Die vorliegende Interpretation von Clemens Brentanos „Geschichte vom braven Kasperl
und dem schönen Annerl“ setzt sich zum Ziel, gemäß der Definition von „Geschichte“1
sowohl die Begebenheiten als auch die Art des Erzählens durch die narrative Instanz zu
untersuchen. Hierbei soll dem Aspekt der Zeit besondere Aufmerksamkeit zukommen,
denn dieser wird sich als Bindeglied verschiedener Handlungsstränge und für die
Erzählweise prägend erweisen. Die erzähltechnischen Begriffe entstammen der
Terminologie Gérard Genettes. 2.1 Zeit als Oberkategorie dieser Erzähltextanalyse - Thesen
Die Geschichte bedient sich unterschiedlicher Zeitebenen, die von der Jugend Kaspers und
Annerls bis in die Gegenwart des Ich-Erzählers hineinreichen. Da diese eng mit den
narrativen Ebenen und daher mit den zugehörigen Erzählern verknüpft sind, wird Zeit zu
etwas subjektiv Wahrgenommenem: Mal wird sie nicht beachtet (Ruhe der Alten beim
Erzählen), mal könnte ihr keine größere Bedeutung zukommen (Versuch der Rettung
Annerls durch den Ich-Erzähler) und gegen Ende zu wird sie sogar aufgehoben, indem sie
im Monument erstarrt. Über dieses subjektive Zeitempfinden der Figuren spannt sich ein
Netz von Symbolen und Dingsymbolen, welche die Erzählstränge verknüpfen, deren Beitrag zur Auflösung der Problematik dieser Erzählung und des Erzählens an sich jedoch
zweifelhaft bleibt. Im Folgenden soll nun überprüft werden, inwieweit sich diese Thesen
bewahrheiten.
1 Gerhard Kluge: Geschichte vom braven Kasperl und dem schönen Annerl – Text, Materialien, Kommentar,
S.52
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Analyse und Interpretation
- Zeit als Oberkategorie dieser Erzähltextanalyse - Thesen
- Die narrativen Ebenen und das Problem der Autorschaft
- Zeitstruktur, das subjektive Zeitempfinden der Figuren und die Verbundenheit der Handlungsstränge durch Symbole und Raum
- Zusammenfassung
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Interpretation von Clemens Brentanos „Geschichte vom braven Kasperl und dem schönen Annerl“ untersucht sowohl die Ereignisse als auch die Art des Erzählens durch die narrative Instanz. Dabei wird dem Aspekt der Zeit besondere Aufmerksamkeit gewidmet, da dieser sich als Bindeglied verschiedener Handlungsstränge und für die Erzählweise als prägend erweisen wird.
- Analyse der Zeitstruktur in der Erzählung
- Untersuchung der narrativen Ebenen und des Problems der Autorschaft
- Bedeutung von Symbolen und Dingsymbolen für die Verknüpfung der Handlungsstränge
- Analyse der erzähltechnischen Merkmale im Kontext von Gérard Genettes Terminologie
- Beurteilung der Legitimation des Schreibens in der Erzählung
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung
Die Einleitung stellt die Zielsetzung der Interpretation dar und erläutert die methodischen Grundlagen. Der Fokus liegt auf der Analyse der Zeit als zentrale Kategorie und ihrer Bedeutung für die narrative Struktur. Die verwendeten erzähltechnischen Begriffe stammen aus der Terminologie Gérard Genettes.
Analyse und Interpretation
Zeit als Oberkategorie dieser Erzähltextanalyse - Thesen
Die Geschichte bedient sich unterschiedlicher Zeitebenen, die von der Jugend Kaspers und Annerls bis in die Gegenwart des Ich-Erzählers reichen. Die enge Verbindung dieser Zeitebenen mit den narrativen Ebenen und den entsprechenden Erzählern führt zu einer subjektiven Zeitwahrnehmung. Zeit wird mal nicht beachtet (Ruhe der Alten beim Erzählen), mal erscheint sie unbedeutend (Rettungsversuch Annerls durch den Ich-Erzähler) und gegen Ende wird sie sogar aufgehoben, indem sie im Monument erstarrt.
Die narrativen Ebenen und das Problem der Autorschaft
Die Geschichte beginnt mit einem Ich-Erzähler, der auf der extradiegetischen Ebene neutral von seiner Begegnung mit einer alten Frau erzählt. Diese agiert mit den sie umlagernden Wirthausgängern und dem homodiegetischen Ich auf der intradiegetischen Ebene. Annerl und Kasper sowie ihre Begleitfiguren repräsentieren die metadiegetische Ebene, da der Erzähler ihre Geschichte zitiert, indem er der Alten zuhört. Es stellt sich die Frage nach der Autorschaft und der Rangordnung der Erzählinstanzen. Die Alte agiert als eigenständiger Erzähler auf der extradiegetischen Ebene, während der metadiegetischen Ebene des Ich-Erzählers die intradiegetische Ebene der Alten als Erzähler entspricht. Die Ebenen verschmelzen und überlagern sich, was eng mit der Legitimation des Schreibens zusammenhängt.
Schlüsselwörter
Die Analyse der Geschichte fokussiert auf die Kategorien Zeit, Erzähltechnik, Autorschaft und Symbolismus. Weitere wichtige Begriffe sind die narrative Ebene, die Zeitstruktur, die subjektive Zeitwahrnehmung, die Legitimation des Schreibens und die Verknüpfung von Handlungssträngen durch Symbole.
- Quote paper
- Anne Thoma (Author), 2002, Clemens Brentanos "Geschichte vom braven Kasperl und dem schönen Annerl" - Eine Analyse und Interpretation zu den Kategorien Zeit, Erzähltechnik und Autorschaft, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/21007