Grundprobleme der Übertragbarkeit und Vermittlung kognitiver Strategien


Exposé Écrit pour un Séminaire / Cours, 2001

28 Pages, Note: gut


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Taxonomien kognitiver Lern- und Denkstrategien
2.1. Lernstrategien
2.1.1 Enkodierstrategien
2.1.2. Erhaltungsstrategien
2.1.3. Abrufstrategien
2.1.4. Wissensnutzungsstrategien
2.1.5. Kontrollstrategien
2.2. Denkfertigkeiten und Denkstrategien
2.2.1. Denkfertigkeiten vs. Denkstrategien
2.2.2 Denkstrategien
2.2.2.1. Problemlösen
2.2.2.2. Entscheidungen treffen
2.2.2.3. Kritisches Denken
2.2.2.4. Kreatives Denken
2.2.2.5. Vernetztes Denken

3. Lehrstrategien
3.1. Vorbemerkung
3.2. Induktive Lehrstrategien
3.3. Deduktive Lehrstrategien
3.4. Induktive vs. Deduktive Lehrstrategien
3.5. Lehrstrategien zur Förderung von Denkfertigkeiten
3.5.1. Lehrstrategie: Wissenselemente erfassen,
ordnen und gruppieren
3.5.2. Lehrstrategie Generalisieren
3.5.3. Lehrstrategie: Zwischen Fakten,
Behauptungen und normativen Aussagen
Unterscheiden
3.5.4. Lehrstrategie: Hypothesen suchen
3.5.5. Lehrstrategie: Sachverhalte und
Alternativen beurteilen
3.5.6. Folgerung

4. Grundprobleme beim Erwerb und bei der Entwicklung
kognitiver Lern- und Denktstrategien
4.1. Lassen sich allgemeine und spezifische Strategien
erfolgreich transferieren?
4.2. Wie sieht das Verhältnis von Inhaltswissen und
Strategien aus?
4.3. Wie sollen Lernumgebungen gestaltet sein?

5. Konsequenzen für die Vermittlung im Unterricht
5.1. Zur Transferproblematik
5.2. Der „Eva-Unterricht“
5.3. Wie soll EVA eingesetzt werden?
5.4. Die „Eva-Lernspirale“
5.5. Mögliche Arbeitsinseln zum Thema
„Menschen im Betrieb“
5.5.1. Vorwissen / Voreinstellungen aktivieren
5.5.2. Neue Kenntnisse / Verfahrensweisen
erarbeiten
5.5.3. Komplexe Anwendungs- / Transferaufgaben
5.6. Die neue Lehrerrolle / Die neue Schülerrolle
5.7. Schlussbemerkung

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die folgende Arbeit befasst sich mit dem Thema „Grundprobleme der Übertragbarkeit und Vermittlung kognitiver Strategien.“ Zunächst sollen exemplarisch Lern-, Denk- und Lehrstrategien dargestellt und erläutert werden. Im Anschluss daran wird auf die Grundprobleme ihrer Vermittlung und Entwicklung eingegangen.

Als Konsequenz für die Vermittlung im Unterricht wird speziell der „EVA-Unterricht“ nach Heinz Klippert als eine mögliche Lösung vorgestellt.

Das behandelte Thema ist recht weit gefasst, so dass wir uns, um den Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht zu sprengen, auf wesentliche Punkte konzentriert haben.

2. Taxonomien kognitiver Lern- und Denkstrategien

2.1. Lernstrategien

»Lernstrategien sind [,,,] Pläne für Sequenzen von Handlungen, mit denen Lernende ein bestimmtes Lernziel erreichen wollen.«[1] Sie dienen der Wissenserarbeitung. Nachfolgend soll zunächst eine Taxonomie von Lernstrategien erfolgen. Diese orientiert sich am folgenden sequentiellen Informationsverarbeitungs- bzw. Gedächtnismodell:

[...] Information [wird] aus der Umwelt über die Sinne aufgenommen und gelangt dann in das Arbeitsgedächtnis. In diesem wird die Information verschiedenen Verarbeitungs-schritten unterzogen, die dazu führen, dass die Information mehr oder minder dauerhaft ins Langzeitgedächtnis enkodiert wird. Aus dem Langzeitgedächtnis wird die Information bei Bedarf wieder abgerufen. Verarbeitungs-prozesse im Arbeitsgedächtnis und Abrufprozesse aus dem Langzeitgedächtnis werden durch eine Kontrollinstanz überwacht und gesteuert. Diese Kontrollinstanz reguliert beispielsweise die Verteilung der Aufmerksamkeit auf die Inhalte des Arbeitsgedächtnisses oder auf die Suche im Langzeitgedächtnis.[2]

2.1.1. Enkodierstrategien

Häufig werden neu erhaltene Informationen schnell wieder vergessen. Das liegt daran, dass sie nicht dauerhaft ins Langzeitgedächtnis überführt werden. Enkodierstrategien sind Verarbeitungsstrategien, die die dauerhafte Überführung von neuen Informationen ins Langzeitgedächtnis unterstützen. Diese Strategien bewirken eine tiefergehende Auseinandersetzung mit neuer Information, so dass eine mehrschichtige Repräsentation von ihr vorliegt. Diese mehrschichtige Repräsentation enthält Gedächtnisspuren der sprachlichen Oberfläche (z.B.: Wortlaut), der spezifischen Enkodierungsumstände (z.B.:“das stand oben links...“), sowie der lokalen und globalen Bedeutung und der Beziehung zu bereits gespeicherten Daten. Zu den Enkodierstrategien gehören Mnemotechniken und Verstehensstrategien.

Mnemotechniken dienen dazu bedeutungsarme, unstrukturierte Informationen dauerhaft ins Langzeitgedächtnis zu übertragen. Zu diesen Informationen gehören z. B. Vokabeln oder das Auswendiglernen von Namen und Begriffen. Diese „für sich stehenden“ Begriffe werden durch Mnemotechniken mit Bedeutung angereichert und mit anderen Gedächtnisinhalten verknüpft. Zum großen Teil werden die neuen Informationen durch Mnemotechniken auch unter Abrufplänen subsumiert. Beispiele für Mnemotechniken sind die Schlüsselwort-Methode, die Aufhänger-Methode und die Methode der Orte.

Handelt es sich bei dem zu lernenden Stoff um sehr komplexe, semantisch umfangreiche Informationen so wird dieser Lernstoff durch das Verstehen am besten dauerhaft behalten. Notwendig ist also eine starke Auseinandersetzung mit der Bedeutung der Informationen. Informationen sollen nicht mehr „nur“ verarbeitet werden, sie sollen auch verstanden und in Zusammenhänge gesetzt werden. Verstehensfördernde Maßnahmen sind z.B. das Herstellen externer und interner Verknüpfungen.

Externe Verbindungen sind Verknüpfungen zwischen Vorwissen und Neuem.[3] Besonders lernfördernd ist die Aktivierung des Vorwissens vor dem eigentlichen Lernen. So können Anknüpfungspunkte für die neuen Informationen geschaffen werden. I

Sollen innerhalb eines neuen Wissensgebietes die einzelnen Wissenselemente zueinander in Beziehung gesetzt werden, so spricht man von internen Verknüpfungen. Um diese Verknüpfungen herzustellen, wird das neue Wissensgebiet strukturiert und organisiert und in der Folge davon auch häufig reduziert, so dass man diese Verstehensstrategien auch als reduktiv-organisierende Strategien bezeichnet. Mit Hilfe von z.B. Flussdiagrammen oder Begriffshierarchien lassen sich interne Verknüpfungen organisieren.[4]

2.1.2. Erhaltungsstrategien

Selbst wenn neue Informationen mittels Enkodierstrategien ins Langzeitgedächtnis übertragen wurden, können sie verloren gehen, dass heißt vergessen werden. Erhaltungs- und Abrufstrategien können dem Vergessen entgegenwirken.

Erhaltungsstrategien dienen, wie der Name schon sagt, zur Erhaltung von Informationen. Wiederholen, z.B., wirkt wie eine erneute Enkodierung des Lernstoffs. Insbesondere das Wiederholen von Lerninhalten kurz nach dem ersten Lernen ist sehr sinnvoll. Da es erwiesen ist, dass nach dem ersten Lernen relativ viel, später jedoch nur noch wenig vergessen wird.

Vermeiden sollte man gleichartige Stoffe, wie z. B. Vokabeln zweier Fremdsprachen, direkt hintereinander zulernen.

2.1.3 Abrufstrategien

Kann ein bestimmter Gedächtnisinhalt nicht auf Anhieb aktiviert werden, so sind Abrufstrategien sinnvoll. Abrufstrategien sind inverse Enkodierungsprozesse. Informationen die zuerst enkodiert wurden, dienen nun zur Reaktivierung von Gedächtnisinhalten.

Als Abrufstrategien für besonders komplexes Lernmaterial eignen sich Abrufpläne. Hierzu gehören z. B. Begriffshierarchien, Prozessschemata, Schemata, Maps u.a.. Um Abrufpläne wirkungsvoll nutzen zu können, müssen die Informationen zunächst durch sie beim erstmaligen Lernen ins Langzeitgedächtnis enkodiert werden.[5]

2.1.4 Wissensnutzungsstrategien

Verstehens-, Abruf- und Erhaltungsstrategien fungieren in vielen Lernsituationen als Wissensnutzungsstrategien, da hier das Verstehen, das Behalten, die Wiedergabe und Rekonstruktion gefragt ist. Es gibt jedoch Situationen in denen das Wissen auf neue Problembereiche transferiert werden muss. Häufig besteht in dieser Transferleistung ein großes Problem, da das Wissen in Lern- aber nicht in Anwendungssituationen genutzt werden kann. Allgemeine Problemlöseheurismen, Diskutieren und Schreiben sind Strategien die den Übertragungsprozess unterstützen können.

Die Mittel-Ziel-Analyse, das Bilden von Analogien oder auch verschiedene Brainstorm-Techniken sind allgemeine Problemlöseheurismen. Bei der Mittel-Ziel-Analyse erfolgt ein Vergleich zwischen der jetzigen Situation, dem Zwischen und Endziel. Durch Maßnahmen und Überlegen versucht man Differenzen zwischen dem Jetzt und dem Endziel zu beseitigen. Bei Analogien versucht man Situationen zu vergleichen und daraus auf entsprechende Lösungen zu gelangen. Mit dem Brainstorming versucht man viele neue Ideen zu finden.[6] Empirische Untersuchungen zeigen jedoch, dass die Wirksamkeit dieser sehr allgemeinen Strategien auf trainingsähnliche Aufgaben beschränkt ist. »Allgemeine Strategien haben bei spezifischen Aufgaben zumeist nur einen geringen Effekt und Strategien, die bei spezifischen Aufgaben effektiv sind, sind dies selten bei anderen Aufgabenklassen.«[7] Allgemeine Problemheurismen können in Verbindung mit einer gut organisierten Wissensbasis die Wissensnutzung erleichtern. Unter Punkt 3.2.2.1. werde ich die Denkstrategie Problemlösen näher erläutern.

Die geplante und organisierte Diskussion in Gruppen ist besonders bei offenen, unstrukturierten Problemen sinnvoll. Bei dieser Lernform sind kognitive Prozesse der Lernenden, wie z. B. das Definieren von Problemen, das Einnehmen unterschiedlicher Standpunkte etc, untereinander erkennbar und beobachtbar. Hierdurch werden die Lernenden auch für ihre eigenen kognitiven Prozesse sensibilisiert. Indem die Lernenden ihre Argumente in der Gruppe begründen müssen, setzen sie sich auch stärker mit dem Lehrstoff auseinander. Zudem findet durch die oft größere Wissensbasis ein Austausch von Wissen statt. Wichtig ist jedoch, dass diese Gruppendiskussionen nicht unstrukturiert verlaufen, da diese Effekte sozialer Interaktion nicht automatisch auftreten. Beispiele für kreatives Lösen von Problemen in Gruppen in der Arbeitswelt stellen z. B. Qualitätszirkel, Lernstatt, Lerninsel u.a. dar.

Die Bedeutung des Schreibens für den Wissenserwerb und die Wissensnutzung wurde lange unterschätzt. Schreiben ist ein sehr komplexer Prozess, der im wesentlichen aus den drei Phasen Planen, Ausführen und Überarbeiten besteht. Diese Phasen sind stark ineinander verschachtelt, so erfolgt häufig während des Schreibens eine sofortige Korrektur. Für die Wissensnutzung und den Wissenserwerb ist Schreiben sehr wichtig, da es einer gewissen Anwendungsperspektive unterliegt, z. B. jemanden einen Brief schreiben, einen Sachverhalt darstellen etc. Wissen wird aus dem Langzeitgedächtnis abgerufen und in einem, der Anwendungssituation entsprechenden, Text verarbeitet. Der entstandene Text unterliegt mehreren Bearbeitungsprozessen, somit wird Schreiben zu einer Denk- und Problemlösungsstrategie.[8]

2.1.5 Kontrollstrategien

Für effektives Lernen sind Kontrollstrategien notwendig. Sie planen, überwachen und bewerten den Lernerfolg während des Lernens. Viele kognitive Strategien laufen unbewusst ab, man kann sie jedoch auch bewusst und geplant einsetzen, indem man sich z. B. Leseziele setzt, und diese nach dem Lesen des Textes überprüft. Die Metakognitation befasst sich mit dem bewussten Ablauf und Einsatz von Lernprozessen.[9]

Leistungsfördernd sollen Kontrollstrategien vor allem bei Aufgaben sein, die lösbar sind, jedoch eine Reflexion der Lösungsmöglichkeiten erfordern. Die grundlegende Gestaltung von Kontrollstrategien bei unterschiedlichen Aufgaben ist noch wenig erforscht.[10]

[...]


[1] Friedrich, H.G.: Analyse und Förderung kognitiver Lernstrategien. In: Empirische Pädagogik 9 (1995),Heft 2, S. 115.

[2] Ebd., S. 117.

[3] Vgl. Ebd., S. 120/121.

[4] Vgl. Ebd., S. 122/123.

[5] Vgl. Ebd., S. 126/127.

[6] Vgl. Dubs, R.: Lehrerverhalten. Zürich: Verlag des Schweizerischen Kaufmännischen Verbandes 1995, S. 216.

[7] Ebd., S. 128.

[8] Vgl. Ebd., S. 128-130.

[9] Vgl. Dubs, R., S. 172.

[10] Vgl. Friedrich, H.F., S. 131.

Fin de l'extrait de 28 pages

Résumé des informations

Titre
Grundprobleme der Übertragbarkeit und Vermittlung kognitiver Strategien
Université
Carl von Ossietzky University of Oldenburg  (FB Wirtschaftspädagogik)
Cours
Seminar: Lern- und Denkstrategien im schulischen Unterricht
Note
gut
Auteur
Année
2001
Pages
28
N° de catalogue
V2081
ISBN (ebook)
9783638112802
Taille d'un fichier
540 KB
Langue
allemand
Mots clés
Grundprobleme, Vermittlung, Strategien, Seminar, Lern-, Denkstrategien, Unterricht
Citation du texte
Etta-Maria Mütz (Auteur), 2001, Grundprobleme der Übertragbarkeit und Vermittlung kognitiver Strategien, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/2081

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