Politik und Arbeitsverwaltung sehen sich mit einem Dilemma konfrontiert: zum einem sind für das Jahr 2012 und die folgenden Jahre massive Einsparungen in der aktiven Arbeitsmarktpolitik geplant und zum anderen wächst die Unzufriedenheit der Leistungsbezieher in Bereich der Arbeitsförderung (SGB III) und Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II) (vgl. Heyer et. al., 2011: 5).
Um sowohl den Einsparungen als auch den Bedarfen der Arbeitssuchenden gerecht zu werden, ist eine Reform der aktiven Arbeitsmarktpolitik nötig. Ein entsprechendes Gesetz wurde kürzlich von der Bundesregierung bewilligt und tritt ab sofort, bzw. ab dem 1.4.2012 in Kraft. Einige Regelungen traten am Tag nach der Verkündung in Kraft (26.11.2011), die Regelungen die in der Umsetzung etwas mehr Zeit in Anspruch nehmen sollen im April nächsten Jahres folgen.
ESSAY
Die Arbeitsmarktreform 2012 - Herausforderung für das
Jobcenter?
Politik und Arbeitsverwaltung sehen sich mit einem Dilemma konfrontiert: zum einem sind für das Jahr 2012 und die folgenden Jahre massive Einsparungen in der aktiven Arbeitsmarktpolitik geplant und zum anderen wächst die Unzufriedenheit der Leistungsbezieher in Bereich der Arbeitsförderung (SGB III) und Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II) (vgl. Heyer et. al., 2011: 5). Um sowohl den Einsparungen als auch den Bedarfen der Arbeitssuchenden gerecht zu werden, ist eine Reform der aktiven Arbeitsmarktpolitik nötig. Ein entsprechendes Gesetz wurde kürzlich von der Bundesregierung bewilligt und tritt ab sofort, bzw. ab dem 1.4.2012 in Kraft. Einige Regelungen traten am Tag nach der Verkündung in Kraft (26.11.2011), die Regelungen die in der Umsetzung etwas mehr Zeit in Anspruch nehmen sollen im April nächsten Jahres folgen.
In diesem Essay möchte ich einen kompakten Überblick über die neuen Regelungen für Arbeitssuchende vornehmen und darüber diskutieren was nun konkret auf die Arbeitsagenturen und Jobcenter vor Ort zukommt. Im Zusammenhang mit der Arbeitsmarktreform wird oft über die Dezentralisierung der Entscheidungskompetenzen gesprochen, doch ist das Ziel überhaupt erreichbar? Aus Kapazitätsgründen sollen hier nur die wichtigsten Änderungen die die Langzeitarbeitslosen betreffen vorgestellt werden, sowohl aus dem SGB II als auch aus dem SGB III, wobei die meisten Langzeitarbeitslosen im SGB II zu verorten sind.
Die Bundesregierung will durch die geplanten Änderungen im Rahmen des SGB II und SGB III die Voraussetzungen für eine effektivere Vermittlung Arbeitsloser in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung schaffen. Die Zahl der Instrumente der aktiven Arbeitsförderung soll dafür um knapp ein Viertel reduziert werden. Dabei sollen Instrumente mit ähnlichen Zielen zusammengeführt werde und Instrumente die sich in den letzten Jahren nicht als erfolgsbringend für die Integrationschancen von Arbeitssuchenden erwiesen haben, wegfallen. (vgl. Deutscher Bundestag 2011- Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt, Drucksache 17/6277: 2f.)
Die Effektivität der Instrumente soll gesteigert werden, denn je effektiver diese sind, desto kostengünstiger kann gearbeitet werden und desto schneller und gezielter können Arbeitssuchende in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vermittelt werden. Und dies scheint eins der primären Ziele fürs kommende Jahr zu sein: die mit dem Zukunftspaket der Bundesregierung beschlossenen Einsparungen erreichen zu können. Das im Juni 2010 beschlossene Zukunftspaket sieht vor, dass im Bereich der aktiven Arbeitsmarktförderung bis 2015 fast 8 Mrd. Euro eingespart werden sollen: im Jahr 2012 sind es 1,7 Mrd. Euro, ab2013 dannjeweils knapp 2 Mrd. Euro jährlich (vgl. Deutscher Bundestag 2011- Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt, Drucksache 17/6277: 3).
Die Agenturen für Arbeit und die Jobcenter sollen mehr Entscheidungsfreiheit bekommen und künftig autonomer entscheiden können welche Maßnahmen für wen am besten geeignet sind. Auch der Rechtsrahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik muss flexibler werden, um auf die Herausforderungen des demografischen Wandels, der den Arbeitsmarkt in den kommenden Jahren dramatisch verändern wird (Stichwort alternde Gesellschaft und niedrige Geburtenrate), und des Wandels der Arbeitswelt, der zu einer Veränderung der Arbeitsgesellschaft führen wird, reagieren zu können. Dies sind alles Fakten die sowohl vom Bundestag in ihrem Gesetzesentwurf zur Kenntnis genommen und als Herausforderungen beschrieben wurden, als auch von der Politik in aktuellen Debatten immer wieder angesprochen werden. Handlungsbedarf besteht also durchaus.
Eine erste Veränderung ist, die Neuordnung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente weg von der Dreiteilung „Arbeitnehmer“, „Arbeitgeber“ und „Träger“ hin zu einem neuen System, „das sich an Unterstützungsleistungen in bestimmten Arbeitsmarktzusammenhängen orientiert: „Beratung und Vermittlung“, „Aktivierung und berufliche Eingliederung“, „Berufswahl und Berufsausbildung“, „Berufliche Weiterbildung“, „Aufnahme einer Erwerbstätigkeit“, „Verbleib in Beschäftigung“, „Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben““ (Deutscher Bundesrat (2011)
- Empfehlungen des Ausschusses für Arbeit und Sozialpolitik, Drucksache 556/1/11: 54).
Im Großen und Ganzen gibt es drei verschiedene Interventionssituationen: Maßnahmen zur Verbesserung der Eingliederungschancen, Maßnahmen zur Beschäftigungsförderung auf den ersten Arbeitsmarkt und Beschäftigung schaffende Maßnahmen (vgl. Heyer et. al. 2011: 6).
Die Maßnahmen zur Verbesserung der Eingliederungschancen wiederum teilen sich in drei Gruppen auf: Vermittlungsunterstützende Dienstleistungen durch Dritte (z.B. der Vermittlungsgutschein der von den Arbeitsagenturen ausgestellt wird), kurze Maßnahmen (mit dem Ziel der Eignungsfestellung oder kleinerer Qualifikationen) und Maßnahmen der Fort- und Weiterbildung (mit dem Ziel einer umfangreichen Qualifikation) (vgl Heyer et. al. 2011: 8).
SGB III
§ 45 SGB III Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung
Neu hierbei ist, dass neben die Möglichkeit der Maßnahmenzuweisung auch die Möglichkeit besteht sog. Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheine auszustellen. Damit sollen die Jobcenter und Arbeitsagenturen vor Ort selbst bestimmen können welche Maßnahme am besten für den Hilfesuchenden geeignet ist.
[...]
- Quote paper
- M.A. Michelle Pro (Author), 2011, Arbeitsmarktreform 2012 - Die neuen Regelungen für das Jobcenter, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/208696