Mit einem Gesamtvolumen von rund 138 Mio. Euro wurden im Jahr 2008 sämtliche kirchliche Angelegenheiten und soziale Dienste sowie Schulen und Kunst finanziert.[3]

Diese Arbeit beschäftigt sich zunächst mit allgemeinen Begriffsdefinitionen und der historischen Entwicklung der Kirchensteuer in unserem Lande ab 1803. Im weiteren Verlauf wird auf das System der Kirchensteuer in der Bundesrepublik Deutschland sowie auf die kirchlichen Aufgaben und ihre Finanzierungsweisen eingegangen. Im fünften Gliederungspunkt wird kurz auf die Kirchenfinanzierung in anderen Ländern eingegangen und am Beispiel der Republik Österreich erläutert. Anschließend wird das System der Kirchensteuer kritisch in Augenschein genommen. Den Abschluss der Arbeit bilden eine Trendentwicklung der Kirchensteuer in Deutschland für die nahe Zukunft sowie Fazit mit eigener Meinung.

1 Definition

1.1 Kirchensteuer

„Die Kirchensteuer ist eine Zwangsabgabe an eine öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaft, die auf staatsgesetzlichen Grundlagen in der Regel von der staatlichen Finanzverwaltung für Rechnung und im Wege des Verwaltungszwanges `hoheitlich´ (d.h. ohne vorherige Klageer-hebung) beigetrieben werden kann. Sie ist eine sozial adäquate, gerechte und theologisch legitime Form der Kirchenfinanzierung.“[4]

In der Bundesrepublik Deutschland dienen zur Erhebung der Kirchensteuer der Artikel 140 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem Artikel 137 Absatz 6 der Weimarer Reichsverfassung, die Verfassung und Kirchengesetze der Länder und die Konkordate [5] und Kirchenverträge auf Bundes- und Landesebene als Rechtsquellen. Zu den Rechtsgrundlagen der Kirche für die Kirchensteuer zählen „die staatlich anerkannten bzw. genehmigten Kirchengesetze und die Verordnung der Landeskirchen und Diözesen“.[6] Die Kirchensteuer wird meist als Zuschlag in Höhe von 8% oder 9% erhoben, abhängig vom jeweiligen Bundesland. Sie wird auf staatliche Steuern erhoben, vor allem als Zuschlag zur Einkommen- bzw. Lohnsteuer, die als Bemessungsgrundlage dienen. Des Weiteren ist in Deutschland, mit Ausnahme der Bundesländer Bremen und Hamburg, die Möglichkeit gegeben, eine Kirchen-Grundsteuer zu erheben. Von dieser Form der Besteuerung wird jedoch derzeit abgesehen.

1.2 Kirchgeld

Das Kirchgeld wird auch als Ortskirchensteuer bezeichnet, da sie zur Finanzierung ortskirchlicher Aufgaben in den Gemeinden verwendet wird. Aufgrund dieser Einnahmequelle können die Kirchengemeinden eine Vielzahl an wichtigen Leistungen in Ihrer Gemeinde finanzieren. Jedes Gemeindemitglied, das volljährig ist und über Einkünfte und Bezüge zum Lebensunterhalt verfügt, die das Existenzminimum übersteigen, ist kirchgeldpflichtig. Die Festlegung der Höhe des Kirchgelds und dessen Verwendung erfolgt jedes Jahr von Neuem und liegt in der Hand des Kirchenvorstandes einer Kirchengemeinde.[7]

1.3 Gläubiger der Kirchensteuer

Die Kirchensteuer erhält die Landeskirche, in deren Gebiet das Kirchenmitglied seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Ist der kirchenangehörende Arbeitnehmer im Bereich einer anderen Landeskirchebeschäftigt, so erhält die Landeskirche vor Ort seine Kirchensteuer. Jedoch wird sein Beitrag mittels des Kirchenlohnsteuer-Verrechnungsverfahrens seiner Wohnsitz-Landeskirche zugeführt. Dieser Sachverhalt gilt auch für die katholischen Bistümer.[8]

In Bayern zählen zu den Gläubigern der Kirchensteuer die Evangelisch-lutherische Landeskirche in Bayern, die Evangelisch-reformierte Kirche in Bayern, die Römisch-katholischen Erzdiözesen Augsburg, Bamberg, Eichstätt, München/Freising, Passau, Regensburg und Würzburg, die Altkatholische Kirche und der Landesverband der Israelitischen Kultusgemeinden.[9]

2 Kirchensteuer – Historische Entwicklung in unserem Land ab 1803

Wie bereits angesprochen, entwickelte sich die Kirche aufgrund von staats-, kirchen- und gesellschaftsveränderten Umständen seit Mitte des 19. Jahrhunderts.

Dazu zählte unter anderem die Annexion der Gebiete, links des Rheines, die durch die französische Revolutionsarmee zu Beginn des 19. Jahrhunderts erfolgte. Dabei mussten die deutschen Fürsten die linksrheinischen Gebiete, aufgrund des Friedensvertrages von Luneville, der am 09.02.1801 zwischen Kaiser Franz II und Napoleon geschlossen wurde, abtreten. Als Entschädigung wurde den Fürsten Grundbesitz und weitere Vermögenswerte der Kirche übereignet.

Am 25.02.1803 einigte sich die aufgrund eines Gutachtens in Regensburg zusammengetroffene außerordentliche Reichsdeputation zur Säkularisation des kirchlichen Vermögens. Diese Einigung wird heutzutage als Akt der völker- und staatsrechtlichen Annexion angesehen. Als Entschädigung der deutschen Landesfürsten für den Verlust der linksrheinischen Gebiete wurden der katholischen Kirche Territorien und Vermögenswerte des gesamten bischöflichen und klösterlichen Grundbesitzes abgesprochen und in verschiedene Fürstentümer eingegliedert. Die Fürsten erlangten dadurch mehr Grundbesitz als sie zuvor verloren hatten. Aus diesem Grunde sahen sich die Fürsten in der Folge verpflichtet für den Unterhalt der Kirche und der Pastoren aufzukommen.[10]

Anfang des 19. Jahrhunderts war es für die Staaten, aufgrund der Religionsfreiheit und staatsbürgerlichen Gleichheit, nicht mehr möglich, sich so eng wie früher mit der in der Mehrzahl im Land lebenden Religionsgemeinschaften zu verbinden. „Die zunehmende Nötigung zu einer `neutralen´ Haltung gegenüber den Religionsgemeinschaften wurde verstärkt durch die großen konfessionsvermischenden Bevölkerungsverschiebungen, welche den Übergang zum liberalen Wirtschafts- und Industriestaat begleiteten.“[11]

In Deutschland gab es noch bis Ende des 18. Jahrhunderts Kommunen, in denen nur Bürger der gleichen Konfession lebten, und sie somit den Baubedarf für Ihre Kirche gemeinsam bestritten. Aufgrund der Industrielasierung und den damit verbundenen Bevölkerungsbewegungen, die zu einer Vermischung der Konfessionen in den Kommunen führten, war die Bestreitung des kirchlichen Baubedarfs nicht mehr selbstverständlich. Zu diesem Zeitpunkt besaßen die neuen Kirchengemeinden auch kein Vermögen. „Der Rückgang der Naturalwirtschaft, der Übergang zur Gehaltszahlung an Pfarrer, die Entwicklung kirchlicher Versorgung für die Theologen im Ruhesstand und ihre Hinterbliebenen“[12] erhöhten den kirchlichen Finanzbedarf zusätzlich und somit auch die Forderung an den Staat, Unterstützung zu leisten. Der Gedanke zur Einführung einer Kirchensteuer war auch im Augenschein des Staates. Er wollte aufgrund des Nichtausreichens der Naturalwirtschaft den Pfarrern eine bessere Besoldung zusichern. Jedoch sollten die Gelder nach und nach von den Kirchen selbst aufgebracht werden und sie ihre Finanzen unabhängiger gestalten können. Dieser Schritt war von größter Notwendigkeit, da die Zahlungen der Baulastträger abnahmen und somit die einzelnen Gemeindemitglieder mehr tragen mussten. Aus diesem Grunde lag es auch im Interesse des Staates, dass die Kirchen eine Einnahmequelle erhielten, da er aufgrund der Säkularisation des Kirchenvermögens für beide Kirchen in finanzieller Hinsicht Verantwortung übernehmen musste. Von dieser Verantwortung wollte sich der Staat entziehen, indem er den Kirchen die Möglichkeit gab, ihren Finanzbedarf durch die Forderung von Steuern von Ihren Kirchenmitgliedern zu decken. Deshalb stimmten die Staaten der Kirchensteuer als Finanzierungsmöglichkeit für die Kirchen zu.

Bereits im Jahre 1919, änderten sich die Interessen der Kirchen, als die Kirchensteuer bei der Nationalversammlung zur Debatte stand. Zu diesem Zeitpunkt war es das Interesse der Kirchen, die Garantie der Kirchensteuer in der Verfassung festzuhalten. Der Staat kam diesem Anliegen nach und genehmigte „neben anderen Vermögensrechten in Artikel 137 Absatz 6 der Weimarer Verfassung das Kirchensteuerrecht als wichtigste Befugnis“.[13] Dies bedeutete, aber auch zugleich, dass der Staat von der Pflicht für die Kirchen den Unterhalt zu tragen, entlassen war. Die in der Weimarer Reichsverfassung festgelegte Rechts- und Interessenlage wurde in das Grundgesetz übertragen (Artikel 140 GG).

[...]


[1] vgl. Steuer-Forum-Kirche, Geschichte

[2] Steuer-Forum-Kirche, Kirchensteuer 2009

[3] vgl. Deutsche Bischofkonferenz, Zahlen und Fakten

[4] Kasper, Lexikon für Theologie und Kirche, 1997, 64

[5] Konkordat = vertragliche Vereinbarungen, die zwischen einem Staat und der katholischen Kirche geschlossen werden, um besondere kirchliche Rechte festzulegen

[6] Brockhaus-Enzyklopädie, 1990, 17-18

[7] vgl. Evangelisch-Lutherische Landeskirche Bayern, Kirchgeld

[8] vgl. Evangelische Kirche Deutschland, Gläubiger der Kirchensteuer

[9] vgl. Steuer-Forum-Kirche, Gläubiger der Kirchensteuer in Bayern

[10] vgl. Steuer-Forum-Kirche, Geschichte

[11] Steuer-Forum-Kirche, Geschichte

[12] ebd.

[13] ebd.

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Das Kirchensteuersystem in der Bundesrepublik Deutschland
Untertitel
Finanzierung kirchlicher Aufgaben
Note
13 Punkte
Autor
Jahr
2009
Seiten
22
Katalognummer
V208122
ISBN (eBook)
9783656354611
ISBN (Buch)
9783656354765
Dateigröße
507 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kirche, Finanzierung, Kirchensteuer, Kirchenbeitrag, Kirchliche Aufgaben, Kirchenfinanzierung
Arbeit zitieren
Christian Müller (Autor:in), 2009, Das Kirchensteuersystem in der Bundesrepublik Deutschland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/208122

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