Analyse des Käuferverhaltens eines Original Equipment Manufacturer (OEM) aus der Sicht eines Automobilzulieferers


Diplomarbeit, 2006

111 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitende Betrachtung
1.1 Aktueller Anlass
1.2 Zielsetzung
1.3 Abgrenzung
1.4 Gang der Untersuchung

2 Informationen zum betrachteten Unternehmen
2.1 Vorstellung des Unternehmens Wilhelm Karmann GmbH
2.2 Bisherige Entwicklung
2.3 Zahlen, Daten, Fakten
2.4 Kompetenzfelder
2.5 Das Marktumfeld der Wilhelm Karmann GmbH
2.5.1 Geschäftsbereich Fahrzeugbau
2.5.2 Geschäftsbereich Dachsysteme
2.5.3 Geschäftsbereich Technische Entwicklung

3 Der Industriegüterbereich
3.1 Begriffsdefinition von Industriegütern und Investitionsgütern
3.2 Industriegütermarketing
3.3 Strategische Besonderheiten des Industriegütermarketings
3.4 Kaufprozess bei Industriegütern

4 Das Zuliefergeschäft
4.1 Begriffsdefinition von Zulieferprodukten
4.2 Charakteristika des Zuliefergeschäfts
4.3 Strategische Marktsegmente im Automobil - Zuliefergeschäft
4.4 Strukturelle Organisation des Zuliefergeschäfts
4.5 Automobilhersteller und ihre Zulieferbeziehungen
4.5.1 Die Schlüsselbranche Automobilindustrie
4.5.2 Entwicklungen der OEM - Zulieferbeziehungen

5 Aspekte des Käuferverhaltens
5.1 Allgemeines Käuferverhalten
5.1.1 Definition des Begriffes Käuferverhalten
5.1.2 Modellansätze der Käuferverhaltensforschung
5.2 Käuferverhalten im Investitionsgüterbereich
5.2.1 Definition des industriellen Käuferverhaltens
5.2.2 Besonderheiten des Käuferverhalten industrieller Güter
5.2.3 Geschäftstypen und Güterkategorien innerhalb der Investitionsgüter
5.2.4 Merkmale und Charakteristika des industriellen Kaufverhaltens
5.2.5 Einflüsse auf das Käuferverhalten bei Industriegütern
5.2.6 Besonderheiten und Entwicklung des Käuferverhaltens in der Zulieferindustrie
5.3 Theoretische Ansätze zur Erklärung des industriellen Käuferverhaltens
5.3.1 Unterteilung der Analyseansätze nach Akteuren, Einflussgrößen und Organisationsart
5.3.2 Kriterien traditioneller Klassifikation der Erklärungsansätze
5.3.3 Zusammenhang von Erklärungsansätzen und dem Untersuchungsbereich
5.4 Typenkategorien von Kaufentscheidungen
5.4.1 Individuelle Kaufentscheidungen
5.4.2 Kollektive Kaufentscheidungen
5.4.2.1 Monoorganisationale Erklärungsansätze
5.4.2.1.1 Vertikale Partialmodelle
5.4.2.1.1.1 Buying-Center-Konzept
5.4.2.1.1.2 Potenzialkonzept
5.4.2.1.1.3 Reagiererkonzept:
5.4.2.1.2 Horizontale Partialmodelle
5.4.2.1.2.1 Selling-Center-Konzept
5.4.2.1.2.2 Bonoma-Zaltman-Johnston-Modell
5.4.2.1.3 Totalmodelle
5.4.2.1.3.1 Webster-Wind-Modell
5.4.2.1.3.2 Sheth-Modell
5.4.2.1.3.3 Choffray-Lilien-Modell
5.4.2.1.3.4 Johnston-Lewin-Modell
5.4.2.2 Multiorganisationale Erklärungsansätze
5.4.2.2.1 Dyadisch-personale Interaktionsansätze
5.4.2.2.2 Multipersonale Interaktionsansätze
5.4.2.2.3 Dyadisch-organisationale Interaktionsansätze
5.4.2.2.4 Multiorganisationale Interaktionsansätze

6 Käuferverhaltensanalyse bei der Wilhelm Karmann GmbH
6.1 Analyse der augenblicklichen Vorgehensweise (Ist-Situation)
6.1.1 Vorgesehener Ablauf der Untersuchung
6.1.2 Durchführung der Untersuchung
6.1.3 Stärken und Schwächen der augenblicklichen Vorgehensweise
6.1.4 Ergebnis der Untersuchung
6.2 Vorschlag zur zukünftigen Käuferverhaltensanalyse
6.2.1 Ansatzpunkte und Anforderungen
6.2.2 Überprüfung von organisationalen Erklärungsansätzen auf Anwendbarkeit
6.2.2.1 Die Anwendung vertikaler Partialmodelle
6.2.2.2 Die Anwendung horizontaler Partialmodelle
6.2.2.3 Die Anwendung von Totalmodellen
6.2.2.4 Die Anwendung von Interaktionsansätzen
6.2.3 Konzeptvorschlag
6.2.4 Kostenabschätzung und Zeitaufwand

7 Schlußbetrachtung
7.1 Zusammenfassung
7.2 Ausblick

Anhang

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Wilhelm Karmann GmbH, Osnabrück

Abbildung 2: Globale Standorte der Karmann Unternehmensgruppe

Abbildung 3: Die Zusammenfassung des Gruppenabschlusses zum 31.12.05 in Tsd. EUR

Abbildung 4: Umsatzentwicklung nach Sparten

Abbildung 5: Mitarbeiterentwicklung in Osnabrück und Rheine 1991-

Abbildung 6: Mercedes-Benz CLK Cabriolet 2003, Audi A4 Cabriolet

Abbildung 7: Auftragsfertigung

Abbildung 8: Vergleich Produktionsstückzahlen

Abbildung 9: Unterteilung der Industriegüter in drei Kategorien

Abbildung 10: Beispiele der Klassen von Kaufentscheidungen

Abbildung 11: Kaufentscheidungsprozess und Art des Kaufs

Abbildung 12: Neustrukturierung der industriellen Wertschöpfungskette - Zulieferpyramide

Abbildung 13: Die Automobilindustrie in Zahlen

Abbildung 14: Prioritäre Wettbewerbstrategien von Automobilzulieferfirmen

Abbildung 15: Kennzeichnung der Forschungsansätze des Käuferverhaltens

Abbildung 16: S-O-R Modell

Abbildung 17: Die organisationalen Käufe

Abbildung 18: Erklärungsansätze industrieller Kaufentscheidung

Abbildung 19: Ein Modell des Käuferverhaltens beim Kauf von Industriegütern

Abbildung 20: Einkaufsverhalten von OEM

Abbildung 21: Veränderung des OEM-Einkaufverhalten (in %)

Abbildung 22: Die Analyseansätze

Abbildung 23: Theoretische Erklärungsansätze des organisationalen Käuferverhaltens

Abbildung 24: Das organisationale Beschaffungsverhalten

Abbildung 25: Das Bonoma-Zaltmann-Johnston-Modell

Abbildung 26: Modell des organisationalen Kaufverhaltens nach Webster-Wind

Abbildung 27: Integratives Modell von Sheth

Abbildung 28: Prozessmodell (oben) und Responsemodell (unten) des organisationalen Käuferverhaltens von Choffray - Lilien

Abbildung 29: Integriertes Modell des organisationalen Käuferverhaltens von Johnston-Lewin

Abbildung 30: Risiko-Kontinuum

Abbildung 31: Systematik der Interaktionsansätze

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Marktumfeld der Karmann GmbH, Geschäftsbereich Fahrzeugbau

Tabelle 2: Marktumfeld der Karmann GmbH, Geschäftsbereich Dachsysteme

Tabelle 3: Marktumfeld der Karmann GmbH, Geschäftsbereich Engineering

Tabelle 4: Untersuchungsschritte zur Analyse der Ist-Situation

Tabelle 5: Aufteilung der Key-Account-Managementbereiche nach Hersteller

Tabelle 6: Stärken-Schwächen-Analyse Teil 1

Tabelle 7: Stärken-Schwächen-Analyse Teil 2

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitende Betrachtung

1.1 Aktueller Anlass

Als Schlüsselbranche der deutschen Volkswirtschaft zählt die Automobilindustrie heute zu den größten und innovativsten Industriezweigen des Landes. In weltweiter Spitzenposition steht sie für Qualität und setzt Standards. Mit 5,5 Mio. Einheiten ist Deutschland nach den USA und Japan das drittgrößte Herstellerland[1]. Der steigende Produktivitätsdruck in der Automobil-industrie, der sich aus den Komponenten Kostendruck, Innovationsdruck und Grenzen im Wachstum zusammensetzt, gefährdet allerdings diese Spitzenposition[2].

Konsequenzen aus diesen Entwicklungen bekommen Zulieferunternehmen direkt zu spüren.

Unternehmen aus dem Mittelstand, die derzeitige Renditen von drei bis fünf Prozent verzeichnen, müssen eine Produktivitätssteigerung von jährlich mindestens fünf Prozent erreichen, um zukünftig z.B. in neue Technologien investieren zu können. Einsparpotentiale bieten dabei u.a. Einkauf und Produktion[3]. Die Industriestruktur, in der die Hauptaufgaben der OEM vorrangig darin bestehen, die Komponenten aus der Zulieferindustrie in ein Gesamtfahrzeug zu integrieren, bezeichnet man als funktionale Wertschöpfungsarchitektur, in der die OEM einen durchschnittlichen Wertschöpfungsanteil von 35% erreichen. Der Anstieg des Kostendruckes, steigende Endkundenansprüche bei geringer Mehrpreisbereitschaft, Überkapazitäten und Stagnation in den Hauptabsatzmärkten USA, Japan und Westeuropa zwingen die Hersteller zum Umdenken und zum Entwickeln neuer innovativer Formen der Kooperation mit ihren Zulieferern. Dabei wird sich der Wertschöpfungsanteil weiter auf die Zulieferer verlagern[4]. Neue Formen der Zusammenarbeit und Partnerschaftsmodelle mit den Zulieferern werden von den Herstellern für die nächsten Jahre angekündigt[5]. Dabei liegt der Fokus auf einer langfristigen, strategischen Zusammenarbeit mit mehr Transparenz und Offenheit der beteiligten Parteien[6]. Angesichts der aktuellen Entwicklung in der Automobilindustrie müssen sich die Zulieferer, wollen sie den Erwartungen entsprechen und weiterhin Bestand haben, diesen neuen Herausforderungen stellen und neue Entwicklungspfade einschlagen[7]. Verantwortlichen Entscheidungsgremien und Einkaufsabteilungen in den Herstellerunternehmen kommt damit zukünftig noch größere Bedeutung zu. Im Mittelpunkt der Beobachtungen von Zulieferern muss dann künftig auch die Analyse des Käuferverhalten des OEM stehen, denn das Einkaufsverhalten des OEM wird sich demnächst weiter ändern. Der ausgeübte Preisdruck und der Qualitätsanspruch werden weiter ansteigen und die Bereitschaft zur Vergütung von Kostenreduktionen und Entwicklungskosten mit einem angemessenen ROI werden weiter sinken[8].

Der Analyse des Käuferverhaltens im Investitionsgüterbereich, das derzeitig im Vergleich zum Konsumentenverhalten ein Schattendasein fristet, bekommt damit einen erheblichen Stellenwert[9]. Kenntnisse der verschiedene Arten von Kaufentscheidungen, z.B. multipersonale Kaufentscheidungen, spielen bei der Beschaffung von Investitionsgütern eine zentrale Rolle[10]. Die genannten Gründe lassen die systematische Analyse des Käuferverhaltens der OEM und die daraus gewonnenen Erkenntnisse, aus der Sicht des Zulieferers künftig als eines der wichtigsten Instrumente im Wettbewerb erscheinen. Dieser Zusammenhang und der Einsatz dieses Instrumentes bei der Wilhelm Karmann GmbH ist als Anlass für diese Untersuchung zu sehen.

1.2 Zielsetzung

Ziel der vorliegenden Untersuchung ist es, einen möglichst breiten Gesamtüberblick der Käuferverhaltensanalyse zu geben. Schwerpunkt des Untersuchungsbereiches bildet das Käuferverhalten industrieller Güter - speziell aus dem Automobilzulieferbereich. Im Vordergrund steht die Sichtweise des Lieferanten und nicht die des Kunden.

Anhand des systematischen Aufbaus der Untersuchung soll zunächst notwendiges Basiswissen vermittelt werden, das zur Analyse des Käuferverhaltens erforderlich ist. Grundlegende, für das Verständnis wichtige Begriffe sollen verstanden werden und so eine genaue Differenzierung ermöglichen. Weiteres Ziel ist es, Kenntnisse der Anwendungsmöglichkeit theoretischer Analysemodelle und Erklärungsansätze des Käuferverhaltens zu vermitteln. Im Mittelpunkt steht dabei, einen Überblick der Instrumente mit charakteristischen, zur praktischen Umsetzung wichtigen Besonderheiten der einzelnen Modelle zu geben. Die Variantenvielfalt und die Anzahl der Ansätze lassen keine detaillierte Betrachtung zu.

Der Konzeptvorschlag zur Käuferverhaltensanalyse mit vorangegangener Ist-Situationsanalyse bei der Wilhelm Karmann GmbH verfolgt das Ziel, Stärken und Schwächen in der augenblicklichen Vorgehensweise aufzuzeigen. Dabei sollen sowohl die Ist-Situationsanalyse, als auch der Konzeptvorschlag angesichts aktueller Entwicklungen in der Automobilindustrie (vgl. Kap. 1: Aktueller Anlass) als Anregung verstanden werden, dieses Gebiet genauer zu betrachten.

1.3 Abgrenzung

Inhalte der Untersuchung basieren überwiegend auf den im Literaturverzeichnis dokumentierten Quellen. Die vorliegende Untersuchung bietet einen Überblick der theoretischen Ansätze und Modelle mit wichtigen charakteristischen Merkmalen der Ansätze. Anzahl, Umfang und Variantenvielfalt vorhandener theoretischer Modelle machen es im Rahmen dieser Untersuchung nicht möglich, alle Modelle detailliert auf Anwendbarkeit zu betrachten. Modelle zur Analyse des Käuferverhaltens im Konsumgüterbereich werden nicht betrachtet.

Ergebnisse aus der Ist-Situationsanalyse beruhen auf persönlichen Gesprächen oder schriftlichen Reaktionen der verantwortlichen Ansprechpartner aus den Bereichen Vertrieb-Key-Account-Management, Vertrieb-Marketing und conceptTeam[11]. Es wird bei der Untersuchung nicht zwischen Gesamtfahrzeug- und Dachsystemprojekten differenziert. Der Konzeptvorschlag im sechsten Kapitel entzieht sich dem Anspruch auf Vollständigkeit, soll aber als Denkanstoß betrachtet werden. Der Vorschlag resultiert aus den Ergebnissen der Ist-Situationsanalyse, den Kenntnissen theoretischer Analysemethoden und Erklärungsansätzen des industriellen Käuferverhaltens in Verbindung mit Vorstellungen und Ideen des Verfassers aufgrund mehrjähriger Tätigkeit im conceptTeam der Wilhelm Karmann GmbH.

Mangelnde Transparenz von Entscheidungswegen und Zusammensetzung der Entscheidungsgremien lassen daher keine konkrete, sondern nur eine exemplarische bzw. methodische Darstellung des Konzeptvorschlags zu. Sichtweisen des Kunden (OEM) in Bezug auf die Analyse des Käuferverhalten sind nicht, wie ursprünglich geplant, in die Entwicklung des Konzeptvorschlages eingegangen. Nicht realisiert wurde weiterhin die Ausarbeitung der konkreten Umsetzung des Vorschlags im Unternehmen und die Erfassung aller daraus resultierenden Konsequenzen. Auf die Abschätzung des Aufwandes für die Umsetzung ist verzichtet worden. Der Detaillierungsgrad ist hierfür nicht ausreichend.

1.4 Gang der Untersuchung

Der Aufbau der vorliegenden Untersuchung orientiert sich an der Zielsetzung, Käuferverhalten von Herstellern (OEM) zu analysieren. Die strukturelle Umsetzung zielt darauf ab, mit klarer Systematik eine theoretische Basis wichtiger Kenntnisse für die abschließende Ist-Situationsanalyse mit Konzeptvorschlag aufzubauen.

Standpunkt der Betrachtung ist dabei die Sichtweise eines mittelständischen Automobil-zulieferers, der Wilhelm Karmann GmbH. Dies begründet nach Zielsetzung und Abgrenzung im ersten Kapitel die Darstellung des Unternehmens mit seinen Kompetenzen und dem relevanten Marktumfeld im zweiten Abschnitt. Wesentliche Aspekte in der Analyse des Käuferverhaltens von Herstellern beruhen auf Kenntnissen aus dem Investitionsgüter-marketing. Wichtige Erläuterungen von Begriffen, Definitionen und Besonderheiten zu diesem Bereich erfolgen im darauffolgenden Kapitel. Mit speziellen, das Zuliefergeschäft charakterisierenden Informationen wird mit Abschnitt vier die Vorbereitung auf das Thema Käuferverhalten abgerundet. Die ausführliche Darstellung der Aspekte des Käuferverhaltens in verschiedenen Bereichen mit Erläuterung theoretischer Modelle und Analyseansätze sowie deren Voraussetzungen bilden in Kapitel fünf die Grundlage für den Praxisbezug im sechsten Abschnitt in Form einer Ist-Situationsanalyse mit Konzeptvorschlag. Augenblickliche Vorgehensweisen werden in dem Zusammenhang kritisch analysiert und in Form von Stärken und Schwächen dokumentiert. Das wesentliche Ergebnis der Untersuchung wird mit Blick auf mögliche Potentiale in der Schlussbetrachtung veranschaulicht.

2 Informationen zum betrachteten Unternehmen

2.1 Vorstellung des Unternehmens Wilhelm Karmann GmbH

Die Wilhelm Karmann GmbH ist ein mittelständisches internationales Zulieferunternehmen der Automobilindustrie mit dem Hauptsitz in Osnabrück.

Als Systemlieferant beschäftigt die Karmann Gruppe weltweit über 8000 Mitarbeiter, davon waren im Jahr 2005 ca. 5400 Mitarbeiter am Standort Osnabrück beschäftigt.

Als “Full Service Supplier” kann Karmann im Auftrag der Automobilhersteller sowohl komplette Fahrzeuge entwickeln und fertigen als auch Systemkomponenten liefern.

Diese Gesamtfahrzeugkompetenz unterscheidet Karmann von den meisten Wettbewerbern.

Die Bandbreite an Entwicklungs- und Fertigungsmöglichkeiten geht von einzelnen Systemkomponenten bis hin zu kompletten Fahrzeugen. Gesamtfahrzeugkompetenz bedeutet in diesem Zusammenhang die Beherrschung der gesamten Prozesskette[12].

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Wilhelm Karmann GmbH, Osnabrück

Quelle: Wilhelm Karmann GmbH (Hrsg.), Unternehmenspräsentation

(Deutsch).ppt, Intranet Wilhelm Karmann GmbH, Osnabrück 01.01.2005, S. 5

Das Unternehmen gliedert sich in vier Bereiche mit den entsprechenden Abteilungen:

Technische Entwicklung: Designstudio, Vorentwicklung, FEM- Berechnung, Konstruktion, Kunststofftechnologie, Prototypenbau, Fahrzeugversuch

Betriebsmittelbau: Werkzeuge, Vorrichtungen

Fahrzeugbau: Presswerk, Rohbau, Lackiererei, Textilfertigung

Dachsysteme: Entwicklung, Konstruktion, Musterbau, Versuch, Produktion[13]

Um die Erwartungen der Automobilhersteller nach verstärkter Präsenz ihrer Innovationspartner vor Ort zu erfüllen, treibt Karmann die internationale Ausrichtung weiter voran.

Dazu tragen die neun Standorte und zusätzlich die Vor-Ort-Büros im unmittelbaren Umfeld der Kunden bei[14].

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Globale Standorte der Karmann Unternehmensgruppe

Quelle: Wilhelm Karmann GmbH (Hrsg.), Unternehmenspräsentation

(Deutsch).ppt, Intranet Wilhelm Karmann GmbH, Osnabrück 01.01.2005, S. 4

2.2 Bisherige Entwicklung

Den Ursprung hat die Firma Karmann in der im Jahre 1874 in Osnabrück gegründeten Wagenfabrik Christian Klages. Diese wurde im Jahre 1901 von Wilhelm Karmann übernommen. Neben Kutschen wurden nach der Übernahme ab dem Jahre 1902 auch Automobilkarossen gefertigt. Damit blickt Karmann auf eine über 100-jährige Geschichte zurück. In diesen 100 Jahren hat Karmann an einer Vielzahl von Fahrzeugen mitgewirkt.

Auch eine stolze Anzahl von Studien und Konzepten konnte Karmann in dieser Zeit vorweisen. Zu den bei Karmann entwickelten und gefertigten Fahrzeugen gehören z.B. das Adler Primus Cabriolet (1932), Käfer Cabriolet (1949), der Karmann Ghia (1955), Volkswagen Scirocco (1974) und das Golf Cabrio. In den Jahren 1949-2004 wurden über 3,3 Mio. Fahrzeuge bei Karmann gebaut[15].

2.3 Zahlen, Daten, Fakten

Der Gesamtumsatz der Karmann-Gruppe von 2,8 Milliarden EUR im Jahre 2004[16] sank auf 1,9 Milliarden EUR im Jahre 2005. Für den Gruppenabschluss des Geschäftsjahres 2005 ergeben sich folgende Werte :

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Die Zusammenfassung des Gruppenabschlusses zum 31.12.05 in Tsd. EUR

Quelle: Vgl. Wilhelm Karmann GmbH (Hrsg.), Jahresbericht_2005_Endversion.

pdf, http://www. Karmann.com/Jahresbericht _2005_Endversion.pdf, 13.06.06, S. 18

Die Umsatzentwicklung des betrachteten Unternehmens, differenziert nach Sparten stellt sich für die vergangenen Jahre wie folgt dar:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Umsatzentwicklung nach Sparten

Quelle: Wilhelm Karmann GmbH (Hrsg.), Unternehmenspräsentation

(Deutsch).ppt, Intranet Wilhelm Karmann GmbH, Osnabrück 01.01.2005, S. 52

Die Anzahl der durchschnittlich im Geschäftsjahr in der Unternehmensgruppe beschäftigten Mitarbeiter lag im Jahr 2005 bei 8350. Davon waren in den Werken Osnabrück / Rheine 6680

Mitarbeiter beschäftigt[17]. Mitarbeiterzahlen im Zeitraum von 1991-2005:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Mitarbeiterentwicklung in Osnabrück und Rheine 1991-2005

Quelle: Wilhelm Karmann GmbH (Hrsg.), Jahresbericht_2005_Endversion.

pdf, http://www. Karmann.com/Jahresbericht _2005_Endversion.pdf, 13.06.06, S. 5

2.4 Kompetenzfelder

Mit der oben angesprochenen Gesamtfahrzeugkompetenz (Full Service Supplier) bietet sich für den OEM die Möglichkeit eine Komplettlösung von Karmann zu beziehen.

Nischenfahrzeuge, die zwar in das Produktportfolio des OEM passen, möglicherweise aber aufgrund zu geringer Stückzahlen nicht rentabel in eigener Produktion beim OEM hergestellt werden können, werden als Paket an Karmann übergeben. Sämtliche für den Entstehungsprozess notwendigen Kompetenzen, von der Entwicklung bis zur Fertigmontage, sind vorhanden. Die Kompetenzen aus dem Gesamtleistungsspektrum der Fa. Karmann lassen sich für Teilprojekte in Entwicklungsdienstleistungen und industrielle Dienstleistungen differenzieren. Zu den Kompetenzen der Entwicklungsdienstleistungen zählen sämtliche Engineering-Dienstleistungen und die Integration von Teilsystemen in Gesamtfahrzeuge. Die industriellen Dienstleistungen beinhalten :

- Bereich Betriebsmittelplanung / Entwicklung / Herstellung.
- Bereich Dachsysteme mit Entwicklung und Produktion von separaten Dachmodulen.
- Bereich Fahrzeugbau mit der Produktion von Nischenfahrzeugen oder der Fertigung von

Einzelmodulen und Möglichkeit zur Abdeckung von Spitzenlasten der OEM (z.B. Produktion

VW Golf III, Variant)[18].

Beispiele aktueller Gesamtfahrzeugprojekte sind:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Mercedes-Benz CLK Cabriolet 2003, Audi A4 Cabriolet 2002

Quelle: Eigener Entwurf

2.5 Das Marktumfeld der Wilhelm Karmann GmbH

Zur Analyse des Käuferverhaltens eines OEM aus der Sicht eines Zulieferers ist es wichtig, dass Marktumfeld des Zulieferunternehmens zu kennen. Differenziert nach den Geschäftsbereichen Fahrzeugbau, Dachsysteme und Technische Entwicklung ergeben sich die folgenden Wettbewerber für das betrachtete Unternehmen Wilhelm Karmann GmbH[19].

2.5.1 Geschäftsbereich Fahrzeugbau

Das Wettbewerbsumfeld von Herstellern mit Gesamtfahrzeugkompetenz stellt sich mit einer Zusammenfassung wichtiger Informationen zu den Unternehmen in folgender Tabelle dar.

Detailliertere Informationen zu den einzelnen Unternehmen befinden sich im Anhang unter Anlage Nr.1: Das Marktumfeld.

Tabelle 1: Marktumfeld der Karmann GmbH, Geschäftsbereich Fahrzeugbau

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigener Entwurf

2.5.2 Geschäftsbereich Dachsysteme

Tabelle 2: Marktumfeld der Karmann GmbH, Geschäftsbereich Dachsysteme

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigener Entwurf

2.5.3 Geschäftsbereich Technische Entwicklung

Tabelle 3: Marktumfeld der Karmann GmbH, Geschäftsbereich Engineering[20]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigener Entwurf

Die Auftragsfertigung im Bereich Gesamtfahrzeug für das Jahr 2004 mit einem Gesamt-volumen von 382.000 Einheiten, differenziert nach Zulieferunternehmen, teilt sich wie folgt auf[21]:

Abbildung 7: Auftragsfertigung 2004

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Wilhelm Karmann GmbH (Hrsg.), Auftragsfertigung 2004, in: Das Marktumfeld der Wilhelm Karmann GmbH, Osnabrück April 2005, Anhang S.1

Die Entwicklung der Stückzahlen im Bereich Gesamtfahrzeug zeigt folgende Abbildung:

Abbildung 8: Vergleich Produktionsstückzahlen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Wilhelm Karmann GmbH (Hrsg.), Stückzahl-Vergleich, in: Hausmitteilung zur Vorbereitung der PPG-Sitzung, Osnabrück 22.04.05, S. 21

Als abschließende Betrachtung zum Thema „Das Marktumfeld der Wilhelm Karmann GmbH“, ergänzt die Übersicht im Anhang die Anlage Nr.2: Modelle, Lieferanten, Preise, mit annähernd allen offenen Fahrzeugmodellen und zugehörigen Lieferanten das Gesamtbild.

3 Der Industriegüterbereich

3.1 Begriffsdefinition von Industriegütern und Investitionsgütern

Der Begriff Industriegut, abgeleitet aus dem analogen anglo-amerikanischen „Industrial Marketing“, erfasst nicht die Geschäftsbeziehungen zu gewerblichen Dienstleistern, die Industriegüter nachfragen, so nach Pepels[22]. In der Literatur wird der Begriff des Investitionsgutes keineswegs einheitlich umschrieben[23]. Bekannte Schwierigkeiten in der Abgrenzung der Beschaffungsobjekte, die Basis der Unterscheidung zwischen Industrie- und Investitionsgut sind, führen dazu, dass im Folgenden die Begriffe Industriegüter, Investitionsgüter und organisationale Güter als synonym betrachtet werden.

- Definition: Industriegüter sind Leistungen, die von Organisationen (z.B.: Produzenten, Dienstleistern, Händlern) beschafft werden, um weitere Leistungen zu erstellen und die nicht an Letztkonsumenten verkauft werden. Sie lassen sich nicht anhand technischer Merkmale beschreiben sondern die Zielgruppe bestimmt, ob der Vermarktungsprozess auf den Konsumgüter- oder Industriegütermärkten stattfindet[24]. Die Spektren der zu kaufenden Produkte sind vielseitig und umfassen Betriebs- und Rohstoffe, Halbfabrikate, komplette Anlagen einschließlich Beratungsleistungen[25].

Oft sind diese Güter für die Anlageninvestition, also der Erhaltung und Verbesserung der Produktionsausrüstung, bestimmt. Falls der Verwendungszweck nicht auf bestimmte Abnehmergruppen verweist, lässt sich häufig nicht eindeutig die Eigenschaft eines Erzeugnisses als Investitionsgut feststellen[26]. Die Leistungsfähigkeit der Produkte im Investitionsgüterbereich ist kaufentscheidend. Die Produkte sind oft hochpreisig und erklärungsbedürftig. Dem Kundendienst und dem persönlichen Verkauf kommt in dem Bereich große Bedeutung zu[27].

Beispiel: Unterscheidung der Güter entsprechend der Verwendung

Ein Rasenmäher, der für den Garten zu Hause angeschafft wird, ist ein Konsumgut. Wird derselbe Rasenmäher für den Einsatz in einem Garten- und Landschaftspflegebetrieb gekauft, wird er als Industriegut bezeichnet.

Industriegüter werden in drei Hauptgruppen eingeteilt:

- Rohmaterial und Zulieferteile (die in das Endprodukt eingehen).
- Anlagegüter.
- Betriebsstoffe, Hilfsstoffe, Energie und Dienstleistungen[28].

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 9: Unterteilung der Industriegüter in drei Kategorien

Quelle: Kotler, P. Grundlagen des Marketing, 2.Auflage, München 1999, S.534

3.2 Industriegütermarketing

Die Verschärfung der Konkurrenzsituation im industriellen Bereich, wachsendes Güterangebot und daraus resultierende Verengung der Märkte begründen das zunehmende Interesse seitens der Wissenschaft und der Praxis am Industriegütermarketing[29]. Basierend auf der Definition des Begriffs „Investitionsgut“ wird der Begriff Investitionsgütermarketing auf drei Ebenen definiert:

Investitionsgütermarketing steht zum einen für eine bestimmte Denkhaltung, die bei allen Analyse- und Entscheidungsprozessen von einer grundsätzlichen Marktorientierung ausgeht, zum anderen bildet Investitionsgütermarketing eine Technik der Erforschung und Gestaltung von Investitionsgütermärkten ab. Weiterhin ist Investitionsgütermarketing eine Führungs-funktion, die alle betrieblichen Funktionsbereiche auf die Schaffung und Durchsetzung von Wettbewerbsvorteilen koordiniert[30].

Der englische Begriff „Industrial Marketing“ trifft die Inhalte dieses Fachgebietes am besten und vermeidet Missverständnisse, wie sie häufig bei der Verwendung des Begriffes „Investitionsgütermarketing“ auftreten. Durchgesetzt hat sich in neuerer Literatur die Bezeichnung „Business-to-Business-Marketing (B-to-B)“, was wesentlich besser erklärt, welcher Marketingbereich untersucht werden soll[31]. Allerdings sind die Begriffe Industriegütermarketing und Business-to-Business-Marketing (B-to-B) nicht als identisch anzusehen, obwohl sie oft im gleichen Zusammenhang benutzt werden. Das B-to-B Marketing schließt gegenüber dem Industriegütermarketing auch die Vermarktungsansätze gegenüber den auf die Befriedigung von konsumtiven Endkunden gerichteten Handelsinstitutionen ein[32].

Zusammenfassende Definition des Industriegütermarketing:

Marketing wird definiert als Management von KKVs. Ein Unternehmen, das in der Lage ist, durch Generierung neuer Lösungen vorhandene Bedürfnisse besser (billiger oder schneller) zu befriedigen, bezeichnet man als Unternehmen, die über einen komparativen Konkurrenzvorteil (KKV) verfügen[33]. Verbreitete Definitionen beschreiben es als das Marketing von Produktionsfaktoren (Potential- und Repetierfaktoren), deren Absatz nicht an

Konsumenten sondern an privatwirtschaftliche oder öffentliche Organisationen erfolgt[34].

Das Management der KKVs erfordert

- geschäftsspezifische Ausrichtung an den mit ausreichenden Zahlungsbereitschaft versehenen Kundenwünschen.
= Außenorientierung: „Wissen über Nachfragebedürfnisse“.
- ein entsprechendes Handlungsprogramm im Unternehmen, das die Ausrichtung aller am Wertschöpfungsprozess beteiligten Unternehmensfunktionen auf die Befriedigung definierter Kundenwünsche sicherstellt.

= Innenorientierung: „Handlungskomponente“[35].

3.3 Strategische Besonderheiten des Industriegütermarketings

Im Investitionsgütergeschäft ist Unsicherheit eine wesensbestimmende Restriktion,

denn die zu einem hohen wahrgenommenen Risiko führenden Merkmale einer Kaufentscheidung sind hier in besonderer Weise präsent. Daher beziehen sich viele strategische Besonderheiten des Investitionsgütermarketing auf folgende Charakteristika:

Begrenzte Überprüfbarkeit der Qualität, Komplexität der Leistung, hoher Transaktionswert[36].

Abnehmergerichtete Strategieansätze im Industriegütermarketing verfolgen entweder die Präferenz- oder Preis-Mengen-Orientierung.

Im Rahmen der Präferenzstrategie spielen alle nicht-preislichen Aktionsparameter mit dem Ziel der mehrdimensionalen Präferenzbildung die wichtigste Rolle. Grunddimensionen der Strategie sind Innovations-, Qualitäts-, Markierungs- und Programmbreitenorientierung.

Innovationsorientierung heißt in diesem Zusammenhang dem „Entwicklungsdilemma“, also steigende Entwicklungskosten und -zeiten bei kürzer werdenden Produktlebenszyklen mit „Speed to the Market“, also der Verkürzung der Zeit von der Idee zur Markteinführung, zu begegnen[37]. Konkrete Pläne der Automobilhersteller bezüglich der Verkürzung von Entwicklungszeiten bei gleichzeitiger, um bis zu drei Jahren verringerten Modellaufzeiten, zwingen Zulieferunternehmen dazu sich mit dieser Strategieform auseinander zu setzen[38].

Die Qualitätsorientierung bildet im Investitionsgüterbereich eine weitere Besonderheit und ist als eine der wichtigsten Grunddimensionen im Rahmen der Präferenzstrategie zu betrachten. Da die Konsequenzen aus mangelnder Qualität im Industriegüterbereich meist erheblich sind, kann der Hersteller dem mit Hilfe der Kommunikationspolitik (Qualitätszertifikaten) und z.B. Referenzanlagen begegnen[39].

Wachsende Bedeutung kommt im Rahmen der Präferenzstrategie der Markierungsorientierung als weitere Besonderheit im Investitionsgütermarketing zu. Die Wichtigkeit des Markennamen für den Markterfolg wird weiter zunehmen. Dabei ist der Aufbau von Kundenvertrauen das zentrale Ziel der Markierungsorientierung. Speziell im OEM-Geschäft besteht der Zusammenhang zwischen der Qualität von Komponenten und der damit wahrgenommenen Qualität des Fertigaggregats. Die Marke des Zulieferers spielt im Kampf um Marktanteile damit eine immer größere Rolle. Zulieferer ohne Marke werden für den OEM austauschbar. Eine Lösung bietet sich für den Zulieferer im „Ingredient Branding“, einer mehrstufigen Einzel-, Produktgruppen- oder Dachmarkenpolitik für investive Verbrauchsgüter[40].

Häufig ist das Know-how vieler spezieller Anbieter erforderlich zur Erstellung der Gesamtleistung eines Auftrages im Investitionsgüterbereich. Diese Besonderheit begründet die Kooperationsstrategie im Rahmen konkurrenzgerichteter Strategien. Mit dem Ziel der Risikominderung für den Einzelnen entstehen so Abhängigkeiten zwischen den Anbietern.

Stärker werdender Einfluss von Anspruchsgruppen (Umweltschutzorganisationen, Bürgerinitiativen) in unserer Gesellschaft macht eine aktive Gestaltung der Beziehungen zu diesen Gruppen notwendig (Anspruchsgruppen gerichtete Strategien). Ziel des Investitionsgütermarketing ist es, negative Entwicklungen frühzeitig zu erkennen und Problemen mit Lösungsvorschlägen zu begegnen[41].

3.4 Kaufprozess bei Industriegütern

Die Differenzierung nach Art des Kaufs bzw. Kaufsituationen von Industriegütern erfolgt u.a. in drei Gruppen: Erstkauf, modifizierter Wiederholungskauf, reiner Wiederholungskauf. Es lassen sich jedoch mehrere Ansätze zur Typisierung organisationaler Kaufentscheidungen finden[42]. In der Literatur werden diese „Arten des Kaufs“, in Anlehnung an Meffert[43], auch als „Typen von Kaufentscheidungen“ bezeichnet.

In der vorliegenden Untersuchung werden die o.g. Begriffe (Art des Kaufs) zur Beschreibung des Themas beibehalten. Typen von Kaufentscheidungen finden sich in dieser Untersuchung als eigenständiger Punkt des Käuferverhaltens wieder. Die Betrachtungsweise des industriellen Kaufprozesses im Zusammenhang mit der Art des Kaufs erfordert aufgrund der Besonderheiten der industriellen Kaufentscheidungen für die weitere Untersuchung eine Differenzierung der verschiedenen Arten von Kaufentscheidungen[44].

- Erstkauf: Bisherige Erfahrungen im Kaufverhalten aus vorherigen Käufen sind nicht relevant. Die Entscheidungsbeteiligten stehen vor einer völlig neuen und bisher nicht gegebenen Problemstellung. Vor der Kaufentscheidung besteht ein sehr großer Informationsbedarf
- Modifizierter Wiederholungskauf: Die Problemstellung ist nicht neu, weicht jedoch in verschiedener Hinsicht von früheren, ähnlichen Kaufsituationen ab. Obwohl einige Erfahrungen genutzt werden können, ist ein zusätzlicher Aufwand zur Informations-beschaffung notwendig
- Reiner Wiederholungskauf: Bei wiederholtem Bedarf handelt es sich bei dieser Kaufsituation um eine ständig wiederkehrende Problemstellung. Zusätzliche Informationsbeschaffung ist nicht erforderlich. Die Erfahrungen der Entscheidungsbeteiligten reicht aus. Diese Art des Kaufs ist geeignet für die Automatisierung des Beschaffungsprozesses[45].

Die Abbildung zeigt beispielhaft die drei Arten industrieller Kaufentscheidungsklassen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 10: Beispiele der Klassen von Kaufentscheidungen

Quelle: Foscht, T., Swoboda, B., Käuferverhalten, 1. Auflage, Wiesbaden 2004, S. 274

Mit direktem Bezug auf den Zusammenhang des industriellen Kaufprozesses und der Art des Kaufes werden acht Phasen des Kaufprozesses unterschieden. Diese Phasen können je nach Unternehmensstruktur deutlich komplexer sein oder bei z.B. reinen Wiederholungskäufen werden manche Phasen übersprungen oder knapper gehalten.

1. Problemerkennung
Erkennung von Problemen oder Bedürfnissen und der Wille, die Probleme durch den Kauf von Dienstleistungen oder Waren zu beseitigen, leiten den Kaufvorgang ein.
2. Erstbeschreibung des festgestellten Bedarfs
Der festgestellte Bedarf mit Charakteristika und benötigte Mengen des Kaufgegenstand erfolgt auf die Feststellung der Bedürfnisse im ersten Schritt und wird in einer ersten Beschreibung fixiert.
3. Festlegung des zu beschaffenden Produkts
In Absprache mit angrenzenden Bereichen erfolgt die Festlegung aller Spezifikationen des zu beschaffenden Produktes durch die beschaffende Organisation. Die Festlegung des Produkts durch detailliertere Spezifikation der Charakteristika und des Bedarfs unter Einbezug einer Wertanalyse.
4. Suche nach Lieferanten
In Abhängigkeit von der Art des Kaufs (Erstkauf, modifizierter Wiederholungskauf, reiner Wiederholungskauf), muss unterschiedlich viel Aufwand in die Suche nach Lieferanten für das Produkt investiert werden.
5. Anforderung von Angeboten
Angebote können für die Anbieter als wirkungsvolles Marketinginstrument eingesetzt werden, in denen möglichst konkret und individuell auf die Kundenwünsche eingegangen wird.
6. Auswahl und Festlegung der Lieferanten
Prüfung von Eigenschaften wie z.B. Pünktlichkeit bei der Lieferung, ethisch und moralisch einwandfreies Verhalten des liefernden Unternehmens, Ehrlichkeit in Lieferanten-Kunden-Beziehung, konkurrenzfähige Preise, Reparatur- und Kundendienstqualität, Beratung in Bezug auf Technik und Einsatz, Standort und Erreichbarkeit, Leistungsfähigkeit im Laufe der Zeit, Ruf des liefernden Unternehmens. Wobei sich als bedeutendste Kriterien lt. Umfrage an 220 Einkäufern von Großunternehmen allerdings derzeitig die wirtschaftlichen Kriterien herausgestellt haben.
7. Vereinbarung der regelmäßigen Bestellabläufe
Alle Spezifikationen und Qualitäten der zu liefernden Produkte sind festgelegt. Eine endgültige Bestellung an den Lieferanten erfolgt zwecks langfristiger Zusammenarbeit und Unterstützung auch oft in Verbindung mit Rahmenverträgen zwischen Käufer und Lieferanten.
8. Überprüfung der Qualität und Leistungsfähigkeit
In regelmäßiger und formalisierter Form oder von Fall zu Fall stattfindende Überprüfung, ob die erbrachten Leistungen mit den vereinbarten Leistungen übereinstimmen[46].

Der Zusammenhang des industriellen Kaufprozesses mit der Art des Kaufes ergibt sich in folgender Abbildung:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 11: Kaufentscheidungsprozess und Art des Kaufs

Quelle: Kotler, P. Grundlagen des Marketing, 2.Auflage, München 1999, S.327

4 Das Zuliefergeschäft

4.1 Begriffsdefinition von Zulieferprodukten

Industriegüter, die vollständig, entweder über Weiterverarbeitung oder als Bestandteil des Einzelproduktes in ein Produkt eingehen, bezeichnet man als Zulieferprodukte[47].

Es werden unter Zulieferprodukte sowohl hochwertige als auch geringwertige Produkte verstanden, die zwar in die Endprodukte eingehen, später aber als spezifische vorproduzierte Teile identifizierbar sind[48]. Dazu zählen z.B. Motoren, Getriebe, Reifen und Glühlampen. Dabei werden Zulieferteile ein vollständiger Bestandteil des Fertigprodukts. Die äußere Form bleibt unverändert und im Endprodukt erkennbar. So werden Elektro-Kleinmotoren in Staubsauger eingebaut, CD-Laufwerke in Computer und Reifen, Sitze, Scheiben und Radios in Automobile[49].

4.2 Charakteristika des Zuliefergeschäfts

Im Zuliefergeschäft werden industrielle Vorprodukte und zugehörige Dienstleistungen von Zulieferern an die Herstellerunternehmen geliefert. Herstellerunternehmen bezeichnet man in dem Zusammenhang als OEM (Original Equipment Manufacturer = Erstausrüster), die in Form von organisationalen Nachfragern die Produkte als Teile oder Module bei Zulieferern beschaffen, um sie in ihre (End-) Produkte einzubauen. Beispielsweise liefert Intel Mikroprozessoren als Zulieferer an den Computerhersteller IBM (=OEM). IBM vermarktet das Komplettprodukt dann weiter[50].

Gekennzeichnet ist das Zuliefergeschäft dadurch, dass eine langfristige Geschäftsbeziehung mit dem Kunden aufgebaut wird und Vermarktungsprogramme für einzelne Kunden entwickelt werden. Der Kunde ist durch seine Entscheidung langfristig an die einmal entwickelte Lösung gebunden, oft für die gesamte Dauer des Produktlebenszyklus[51].

Bedeutend sind im Zuliefergeschäft auch die Kaufverbunde, die gezielt auf Kunden ausgerichtet werden. Das erfordert eine enge Abstimmung zwischen Kunden und Anbieter bereits während des Beschaffungsprozesses (z.B. Zulieferer an Automobilhersteller).

Es begründet auch die enge Zusammenarbeit bereits in der Entwicklungsphase.

Bei der Unterteilung der Geschäftstypen im Industriegüterbereich in Produktgeschäft, Anlagengeschäft, Systemgeschäft und Zuliefergeschäft lässt sich der Geschäftstyp

Zuliefergeschäft zusammenfassend wie folgt charakterisieren:

[...]


[1] Vgl. Wilhelm Karmann GmbH (Hrsg.), Lagebericht_Automotive,_16[1][1].02.05.pdf, Intranet Wilhelm Karmann GmbH, Osnabrück 01.02.2005, S. 4

[2] Vgl. Radtke, P., Abele, E., et al., Die smarte Revolution in der Automobilindustrie, 1.Auflage, Frankfurt, Wien 2004, S. 15

[3] Vgl. Flörecke, K., Einkaufsabteilungen noch zu uneffektiv, in: Automobilwoche, Ausgabe 16, 31.07. 2006, S. 16f.

[4] Vgl. Radtke, P., Abele, E., et al., a.a.O., S. 110

[5] Vgl. Rumpelt, T., Zulieferer Innovativ 2005:Audi kündigt neue Partnerschaftsmodelle an, in: Automobil Produktion, Ausgabe 8, August 2005, S. 10

[6] Vgl. Rumpelt, T., Scholz, G., Kosten senken nicht nur mit Rotstift, in: Automobil Produktion, Ausgabe 1, 2006, S. 18f.

[7] Vgl. Wildemann, H., Entwicklungsstrategien für Zulieferunternehmen, 3.Auflage, München 1996, S. 36

[8] Vgl. N. N. Erfolgsmuster für Automobilzulieferer, in: 13. Aachener Kolloquium

Fahrzeug- und Motoren, Bd. 2, Aachen 2004

[9] Vgl. Pepels, W., Käuferverhalten, 1. Auflage, Berlin 2005, S. 171

[10] Vgl. Büschken, J., Multipersonale Kaufentscheidungen, 1. Auflage, Wiesbaden 1994, S. 1

[11] conceptTeam bedeutet: Abteilung innerhalb der Wilhelm Karmann GmbH, die organisatorisch den Strukturen des Vertriebs angegliedert ist. Hauptaufgaben bestehen in der technischen Konzept- und Projektvorentwicklung und damit in der technischen Vertriebsunterstützung während der Angebots- und Konzeptphase.

[12] Vgl. Wilhelm Karmann GmbH (Hrsg.), Unternehmenspräsentation (Deutsch).ppt, Intranet Wilhelm Karmann GmbH, Osnabrück 01.01.2005, S. 8

[13] Vgl. Wilhelm Karmann GmbH (Hrsg.), engineering in motion + ideas in motion, in: Firmenbroschüre Karmann fast forward, Osnabrück 2003, S. 4

[14] Vgl. Wilhelm Karmann GmbH (Hrsg.), Jahresbericht_2005_Endversion.pdf, http://www. Karmann.com/Jahresbericht _2005_Endversion.pdf, 13.06.06, S. 15

[15] Vgl. Wilhelm Karmann GmbH (Hrsg.), engineering in motion + ideas in motion, in: Firmenbroschüre Karmann fast forward, Osnabrück 2003, S. 5

[16] Vgl. Wilhelm Karmann GmbH (Hrsg.), Die Wilhelm Karmann GmbH auf einem Blick.pdf, Intranet Wilhelm Karmann GmbH, Osnabrück 01.04.2006, S. 1

[17] Vgl. Wilhelm Karmann GmbH (Hrsg.), Jahresbericht_2005_Endversion.pdf, http://www. Karmann.com/Jahresbericht _2005_Endversion.pdf, 13.06.06, S. 15

[18] Vgl. Wilhelm Karmann GmbH (Hrsg.), engineering in motion + ideas in motion, in: Firmenbroschüre Karmann fast forward, Osnabrück 2003, S. 2

[19] Vgl. Wilhelm Karmann GmbH (Hrsg.), Das Marktumfeld Fahrzeugbau, in: Das Marktumfeld der Wilhelm Karmann GmbH, Osnabrück 2005, S. 2

[20] Der Geschäftsbereich Technische Entwicklung bildet nicht den Schwerpunkt der Betrachtung in dieser Untersuchung, daher befinden sich zu dem Bereich keine detaillierten Informationen im Anhang.

[21] Vgl. Wilhelm Karmann GmbH (Hrsg.), Auftragsfertigung 2004, in: Das Marktumfeld der Wilhelm Karmann GmbH, Osnabrück 2005, Anhang S. 1

[22] Vgl. Pepels, W., a.a.O., S. 172

[23] Vgl. Engelhardt, W., Günter, B., Investitionsgütermarketing, 1.Auflage, Stuttgart 1981, S. 24

[24] Vgl. Backhaus, K., Industriegütermarketing, 7. Auflage, München 2003, S. 8

[25] Vgl. Härdler, J., Betriebswirtschaftslehre für Ingenieure,1.Auflage, München, Wien 2001, S. 303

[26] Vgl. Strothmann, K., Investitionsgütermarketing, 1. Auflage, München 1979 S. 14

[27] Vgl. Weis, C., Marketing, 11.Auflage, Ludwigshafen 1999, S. 34

[28] Vgl. Kotler, P., Grundlagen des Marketing, 2.Auflage, München 1999, S. 533

[29] Vgl. Gröne, A., Marktsegmentierung bei Investitionsgütern, 1.Auflage, Wiesbaden 1977, S. 19

[30] Vgl. Meffert, H., Marketing, 9. Auflage, Wiesbaden 2005, S. 1203

[31] Vgl. Godefroid, P., Industriegüter-Marketing, 1.Auflage, Ludwigshafen 1995, S. 19

[32] Vgl. Backhaus, K., a.a.O., S. 8

[33] Vgl. Backhaus, K., a.a.O., S. 36

[34] Vgl. N.N., Investitionsgütermarketing , http://de.wikipedia.org/wiki/ Investitionsg% C3%Bcte rmarketing, 28.07.06

[35] Vgl. Backhaus, K., a.a.O., S. 47

[36] Vgl. Meffert, H., a.a.O., S. 1217

[37] Vgl. Meffert, H., a.a.O., S. 1218

[38] Vgl. Kifmann, A., Wir wollen unsere Time-to-Market-Zeiten bis 2010 halbieren, in: Automobil Produktion, Ausgabe 9, 2005, S. 26f.

[39] Vgl. Meffert, H., a.a.O., S. 1219

[40] Vgl. Poerschke, G., Franke, J., Die Macht der Marke, in: Automobil Industrie, Ausgabe 9, 2005, S. 28f.

[41] Vgl. Meffert, H., a.a.O., S. 1221

[42] Vgl. Kliche, M., Investitionsgütermarketing Positionsbestimmung und Perspektiven, 1.Auflage, Wiesbaden 1990, S. 25

[43] Vgl. Meffert, H., a.a.O., S. 137

[44] Vgl. Engelhardt, W., a.a.O., S. 29

[45] Vgl. Meffert, H., a.a.O., S. 138

[46] Vgl. Kotler, P., a.a.O., S. 329

[47] Vgl. Kotler, P., a.a.O., S. 533

[48] Vgl. Fieten, R., Erfolgsstrategien für Zulieferer. Von der Abhängigkeit zur Partnerschaft, Wiesbaden 1991, S.17

[49] Vgl. Kotler, P., a.a.O., S. 534

[50] Vgl. Backhaus, K., a.a.O., S. 705

[51] Vgl. Backhaus, K., a.a.O., S. 325

Ende der Leseprobe aus 111 Seiten

Details

Titel
Analyse des Käuferverhaltens eines Original Equipment Manufacturer (OEM) aus der Sicht eines Automobilzulieferers
Hochschule
Fachhochschule Münster  (Institut für Technische Betriebswirtschaft (ITB))
Note
1,3
Autor
Jahr
2006
Seiten
111
Katalognummer
V208950
ISBN (eBook)
9783656374473
ISBN (Buch)
9783656375005
Dateigröße
18954 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Diplomarbeit / Abschluß mit Auszeichnung (Prädikatsurkunde der Fachhochschule Münster für herausragende Leistungen als Bester des Jahrganges 2005/2006)
Schlagworte
CRM;, Key Account Manager;, OEM, Automobilindustrie, Kostendruck, Innovationsdruck, Einkauf, Produktion, Wertschöpfungsarchitektur
Arbeit zitieren
Dipl.-Wirt.-Ing. (FH) Heino Feußahrens (Autor:in), 2006, Analyse des Käuferverhaltens eines Original Equipment Manufacturer (OEM) aus der Sicht eines Automobilzulieferers, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/208950

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