Anleihenfinanzierung für Mittelständler. Modeerscheinung oder dauerhafte Finanzierungsoption?


Tesis de Máster, 2012

70 Páginas


Extracto


I Inhaltsverzeichnis

II Abbildungsverzeichnis

III Tabellenverzeichnis

IV Abkürzungsverzeichnis

1 Einführung in die Problemstellung

2 Grundlagen der Finanzierung
2.1 Definition des Begriffs Finanzierung.
2.2 Finanzierungsformen.
2.2.1 Eigenkapitalfinanzierung.
2.2.2 Fremdkapitalfinanzierung.
2.2.3 Mezzanine-Finanzierung.
2.2.4 Kreditsubstitute.

3 Finanzierung des Mittelstandes
3.1 Definition von Mittelstand.
3.2 Aktuelle Finanzierungssituation und Finanzierungsumfeld.
3.3 Mittelstandsfinanzierung im Wandel
3.3.1 Strukturelle Veränderung der Kreditwirtschaft
3.3.2 Auswirkungen Basel III und Solvency II

4 Anleihen-Finanzierung als Finanzierungoption für den Mittelstand
4.1 Einordnung von Anleihen als Finanzierungsoption.
4.2 Mittelstandsbörsen.
4.2.1 Entstehung.
4.2.2 Kapitalmarktfähigkeit und platzierte Anleihen.
4.3 Emission von Mittelstandsanleihen.
4.3.1 Rechtliche Grundlagen und Anleihebedingungen.
4.3.2 Emissionsverfahren.
4.3.3 Investoren.
4.4 Risiken von Mittelstandsanleihen.
4.4.1 Definition von Risiken.
4.4.2 Anleihenspezifische Risiken.
4.5 Rating von Mittelstandsanleihen.
4.5.1 Grundlagen des Ratings.
4.5.2 Ratingagenturen und Methodik.
4.5.3 Kritische Würdigung des Ratings.
4.6 Beurteilung der Anleihenfinanzierung als dauerhafte Finanzierungsoption für den Mittelstand.

5 Zusammenfassung und Ausblick

V SUMMARY

VI Anhang

VII Literaturverzeichnis

II Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Aktuelle Finanzierungsquellen

Abb. 2: Verteilung potenziell kapitalmarktfähiger Unternehmen

Abb. 3: Klassifikation der Risikoarten

III Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Übersicht Finanzierungsformen

Tab. 2: Quantitative Definition Mittelstand

Tab. 3: Wesentliche Mittelstandsbörsen

Tab. 4: Zusammenfassung bisher platzierter Mittelstandsanleihen

Tab. 5: Kostenarten einer Kapitalmarkttransaktion

Tab. 6: Übersicht indikativer Kosten einer Anleihe

Tab. 7: Ausfallquoten Creditreform Rating AG

Tab. 8: Ratingagenturen und Ratingklassen

IV Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einführung in die Problemstellung

Die deutsche Wirtschaft ist trotz zunehmender Unsicherheit über die weitere konjunkturelle Entwicklung im Vergleich zu anderen Industrienationen gut positioniert. Das belegt die weltweite Nachfrage nach deutschen Produkten. Dabei sind es nicht nur die großen Konzerne, die sich durch ihre hohe Wettbewerbsfähigkeit auszeichnen, sondern auch eine Vielzahl mittelständischer Unternehmen. Der deutsche Mittelstand, der mehr als 99 Prozent aller deutschen Unternehmen umfasst und fast zwei Drittel aller sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigen beschäftigt, bildet dabei das Rückgrat der deutschen Volkswirtschaft.

Damit das auch zukünftig so bleibt, benötigt der Mittelstand ausreichend Finanzierungsmittel. Bisher basiert die Finanzierung des Mittelstands primär auf zwei Säulen, dem Einbehalt von Gewinnen, sowie dem Bankkredit, welcher rund 80 Prozent der externen Finanzierung ausmacht. Welche weiteren Finanzierungsformen stehen dem Mittelstand offen? Welche Problematik entsteht aus dem bis 2014 fälligen Standard-Mezzanine-Kapital in Höhe von 4,7 Milliarden Euro, und warum ist keine Refinanzierung über dieses ehemals beliebte Instrument mehr möglich? Wie wirkt sich die anhaltende Bankenkrise, strategische Neuausrichtungen des Kreditgeschäftes und Verschärfung der Richtlinien für das Bankgeschäft (Stichwort: Basel III) zukünftig auf die Unternehmensfinanzierung aus? Trotz all dieser Unklarheiten und scheinbar problematischen Entwicklungen scheint es gleichzeitig auch neue Chancen für mittelständische Unternehmen zu geben. Durch die Öffnung neuer Marktsegmente haben Börsen mittelständischen Unternehmen eine neue Finanzierungsoption direkt über den Kapitalmarkt geschaffen. In den letzten Monaten hat die Emission einer Anleihe für mittelständische Unternehmen zunehmend an Bedeutung gewonnen und wurde zur Optimierung des Finanzierungsmixes vermehrt nachgefragt.

Ziel dieser Arbeit ist es zu prüfen, ob sich diese Finanzierungsoption für den Mittelstand dauerhaft etabliert oder es sich nur um eine kurzfristige Modeerscheinung, wie beispielhaft das Standard-Mezzanine-Kapital handelt. Dabei wird überprüft, welche Unternehmen in Deutschland überhaupt kapitalmarktfähig sind, welche Rechte und Pflichten sowie Kosten mit einer Emission verbunden sind. Des Weiteren wird skizziert, welche Arten von Investoren es gibt und welche Risiken bei Mittelstandsanleihen bestehen und wie man sie teilweise begrenzt.

Da Vertrauen für alle Akteure bei der Etablierung eines neuen Marktsegments sehr wichtig ist, fordern die meisten Mittelstandsbörsen verpflichtend die Erstellung eines Emittentenratings von den Unternehmen. Da das Instrument Rating bereits im Standard-Mezzanine-Markt zum Einsatz gekommen ist und es trotzdem zu hohen Ausfällen kam, wird auf dieses Instrument ausführlicher hinsichtlich Grundlagen und Ratingagenturen eingegangen. Zudem erfolgt eine kritische Würdigung der Ratingqualität. Abschließend erfolgen eine Beurteilung der Finanzierungsoption Anleihe, sowie eine Zusammenfassung mit Ausblick.

2 Grundlagen der Finanzierung

2.1 Definition des Begriffs Finanzierung

Der Ausdruck „Finanzierung“ wird in der Theorie und Praxis einer differenzierten Bedeutung beigemessen. Zum einen werden damit bestimmte „Aktivitäten“ bezeichnet, wie zum Beispiel die Kreditaufnahme. Zum anderen werden aber auch die aus Finanzierungsmaßnahmen resultierenden quantitativen Ergebnisse als „Finanzierung“ bezeichnet.[1] In der Literatur gibt es bis dato keine einheitliche (anerkannte) Definition des Begriffs Finanzierung. Zantow/Dinauer definieren Finanzierung als Teilbereich neben Investition und Risikomanagement der betriebswirtschaftlichen Finanzwirtschaft, welche sich mit der Beschaffung und Verwendung von Kapital eines Unternehmens befasst.[2] Nach der Definition von Drukarczyk umfasst Finanzierung alle „Aktivitäten von Unternehmen, die auf die Beschaffung finanzieller Mittel ausgerichtet sind“[3], um Investitionen zu tätigen. Nach dem Gabler Wirtschaftslexikon schließt Finanzierung nicht nur die Mittelbeschaffung sondern auch Aktivitäten zur Mittelrückzahlung und damit Maßnahmen „der Gestaltung der Zahlungs-, Informations-, Kontroll- und Sicherungsbeziehungen zwischen Unternehmen und Kapitalgebern“[4] mit ein. Da es nicht Aufgabe dieser Arbeit ist, eine sinnvolle Definition des Finanzierungsbegriffes zu finden, soll im folgenden Verlauf Finanzierung hinsichtlich ihrer Finanzierungsformen und deren Unterscheidung zwischen Eigen- und Fremdfinanzierung sowie zwischen Innen- und Außenfinanzierung, welche bei der Finanzierung von Unternehmen als Finanzierungsquellen genutzt werden, definiert werden.

2.2 Finanzierungsformen

Unter Finanzierungsformen werden die unterschiedlichen Quellen zur Beschaffung von Finanzmitteln (Kapital) verstanden. Es wird zwischen den zwei Bereichen der Außenfinanzierung und der Innenfinanzierung (Finanzierungsquellen) und den Eigentumsverhältnissen (Eigenkapital- oder Fremdkapitalfinanzierung) unterschieden, wie nachfolgend der Tabelle 1 zu entnehmen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 1: Übersicht Finanzierungsformen

[Quelle: Pflanz/Beyer (2000), S. 2 ]

Während Eigenkapital dem Unternehmen dauerhaft zur Verfügung steht, ist die Überlassung von Fremdkapital zeitlich begrenzt. Von Innenfinanzierung wird gesprochen, wenn durch die Unternehmenstätigkeit Mittel erwirtschaftet werden, die zu Finanzierungszwecken eingesetzt werden können. So wird u.a. durch Einbehalten von Gewinnen bzw. Gewinnthesaurierung Eigenkapital geschaffen (offene Selbstfinanzierung).[5] Sind interne Finanzierungsquellen nicht ausreichend, müssen Unternehmen auf externe Finanzquellen zurückgreifen. Hierbei werden im Rahmen der Außenfinanzierung finanzielle Mittel nicht selbst durch das Unternehmen erwirtschaftet, sondern von externen Kapitalgebern wie bspw. Banken, Beteiligungsgesellschaften oder Kapitalmarktinvestoren herangezogen. Im Rahmen der Außenfinanzierung wird ebenfalls zwischen Eigen- und Fremdkapital unterschieden, wobei eine Differenzierung der Kapitalgeber erfolgen muss. Die Kapitalaufnahme kann dabei über bilaterale Verträge mit Kapitalgebern, z.B. Banken bzw. Investoren oder auch über den Kapitalmarkt erfolgen.[6]

Im Folgenden werden die einzelnen Finanzierungsformen Eigenkapitalfinanzierung, Fremdkapitalfinanzierung und Mezzaninefinanzierung kurz beschrieben. Abschließend wird das Kapitel um die kurze Beschreibung wesentlicher Kreditsubstitute ergänzt.

2.2.1 Eigenkapitalfinanzierung

Das Eigenkapital kennzeichnet die Höhe des Reinvermögens eines bilanzierenden Unternehmens auf Basis der für die Erstellung der Bilanz maßgeblichen Abgrenzungs- und Bewertungsvorschriften.[7]

Es besteht aus finanziellen Mitteln, die dem Unternehmen ohne Laufzeitrestriktionen überlassen werden. Bei der Überlassung wird zwischen internen Kapitalgebern (z.B. Einlagen der Gesellschafter, kumulierte Gewinne) und externen Kapitalgebern differenziert. Über den Kapitalmarkt kann ein Unternehmen durch den Verkauf von Unternehmensanteilen Kapital von externen Kapitalgebern erwerben. Die Unternehmensanteile werden in Form von Wertpapieren, den Aktien, verbrieft und im Rahmen eines Initial Public Offerings[8] (IPO) oder einer Kapitalerhöhung gegen Zahlung eines im vorhinein festgelegten Preises an Investoren abgegeben. Die Ausgabe von Aktien kann unterschiedlich erfolgen, sie können als Stamm- oder Vorzugsaktien emittiert werden.[9] Das ausgewiesene Eigenkapital ist dabei nicht mit frei verfügbaren Finanzierungsmitteln („Eigenmitteln“), die dem Unternehmen am Bilanzstichtag unabhängig von Ansprüchen der Gläubiger zur Finanzierung von Investitionen oder sonstigen Aktivitäten zur Verfügung stehen, gleichzusetzen, sondern stellt eine reine Saldogröße des Vermögensüberschusses dar.[10]

2.2.2 Fremdkapitalfinanzierung

Der Oberbegriff Fremdkapital oder Schulden eines Unternehmens setzt sich aus den drei Komponenten Rückstellungen, Verbindlichkeiten und passive Rechnungsabgrenzungsposten zusammen.[11] Fremdkapital wird im Insolvenzfall vorrangig bedient, wohingegen das Eigenkapital als Nachrangkapital erst nach Begleichung aller sonstigen Verbindlichkeiten ausgezahlt wird. In Deutschland und den meisten anderen Ländern gibt es eine steuerrechtliche Begünstigung von Fremdkapital gegenüber dem Eigenkapital. Fremdkapital wird durch regelmäßige Zinszahlungen, die in der Regel ratierlich halb- oder vierteljährlich fällig werden, verzinst.

Diese Zinszahlungen können als steuerlicher Aufwand geltend gemacht werden und wirken sich mindernd auf den zu versteuernden Gewinn aus.[12] Dividendenzahlungen (Ausschüttung von (Teil-)Gewinnen) an die Eigenkapitalgeber sind dagegen zu versteuern.[13]

Ein häufig verwendetes Finanzierungsinstrument auf der Fremdkapitalseite stellen Bankkredite dar. Es wird zwischen Krediten unterschieden, die am Kapitalmarkt gehandelt werden und denen, die nicht am Kapitalmarkt gehandelt werden. Bilaterale oder syndizierte Kredite basieren bspw. auf standardisierten Verträgen mit den kapitalgebenden Banken und werden dementsprechend nicht am Kapitalmarkt gehandelt. Eine Annäherung an die Kapitalmarktfinanzierung kann z.B. über eine Finanzierung mit Schuldscheindarlehen erfolgen. Kapitalgeber gewähren dem Kapitalnehmer bei dieser Finanzierungsart einen Kredit, der gleichzeitig als Schuldschein fungiert. Es handelt sich dabei um ein Darlehen, das nicht an der Börse gehandelt werden kann. Durch die fehlende Handelbarkeit an der Börse sprechen Unternehmen sogenannte Buy-and-Hold-Investoren (langfristig orientierte Kapitalgeber) an. Meist treten hierbei Kapitalsammelstellen wie z.B. Versicherungen, Pensionsfonds, Banken oder Investmentfonds als Kapitalgeber auf. Das Schuldscheindarlehen ist als Finanzierungsform vor allem in Deutschland gängig. Es ist ein Zwischenprodukt zwischen dem Bankkredit und der kapitalmarktbezogenen Anleihe. Die kapitalmarktbezogene Anleihe stellt einen Kredit dar, der am Kapitalmarkt gehandelt werden kann.[14] In Kapitel 4 wird explizit auf das Finanzierungsinstrument Anleihe eingegangen.

2.2.3 Mezzanine-Finanzierung

Der Begriff Mezzanine-Kapital definiert unterschiedliche Instrumente zur Unternehmensfinanzierung und stellt eine Zwischenform von Eigen- und Fremdkapital dar.[15] Bei Mezzaninen Finanzierungsinstrumenten spricht man, bei entsprechender Vertragsgestaltung, daher häufig von Hybridkapital. Der bilanzielle Ansatz kann je nach Ausgestaltung des Vertrages unter Eigenkapital (Equity Mezzanine Capital) oder Fremdkapital (Debt Mezzanine Capital) erfolgen.

Mezzanine-Kapital kann in Form von verschiedenen Finanzierungsinstrumenten, wie Genussrechte, (typische oder atypische) stille Beteiligungen, partiartische Darlehen, Verkäuferdarlehen, nachrangige Darlehen und Anleihen in Form von Wandel- und Optionsanleihen, aufgenommen werden.[16]

Haftungsrechtlich liegt mezzanines Kapital zwischen Eigen- und Fremdkapital, d.h. Mezzanine-Kapital wird im Insolvenzfall erst nach erfolgter Kredittilgung zurückbezahlt, der Kapitalgeber (Investor) erhält dieses Risiko mit einem höheren Zins vergütet. Durch Aufnahme von Mezzanine-Kapital hat der Kapitalnehmer den Vorteil, dass der Kapitalgeber i.d.R. nicht als Gesellschafter beteiligt ist, und somit keine Mitspracherechte hat.[17] Des Weiteren kann mit dem meist nachrangigen, endfälligen, langlaufenden und unbesicherten Mezzanine-Kapital eine Stabilisierung der Passivseite und Erhöhung der Verschuldungskapazität erreicht werden. Mezzanine-Kapital verbreitert damit die Finanzierungsbasis, schafft langfristige Finanzierungssicherheit und verbessert Bilanzrelationen bzw. Bonität, sowie Rating[18] des Unternehmens.[19] Die Laufzeit von Mezzanine-Kapital liegt meist zwischen fünf und zehn Jahren und basiert auf bilateralen Verträgen zwischen Kapitalgeber und Kapitalnehmer. Die Renditeansprüche liegen je nach Risiko und Besicherung zwischen 10 und 20 Prozent.[20]

2.2.4 Kreditsubstitute

Neben den vorgestellten Finanzierungsformen können Unternehmen auf Finanzierungs- bzw. Kreditsubstitute zurückgreifen, welche die Liquiditätssituation bzw. die Kreditwürdigkeit der Unternehmen verbessern können. Die bekanntesten Substitute sind Leasing, Factoring, Forfaitierung und Asset Backed Securities (ABS).[21] Leasing-Verhältnisse charakterisieren sich dadurch, dass „der Leasinggeber einen Vermögensgegenstand gegen Entgelt dem Leasingnehmer zum Gebrauch oder zur Nutzung überlässt. Wirtschaftlich entspricht der Leasingvertrag einem Miet/Pachtverhältnis, sofern keine Verkaufsabsicht die eigentliche Motivation für den Vertragsabschluss darstellt.“[22] Leasing ist somit als eine vertragliche Vereinbarung zwischen Leasinggeber und Leasingnehmer zu interpretieren, wobei dem Leasingnehmer das Recht eingeräumt wird, den Vermögensgegenstand zu nutzen, wenn er im Gegenzug regelmäßige periodische Zahlungen vornimmt.

Die Vertragsbedingungen sind gestalterisch so frei, dass Leasing auch verdeckte Ratenkäufe und reine Miet-und Pachtverhältnisse abdeckt.

Dadurch können die meisten Anlagegüter mittlerweile als Alternative zur klassischen Bankfinanzierung geleast werden.[23] Auf die verschiedenen Arten und Ausprägungen von Leasing soll im Rahmen dieser Arbeit nicht näher eingegangen werden.[24] Factoring ist „der laufende Verkauf von Lieferungs- und Leistungsforderungen innerhalb einer Rahmenvereinbarung durch ein darauf spezialisiertes Unternehmen, dem Factor.“[25] Der Factor räumt Zahlungsziele ein, vorfinanziert die entsprechende Forderung, überwacht Zahlungseingänge, organisiert und verantwortet das Mahnwesen und übernimmt gegebenenfalls das Ausfallrisiko.[26] Unternehmen optimieren mit dem Instrument ihre Liquidität und haben durch Factoring eine seriöse alternative zum Betriebsmittelkredit.[27] Forfaitierung bezeichnet den einzelnen Verkauf von (Export-) Forderungen, die in der Regel sehr hoch und mittel- bis langfristigen Charakter haben. Hierbei kauft der Forderungskäufer (Forfaiteur) die Forderungen vom Forderungsverkäufer (Forfaitisten) meist ungekürzt und ohne Selbstbehalt. Wie beim Factoring haftet der Forderungsverkäufer dafür, dass die verkaufte Forderung zustande gekommen ist.[28] Forfaitierung optimiert ebenfalls die Liquidität und ist ebenfalls als Alternative zum Betriebsmittelkredit anzusehen. Auf das Substitut ABS soll im Rahmen dieser Arbeit nicht näher eingegangen werden.[29]

3 Finanzierung des Mittelstandes

3.1 Definition von Mittelstand

In der Theorie existiert keine einheitliche Definition des Begriffs Mittelstand. Meist wird von Mittelstand gesprochen, wenn es sich um familien- oder eigentümergeführte Unternehmen handelt.[30] Nach EU-Definition sind kleine und mittlere Unternehmen (KMU) “Betriebe, die nicht mehr als 250 Arbeitskräfte beschäftigen, und entweder einen Jahresumsatz von höchstens
50 Millionen Euro erzielen, oder eine Jahresbilanzsumme von höchstens 43 Millionen Euro erreichen, und die nicht zu 25 Prozent oder mehr Kapital oder der Stimmanteile im Besitz eines oder mehrerer Unternehmen gemeinsam stehen, welche die KMU-Definition nicht erfüllen (Unabhängigkeitskriterium)”.[31] Eine weitere Definition des Begriffs Mittelstand geht in Deutschland auf das Institut für Mittelstandsforschung in Bonn (IfM Bonn) zurück, und unterscheidet Unternehmen nach den quantitativen Kriterien: Jahresumsatz und Anzahl Beschäftigte.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 2: Quantitative Definition Mittelstand

[Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an das IfM Bonn]

Die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) bilden gemeinsam den klassischen deutschen Mittelstand.[32] Dieser wird durch eine Beschäftigtenanzahl von bis zu 499 Mitarbeitern und einen Jahresumsatz von bis zu
50 Millionen Euro charakterisiert, wie Tabelle 2 zu entnehmen. Unternehmen mit 500 und mehr Beschäftigten, sowie einem Umsatz von mindestens 50 Millionen Euro pro Jahr, werden als Großunternehmen bzw. umgangssprachlich als gehobener Mittelstand klassifiziert.

Beiden Definitionen ist gemein, dass sie aus finanzpolitischer Sicht nur bedingt aussagekräftig sind, da sie allein quantitative Kriterien zur Beschreibung des Mittelstands heranziehen, die nicht unmittelbar die Finanzpolitik beeinflussen, sondern nur einen ordnungspolitischen Ansatz verfolgen.[33] Es ist daher sinnvoll, darüber hinaus auch qualitative Aspekte zur Charakterisierung des Mittelstands und zur Abgrenzung gegenüber Großunternehmen heranzuziehen. Nach dem Institut für Mittelstandsforschung sind bspw. Eigentum, Leitung, Haftung und Risikobereitschaft, sowie das Mitwirken der Geschäftsleitung an sämtlichen unternehmenspolitischen Entscheidungen qualitative Merkmale, die zur Differenzierung genutzt werden können.[34] Im Gegensatz zu den managergeführten Großunternehmen, welche weitestgehend auf den kurzfristigen Erfolg fixiert sind, kennzeichnen mittelständische Unternehmen, als oberste Priorität, die langfristige Bestands- und Zukunftssicherung. Daneben prägen häufig auch persönliche Beziehungen zu den Mitarbeitern die spezifische mittelständische Unternehmenskultur. Diese zeichnet sich in der Außenwirkung insbesondere durch eine größere Flexibilität, eine bessere Kundenorientierung, sowie eine höhere Innovations- und Risikobereitschaft aus. Des Weiteren werden mittelständische Unternehmen oftmals durch eine enge wirtschaftliche und gesellschaftliche Bindung zu ihrem Standort charakterisiert.[35] Diese Arbeit lehnt sich in der weiteren Folge der Definition des IfM Bonn an.

[...]


[1] vgl. Bitz /Schneeloch/Wittstock (2011), S. 539

[2] vgl. Zantow/Dinauer (2011), S. 35 f .

[3] vgl. Drukarczyk (2008), S. 1

[4] vgl. Gabler Wirtschaftslexikon (2012)

[5] vgl. Übelhör/Warns (2004), S. 41

[6] vgl. Achleitner/ Kaserer/ Günther/ Volk (2011), S. 50

[7] vgl. Bitz /Schneeloch/Wittstock (2011), S. 31

[8] Initial Public Offering (IPO) bezeichnet man den erstmaligen Börsengang eines

Unternehmens, eine ausführliche Betrachtung findet sich z.B. bei Wirtz (2001)

[9] vgl. Achleitner/ Kaserer/ Günther/ Volk (2011), S. 51

[10] vgl. Bitz /Schneeloch/Wittstock (2011), S. 33 f.

[11] vgl. Bitz /Schneeloch/Wittstock (2011), S. 26

[12] vgl. Übelhör/Warns (2004), S. 93

[13] vgl. Spremann/Gantenbein (2007), S. 2

[14] vgl. Achleitner/ Kaserer/ Günther/ Volk (2011), S. 53

[15] vgl. Häger/Elkemann-Reusch (2004), S. 22 f.

[16] eine ausführlichere Betrachtung findet sich z.B. bei Brokamp/ Ernst/ Hollasch/ Leh-

mann/Weigel (2008)

[17] vgl. Guserl/Pernsteiner (2004), S. 826

[18] auf das Thema und Begriff Rating wird in Kapitel 4.5 explizit eingegangen

[19] vgl. Goeke (2008), S. 76

[20] vgl. Fischl (2011), S. 16 f.

[21] vgl. Fischl (2011), S. 20

[22] vgl. Bitz/Schneeloch/Wittstock (2011), S. 215

[23] vgl. Fischl (2011), S. 22

[24] weiterführende Literatur zu dem Thema Leasing findet sich z.B. bei Übelhör/Warns

(2004), S. 133-141

[25] vgl. Zantow/Dinauer (2011), S. 313

[26] vgl. Fischl (2011), S. 21

[27] vgl. Goeke (2008), S. 75

[28] vgl. Fischl (2011), S. 22 f.

[29] weiterführende Literatur zu Factoring und Asset Backed Securities findet sich z.B. bei

Mevissen (2005)

[30] vgl. Hülsbömer (2005), S. 3

[31] vgl. KfW Mittelstandsbank (2008), S. 1

[32] vgl. Goeke (2008), S. 10

[33] vgl. Martin (2006), S. 107 f.

[34] vgl. Institut für Mittelstandsforschung (2011)

[35] vgl. Goeke (2008), S. 11 f.

Final del extracto de 70 páginas

Detalles

Título
Anleihenfinanzierung für Mittelständler. Modeerscheinung oder dauerhafte Finanzierungsoption?
Universidad
University of Hagen  (All. Akademie/ FernUniversität Hagen/ University of Wales)
Curso
Finanzmanagement
Autor
Año
2012
Páginas
70
No. de catálogo
V209357
ISBN (Ebook)
9783656370475
ISBN (Libro)
9783656370963
Tamaño de fichero
6254 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
anleihenfinanzierung, mittelständler, modeerscheinung, finanzierungsoption, bond, finance, smes, just
Citar trabajo
Joerg Walbaum (Autor), 2012, Anleihenfinanzierung für Mittelständler. Modeerscheinung oder dauerhafte Finanzierungsoption?, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/209357

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