Analphabetismus - Das Online-Lernspiel "Winterfest"

Didaktische Aspekte von Unterrichtsmaterialien unter curricularen und medialen Aspekten


Hausarbeit (Hauptseminar), 2011

20 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Verschiedene Typen des Analphabetismus

3. Analphabetismus in Deutschland

4. Lernspiel ‚Winterfest‘: Hintergründe und Spielidee
4.1 Rahmenhandlung
4.2 Die Bewohner

5. Lernvoraussetzungen der Zielgruppe

6. Die Minispiele
6.1 Übersicht: Lernziele aller Minispiele
6.2 2 Beispiele zu den Minispielen

7. Analyse und Bewertung
7.1. Gesamtbetrachtung und Bewertung des Lernspiels
7.2. Bewertung der Minispiele und Materialien

8. Fazit

9. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die nachfolgende Arbeit wird sich mit Analphabetismus und einer Online-Plattform beschäftigen. Zunächst erfolgen eine kurze Einführung in die unterschiedlichen Typen des Analphabetismus und ein Überblick über die Situation bezüglich des Analphabetismus‘ in Deutschland.

Das Thema Analphabetismus ist auch heutzutage zum Großteil noch ein Tabuthema in der Gesellschafft und für viele Menschen ist es unvorstellbar, dass es trotz dem in Deutschland herrschenden Bildungsangebot und der bestehenden Schulpflicht immer noch Personen gibt, die kaum oder gar nicht lesen und/oder schreiben können. Genauso unvorstellbar ist es, dass viele Betroffene über Jahre hinweg mit diesem Handicap unerkannt in der Gesellschaft leben. Einigen gelingt es sogar, ihre Schwächen im Lesen und Schreiben vor ihren Familien über einen langen Zeitraum hinweg zu verbergen. Immer wieder hört man von individuellen Fällen, die sich nach einem ‚Outing‘ zu ihrer vergangenen Situation äußern und ihren Lebensalltag als Analphabeten schildern, den sie mithilfe selbstentwickelter Strategien einigermaßen meisterten.

Schreiben und Lesen nehmen insbesondere in der Moderne einen großen Teil des alltäglichen Lebens ein. Ständig und überall wird jeder mit Schrift konfrontiert, mit welcher Analphabeten nicht umzugehen wissen. Aufgrund dessen sind die meisten unter den Betroffenen der Arbeitslosigkeit ausgeliefert, da schriftliche Kommunikation im Berufsleben unerlässlich und unumgänglich ist. Überdies kommt noch hinzu, dass in den meisten Fällen von Analphabetismus auch in dem Bereich der Mathematik große Schwierigkeiten bestehen und mangelnde oder nicht vorhandene Rechenkenntnisse zusätzlich die Ausübung einer beruflichen Tätigkeit erschweren.

Daher müssen Analphabeten mit einem ständigen Druck und der dauerhaften Angst leben, dass ihr Handicap aufgedeckt wird.

Trotz der Unwissenheit vieler Mitmenschen über das Thema existieren in Deutschland einige Initiativen und Projekte, die zum Einen die Nicht-Betroffenen aufmerksam machen und Verständnis erwecken wollen und zum Anderen seitens der Betroffenen Mut geben und Lösungswege aufzeigen wollen. Ferner geht es in einigen Projekten um Grundlagenforschung und Datenerhebungen funktionaler Analphabeten. Weitere Schwerpunkte sind die Entwicklung und Erprobung von Lehrmaterialen. Während meiner Recherchen zu dem Thema bin ich auf die umfangreiche Internetseite www.grundbildung.de des Deutschen Volkshochschul-Verbandes gestoßen, welche weitreichende Informationen zum Thema ‚Alphabetisierung und Grundbildung‘ präsentiert und unter anderem auch auf verschiedene Projekte hinweist, aber auch Materialien und Weiterbildungsangebote für Kursleiter anbietet.

Im weiteren Verlauf dieser Arbeit möchte ich das Augenmerk auf ein spezielles Lernspiel legen, welches ebenfalls auf der Internetseite www.grundbildung.de angeboten wird. Ich werde zunächst das Spiel beschreiben und im Anschluss daran das methodisch-didaktische Konzept genauer durchleuchten. Danach erfolgt eine Analyse und Bewertung der angebotenen Einsatzmöglichkeiten.

2. Verschiedene Typen des Analphabetismus

Generell wird zwischen totalem, sekundärem und funktionalem Analphabetismus unterschieden[1]. Totale Analphabeten besitzen keinerlei Schriftsprachkenntnisse, da sie aufgrund unterschiedlicher Beeinträchtigungen, sei es körperlich, geistig oder sozial, nie die Möglichkeit hatten, eine Schule zu besuchen. Diese Form des Analphabetismus tritt oftmals in Ländern auf, in denen kein ausgebautes und strukturiertes Schulsystem vorhanden ist und dementsprechend auch keine Schulplicht für Kinder besteht. Folglich fallen unter diese Art von Analphabetismus häufig Frauen aufgrund des vorherrschenden Rechts in solchen Ländern, dass meistens nur die Jungen eine Schule besuchen dürfen.

Zu den funktionalen Analphabeten werden diejenigen gezählt, die trotz Schulbesuch nicht ausreichend lesen und schreiben können um sich aufgrund fehlender Kenntnisse beim Lesen, Schreiben und Rechnen an ihren jeweiligen gesellschaftlichen Bezugsgruppen zu beteiligen[2]. Mit anderen Worten: funktionale Analphabeten können nicht die „funktionalen Anforderungen der Gesellschaft“ erfüllen[3]. Laut der UNESCO wird die Schriftsprachenkompetenz als nicht ausreichend bezeichnet, wenn die betroffenen Individuen dem „effektiven Funktionieren[…] in der Umwelt“[4] nicht gewachsen sind, darunter nennt die UNESCO Beispiele wie Gefahrenhinweise, Arbeitsanweisungen, öffentliche Informationen nicht sinnentnehmend lesen und ähnliche[5]. Auch diejenigen Personen, die Schriftsprachkenntnisse zwar beherrschen und beispielsweise in Lese- und Schreibkursen anwenden, diese aber im Alltag der Betroffenen nicht angewendet werden, zählen zu den funktionalen Analphabeten[6]. Angesichts der Tatsache, dass in Deutschland eine Schulpflicht herrscht, ist dies die meist diagnostizierte Form von Analphabetismus in der BRD.

Ist jedoch eine bereits alphabetisierte Person im Anschluss an die Schullaufbahn nicht in der Lage, die schulisch erlernten Kenntnisse über lesen und schreiben anzuwenden und diese stattdessen wieder verlernt hat, dann spricht man von sekundärem Analphabetismus. Jedoch wird diese Form des Analphabetismus als sehr kritisch betrachtet, da das Verlernen von Lese- und Schreibfähigkeiten höchst fragwürdig ist. Stattdessen wird vielmehr vermutet, dass die Fähigkeiten von Anfang an nicht erfolgreich erworben wurden[7].

3. Analphabetismus in Deutschland

Die Zahl der funktionalen Analphabeten in Deutschland wird auf ca. 4 Millionen geschätzt. Diese Zahl beruht auf einer Schätzung vom Bundesverband Alphabetisierung und Grundbildung e.V., welcher verschiedene Indikatoren mit einbezieht[8]. Alle Personen dieser Schätzung sind zwischen 16 und 65 Jahre alt. Inhaftierte Personen sowie Personen in Krankenhäusern, geistig und teilweise auch körperlich beeinträchtigte Personen und Berufssoldaten sind von der Studie ausgeschlossen. Zwar lassen sich keine präzisen Angaben über Statistiken machen, da unterschiedliche Operationalisierungen von Literalität und Analphabetismus solche unmöglich machen, dennoch ist es trotz der ungenauen Zahlen sehr deutlich, dass es sich bei Personen, die von funktionalem Analphabetismus betroffen sind, um eine erschreckend große Anzahl handelt[9].

Das Phänomen Analphabetismus ist in der BRD seit mehr als 30 Jahren bekannt. Festgestellt wurde, dass es keinesfalls ein rein kognitives Defizit der Betroffenen ist, sondern dass es in den meisten Fällen mit psychosozialen Folgeproblemen verbunden ist und die Ursachen dafür häufig in der Kindheit der Betroffenen zu finden sind. Der Hauptteil der erwachsenen Analphabeten in der BRD sind oftmals ehemalige Sonder- und Hauptschüler, die nach der 7. oder 8. Jahrgangsstufe die Schule ohne Abschluss verlassen haben. Zunächst sind hier kognitive Probleme naheliegend, jedoch können diese in vielen Fällen auf soziale bzw. familiäre Faktoren zurückgeführt werden. Forschungsarbeiten in Deutschland beschäftigen sich verstärkt mit diesen Ursachen des Analphabetismus. Dabei dienen Biographien Betroffener als Grundlage der Ergebnisse. Anhand dieser Untersuchungen wurde festgestellt, dass weit mehr als eine Ursache für das Versagen beim Schriftspracherwerb gibt, die sich jedoch gegenseitig bedingen. Anne Börner (1995) fasst diese Ursachen zusammen: Die wohl häufigste Ursache ist, dass Betroffenen in schwierigen häuslichen Verhältnissen aufwuchsen. Die Eltern besitzen ein relativ geringes Bildungsniveau, finanzielle Schwierigkeiten sowie Alkoholabhängigkeit und Misshandlungen seitens der Eltern sind Normalität. Des Weiteren liegen die Ursachen in einer falschen Heranführung an die Institution Schule. Der Sinn und die Bedeutung vom Schriftspracherwerb wurde den Betroffenen nicht nahegelegt, sodass sie keinerlei Anregungen hatten, sich mit Schrift und Sprache auseinanderzusetzen und Erfahrungen mit schulischem Lernen sind durchweg negativ. Auch aufgrund des Nicht-Auseinandersetzens mit der Schriftsprache in der Familie war den späteren funktionalen Analphabeten der Zugang bis zum Schuleintritt verwehrt, was zu höchst ungünstigen Bedingungen zum Schulstart führt. Auch auf elterliche Unterstützung bezüglich schulischen Lernens können die Betroffenen nicht zählen.

[...]


[1] Engel, Nadine: Förderdiagnostik in der Alphabetisierung. Eine empirische Untersuchung zur Schreibprozessdiagnose in Alphabetisierungskursen Niedersachsens. ibidem-Verlag, Stuttgart 2008, 4.

[2] Börner, Anne: Sprachbewußtheit funktionaler AnalphabetInnen am Beispiel ihrer Äußerungen zu Verschriftungen. Peter Lang GmbH, Frankfurt am Main 1995, 18.

[3] Ebd.

[4] Oswald, Marie-Luise/Müller, Horst-Manfred: Deutschsprachige Analphabeten. Lebensgeschichte und Lerninteressen von erwachsenen Analphabeten. Klett-Cotta, Stuttgart 1982, 4f.

[5] Ebd.

[6] Engel, 5.

[7] Ebd.

[8] Engel, 7.

[9] Börner, 19.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Analphabetismus - Das Online-Lernspiel "Winterfest"
Untertitel
Didaktische Aspekte von Unterrichtsmaterialien unter curricularen und medialen Aspekten
Hochschule
Universität Duisburg-Essen
Note
1,7
Autor
Jahr
2011
Seiten
20
Katalognummer
V208993
ISBN (eBook)
9783656364276
ISBN (Buch)
9783656365280
Dateigröße
992 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Analphabetismus, Lernspiel Winterfest, Didaktische Aspekte von Unterrichtsmaterialien
Arbeit zitieren
Maren Zeiß (Autor:in), 2011, Analphabetismus - Das Online-Lernspiel "Winterfest", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/208993

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