Rezeptionsgeschichte: Das Bild Walthers von der Vogelweide in der neueren Literaturgeschichtsschreibung


Term Paper, 2003

22 Pages, Grade: (sehr gut [1,3])


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Inhaltsverzeichnis

1.) Einleitung

2.) Höfische Dichtung
2.1.) Höfische Lyrik
2.1.1.) Minnelyrik
2.1.2.) Spruchdichtung
2.1.3.) Der Leich
2.1.4.) Hochhöfische Lyrik

3.) Walther von der Vogelweide
3.1.) Sein Leben
3.2.) Die Minnelyrik Walthers
3.3.) Die Spruchdichtung Walthers

4.) Schluss

1.) Einleitung

Beim Vergleich der wesentlichen Literaturgeschichtsschreibungen galt es erst einmal herauszufinden, worauf dieser Begriff eigentlich verweist, was er beinhaltet. Gemeinsamkeiten erkannten wir in der Vorgehensweise zur Darstellung einer Rezeptionsgeschichte. Zunächst wird stets das Umfeld eines Autors, Werkes oder einer ganzen literarischen Epoche untersucht. Das Umfeld meint hier die soziale, politische Lage, mit anderen Worten, es ist der Versuch die Geschichte einer Zeit wiederzugeben. Daraufhin sind der Autor und sein Werk bei weiteren Untersuchungen und Interpretationen der wesentlichen Punkte genau vor diesem Hintergrund zu sehen, um ein Ganzes zu erhalten.

Aus diesen Gründen erachten wir es für sinnvoll, eben auf diese Weise unsere Aufgabe zu bearbeiten: Die Rezeptionsgeschichte Walthers von der Vogelweide in der neueren Literaturgeschichtsschreibung.

Die maßgeblichen oben angesprochenen Umstände seiner Zeit klären wir allerdings nur bedingt, weil es uns sinniger erscheint, da sich Walther mit einem Großteil seines Werkes sowieso auf politische und soziale Fragen seiner Zeit bezieht, diese Dinge unmittelbar mit der Betrachtung seiner Gedichte zu verbinden( siehe besonders Kapitel 3.3.).

Hinführend zum Thema werden wir deshalb direkt einen Einblick in die „Höfische Dichtung“ geben. Danach beschäftigen wir uns ausschließlich mit den für Walther relevanten Fragen zur Literatur; geben einen Einblick in die verschiedenen Gattungen der Dichtung und die hochhöfische Lyrik, in die Walthers Werk einzuordnen ist. Das soll uns genügen, um Fragen des Umfelds zu beantworten.

Der Hauptteil dieser Arbeit wird einen Überblick des Lebens Walthers geben und exemplarisch an einigen Beispielen versuchen, einen Überblick über Walthers Werk zu vermitteln. Hierzu werden wir uns nicht an seinem Lebenslauf entlanghangeln, sondern mit den Oberbegriffen der Gattungen Minnelyrik, Spruchdichtung, Leich, unter jedem einzelnen Kapitel jedoch wieder möglichst chronologisch vorgehen.

An dieser Stelle möchten wir nun auch ein Wort zur Form dieser Arbeit hinzufügen. Wir arbeiten mit durchlaufenden Fußnoten. Wenn wir ein paar Mal auf dieselbe Fußnote verweisen, setzen wir Querverweise, allerdings nur, wenn wir uns auf die vorher bereits angegebene Seite beziehen. Sie sind im gleichen Format der Fußnote.

2.) Höfische Dichtung

Unter Höfischer Dichtung wird die in der höfischen Adelsgesellschaft verwurzelte Dichtung zwischen 1150 und 1300 verstanden.[1] Weil dies politisch gesehen die Zeit der Kaiser aus dem Geschlecht der Hohenstaufen und der Ritterstand der Träger der neuen Literatur ist, wird die Epoche auch „Staufische Literaturepoche“ oder Zeit der ritterlichen Dichtung genannt, obwohl andere Höfe die Dichtung mehr förderten[2].

Unter Friedrich Barbarossa setzt eine Verweltlichung[3] und damit Emanzipation der Adelsgesellschaft von der Vorherrschaft der Kirche ein1. Somit wird Dichtung zum Erstenmal Kunst, frei von äußeren Zwecken und Aufgaben2. Weltliche Fürsten fungieren als Mäzene der Dichter. In ihrem Auftrag werden höfische Themen von einer am Fürstenhof lebenden Persönlichkeit vorgetragen1, deshalb ist auch die ritterliche oder stadtpatrizische Herkunft bedeutender Dichter nicht verwunderlich[4]. Die bezeichnenden Worte „hövisch“, „hovelich“ oder „hövescheit“ verweisen auf den Kontrast dieser Dichtung zur Bäuerlichkeit, ausgedrückt durch die Worte „dörperheit“ oder „dörperlich“.1 Dargestellt wird zum Einen die Wirklichkeit ritterlichen Daseins, zum Anderen wird die Idee dessen vollendet, so dass die Dichtung auch formend, sinngebend und bildend auf das Leben wirkt[5], fromm und doch befreit vom Einfluss der Geistlichkeit1. Die neuen Tugenden, die ritterliches Dasein ausmachen, sind „froide“ und „hoher muot“, „zuht“ und „mâze“, „êre“, „triuwe“ und „staete“, „milte“ und „hohe minne“3. Dieser ritterliche Verhaltenskodex mit den beiden hohen Werten Heldentum und Minne, körperliche Schönheit und eine christliche Lebensführung prägen die Gesellschaftsutopie, die diese Dichtung beinhaltet1.

Die beiden Genres dieser Zeit sind die höfische Epik und die höfische Lyrik, wobei es in der Lyrik zwei Hauptgattungen, das Lied und den Spruch, gibt, die in den folgenden Kapiteln kurz erläutert werden. Die Literaturepoche wird in eine vorbereitende Frühzeit, eine Hochblüte und einen Nachklang gegliedert.

Stets vor dem Hintergrund des Versuches Gott und die Welt zu vereinen, wollen die Dichter zur Lebenslust beitragen[6] und durch sittliche Appelle Einfluss auf den Lebensstil der Adeligen nehmen durch die Behandlung gesellschaftskritischer Themen1.

2.1.) Höfische Lyrik

2.1.1.) Minnelyrik

Zunächst ist zu sagen, dass die Minnelyrik zur Gattung der Lieder gehört, wobei zu betonen ist, dass der größte Teil der Gattung Lieder aus Minnelyrik besteht. De Boor und Newald formulieren ihre wohl wichtigste kennzeichnende Eigenschaft folgendermaßen:

„Minnegesang ist die erste Dichtung in deutscher Sprache, in der das Individuum seine eigensten, innersten Anliegen ausspricht; […].“(S. 205)

Thematisiert wird die Liebe zu Mann und Frau6, die stets in der traurigen Sehnsucht nach Erfüllung verharrt[7]. Im Mittelpunkt der Lyrik steht also das Werben um die idealisierte, meist verheiratete Frau, wodurch der Mann sittlich moralisch veredelt wird[8].Der Herr übt der Dame gegenüber Gehorsam. Ein Lächeln oder freundlicher Blick ist dem Minnesänger genug der Erwiderung. Die Dame bleibt in den Liedern des Mannes in ihrer Darstellung so vage und blass, dass daran etwas Gemeingültiges einer Gesellschaftsschicht erkannt wird. Der Minnedienst ist ein Dienst wie das Lehenswesen. Obwohl es sich hierbei um ritterliche Dichtung handelt, ist es bemerkenswert, dass die Sänger meist kein vollgültiges Mitglied der höfischen Gesellschaft waren[9]. Die Beglückung der Gesellschaft, vor der ein Lied vorgetragen wird, ist das Ziel dieser Dichtung7.

2.1.2.) Spruchdichtung

Der Satz Walthers von der Vogelweide „wie man zer welte sollte leben“ charakterisiert das Wesen dieser Dichtung äußerst treffend[10]. Die Dichter behandeln Fragen der Moral, aber auch persönliche, religiöse und politische Themen werden abgehandelt[11]. Dies geschieht durch eine Verbindung allgemein menschlicher Erfahrungsweisheit oder biblischer Lehre mit gelehrter Moralphilosophie antiken Ursprungs, ritterlicher Gesellschaftsethik oder durch eine satirische Behandlung des allgemeinen Weltlaufs10.

Der Spruch ist Lehre und wird in sangbare Strophenform gefasst, deshalb wird auch von Sangspruchdichtung gesprochen[12]. Bis ins 13. Jahrhundert bleibt diese Dichtung einstrophig[13].

2.1.3.) Der Leich

Der seit etwa dem 19.Jahrhundert gebräuchliche Fachausdruck für ein aus ungleichen Strophen aufgebautes Gedicht der Minnesänger wird als Leich bezeichnet( Mhd. Leich:“Tonstück, Gesang aus ungleichen Strophen“)[14]. Seinen Ursprung hat diese Form im lateinischen Kirchgesang. Inhaltlich kann man zwischen drei Formen des Leichs unterscheiden; dem religiösen, dem Minne- und dem Tanzleich[15]. Die Blütezeit des Leichs ist um etwa 1200 einzuordnen[16].

[...]


[1] Harenbergs Lexikon der Weltliteratur, Autoren- Werke- Begriffe; 5 Bände; Harenberg Lexikon Verlag; 2. Auflage; Dortmund 1989; Band 3; s. v. Höfische Dichtung; S.1361f.; zit.: HLdW/ s. v. .

[2] De Boor,Helmut/ Newald,Richard; Geschichte der deutschen Literatur von den Anfängen bis zur Gegenwart; 2 Bände; C. H. Becksche Verlagsbuchhandlung; Band 2; Die höfische Literatur, Vorbereitung, Blüte, Ausklang; 10. bearb. Auflage von Ursula Henning; München 1979, Seiten 1, 3, 4 ; zit.: De Boor/ Newald 2

[3] Rothmann Kurt; Kleine Geschichte der deutschen Literatur; Reclam; 16. Auflage; Stuttgart 2000; S. 18; zit.: Deutsche Literaturgeschichte Reclam .

[4] De Boor/ Newald 2; S. 6.

[5] Fricke, Gerhard; Geschichte der deutschen Dichtung;; Matthiesen Verlag; 7.Auflage; Hamburg und Lübeck 1960; S. 23.

[6] De Boor/ Newald 2; Seiten 3, 14, 204f. .

[7] Wehrli; Max; Geschichte der deutschen Literatur vom frühen Mittelalter bis zum Ende des 16. Jahrhunderts; Reclam; Stuttgart 1980; Band 1; S. 350, zit.: Wehrli 1.

[8] HLdW/ s. v. Minnesang; S. 2006f. .

[9] Fassbender, Heinrich/ Fassbinder, Franz; Die Welt des Mittelalters; elfte und zwölfte Auflage; Aschendorf Verlagsbuchhandlung; Münster Westfalen 1959; S. 269f. ; zit: Fassbender/ Fassbinder.

[10] Wehrli 1; S. 455.

[11] Deutsche Literaturgeschichte Reclam; S. 21.

[12] De Boor/ Newald 2; S. 369.

[13] Schweikle, Günther; Walther von der Vogelweide, Werke, Band 1: Spruchlyrik, Mittelhochdeutsch- Neuhochdeutsch; Reclam; Stuttgart 1994; S. 44; zit.: Schweikle, Reclam.

[14] Der Duden in 12 Bänden; Duden, Ethymologie: Herkunftswörterbuch der deutschen Sprache; Band 7; überarb. 2. Auflage von Günther Drosdowski; Dudenverlag; Mannheim, Leipzig, Wien, Zürich 1997; s.v. Leich, S. 413.

[15] Dtv Brockhaus Lexikon in 20 Bänden; Band 10; Deutscher Taschenbuch Verlag; Mannheim und München 1986; s. v. Leich, S. 322f. .

[16] Pongs,Herrmann; Lexikon der Weltliteratur, Handwörterbuch der Literatur von A-Z; F. Englisch Verlag; Wiesbaden 1984; s.v. Leich, S. 568.

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Details

Title
Rezeptionsgeschichte: Das Bild Walthers von der Vogelweide in der neueren Literaturgeschichtsschreibung
College
University of Siegen  (Germanistik)
Course
GK Einführung in das Mittelhochdeutsche und in die Lektüre mhdt. Texte
Grade
(sehr gut [1,3])
Authors
Year
2003
Pages
22
Catalog Number
V20828
ISBN (eBook)
9783638246026
File size
564 KB
Language
German
Keywords
Rezeptionsgeschichte, Bild, Walthers, Vogelweide, Literaturgeschichtsschreibung, Einführung, Mittelhochdeutsche, Lektüre, Texte
Quote paper
Eva Holle-Kleybrink (Author)Peter Holle-Kleybrink (Author), 2003, Rezeptionsgeschichte: Das Bild Walthers von der Vogelweide in der neueren Literaturgeschichtsschreibung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/20828

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