Von der Flügel- zur Scharnierpartei? Bündnis 90/Die Grünen im deutschen Parteiensystem


Mémoire de Maîtrise, 2010

104 Pages, Note: 1,7


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Begriffe und theoretische Grundlagen
2.1 Erklärungsmodelle zur Entstehung von Parteiensystemen
2.1.1 Das soziostrukturelle Erklärungsmodell nach Lipset/Rokkan
2.1.1.1 Die Entstehung von Konfliktlinien
2.1.1.2 Die Institutionalisierung von Konfliktlinien
2.1.2 Die Weiterentwicklung des soziostrukturellen Erklärungsmodells
2.1.2.1 Der Wertewandel in modernen Industriegesellschaften
2.1.2.2 Die postmaterialistische Konfliktlinie
2.1.2.3 Weiterentwicklung des postmaterialistischen Ansatzes
2.1.3 Die rational choice- Theorie
2.1.3.1 Das Parteienkonkurrenzmodell nach Downs
2.1.3.2 Kleinere Parteien im Parteienkonkurrenzmodell
2.2 Definition von Parteitypen
2.2.1 Die Flügelpartei
2.2.2 Die Scharnierpartei
2.3 Zwischenfazit

3 Das Parteiensystem der Bundesrepublik Deutschland
3.1 Koalitionstechnische Konsequenzen
3.2 Die FDP im deutschen Parteiensystem
3.2.1 Von der Flügel- zur Scharnierpartei
3.2.2 Von der Scharnier- zur Flügelpartei
3.3 Bündnis 90 / Die Grünen im deutschen Parteiensystem
3.3.1 Entstehung und Etablierung
3.3.2 Von der Flügel- zur Regierungspartei

4 Bündnis 90 / Die Grünen als neue Mittepartei
4.1 Die Wählerschaft der Grünen
4.1.1 „Ergrauen“ der Grünen
4.1.2 Verbürgerlichung der Grünen
4.2 Die Mitglieder der Grünen
4.3 Das Programm der Grünen
4.4 Die FDP als Konkurrent in der Mitte?

5 Die Grünen in lagerübergreifenden Koalitionen
5.1 Schwarz-grüne Koalitionen
5.1.1 auf kommunaler Ebene
5.1.2 auf gliedstaatlicher Ebene
5.1.3 auf Bundesebene
5.1.3.1 Gründe für eine schwarz-grüne Koalition
5.1.3.2 Gründe gegen eine schwarz-grüne Koalition
5.2 Jamaika-Koalition
5.2.1 im Saarland
5.2.2 Perspektiven

6 Fazit und Ausblick

7 Abkürzungsverzeichnis

8 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Der Einzug der Grünen1 in den Bundestag im Jahr 1983 brachte ein organisatorisches Problem mit sich. Zwar galt die Partei als linke Alternative zu den etablierten Parteien, jedoch bestand die SPD-Fraktion darauf weiterhin am linken Rand zu sitzen. Die Sozialdemokraten konnten diese symbolische Forderung durchsetzen, so dass die Fraktion der Grünen den Platz zwischen den Fraktionen der Union2 und der SPD einnahm.

Heute erscheint die Positionierung der Bundestagsfraktion der Grünen in der Mitte zwischen den Großparteien als Spiegelbild der momentanen politischen Situation. Bis vor wenigen Jahren galten die Grünen als „natürlicher“ Koalitions- partner der SPD. Mittlerweile hat sich dies aber geändert. Auf kommunaler und Landesebene haben die Grünen bereits Koalitionen mit der CDU (und teilweise auch mit der FDP) gebildet und somit ihre Bündnisoptionen erweitert. Auch wenn es noch nicht zur Bildung einer schwarz-grünen Regierung im Bund gekommen ist, stellt sich trotzdem die Frage, ob die Bündnisgrünen eine neue Funktion im deutschen3 Parteiensystem eingenommen haben, die der Sitzordnung im Bundestag entspricht.

In der vorliegenden Arbeit soll untersucht werden, ob sich die Grünen zur Scharnierpartei im bundesdeutschen Parteienwettbewerb entwickelt haben. Grundvoraussetzung dafür ist, dass sie nicht nur mit ihrem angestammten Partner, der SPD, Bündnisse bilden, sondern auch zusammen mit der Union regieren können. Erst wenn die Bildung einer lagerübergreifender Koalitionen nicht mehr als lokale Ausnahme gilt, sondern von den Akteuren als tatsächliche Option wahrgenommen und in die Realität umgesetzt wird, kann von der Übernahme der Scharnierfunktion durch die Bündnisgrünen gesprochen werden.

In einem ersten Schritt werden zunächst einige theoretische Grundlagen herausgearbeitet. Mit Hilfe des soziostrukturellen Erklärungsansatzes der Sozial- wissenschaftler Seymour Martin Lipset und Stein Rokkan soll herausgefunden werden, wie es zur Entstehung der westeuropäischen Parteiensysteme kam und was die Gründe für deren spezifischen Ausgestaltungen sind. Er dient als Basis für diverse Weiterentwicklungen des Modells. Eine von diesen ist die Wertewandel- Theorie des Politikwissenschaftlers Ronald Inglehart, mit der das Entstehen der Grünen erklärt werden kann. Daran anschließend wird die rational choice - Theorie vorgestellt, die das Zusammenwirken der verschiedenen Parteien in einem System verständlich machen kann. Auf diesem Ansatz baut das Parteienkonkurrenzmodell des Politikwissenschaftlers Anthony Downs auf, dank dessen Hilfe sich vor allem die Entstehung und Positionierung von kleinen Parteien in der Parteienlandschaft erklären lassen kann. Darauf folgend werden die Begriffe „Flügelpartei“ und „Scharnierpartei“ definiert. Mit Hilfe dieser Ausführungen kann dann die Entwicklung der Bündnisgrünen im Verlauf der Arbeit beschrieben werden.

Nach der theoretischen Einordnung folgt eine Betrachtung der heutigen Ausgestaltung des deutschen Parteiensystems. Es werden zunächst die Folgen, die sich aus den parteipolitischen Entwicklungen der letzten Jahre ergeben haben, präsentiert, bevor die daraus resultierenden Konsequenzen für die Koalitionsbildung erörtert werden. Danach liegt der Fokus auf der Entwicklung der FDP. Eine Auseinandersetzung mit den Liberalen ist wichtig, weil sie in der Vergangenheit als Scharnierpartei galten und aus ihrer Historie und Entwicklung möglicherweise Schlüsse für die Zukunft der Grünen gezogen werden können. Zuerst wird aber kurz Vergangenheit der Bündnisgrünen beleuchtet, um zu klären, wodurch die Partei geprägt worden sind. Auf diese Weise wird auch ersichtlich, wieso die Grünen heute oftmals als neue Mittepartei bezeichnet werden.

Ob dieser Befund wirklich zutrifft wird im folgenden Abschnitt geprüft. Besonderer Fokus liegt hierbei auf der Betrachtung der Unterstützer der Grünen. Mit Hilfe einer Untersuchung der Wähler und Mitglieder soll herausgefunden werden, ob die Anhänger der Grünen in der Mitte der Gesellschaft zu verorten sind und somit die gleiche Entwicklung vollzogen haben, die auch ihrer Partei genommen haben soll. Auch wird geklärt, ob die FDP als Konkurrentin der Grünen anzusehen ist.

Anschließend folgt eine Betrachtung von lagerübergreifenden Koalitionen unter Beteiligung der Bündnisgrünen4. Dieser Punkt ist wichtig, weil die Entwicklung zur Scharnierpartei nur dann möglich ist, wenn Bündnisse mit verschiedenen Partnern vollzogen werden. Zunächst werden die Gründe für das Zusammengehen mit der CDU auf kommunaler und gliedstaatlicher Ebene erläutert, sowie Gründe präsentiert, die die funktionierende Zusammenarbeit erklären können. Danach folgt eine Einschätzung, ob solch eine Kooperation auch auf Bundesebene denkbar ist. Auf dieser Grundlage wird der Fall einer möglichen Jamaika-Koalition im Bund diskutiert, wobei hierfür die Erfahrungen aus dem Saarland herangezogen werden.

In der Schlussbetrachtung werden dann die Ergebnisse rekapituliert und es wird eine Einschätzung abgegeben, ob sich Bündnis 90/Die Grünen zur Scharnierpartei im deutschen Parteiensystem entwickelt haben oder ob dies in naher Zukunft möglich ist.

Für diese Arbeit von besonderer Bedeutung waren die verschiedenen Theorien von Lipset und Rokkan5, Downs6 sowie Inglehart7. Die Erläuterungen zum Parteienkonkurrenzmodell und die Definitionen der verschiedenen Parteitypen basie- ren auf der Monographie und dem Aufsatz des Politikwissenschaftlers Hans-Jörg Dietsche8. An den Aufsätzen des Politikwissenschaftlers Oskar Niedermayer9 orientiert sich die Beschreibung der Entwicklung des deutschen Parteiensystems und den daraus erwachsenden Konsequenzen. Für die Untersuchung der FDP und der Grünen und die Einschätzung der heutigen Situation waren neben Zeitungsartikeln in gedruckter und digitaler Form auch die Werke des Politikwissenschaftlers Franz Walter10 von Bedeutung.

2 Begriffe und theoretische Grundlagen

Um herausfinden zu können, welche Rolle die Grünen in der deutschen Politik spielen und wie ihre Aussichten für die Zukunft sind, muss zunächst betrachtet werden, in welchem Rahmen sich die zu beobachtenden Entwicklungen abspielen. Dazu bedarf es einiger theoretischer Grundlagen und Begriffserklärungen, die in diesem Kapitel vorgenommen werden.

Der Fokus liegt vor allem auf dem Parteiensystem. Es werden zwei verschiedene Konzepte vorgestellt, mit deren Hilfe sowohl die Entstehung als auch der Wandel von Parteiensystemen erklärt werden kann. Begonnen wird mit dem wohl bekanntesten und in der Politikwissenschaft dominierenden11 Erklärungsansatz, dem soziostrukturellen Modell. Um den Wandel der Parteiensysteme post- industrieller Gesellschaften verstehen zu können, folgt nach der Auseinandersetzung mit diesem Konzept die Präsentation der Wertewandel-Hypothese und der auf ihr basierenden Weiterentwicklungen des soziostrukturellen Erklärungsmodells. Daran schließt die Darstellung des rational choice - Ansatzes an. Dieses Konzept ist für diese Arbeit deshalb interessant, da sich mit ihm die Entstehung der kleineren12 Parteien gut nachvollziehen lässt.13

Der Vorstellung der beiden Theorien über die Ausbildung von Parteiensystemen folgt eine Definition der beiden für diese Arbeit wichtigen Begriffe der Flügel- und Scharnierpartei.

Mit diesem theoretischen Vorwissen wird es dann möglich sein sowohl die Entstehungsgeschichte und den Wandel des deutschen Parteiensystems als auch die Positionierungen der FDP und der Grünen in ebendiesem besser zu verstehen.

2.1 Erklärungsmodelle zur Entstehung von Parteiensystemen

Neben den zwei vorgestellten Modellen gibt es noch weitere Erklärungsansätze, die den Wandel und die Verschiedenartigkeit von Parteiensystemen erklären können. Hervorzuheben sind hier besonders die institutionellen Faktoren, die jedoch im Vergleich zu den soziopolitischen Einflüssen als eher unbedeutend anzusehen sind.14 Auch ist die Entstehung eines Parteiensystems aus rein institutionellen Gründen nur schwer vorstellbar. Es wird davon ausgegangen, dass in der Entwicklungsphase von Parteiensystemen in der Regel gesellschaftliche Entwicklungen und Ideologien am Anfang stehen und danach erst Institutionen und Akteure folgen.15 Deshalb und aufgrund des beschränkten Rahmens dieser Arbeit wird auf eine intensivere Auseinandersetzung mit den verschiedenen Theorien zur Entstehung und Veränderung der Parteiensysteme verzichtet.

2.1.1 Das soziostrukturelle Erklärungsmodell nach Lipset/Rokkan

„Die Sozialstruktur bestimmt das Parteiensystem“16. Auf diese kurze Formel kann die Beziehung von Gesellschaft und Parteien heruntergebrochen werden. Seymour M. Lipset hat festgestellt, dass in einer Demokratie Konflikte zwischen diversen Gruppen durch politische Parteien ausgetragen werden.17 Das Parteiensystem ist somit eine demokratische Abbildung von in einer Gesellschaft herrschenden Streitigkeiten zwischen den verschiedenen Schichten. Zusammen mit Stein Rokkan arbeitete Lipset seine Thesen weiter aus. In ihrem 1967 veröffentlichten Werk Party Systems and Voter Alignments präsentierten sie ein „einflussreiches Entwicklungs- und Erklärungsmodell politischer Parteien“18 und gelten seitdem als die Begründer des soziostrukturellen Modells zur Erklärung von Parteiensystemen. Ihre Ergebnisse beruhen auf der Analyse der westeuropäischen Parteienlandschaften. Eine Unter- suchung dieser Region bot sich an, da „die grundsätzlichen Spaltungen, die in allen Gesellschaften in Europa zu finden waren, in unterschiedlicher Weise und Kombination die Grundlage für die Herausbildung nationaler Parteiensysteme bildeten“19. Sofern nicht explizit benannt, sind auch in dieser Arbeit, wenn von „Parteiensystemen“ die Rede ist, immer die westeuropäischen Staaten gemeint. Aufgrund ähnlicher historischer und gesellschaftlicher Entwicklungen sind die Resultate aber auch auf alle anderen westlichen Demokratien und viele andere (Industrie-) Staaten anwendbar. Im Folgenden werden nun zunächst die Basis- konflikte vorgestellt, die für die gleichartige Ausgestaltung der Parteiensysteme verantwortlich sind.

2.1.1.1 Die Entstehung von Konfliktlinien

Der Ansatz von Lipset und Rokkan geht von einigen grundsätzlichen Konflikten innerhalb einer Gesellschaft aus. Diese werden von den Autoren als cleavages be- zeichnet und können als gesellschaftliche Auseinandersetzungen angesehen werden, „die neben einer soziostrukturellen Verankerung vor allem auch eine dauerhafte Institutionalisierung durch politische Akteure, insbesondere Parteien, aufweisen“20. Laut Talcott Parsons’ Klassifikation sozialer Systeme, auf dem die cleavage -Theorie beruht, haben gesellschaftliche Systeme eine territoriale und eine funktionale Dimension, die als sich überschneidende Achsen ein Vierfelderschema bilden.21 Darauf aufbauend haben Lipset und Rokkan vier zentrale Streitpunkte identifiziert, anhand derer sich die Spaltung der Gesellschaft und die damit einhergehende Bildung von Parteien und Parteiensystemen erklären lässt. Zeitlich gesehen haben sich die cleavages nicht parallel, sondern in zwei Phasen entwickelt, der national revolution und der industrial revolution22. Diese einschneidenden Ereignisse sind Ausdruck von Modernisierungsbestrebungen und haben zur Ausbildung von jeweils zwei Konfliktlinien geführt.

Die national revolution, wie die Autoren den Prozess der Nationenwerdung nennen, begann in Europa mit der Reformation. Die Herausbildung der National- staaten sorgte für zwei gesellschaftliche Spaltungen der Gesellschaft, die sich teil- weise überlagerten. Zunächst entwickelte sich ein Streit zwischen säkularen und klerikalen Kräften. Im Kern betraf dieser Riss in der Gesellschaft die Frage, ob die Römisch-Katholische Kirche ihre historisch erworbenen Privilegien und ihren trans- nationalen Machtanspruch gegen die säkularisierten Zentralstaaten verteidigen könne.23 Diese Konfliktlinie vollzieht sich also zwischen Staat und Kirche.

Der Prozess der Nationenwerdung erzeugte darüber hinaus noch eine weitere Auseinandersetzung, die zur Zeit der Französischen Revolution einsetzte. Es entstand ein Konflikt zwischen dem neuen nationalen Zentrum sowie den Provinzen und der Peripherie. Ausdruck fand dieser in steigendem Widerstand der ethnisch, sprachlich, religiös und räumlich ausgegrenzten Minderheiten gegen die das neue Machtzentrum dominierenden Eliten.24 Dieser cleavage verläuft zwischen Zentrum und Peripherie. Zusammengefasst handelt es sich bei den während der national revolution entstandenen Konflikte also um Auseinandersetzungen um die zentralen Themen Werte und kulturelle Identität.25

Die industrial revolution, die in Europa vornehmlich im 19. Jahrhundert stattfand, sorgte für weitere Spaltungen innerhalb der Gesellschaften, die die Ausbildung der Parteiensysteme beeinflussten. Die Industrialisierung führte zunächst einmal zu einem Bedeutungsverlust des agrarischen Sektors mitsamt seiner Eliten. Nutznießer waren die Kaufleute und Unternehmer in den Städten. Der Prozess der Industrialisierung verstärkte somit den seit dem Mittelalter existierenden Konflikt zwischen städtischem und ländlichem Raum.26 Diese Entwicklung mündete in einer Verschärfung sozialer Spannungen und einer Bedrohung der ländlich-bäuerlichen Sozialstruktur27, die schließlich in der Gegnerschaft zwischen den traditionalis- tischen, ländlich-agrarisch und den modernistischen, städtisch-industriell geprägten Bevölkerungsgruppen ihren Ausdruck fand. Auf diese Weise entstand der Stadt- Land-Konflikt.

An diese Entwicklung anschließend hat sich im Laufe der Industrialisierung die letzte prägende Konfliktlinie entwickelt. Diese verläuft innerhalb des aufstre- benden produzierenden Sektors zwischen den (lohn-) abhängigen Beschäftigten sowie den Besitzern und Verwaltern der Produktionsmittel. Dieser cleavage trennt also Arbeit und Kapital.

Waren die gesellschaftsspaltenden Konflikte zur Zeit der Nationenwerdung noch durch Streitpunkte bezüglich der kulturellen und territorialen Integration in die neu entstandene Nation geprägt, so gewannen während der Industrialisierung ökonomische Verteilungskonflikte an Bedeutung.28 Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass es sich bei den beschriebenen Konfliktlagen um den Ausdruck einer generellen Emanzipierung und Mobilisierung handelte und sie den Protest gegen nationale Eliten mitsamt ihrer kulturellen Standards darstellten.29 Im nächsten Abschnitt wird nun versucht eine Erklärung zu finden, wie aus den cleavages Parteien und Parteiensysteme entstanden sind.

2.1.1.2 Die Institutionalisierung von Konfliktlinien

Wie bereits erwähnt haben die vier cleavages die politische Grundstruktur in ganz Europa bestimmt. Trotzdem haben sich in den unterschiedlichen Staaten im Laufe der vergangenen Jahrhunderte die verschiedensten Parteienlandschaften heraus- gebildet. Erstaunlich dabei ist, dass es in den meisten europäischen Parteisystemen Parteien gibt, die den gleichen ideologischen Hintergrund besitzen. So sind beispielsweise christlich, sozialistisch oder liberal geprägte Gruppierungen weit verbreitet und haben eine lange Tradition. Zwar besitzen sie im Einzelnen unterschiedliche politische Anschauungen und Ziele, jedoch gibt es ein wieder- kehrendes Muster was die Gründungsgeschichte der meisten dieser Parteien betrifft.

Die ersten Parteien entstanden mit Beginn der Mobilisierung der Gesellschaft in der Mitte des 19. Jahrhunderts. In gesellschaftliche Konflikte involvierte Individuen mit den gleichen Interessen schlossen sich zu sozialen Gruppen zusammen. Um ihre Forderungen in der politischen Arena artikulieren und durchsetzen zu können, kooperierten sie mit parteipolitischen Eliten.30 Für die politischen Eliten machte es Sinn solche Bündnisse einzugehen, da sie nach Macht strebten um ihre persönlichen Vorstellungen einer Gesellschaft in die Realität umzusetzen.31 Um eine enge Bindung zwischen den Interessengruppen und den jeweiligen Parteien aufzubauen, versuchten die Eliten die Konfliktlagen zwischen den Organisationen mit einer Sinnkomponente zu unterlegen und kulturell zu deuten.32 Folgt man Gerd Mielke ist diese „kulturelle Überformung der cleavages (…) die entscheidende Voraussetzung für eine längerfristige stabile Bindung von Individuen an politische Strömungen und Parteien“33. Auf diese Weise wird eine Beziehung zwischen der Partei und der sozialen Gruppe geschaffen, was sich als Vorteil im politischen Wettbewerb erweist, weil einmal geschlossene Koalitionen zumeist sehr stabil sind und es höchstens in politisch unruhigen Zeiten zu einem

Wechsel des Partners durch die soziale Interessengruppe kommt.34

Wie gesehen werden die in einer Gesellschaft bestimmenden Konfliktlagen nicht direkt in ein System von Parteien übertragen. Doch wie findet die Institutionalisierung eines cleavage statt? Eine Antwort liefern Lipset und Rokkan im zweiten Teil ihrer Theorie. Sie identifizieren vier verschiedene Schwellen (thresholds), die sich von Land zu Land in Wirkung und Intensität unterscheiden.35 Diese muss eine Interessengruppe oder Bewegung überwinden, damit ein Konflikt in einem bestehenden Parteiensystem institutionalisiert werden kann.36 Bei diesen Schwellen handelt es sich um legitimation, incorporation, representation und majority power37, die im Folgenden genauer vorgestellt werden.

Die Legitimationshürde (legitimation) ist die erste Schwelle, die genannt wird. Möchte eine Bewegung sie überwinden, muss sie erreichen, „dass die artikulierte Kritik als berechtigt anzusehen ist und von den Regierenden nicht einfach als ‚verschwörerischer Protest’ abgetan werden kann“38. Die zweite Schwelle betrifft die Integration (incorporation) einer Interessengruppe. Haben ihre Vertreter die gleichen politischen Rechte wie ihre Opponenten oder wird ihnen die Wahl ihrer politischen Repräsentanten versagt? Um Fragen der Repräsentation (representation) handelt es sich bei der dritten Schwelle. Hier stellt sich die Frage, ob eine neue Gruppierung dazu in der Lage ist, eigenständig Zugang zu repräsentativen Organen zu erlangen oder ob sie sich dafür einer älteren, bereits bestehenden Organisation anschließen muss. Bei der vierten und letzten Hürde, die überwunden werden muss damit eine Bewegung Teil des Parteiensystems werden kann, handelt es sich um die Schwelle der Mehrheitsstärke (majority power). In diesem Zusammenhang ist es von Bedeutung, ob ein Wahlsieg gleichbedeutend mit einem Machtgewinn ist, der bedeutende politische Veränderungen erlaubt oder ob es systemimmanente Hinder- nisse gibt, die eine Kongruenz von Stimmenmehrheit und Gestaltungsmehrheit verhindern.39

Zusätzlich zu diesen vier Schwellen gibt es noch institutionelle Hindernisse, die die Etablierung einer neuen Partei behindern können, wie etwa Sperrklauseln oder Wahlrechtsreformen. Diese Regeln werden von den aus den elementaren Spaltungslinien der Gesellschaft erwachsenen Parteien aufgestellt. Sie wollen verhindern, dass neue Bewegungen die politische Bühne betreten und somit die Konkurrenz- situation weiter verschärft wird. Auf diese Weise sind die etablierten Parteien für die spezifische Ausgestaltung der nationalen Parteiensysteme mitverantwortlich.

Die Strukturen der heutigen Parteiensysteme ähneln in weiten Teilen immer noch denen des beginnenden 20. Jahrhunderts. Da wir es nur mit einer geringen Anzahl an Konflikten um wesentliche Streitfragen in einer Gesellschaft zu tun haben, ist die Zahl der Parteien gering und die Identifikation der sozialen Gruppen mit ihren politischen Vertretern hoch und von lang anhaltender Dauer. Mit der Ausweitung des Wahlrechts wurde zudem ein Großteil der Bevölkerung von den Parteien ins politische System integriert. Diese Massenintegrationsparteien indoktrinierten ihre Wählerschaft und schafften auf diese Weise politische Identitäten, die die Partei- bindungen verstärkten, was wiederum zu einer Stabilisierung der Parteiensysteme führte.40 So lässt sich die hohe Beständigkeit ebendieser und die geringen Etablierungschancen neuer Parteien erklären.41 Diese Feststellung, in Verbindung mit ihren gemachten Beobachtungen, führt Lipset und Rokkan zu der viel zitierten These der „eingefrorenen Parteiensysteme“. Sie kommen zu dem Schluss, dass „the party systems of the 1960’s reflect, with few but significant exceptions, the cleavage structures of the 1920’s“42.

Der von Lipset und Rokkan entwickelte soziostrukturelle Erklärungsansatz zur Entstehung und Konsolidierung von Parteiensystemen ist, trotz einiger Kritik- punkte43, auch heute noch von großer Bedeutung. Durch die Berücksichtigung der wechselseitigen Auswirkungen von Sozialstruktur, gesellschaftlichen Konflikten und den Aktionen der parteipolitischen Eliten, liefert diese Theorie ein Modell für die unterschiedlichen Ausprägungen der europäischen Parteiensysteme. Wie bereits beschrieben ist ein Vergleich dennoch möglich, da alle untersuchten Parteien-systeme, mit einigen signifikanten Ausnahmen, zu denen auch Deutschland gehört, auf den gleichen gesellschaftlichen Entwicklungen beruhen.

Mit Hilfe ihrer Theorie haben Lipset und Rokkan versucht die Stabilität der westeuropäischen Parteiensysteme zu erklären. Mehr als 40 Jahre nach Veröffent- lichung ihrer Thesen stellt sich bei Betrachtung der verschiedenen nationalen Parteienlandschaften jedoch die Frage, ob die Systeme nach wie vor durch Stabilität gekennzeichnet sind oder ob nicht eher ein grundlegender Wandel zu konstatieren ist. Zwar sind in allen untersuchten Staaten erhebliche Kontinuitätsmerkmale zu beobachten44, jedoch haben sich die Parteiensysteme in ihrer Grundstruktur verändert und sind heute nicht mehr mit denen der 1920er Jahre vergleichbar. Als Grund für die Transformation der Parteienlandschaften in den westeuropäischen Demokratien wird oft der so genannte Wertewandel identifiziert. Diese Theorie wird im nun folgenden Abschnitt vorgestellt.

2.1.2 Die Weiterentwicklung des soziostrukturellen Erklärungsmodells

Gegen Ende der 1970er Jahre vollzog sich in vielen westeuropäischen Demokratien eine ähnliche Entwicklung. Es entstand eine Reihe neuer Parteien, die grob dem grün-alternativen Milieu zuzuordnen sind. Ein gutes Jahrzehnt später folgte dann in einigen Staaten die Etablierung von rechten Protestparteien. Diese zunehmende Fragmentierung innerhalb der Parteiensysteme war aber nicht mit dem traditionellen Konfliktlinienmodell erklärbar, da die hinzugekommenen Parteien neue gesellschaftliche Auseinandersetzungen institutionalisiert hatten. Auf Grundlage der cleavage - Theorie wurden nun unterschiedliche Ansätze entwickelt, die den ein- setzenden Wandel der Parteiensysteme in modernen Industriegesellschaften erklären können und im Folgenden vorgestellt werden. Anders als die Theorie Lipsets und Rokkans sind diese Erkenntnisse auch für die Bundesrepublik gültig. Daher wird auf eine zusätzliche Präsentation der das deutsche Parteiensystem bestimmenden Konfliktlinien verzichtet.

2.1.2.1 Der Wertewandel in modernen Industriegesellschaften

Die Veränderungen, die die Parteiensysteme durchlaufen haben, werden oft mit einem gesellschaftlichen Wertewandel erklärt, der nun genauer definiert wird. Als Begriffsbestimmung bietet es sich an, den Wertewandel als Phänomen einer mentalen Anpassung an neuartige Lebensbedingungen zu verstehen, die mit traditio- nellen Werten nicht mehr zu bewältigen sind. Die alten Werte werden hierbei von den neuen Werten ersetzt. Dieser Prozess läuft im Zuge sozialer, politischer und weltanschaulicher Kämpfe ab.45

Inglehart erklärt den Wertewandel mit zwei Theorien, der Mangelhypothese und der Sozialisationshypothese, wobei die Sozialisations- die Mangelhypothese ergänzt.46 Die Vertreter der Mangelhypothese gehen davon aus, dass Menschen verschiedene Bedürfnisse haben, die sich in ihrer Wichtigkeit unterscheiden. Grundsätzlich werden physische Bedürfnisse als am wichtigsten angesehen und erst wenn diese erfüllt sind folgt die Befriedigung „höherer“ Bedürfnisse.47

Die Sozialisationshypothese beruht auf der Annahme, dass ökonomische und politische Grundeinstellungen in der Jugendzeit erworben werden und meist ein Leben lang stabil bleiben. Zu einem Wandel gesellschaftlicher Wertesysteme kommt es dann, wenn eine Generation mit deutlich anderen Wertprioritäten heranwächst.48 Diese beiden Ansätze wurden von Inglehart herangezogen um das Aufkommen postmaterialistischer49 Einstellungen innerhalb moderner Industriegesellschaften zu erklären.

2.1.2.2 Die postmaterialistische Konfliktlinie

Neben den Auswirkungen des von Ronald Inglehart beschriebenen Wertewandels auf die Parteiensysteme hatten auch Veränderungen der sozialen Struktur Auswirkungen auf die Umgestaltung der Parteiensysteme. So verloren die traditionellen Milieus, aus denen die Parteien ihre Stammwähler rekrutierten, seit Ende der 1960er Jahre sukzessive an Bedeutung. Durch den Prozess der Säkularisierung, bessere Bildungs- möglichkeiten, dem Ausbau des Dienstleistungssektors und dem Anwachsen einer ungebundenen Mittelschicht veränderte sich das Verhältnis von sozialen Gruppen und Parteien einerseits, andererseits hatte es Konsequenzen für die Ausgestaltung der Konfliktlinien. Zum einen hatten diese Faktoren großen Einfluss auf die Ab- schwächung traditioneller Parteibindungen (dealignment) und sorgten somit für eine zunehmende Bereitschaft zur Wechselwahl.50 Zum anderen kam es zu einer Überlagerung der bisher dominierenden ökonomischen und religiösen cleavages, so dass die Konflikte „Kapital vs. Arbeit“ und „Religiosität vs. Säkularisierung“ zu einem Links-Rechts-Gegensatz verschmolzen.51

Für Inglehart ist die Neugestaltung der gesellschaftlichen Konfliktlinienstruktur und die damit verbundene Erweiterung der Parteiensysteme jedoch vor allem durch den Wertewandel zu erklären, der hauptsächlich in den 1970er Jahren in vielen westlichen Staaten stattfand. Zusammenfassend kann behauptet werden, dass „the values of Western publics have been shifting from an overwhelming emphasis on material well-being and physical security toward greater emphasis on the quality of life“52. Dieser Prozess „hat neue politische Anliegen ins Zentrum gerückt und oftmals neue politische Bewegungen in Gang gesetzt“53.

Diese einschneidenden Veränderungen können mit den bereits vorgestellten Thesen zum Wandel von Werthandlungen erklärt werden. Nach Ende des 2. Welt- krieges gab es keine militärischen Auseinandersetzungen mehr in Europa. Darüber hinaus sorgte ein stetiges Wirtschaftswachstum für eine nie da gewesene Prosperität breiter Bevölkerungsschichten.54 Die Kriegsgeneration wuchs in einem Zustand größter wirtschaftlicher Not und existenzieller Angst auf und wurde durch diese Erfahrungen sozialisiert. Ganz im Gegensatz dazu wurde die kommende Generation in einem Klima wirtschaftlicher Stabilität und Frieden und einer Phase des finan- ziellen Überflusses groß.55 Die Mangelhypothese geht also davon aus, dass die verschiedenen Generationen vollkommen unterschiedliche Bedürfnisse haben. Während die durch den Krieg geprägte Alterskohorte den Fokus auf Erlangung physischer und materieller Sicherheit legte, haben Selbstverwirklichung und die Erlangung einer höheren Lebensqualität für die nachfolgende Generation Priorität.56 Während also ältere Menschen eher materialistische Werte vertreten, streben die Jüngeren die Verwirklichung postmaterialistischer Werte an.

Diese Erkenntnisse gilt es nun mit der Sozialisationshypothese zu verbinden. Aufgrund des intergenerationellen Wandels - ältere Jahrgänge werden kontinuierlich durch jüngere ersetzt - kommt es trotz gleich bleibender sozio-ökonomischer Verhältnisse zu einer allmählichen Verschiebung der Werte in Richtung Post- materialismus.57 Dieser Prozess wird von Inglehart als silent revolution bezeichnet.58 Diese Veränderungen haben großen Einfluss auf die gesellschaftlichen cleavages und ihre Übersetzung in die jeweiligen Parteiensysteme der verschiedenen Staaten. Wie im Modell Lipsets und Rokkans lässt sich die politische Polarisierung schematisch durch zwei Achsen darstellen Auf der horizontalen Achse, die jetzt den sozioökonomischen und den religiösen Konflikt vereint, sind die etablierten Parteien zu verorten. Die zweite Achse, welche den „links-rechts“- cleavage schneidet, reflektiert die neuen Streitfragen und trennt Materialisten von Postmaterialisten.59 Diese neue Konfliktstruktur ist verantwortlich für die in vielen Staaten festzu-stellende Fragmentierung der Parteiensysteme in den 1970er und 1980er Jahren, die eine Trennung der Vertreter von „neuer“ und „alter“ Politik darstellt. Es kam zur Herausbildung grün-libertärer Parteien, wobei deren Gründung als Resultat sowohl der neuen Konfliktstruktur als auch durch Unstimmigkeiten innerhalb der linken Parteien zu verstehen ist. War bisher die Schichtzugehörigkeit Hauptgrund für die politische Polarisierung, stellt der Bedeutungszuwachs postmaterialistischer Streit-fragen nun eine Herausforderung für die traditionellen und hier besonders die linken Parteien dar, der viele nicht gewachsen waren.60

Zwar tendieren Postmaterialisten dazu den linken Parteien ihre Stimme zu geben, jedoch geschieht dies nur unter der Voraussetzung, dass die Parteien die Ziele und Wünsche dieser Wählerschicht programmatisch widerspiegeln.61 Dies ist proble- matisch, da sich die Forderungen der Vertreter einer neuen Politik und die Ziele der traditionellen Wählerschaft diametral gegenüberstehen und nicht vereint werden können. Es droht daher eine Spaltung der linken Anhängerschaft in einen post- materialistisch und traditionell materialistisch orientierten Flügel.62 Die meisten Parteien, die vor dieser Herausforderung standen, konnten die beiden wider- strebenden Flügel nicht integrieren. Dies hatte zur Folge, dass sich entlang der postmaterialistischen Konfliktlinie neue Parteien entwickelten, die diesem Konflikt Rechnung trugen. Die Wähler dieser neu entstandenen grün-libertären Parteien stammten zumeist aus einem gebildeten Milieu und der neuen Mittelschicht. Die Unterstützer der neuen Politik standen also den Vertretern einer materialistisch geprägten alten Politik gegenüber.

Wie bisher dargestellt hat der Wertewandel in modernen Industriegesellschaften erheblichen Einfluss auf die Ausgestaltung der Parteiensysteme gehabt. Entlang der postmaterialistischen Konfliktlinie entstand eine neue Parteifamilie, so dass eine Wandlung der bisher durch Stabilität gekennzeichneten Parteienlandschaften Westeuropas zu konstatieren ist. Diese Entwicklung kann mit der Theorie Ronald Ingleharts erklärt werden.

Jedoch wurde neben methodischer63 auch inhaltliche Kritik, unter anderem von Scott C. Flanagan64, an Ingleharts Ansatz geäußert. Im folgenden Kapitel werden seine Beanstandungen und Verbesserungsmöglichkeiten vorgestellt. Daran anschließend folgt die Präsentation der Weiterentwicklungen durch Herbert Kitschelt. Sein Ansatz hat sich inzwischen in der Parteiensystemforschung durch- gesetzt65 und kann nicht nur die Entstehung der grün-libertären, sondern auch die der neuen rechten Parteien erklären.

2.1.2.3 Weiterentwicklung des postmaterialistischen Ansatzes

Zwar folgt Flanagan der Inglehart’schen Theorie des Wertewandels in den modernen Industriegesellschaften, identifiziert aber zwei verschiedene Entwicklungen und wirft Inglehart vor, diese beiden zu vermischen.66 Beide stimmen darin überein, dass es eine die Gesellschaft trennende Konfliktlinie zwischen alter und neuer Politik gibt, wobei Inglehart die Vertreter der new politics als postmaterialistisch, Flanagan sie dagegen als libertär bezeichnet. Das entscheidende Merkmal seines Ansatzes liegt nun darin, dass er zwischen Materialismus und Autoritarismus unterscheidet, während Inglehart diese beiden Dimensionen zusammengefasst hat.67 Für Flanagan ist diese Differenzierung entscheidend, da er die Materialisten als Vertreter der alten Politik identifiziert. Hingegen ordnet er die Autoritären, deren Fokus auf der Erfüllung nicht materialistischer Werte liegt, auf der Ebene der neuen Politik und somit als Gegenpol zu den Libertären ein.68

In Flanagans Modell wird also einerseits zwischen alter und neuer Politik unterschieden, andererseits unterteilt er die Wertorientierten noch einmal in zwei sich gegenüberstehende Gruppen. Somit sind drei cleavages identifizierbar, die schematisch als „Y“ dargestellt werden können und folgende gesellschaftliche Konflikte abbilden: Mittelklasse (Old Right) vs. Arbeiterklasse (Old Left), Wertorientierte (New Politics) vs. Materialisten (Old Politics) und Libertäre (New Left) vs. Autoritäre (New Right).69 Die Identifikation der neuen Konfliktlinie zwischen autoritären und libertären Werten ist der große Verdienst der Theorie von Flanagan70, da sie die theoretische Grundlage für die Erklärung der Etablierung von Rechts- außen-Parteien liefert, die als Gegenbewegung zu den grün-libertären Parteien entstanden. Um die Verhältnisse in den Parteiensystemen der Gegenwart verstehen zu können, bedarf es aber noch einiger Modifikationen dieses Modells, welche Kitschelt zu Beginn der 1990er Jahre vorgenommen hat.

Für die Entwicklung seiner Theorie legt Kitschelt, neben den Ausführungen Flanagans, die realpolitische Entwicklung Ende der 1980er Jahre zugrunde. Durch den Zusammenbruch des kommunistischen Systems und dem Ende des Ost-West- Konfliktes fand eine Neuausrichtung der Parteiensysteme statt.71 Auf der hori- zontalen Achse ist nicht mehr die Rede von einem Konflikt zwischen Sozialismus und Kapitalismus. Vielmehr dreht sich der Konflikt um die Ausgestaltung der kapitalistischen Wirtschaftsform, die nun als alternativlos angesehen wird. Die Hauptstreitpunkte der Auseinandersetzung sind daher die Fragen, inwieweit der gesellschaftliche Reichtum entweder dem Markt überantwortet oder politisch gesteuert werden soll und ob der Modernisierungsprozess eher als gesellschaftliches und politisches Risiko oder als Chance betrachtet wird.72 Im Grunde kann dieser Zielkonflikt zwischen Profiteuren und Verlierern des Modernisierungsprozesses als Umgestaltung des politischen Klassenkonflikts gesehen werden. Der cleavage verläuft zwischen den Vertretern der Positionen „soziale Gerechtigkeit“ und „Markt- freiheit“.73 Die vertikale Achse identifiziert Kitschelt, wie bereits Flanagan, als Konflikt zwischen Vertretern autoritärer und libertärer Wertvorstellungen, so dass, wie bereits von Inglehart postuliert, eine zweidimensionale Konfliktstruktur identifizierbar ist.

Kitschelt geht nun aber davon aus, dass der politische Wettbewerb entlang einer ideologischen Hauptachse stattfindet74, auf der sich die Wähler verteilen. Die Parteien orientieren sich nun an der Positionierung der Wähler ebendieser, so dass behauptet werden kann, dass die Verortung der nach Stimmenmaximierung streben- den Parteien von der Verteilung der Wähler abhängt.75 Ebenso wie Inglehart erwartet Kitschelt nun mit steigendem Wohlstand und fortschreitender wirtschaftlicher Entwicklung einen generellen Wechsel der Wählerpräferenzen hin zu libertären Werten.76 Bedingt durch den sozialen Wandel gewinnt der Wertekonflikt zunehmend an Gewicht und beeinflusst auch den bisher dominanten cleavage. Durch die Inter- dependenzen dieser beiden Konflikte verschieben sich die Koordinaten des Parteien- systems, so dass der Wettbewerb zwischen den Parteien nun hauptsächlich durch den Konflikt zwischen links-libertärer und rechts-autoritärer Politik geprägt wird.77 Für Kitschelt ist „the left-libertarian/right-authoritarian dimension […] the dominant division of voters and parties in advanced industrial democracies”78.

Auch heute werden die Parteiensysteme der westeuropäischen Staaten von den zwei identifizierten Konflikten geprägt. Dass mittlerweile aber nicht mehr von einer Überlagerung der beiden Konfliktdimensionen gesprochen werden kann, hat auch Kitschelt erkannt: „(…) there is no longer a natural affinity between economic ‚leftism’ and socio-cultural ‚libertarianism’ or economic ‚rightism’ and socio- cultural ‚authoritarianism’.“79 Die heutige cleavage - Struktur der Parteiensysteme hat sich in den meisten postindustriellen Gesellschaften nicht stark verändert. So wird der sozioökonomische Konflikt nach wie vor bestimmt durch die entgegensetzen Pole „soziale Gerechtigkeit“ und „Marktwirtschaft“. Bedingt durch die Auswirkun- gen der Globalisierung und des demografischen Wandels ist diese Auseinander- setzung nach wie vor von großer Bedeutung.80 Der sozio-kulturelle Konflikt hat sich jedoch noch einmal gewandelt. Die Globalisierung brachte eine Reihe von Ent-

wicklungen mit sich, die von den Menschen, bestimmt durch ihre konkrete Lebens- welt und mentalen Kapazitäten, entweder als Chancen oder als Bedrohungen wahr- genommen werden.81 Menschen mit libertären Werthaltungen öffnen sich diesem Prozess, während autoritäre Werte vertretene Personen sich diesem verschließen.

Das entscheidende Merkmal der zweidimensionalen Konfliktstruktur ist nun, dass sich „die inhaltliche Nähe der Parteien zueinander auf den beiden Konfliktlinien deutlich unterscheidet“82. Dies führt dazu, dass die Parteien in verschiedenen Politik- feldern unterschiedlich weit voneinander entfernt sind. Sie nehmen also keinen festen Punkt im System ein, sondern verändern ihre Position je nach Sachfrage. Aus diesem Grund fällt eine Zusammenarbeit mit anderen Parteien, je nach Thema und der Bedeutung einer speziellen Frage, dann leichter oder schwerer. Dies kann zur Folge haben, dass sich Schnittmengen bei Parteien ergeben, bei denen dies vorher nicht der Fall war und es somit zu neuartigen Koalitionen kommen kann. Welche Aus- wirkungen dies für die Koalitionsbildung in der Bundesrepublik und die Position der Grünen im deutschen Parteiensystem hat wird später noch untersucht.

Die cleavage - Theorie nach Lipset und Rokkan bildet die Grundlage für das soziostrukturelle Erklärungsmodell zur Entstehung von Parteiensystemen. Die von den beiden Autoren identifizierten gesellschaftlichen Konflikte bestimmen teilweise bis heute die Ausgestaltung der Parteiensysteme. Mit dem Wertewandel änderten sich jedoch die Konfliktstrukturen. Dank verschiedener Weiterentwicklungen lassen sich die Entstehung neuer Parteifamilien und der damit einhergehende Wandel der Parteiensysteme bis heute erklären.

Eine gänzlich andere Herangehensweise liefert die rational choice - Theorie, die die Entstehung neuer Parteien auf Basis des wirtschaftswissenschaftlichen Marktmodells zu erklären versucht und im Folgenden vorgestellt wird.

2.1.3 Die rational choice- Theorie

Die rational choice - Theorie, auch Theorie der rationalen Wahl oder ökonomische Theorie der Demokratie genannt, knüpft an die Erkenntnisse der Wirtschafts- wissenschaften an und überträgt sie auf die Politik. Ihr zufolge agiert der Mensch als homo oeconomicus rein vernunftorientiert, verhält sich egoistisch und versucht möglichst viele Vorteile aus seinem Handeln zu ziehen.83 Der Ansatz betrachtet alle Akteure in der politischen Arena, also Wähler, Politiker und Parteien. Da es in dieser Arbeit vor allem um das Verhalten der Parteien geht, wird hier jedoch auf eine Betrachtung des „rationalen Wählers“ verzichtet.

Stattdessen liegt die Konzentration auf einem der zentralen Werke der Theorie der rationalen Wahl, nämlich der „Ökonomischen Theorie der Demokratie“, die im Jahre 1957 von Anthony Downs veröffentlicht wurde. Mit seinem Parteien- konkurrenzmodell liefert er Erklärungen für die Entstehung von kleineren Parteien, die für das weitere Vorgehen wichtig sind und das im Folgenden vorgestellt wird.

2.1.3.1 Das Parteienkonkurrenzmodell nach Downs

Downs knüpft in seiner Arbeit, der die Ideen Joseph Schumpeters zugrunde liegen84, an wirtschaftswissenschaftliche Überlegungen an und „modelliert […] das Verhalten von Parteien, Politikern und Wählern analog zu dem rationaler Akteure auf einem Marktplatz“.85 Der Autor setzt die beiden Akteursgruppen einer Demokratie, Wähler und Parteien, in Beziehung zueinander, wobei zu beachten ist, dass beide Gruppierungen rational und egoistisch handeln.86 Aufgrund dieser Annahme ent- wickelt der Autor das Eigennutz-Axiom, das für seine Arbeit von entscheidender Bedeutung ist.87. Auf die Parteien übertragen bedeutet es, dass Parteipolitiker „nur handeln, um das Einkommen, das Prestige und die Macht zu erlangen, die mit öffentlichen Ämtern verbunden sind. Daher streben die Politiker in unserem Modell niemals ein öffentliches Amt an, weil es ihnen ermöglicht, bestimmte politische Konzepte zu verwirklichen […]. Die Politiker verwenden politische Konzepte und Aktionen einzig und allein als Mittel zur Verfolgung ihrer privaten Ziele, die sie nur dadurch erreichen können, dass sie gewählt werden.“88

Um an die Regierung zu kommen müssen die Parteien die Wähler mit Hilfe ihrer Programme überzeugen. Ihr Ziel ist es stets den Standpunkt der Mehrheit zu besetzen, wodurch gewährleistet ist, dass eine gemeinwohlorientierte Politik durchgesetzt wird. Somit kommt es alleine aufgrund egoistischer Nutzen- maximierung zu einem für alle Seiten befriedigendem Ergebnis, auch wenn dies nur als ein Nebenprodukt des eigentlichen Prozesses anzusehen ist.89 Zwar erscheint diese Annahme logisch, doch Braun identifiziert mehrere Probleme, die das Downs’sche Modell gefährden. Die zwei wichtigsten sind die Fokussierung auf ein klassisches Zwei-Parteien-System und die Voraussetzung, dass alle Akteure voll- ständig über die Bedingungen und Ziele der jeweils anderen informiert sind und somit rational agieren und reagieren können.90 Es ist aber viel wahrscheinlicher, dass sich alle Akteure mehr oder weniger im Unklaren über die Aktionen und Vorgehensweisen befinden. Diese Ungewissheit hat drei Auswirkungen auf das Modell. Die Bedeutung politischer Führung wächst, Interessengruppen haben einen höheren Stellenwert und politische Ideologien spielen eine stärkere Rolle.91

Nur unter Berücksichtigung dieser Annahmen kann Downs den Kern seiner Parteientheorie formulieren, das Median-Wähler-Theorem.92 Er bezieht sich dafür auf Harold Hotellings Modell eines räumlichen Marktes93 und überträgt es auf die Politik. Demnach ist davon auszugehen, dass sich zwei Parteien, die sich an den entgegengesetzten Enden einer ideologischen Achse befinden, aufgrund ihres Strebens nach Stimmenmaximierung immer mehr in die Mitte bewegen um möglichst viele Wähler für sich zu gewinnen. Beide Parteien nähern sich so dem Median, also der Mitte des ideologischen Spektrums, an. Der Kern des Median- Wähler-Theorems ist, dass die Parteien immer näher aneinander rücken, was zu einer Angleichung der Ideologien führt94. Zu berücksichtigen ist, dass dieses Modell der Annahme einer unimodalen Wählerverteilung zugrunde liegt. Dies bedeutet, dass sich die meisten Wähler in der ideologischen Mitte sammeln. Beispielhaft für diese Annahme ist das Wählerverhalten der USA.

Ein vollkommen anderes Bild bietet sich, wenn eine bimodale Verteilung der Wähler auf der ideologischen Achse angenommen wird. Durch die massierte Sammlung der Wähler an den extremistischen Enden werden die Parteien davon abgehalten ideologisch zu konvergieren.95 Ein Streben in die Mitte macht keinen Sinn, da die Gefahr Stimmen zu verlieren die Chance mögliche Neuwähler zu gewinnen bei weitem übertrifft. Auch die Gründung einer Partei der Mitte ist nicht zu erwarten, da sie nur wenige Stimmen auf sich vereinen könnte. Weil die Parteien vollkommen ideologische Standpunkte vertreten, ist eine Politik, die die meisten Bürger zufrieden stellt nicht zu erwarten. Downs geht vielmehr davon aus, dass ein solches polarisierendes System instabil ist und zu Revolution und Bürgerkrieg führt.96 Parteiensysteme mit unimodaler Wählerverteilung sind also stabiler und daher vorzuziehen. Jedenfalls gilt dies für Zwei-Parteien-Systeme. Bei der Unter- suchung von Mehrparteiensystemen schwindet die Erklärkraft des Modells jedoch, da die Stabilisierungsmöglichkeit des Systems verloren geht, wenn sich zwei Parteien immer weiter einander annähern und somit eine Partei, die sich zwischen ihnen befindet, eingezwängt wird. Nach Hotellings Modell wäre es möglich die Kontrahenten in einem solchen Fall zu „überspringen“. Bei einer Konkurrenz- situation politischer Parteien ist dies aber nur schwer vorstellbar. Würden die Parteien aus Gründen des Konvergenzdrucks ihre Konkurrenten überspringen, käme es aufgrund dieser ideologischen Standortwechsel zu einer Destabilisierung des Parteiensystems.97 Jedoch geht Downs davon aus, dass sich Parteien nicht aneinander vorbeibewegen können, da Integrität und politische Verantwortlichkeit zu einem relativen Immobilismus der Akteure führt.98 Auf lange Sicht ist dies für die Partei der Mitte existenzbedrohend, da der Druck durch die konvergierenden Parteien immer größer wird und sie nach dem Modell irgendwann „zerdrückt“ wird. Wie Braun feststellt gilt das Immobilitätsargument aber nur für die ideologische Gesamtstruktur einer Partei, bei einzelnen Sachfragen ist ein „überspringen“ durchaus denkbar.99

In der Politikwissenschaft gab es zum Teil erhebliche Kritik am Downs’schen Parteienmodell. Die Kritiker bemängelten vor allem die Unvereinbarkeit von Theorie und Realität.100 Downs selbst gibt jedoch zu Bedenken, dass das Ziel seines Modells nicht die realistische Abbildung der Verhältnisse ist, er möchte es vielmehr an der Genauigkeit der Voraussagen messen lassen.101 Hier kann sein Modell durchaus Aussagekraft beanspruchen. In vielen Industriestaaten haben sich die Wähler in die Mitte orientiert. Die Großparteien sind der Entwicklung gefolgt, haben sich dem Median angenähert und sich entideologisiert. Trotzdem bleiben zwei gewichtige Kritikpunkte. Zum einen ignoriert Downs die Bedeutung der policy für die einzelnen Parteien102, sie sind nämlich keinesfalls nur Vereinigungen von Nutzen- und Stimmenmaximieren. Zum anderen vernachlässigt er die traditionellen Parteibin-

[...]


1 Für die Partei „Bündnis 90/Die Grünen“ wird in der Regel die Bezeichnung „Grüne“ verwendet. Die Ausführungen zur Entstehungsgeschichte der Grünen beziehen sich auf die westdeutsche Partei „Die Grünen“.

2 Im Bundestag bilden die Parteien CDU (Christlich Demokratische Union) und CSU (ChristlichSoziale Union) eine Fraktionsgemeinschaft. Die CSU tritt lediglich bei Wahlen in Bayern an, die CDU im restlichen Bundesgebiet. In der vorliegenden Arbeit werden beide Parteien bei Betrachtung der Bundespolitik in der Regel als eine Partei behandelt und als „Union“ bezeichnet.

3 Wenn vom „deutschen“ Parteiensystem die Rede ist sind in der Regel die Verhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland gemeint.

4 Auf eine Untersuchung von Koalitionen mit der SPD wird verzichtet. Der Grund dafür ist, dass die Grünen ihre Bündnisfähigkeit mit den Sozialdemokraten bereits unter Beweis gestellt haben. Ein Linksbündnis unter Beteiligung der Linkspartei stellt aufgrund der schwerwiegenden Probleme zwischen SPD und der PDS-Nachfolgepartei momentan keine Option dar und wird deshalb ebenfalls nicht gesondert behandelt. Das gleiche gilt auch für eine Ampelkoalition, da eine solche aus diversen Gründen momentan nicht realisierbar erscheint.

5 Seymour M. Lipset und Stein Rokkan, Cleavage Structures, Party Systems, and Voter Alignments: An Introduction, in: Seymour M. Lipset und Stein Rokkan (Hg.): Party Systems and Voter Alignments: Cross-National Perspectives, New York (1967).

6 Anthony Downs, Ökonomische Theorie der Demokratie, Tübingen (1968).

7 Ronald Inglehart, Kultureller Umbruch. Wertwandel in der westlichen Welt. Frankfurt (1989), S. 94, (Im Folgenden zitiert: Inglehart, Umbruch), Ronald Inglehart, The Silent Revolution. Changing Values and Political Styles Among Western Publics, Princeton (1977), (Im Folgenden zitiert: Inglehart, Revolution), Ronald Inglehart, Traditionelle politische Trennungslinien und die Entwicklung der neuen Politik in westlichen Gesellschaften, in: PVS, Jg. 24 (1983), S. 139-165, (Im Folgenden zitiert: Inglehart, Entwicklung), Ronald Inglehart, Value Change in Industrial Societies. In: American Political Science Review, Jg. 81 (1987), H. 4, S. 1289-1303, (Im Folgenden zitiert: Inglehart, Value Change).

8 Hans-Jörg Dietsche, Eine "Renaissance" der kleinen Parteien? Zu den Entwicklungschancen kleinerer Parteien im deutschen Volksparteiensystem, in: Uwe Jun, Henry Kreikenbom und Viola Neu (Hg.), Kleine Parteien im Aufwind. Zur Veränderung der deutschen Parteienlandschaft, Frankfurt (2006), S. 58-74, (Im Folgenden zitiert: Dietsche, Renaissance), Hans-Jörg Dietsche, Die kleineren Parteien im Zweikräftefeld des deutschen Volksparteiensystems. Eine funktionalistische Typologie unter Vergleich mit dem Vereinigten Königreich. Frankfurt am Main (2004), (Im Folgenden zitiert: Dietsche, Zweikräftefeld).

9 Oskar Niedermayer, Parteiensystem, in: Eckhard Jesse und Roland Sturm (Hg.), Demokratien des 21. Jahrhunderts im Vergleich. Historische Zugänge, Gegenwartsprobleme, Reformperspektiven, Opladen (2003), S. 261-288, (Im Folgenden zitiert: Niedermayer, Parteiensystem), Oskar Niedermayer, Parteiensysteme, in: Oscar W. Gabriel und Sabine Kropp (Hg.), Die EU-Staaten im Vergleich. Strukturen, Prozesse, Politikinhalte, 3. aktualisierte und erweiterte Auflage, Wiesbaden (2008), S. 351-388, (Im Folgenden zitiert: Niedermayer, Parteiensysteme), Oskar Niedermayer, Wahrscheinliche und unwahrscheinliche Koalitionen, in: Matthias Machnig und Joachim Raschke (Hg.), Wohin steuert Deutschland? Bundestagswahl 2009. Ein Blick hinter die Kulissen, Hamburg (2009), S. 267-279, (Im Folgenden zitiert: Niedermayer, Koalitionen), Oskar Niedermayer: Das Parteiensystem Deutschlands, in: Oskar Niedermayer, Richard Stöss und Melanie Haas (Hg.), Die Parteiensysteme Westeuropas, Wiesbaden (2006), S. 109-133, (Im folgenden zitiert: Niedermayer, Deutschland),

Oskar Niedermayer, Das fluide Fünfparteiensystem nach der Bundestagswahl 2005, in: Oskar Niedermayer (Hg.), Die Parteien nach der Bundestagswahl 2005, Wiesbaden (2008), S. 9-35, (Im Folgenden zitiert: Niedermayer Bundestagswahl 2005),

Oskar Niedermayer, Parteimitglieder in Deutschland: Version 1/2009, in: Arbeitsheft aus dem Otto- Stammer-Zentrum, Nr. 15, Freie Universität Berlin (2009), verfügbar in: http://www.polsoz.fu- berlin.de/polwiss/forschung/systeme/empsoz/schriften/Arbeitshefte/ahosz15.pdf (abgerufen am 27.08.2010), (Im Folgenden zitiert: Niedermayer, Parteimitglieder).

10 Franz Walter, Baustelle Deutschland. Politik ohne Lagerbindung. Lizenzausgabe BpB (Schriftenreihe / Bundeszentrale für Politische Bild, 778), Bonn (2009), (Im Folgenden zitiert: Walter, Baustelle), Franz Walter, Gelb oder Grün? Kleine Parteiengeschichte der besserverdienenden Mitte in Deutschland, Bielefeld (2010), (Im Folgenden zitiert: Walter, Gelb oder Grün?), Peter Lösche und Franz Walter, Die FDP. Richtungsstreit und Zukunftszweifel, Darmstadt (1996).

11 Vgl. Andreas Ladner, Stabilität und Wandel von Parteien und Parteiensystemen. Eine vergleichende Analyse von Konfliktlinien, Parteien und Parteiensystemen in den Schweizer Kantonen, Wiesbaden (2004), S. 32.

12 Der Begriff „kleinere Partei“ wird Dietsche folgend auf Parteien angewandt, die sich zwischen Großparteien und den außerparlamentarischen Kleinparteien befinden.

13 Vgl. Dietsche, Zweikräftefeld, S.75.

14 Vgl. Ulrich von Alemann, Parteiensysteme im Parlamentarismus. Eine Einführung und Kritik von Parlamentarismustheorien, Düsseldorf (1973), S. 145.

15 Ladner, a.a.O., S. 35.

16 Ulrich von Alemann, Das Parteiensystem der Bundesrepublik Deutschland, Bonn (2003), S. 100. (Im Folgenden zitiert: Alemann: Parteiensystem)

17 Zitiert nach: ebd., S. 100.

18 ebd., S. 100.

19 Vgl. Dieter Roth, Empirische Wahlforschung. Ursprung, Theorien, Instrumente und Methoden, 2. Auflage, Opladen (2008), S. 33.

20 Ulrich Eith, Zur Ausprägung des politischen Wettbewerbs in entwickelten Demokratien. Zwischen gesellschaftlichen Konflikten und dem Handeln politischer Eliten, in: Ulrich Eith und Gerd Mielke (Hg.), Gesellschaftliche Konflikte und Parteiensysteme. Länder- und Regionalstudien, Wiesbaden (2001), S. 17-33, S. 19.

21 Vgl. Roth, a.a.O., S. 31.

22 Vgl. Lipset und Rokkan, a.a.O., S. 1-64, S. 14.

23 Vgl. Thomas Saalfeld, Parteien und Wahlen, Baden-Baden (2007), S. 72.

24 Vgl. ebd., S. 72.

25 Vgl. Lipset und Rokkan, a.a.O., S. 18 f.

26 Vgl. ebd., S. 19.

27 Vgl. Russel J. Dalton, Citizen Politics in Western Democracies. Public Opinion and Political Parties in the United States, Great Britain, West Germany, and France, Chatham (1988), S. 129.

28 Vgl. Gerd Mielke, Gesellschaftliche Konflikte und ihre Repräsentation im deutschen Parteiensystem. Anmerkungen zum Cleavage-Modell von Lipset und Rokkan, in: Ulrich Eith und Gerd Mielke (Hg.), Gesellschaftliche Konflikte und Parteiensysteme. Länder- und Regionalstudien, Wiesbaden (2001), S. 77-95, S. 78.

29 Vgl. Lipset und Rokkan, a.a.O., S. 23.

30 Vgl. Roth, a.a.O., S. 33.

31 Franz Urban Pappi, Sozialstruktur, gesellschaftliche Wertorientierungen und Wahlabsicht. Ergebnisse eines Zeitvergleichs des deutschen Elektorats 1953 und 1976, in: PVS, Jg. 18 (1977), S. 195-229, S. 195.

32 Niedermayer, Parteiensystem, S. 265.

33 Mielke, a.a.O., S. 78.

34 Vgl. Pappi, a.a.O., S. 195.

35 Vgl. Lipset und Rokkan, a.a.O., S. 27.

36 Vgl. Mielke, a.a.O., S. 78 f.

37 Vgl. Lipset und Rokkan, a.a.O., S. 27.

38 Vgl. Roth, a.a.O., S. 34.

39 Vgl. Lipset und Rokkan, a.a.O., S. 27.

40 Vgl. Peter Mair, Introduction, in: Peter Mair (Hg.), The West European Party System, New York (1990), S.1-22, S. 4.

41 Vgl. Roth, a.a.O., S. 34.

42 Lipset und Rokkan, a.a.O., S. 50.

43 Ladner kritisiert Lipset und Rokkan zwar nicht explizit, er spricht aber die Möglichkeit an, dass soziologisch begründete Erklärungsansätze Gefahr laufen einem „soziologischen Determinismus“ zu unterliegen. Vgl. Ladner, a.a.O., S. 34. Mielke kritisiert die Verknüpfung historischer Ereignisse mit dem Entstehen von Konfliktlinien und gibt zu Bedenken, dass durch eine Generalisierung analytische Vorteile entstehen würden. Vgl. Mielke, a.a.O., S. 79 f.

44 Vgl. Steven B. Wolinetz, Party System Change: Past, Present and Future, in: Steven B. Wolinetz (Hg.), Parties and party systems in liberal democracies, London (1988), S. 296-320, S. 296.

45 Vgl. Yvonne Hammes, Wertewandel seit der Mitte des 20. Jahrhunderts in Deutschland. Auswirkungen des Wandels gesellschaftlicher und politischer Wertorientierungen auf die Demokratie, Frankfurt am Main (2002), S. 45.

46 Vgl. Inglehart, Umbruch, S. 94.

47 Vgl. Walter Puschner, Materialismus und Postmaterialismus in der Bundesrepublik Deutschland 1970-1982. Eine Kohortenanalyse zu Ingleharts Theorie des Wertwandels, in: Dieter Oberndörfer, Hans Rattinger und Karl Schmitt (Hg.), Wirtschaftlicher Wandel, religiöser Wandel und Wertewandel. Folgen für das politische Verhalten in der Bundesrepublik Deutschland, Berlin (1985), S. 357-389, S. 358.

48 Vgl. Hammes, a.a.O., S. 47.

49 Unter postmaterialistischen Werten versteht man etwa Werte wie Umweltschutz, Gleichberechtigung oder Mitbestimmung. Als materialistisch gelten Werte wie beispielsweise Wirtschaftswachstum, militärische Sicherheit oder Recht und Ordnung.

50 Vgl. Eith, a.a.O., S. 20 f.

51 Vgl. Alemann, Parteiensystem, S. 102 f.

52 Vgl. Inglehart, Revolution, S. 3

53 Inglehart, Umbruch, S. 90.

54 Vgl. Inglehart, Revolution, S. 21 f.

55 Vgl. Puschner, a.a.O., S. 358 f.

56 Vgl. Inglehart, Umbruch, ebd.

57 Vgl. Hammes, a.a.O., S. 50.

58 Vgl. Inglehart, Revolution, S. 18.

59 Vgl. Inglehart, Entwicklung, S 163

60 Vgl. ebd., S. 163.

61 Vgl. Inglehart, Value Change, S. 1299.

62 Vgl. Inglehart, Entwicklung, S. 163.

63 Vgl. u.a. Puschner, a.a.O., S. 360 ff.

64 Vgl. u.a. Scott C. Flanagan, Value Change in Industrial Societies, in: American Political Science Review, Jg. 81 (1987), H. 4, S. 1303-1319.

65 Vgl. Steffen Kailitz, Das ideologische Profil rechter (und linker) Flügelparteien in den westeuropäischen Demokratien - Eine Auseinandersetzung mit den Thesen Herbert Kitschelts, in: Uwe Backes und Eckhard Jesse (Hg.), Gefährdungen der Freiheit. Extremistische Ideologien im Vergleich, Göttingen (2006), S. 283-320, S. 287.

66 Vgl. Flanagan, a.a.O., S. 1303.

67 Vgl. Gero Neugebauer und Richard Stöss, Die PDS. Geschichte, Organisation, Wähler, Konkurrenten, Opladen (1996), S. 267.

68 Vgl. Flanagan, a.a.O., S. 1304 f.

69 Vgl. Neugebauer und Stöss, a.a.O., S. 267.

70 Vgl. Kailitz, a.a.O., S. 287.

71 Alemann, Parteiensystem, S. 104.

72 Vgl. Neugebauer und Stöss, a.a.O., S. 269 ff.

73 Vgl. ebd., S. 271.

74 Vgl. Kailitz, a.a.O., S. 287.

75 Vgl. Herbert Kitschelt, The Formation of Party Systems in East Central Europe, in: Politics & Society, Jg. 20 (1992), H. 1, S. 7-50, S. 19

76 Vgl. ebd., S. 19

77 Vgl. Neugebauer und Stöss, S. 268 f.

78 Zitiert nach: ebd., S. 269.

79 Herbert Kitschelt, Diversification and Reconfiguration of Party Systems in Postindustrial Democracies, Bonn (2004), S. 6.

80 Vgl. Niedermayer, Parteiensysteme, S. 378.

81 Vgl. ebd., S. 379

82 Vgl. Niedermayer, Koalitionen, S. 271.

83 Vgl. Alemann, Parteiensystem, S. 112.

84 Vgl. Dietsche, Zweikräftefeld, S. 76.

85 Saalfeld, a.a.O., S. 89.

86 Dieter Braun, Theorien rationalen Handelns in der Politikwissenschaft. Eine kritische Einführung, Opladen (1999), S. 76.

87 Vgl. Downs, a.a.O., S. 26 f.

88 ebd., S. 27 f.

89 Vgl. Dietsche, Zweikräftefeld, S. 76 f.

90 Vgl. Braun, a.a.O., S. 78 f.

91 Vgl. ebd., S. 81.

92 Vgl. ebd., S. 83.

93 Vgl. Downs, a.a.O., S. 112.

94 Vgl. Dietsche, Zweikräftefeld, S. 77 f.

95 Vgl. Downs, a.a.O., S. 115.

96 Vgl., ebd. S. 116 f.

97 Vgl. Dietsche, Zweikräftefeld, S. 78.

98 Vgl. Downs, a.a.O., S. 119.

99 Vgl. Braun, a.a.O., S. 88.100 Vgl. ebd., S. 101.

101 Vgl. Downs, a.a.O., S. 21.

102 Vgl. Braun, a.a.O., S. 102.

Fin de l'extrait de 104 pages

Résumé des informations

Titre
Von der Flügel- zur Scharnierpartei? Bündnis 90/Die Grünen im deutschen Parteiensystem
Université
University of Bonn
Note
1,7
Auteur
Année
2010
Pages
104
N° de catalogue
V209399
ISBN (ebook)
9783656370437
ISBN (Livre)
9783656371069
Taille d'un fichier
873 KB
Langue
allemand
Mots clés
Innenpolitik, Parteiensystem, Koalition, Schwarz-Grün, Stein, Rokkan, Lipset, Downs, Flügelpartei, Scharnierpartei, Jamaika, Topic_Parteien
Citation du texte
Andreas Jahnel (Auteur), 2010, Von der Flügel- zur Scharnierpartei? Bündnis 90/Die Grünen im deutschen Parteiensystem, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/209399

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