Nationale und supranationale Dynamiken in Europa


Trabajo de Investigación, 2013

35 Páginas


Extracto


Inhaltsverzeichnis

1. 2000 Jahre Europa: Von der Lex Romana zu Lex Europea

2. Geistige Aspekte der nationalen-supranationalen Dynamik

3. Interview mit Dr. John F. Nash - Nobelpreisträger der Wirtschaftswissenschaften, Princeton University, Princeton/USA

4. Das Spiel der Allianzen: Erbfeindschaft, Freundschaft, Partnerschaft und Komplizität

1 2000 Jahre Europa Von der Lex Romana zu Lex Europea Lex Romana

Karls der Große Habsburger

Gründung der EU durch die Romverträge

Betrachtet man den Verlauf der vergangenen 2000 Jahre, so kann man etwa eine Handvoll maßgebliche historische Europa Modelle erkennen. Vergleicht man sie, beginnend mit dem Europa Modell nach der Lex Romana, über die Modelle Karls des Großen und jene der Habsburger, bis hin zu den Rom Verträgen von 1957, so stellt man fest, dass Rom wiederum, wenn auch in anderer Form, wie vor 2000 Jahren, maßgeblich für die europäische Integration ist.

Das kommt nicht von ungefähr, weil Rom, nach der europaweiten militärischen Aufoktroyierung der Lex Romana vor 2000 Jahren, in der Folgezeit mit dem Vatikan die erforderliche geistige Kohäsion für das Projekt Europa in der Gestalt der dieses vereinenden christlichen Werte bereitstellt. Es ist der Wegbereiter dieses Projektes auf integrativer christlicher Wertebasis der Menschenwürde und er Demokratie. Die militärisch basierte Integration Europas und die geistig basierte Integration Europas sind beide mit Rom verbunden. Rom in Latium, von dem aus der alte europäische Kontinent erobert wurde und das der Ausgangspunkt für die romanische Kultur in der neuen Welt war, erscheint, in den sinnbildlichen Stiefel der italienischen Halbinsel eingebettet, in der Tat als ein wichtiges Standbein Europas.

International rechtlich gesehen sind oben erwähnte Europa Modelle eine Progression von nichtexistenter Selbstbestimmung der Mitglieder eines vereinten Europas zu einer stets wachsenden Selbst- und Mitbestimmung am Projekt Europa, bis hin zu einem Europa der Regionen, das über die Nationen hinaus, sogar die spezifischeren sozioökonomischen und kulturellen Erfordernisse der Mitglieder eines integrierten Europas miteinbezieht.

Man kann also ein stets wachsendes Diversitäts-Bewusstsein und -Imperativ beobachten. Und je mehr dieser Diversitätsimperativ honoriert wird, desto mehr nimmt auch der Integrationsimperativ zu, damit die zentrifugalen Diversitätstendenzen von dem zentripetalen Integrationsmotiv polarisiert werden. Europäischer Universalismus und national-regionaler Partikularismus müssen sich die Waage halten, damit das Projekt Europa nicht scheitert, das somit ein Tanz auf einem universalistisch-partikularistischen Kontinuum ist, das immer wieder von neuem integriert werden muss.

Solange dies gelingt, hat Europa Bestand. Dafür gibt es in unserer Zeit die maßgeblichen supranationalen Institutionen des Rates, der Kommission, des Parlamentes und des Gerichtshofes, insbesondere in Straßburg, Brüssel und Luxemburg, die mit ihren tausenden von Beamten diese Integration in den vielfältigen wirtschaftspolitischen, sozialen und anderer Bereichen, in der Praxis leisten müssen. Die persönlichen Konsultationen der Minister und Staatsoberhäupter konsekrieren die Integration und die Wahrung der Gleichgewichtsdynamik für den Fortbestand und die Weiterentwicklung des europäischen Kontinents mit seinem Aquis Communautaire, dem sich, beginnend mit 6 Staaten am Ende des Weltkrieges - mit der Schaffung der Montanunion 1951, die die nationalstaatliche europäische Rüstungsbasis Industrie unter eine paneuropäisch-universalistische Kontrolle zur Eidämmung nationalpartikularistischer militärischer Verlockungen stellt - nun zwei Dutzend weitere angeschlossen haben. Und in dem Maße, wie die gesellschafts- oder nationalkulturelle Diversität und somit die Komplexität zunimmt, bedarf es auch der Zunahme eines universalistischen Zentralismus zur Wahrung der Kohäsion des Ganzen und seiner gemeinschaftlichen Errungenschaft Die europäische Identität besteht vornehmlich in ihrer Diversität, die daher eine große, diese Zentrifugalität polarisierende Integrationsleistung erfordert. Das bedeutet, dass auch die komplementäre universalistische Dimension in der Gestalt eines paneuropäischen Bewusstseins, immer mehr zur europäischen Identität gehören muss. Einheit und Diversität bilden daher die beiden Standbeine Europas und seiner Identität.

Man braucht diese Identität nicht zu suchen, sondern einfach wahrzunehmen, da sie schon immer vorhanden war. Die Werte basierte Einheit und die kulturelle Vielfalt bilden das konstitutive Kontinuum dieser Identität. Es waren und sind die zwei Seiten eines integrierten Europas, versinnbildlicht seit Beginn dieses Millenniums durch die beiden Seiten der Euromünzen, die mit der einen nationalpartikularistischen und der komplementären universalistisch-europäischen Rückseite zusammen das handliche Symbol des einen, vereinten Europas verkörpern. Nur wenn die beiden Seiten kongruent, d.h. das UN-PA (Universalismus-Partikularismus) Gleichgewicht vorhanden ist, ist das metaphorische Einheitssymbol des Euro in monetärer, politischer und anderer Hinsicht stimmig. Dann können die beiden komplementären Aspekte in eine dritte Dimension der Einheit münden.

Der Globalisierungsdruck hat den Einheitsimperativ verstärkt, weil die Nation und Regionen auf dem globalen Schachbrett der Geopolitik und Weltwirtschaft nicht mehr für sich allein bestehen können. Spitzenforschung und Hightech Projekte erfordern multinationale geistige und materielle Ressourcen. Doch die Zunahme des Integrations- und Einheitsimperativs führt zu einer Reaktion am partikularistischen, nationalkulturellen Diversitätspol des Kontinuums, das von neuem, unter den neuen Bedingungen der globalisierten Welt, integriert werden muss. Damit das konstitutive Gleichgewicht des Ganzen gewahrt wird, müssen beide positiv miteinander korreliert sein. Dann bleibt Europa stabil.

Die Zukunft Europas gründet auf dem Respekt beider Werte und ihrer Integration, d. h. des europäischen Universalismus-nationalkulturellen Partikularismus Kontinuums und somit der europäischen Einheit in ihrer myriadenfachen kulturellen Diversität, die weit über die Nationalstaaten hinaus, bis in die regional-lokalen Nuancierungen geht. Europa ist als Ganzes kulturell divers in Bezug zu anderen Kontinenten. Und es selbst setzt sich wiederum aus Diversität zusammen. Sie ist in der Tat das universellste Charakteristikum des Lebens.

Die Variationen des UN-PA Dilemmas mögen ich verändern, aber dem Prinzip nach besteht in seiner, inklusive seiner technischen und politischen und anderen sektoriellen Lösungen, das Geheimnis der Einheit Europas. Einheit in der Diversität ist immer ein Geheimnis für den menschlichen Verstand, da diese im tieferen Sinne komplementären Attribute vitaler Systeme zunächst widersprüchlich und sich auszuschließen scheinen. Doch die systemanalytische, biologische und mystische Erkenntnis lassen sich nahtlos auf die europäische Kultur und Politik mit all ihren technischen und institutionellen Ramifikationen übertragen.

Britische, italienische, griechische, französische partikularistische Ansprüche und deutsche und andere universalistische sind eine zeitüberdauernde zentrale Thematik der Geschichte der europäischen Integration. Nun können sie nicht mehr nach den verschiedenen Graden des autoritären Zentralismus der historischen europäischen Integrationsmodelle gelöst werden, sondern es bedarf einer politischen Kunst der universalistisch-partikularistischen gesteuerten Autoregulierung; der Erkenntnis und der Treue zu diesem Geheimnis der Einheit, gleich wie die UN-PA Rollenverteilung in anstehenden Entscheidungen sein mag.

Die Romverträge sind die erste maßgebliche historisch politische und universalistisch legalistische Antwort auf die ebenso historischen partikularistischen europäischen Agenden der Nationalstaaten. Das UN-PA Dilemma wurde über Jahrhunderte in Nullsummenspielen nationaler Egoismen zu lösen versucht - über imperiale Weltmachtansprüche der Kolonialmächte England, Frankreich und Spanien in der Metropolregion und Übersee gleichermaßen. Den Klimax erreichte diese Form der Dilemmalösung im Faschismus und Nazismus, der seine uneingeschränkte Alleinbestimmung mit nackter Gewalt, gleich der Lex Romana vor 2000 Jahren, durchzusetzen suchte. Diese einseitige Dilemmalösung hatte derart desaströse Folgen für die ganze Welt, dass man über diese Erfahrung zur Erkenntnis gelangte, dass einseitige Dilemmalösungen fortan nicht mehr Teil der europäischen Geschichte sein dürften.

Aus diesen partikularistischen nationalstaatlichen Exzessen, die weder eine friedliche Koexistenz, geschweige denn ein supranationales Europa duldeten, ergab sich die Erfordernis einer universalistischen Zähmung nationaler Partikularismen, die die Gestalt der Montanunion und der Romverträge bis zum universellen monetären Symbol des Euro in alltäglich tangibler Form annahm.

Diese Erfordernis erkannten zunächst jene europäischen Nachbarn, die in besonderer Weise und dies dreimal in einem Jahrhundert unter nachbarschaftlichen europäischen Partikularismen gelitten haben. Es handelt sich vor allem um Frankreich inbezug zu Preußen und Deutschland. Deshalb haben jenseits-Rheinige Persönlichkeiten wie Jean Monnet und Maurice Schumann nach dem zweiten Weltkrieg die Erfordernis eines universalistischen Management Instrumentariums exzessiver nationalpolitisch-kultureller Partikularismen erkannt und die Schaffung universalistischer europäischer rechtlich-politischer Instrumente in der Gestalt der Montanunion von 1951 und der Romverträge von 1957 in die Wege geleitet, nachdem der universalistische Imperativ bei anderen nationalkulturellen Partikularismen ein positives Echo gefunden hatte. Hallstein, Gaspari und Schumann sind die Personifizierung der anvisierten Lösung des überzeitlichen UN-PA Dilemmas in Europa, die das Ende einer Jahrhunderte währenden einseitigen konfliktbefrachteten Dilemmalösung einleiten sollte.

Heute ist diese Dilemmalösung weitgehend in der Gestalt der Funktionsweise der supranationalen Organisationen institutionalisiert, wo die Lösung des Grunddilemmas stets neu, nach dem altem Muster der UN-PA Integration, inszeniert werden muss. Darin besteht ein wesentliches europäisches Acquis, das die Permanenz und Fortentwicklung der europäischen Integration gewährleistet. Das Projekt Europa ist also erkenntnistheoretisch im wesentlichen ein Skript der UN-PA Dilemmalösung auf der europäischen Bühne, mit bekannten institutionellen Akteuren. Das Ritual der Dilemmalösung ist ein Schauspiel mit variablen UN-PA Themen, Akteuren und Regisseuren. Solange man jedoch dem Skript der UN-PA Dilemmalösung verpflichtet bleibt, bleibt Europa. Im Moment ist der Euro das zentrale universalistische Motiv. Es lässt wenig partikularistischen, nicht zentral reglementierten, nationalstaatlichen Spielraum zu und die partikularistischen

Reaktionen können daher bis zur Austrittsandrohung oder Kooperationsverweigerung im Fall des individualistisch, isolationistischen Großbritannien, des partikularistischen Italien oder anderer gehen.

Auf einem soliden und solidarischen universalistischen Fundament können idiosynkratische Partikularismen gedeihen. Indes, das universalistische Fundament muss erhalten bleiben, damit das europäische Acquis gewahrt wird. Die singulären kulturellen Partikularismen und menschlichen Eigenarten können nur vermittels eines starken institutionellen und geistigen Universalismus kohäsiv und einem konkomitanten nationalen und europäischen Bewusstsein integrativ gemanagt werden.

Diversität ist das Kapital und die kulturelle und menschliche Wahrheit Europas. Wenn sie respektiert werden kann, dann wird sie den universalistischen Imperativ respektieren. Beide sind interdependent. In dieser Interdependenz schlummert die europäische Idee und ihre Zukunft. Und ihre praktische Umsetzung besteht in der Dilemmalösung, wie sie hier nahegelegt wurde: Die Idee und die praktische Umsetzung durch die institutionellen Akteure unter der Regie der Staatsoberhäupter auf der Bühne Europas, die vom Mittelmeer bis nach Skandinavien, vom Atlantik bis stets weiter nach Osteuropa hineinreicht.

Europa ist ein historisches Drama mit einer konkreten geopolitisch-kulturellen Bühne, Akteuren und Regisseuren. Und ein derartiges Spektakel eines multilingualen, multikulturellen, vielfältig partikularistischen Tohuwabohus erfordert die entsprechende universalistische Inszenierung und Management, damit es nicht zu einem unberechenbaren Wanderzirkus, der bald in diese, bald in jene Richtung zieht, verkommt. Das Thema dieses europäischen Schauspiels, das sind die gemeinsamen Werte und somit Einstelligen, Verhaltensweisen und Ziele. Es ist der geistige Kern, der das gemeinsame Schauspiel ermöglicht. Bleibt diese Thematik des gemeinsamen Wertekanons, so wird das Ritual der Dilemmalösung durch die institutionellen Akteure verbindlich und getreu inszeniert und Europa bleibt bestehen und kann sogar in einer politischen Union gipfeln: Lex Europea!

Die Alternative der Schauspiel- und Spielverweigerung bedeutet, dass ein jeder in seine geopolitisch-kulturelle Nische zurückkehrt. Doch heißt dies, auf Synergien und Gewinnchancen im europäischen Spiel zu verzichten und insgesamt auf ein geringeres Niveau des partikularistischen Daseins zurückzukehren. Aber diese bescheidenere, aber als freier von universalistischer Bevormundung empfundene politische Option hat für manche Nostalgiker, wie z. B. die Briten, zweifellos einen gewissen Charme, den man auf Grund ihrer verständlichen Vergangenheitsorientierung nicht leugnen kann, insbesondere angesichts der heutigen Komplexität der Welt. Und die einseitige partikularistische Option verspricht eine gewisse Vereinfachung dieser Komplexität.

Die Lösung europäischer zyklischer Krisen erfordert stets aufs Neue die Integration des UN-PA Dilemmas in der Gestalt einer kreativen Synergieformel. Darin besteht die Zukunft Europas.

Schließlich wird das Schauspiel der EU UN-PA Dilemmalösung in Wechselwirkung mit anderen Regionalintegrationen solange zu lösen sein, bis die Einheit der Menschheit erreicht sein wird. Die Quadratur individueller und gemeinschaftlicher Interessen ist und bleibt der Schlüssel zur sozialen Koexistenz der Menschheit aller Zeiten. Dieser Sachverhalt mündet über seine technischen Aspekte hinaus in die Ethik und die Ethik ist eine Bezugnahme auf eine transzendente Rechenschaftspflichtigkeit des Menschen hinsichtlich der Dilemmalösung.

Und die ultimative Integration von Einheit und Diversität besteht im Schöpfer. Da er die Lösung dieses Dilemmas in Person ist, ist sein Ebenbild letztendlich auch mit dieser Anlage ausgestattet. Die Wiederentdeckung dieser Realität ist die eigentliche Mystik von Einheit und Diversität. Und diese Realität bildet das Fundament der europäischen Identität, die also als Dilemmalösung angelegt ist. Sie ist die Quelle der erforderlichen Dilemmalösung in vielfältigen Gestalten, sowie auch der Kontinuität der europäischen Einheit in der Diversität. Die kulturelle Identität der europäischen christlichen Tradition ist eine Befähigung zur Dilemmalösung höchster Legitimation und im höchsten Auftrag. Und wenn man die UN-PA Natur der Dinge der Schöpfung durch den Schöpfer erkennt, dann ist diese Erkenntnis der Natur der Dinge bereits die Lösung dessen, was der Mensch als Dilemma wahrnimmt, solange der nicht die tiefere Natur der Dinge erkennt.

[...]

Final del extracto de 35 páginas

Detalles

Título
Nationale und supranationale Dynamiken in Europa
Curso
Europapolitik
Autor
Año
2013
Páginas
35
No. de catálogo
V210303
ISBN (Ebook)
9783656381761
ISBN (Libro)
9783656566519
Tamaño de fichero
541 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Integrationspolitik, Geschichte der EU, Europäische Integration, Lex Romana, Karl der Große, Habsburger, Schumann, Gaspari, Hallstein, Marjolain, Raymond Barre, Nobelpreisträger der Wirtschaftswissenschaften, kulturelles Kapital Europas, europäische Gemeinschaften, Tindemans
Citar trabajo
D.E.A./UNIV. PARIS I Gebhard Deißler (Autor), 2013, Nationale und supranationale Dynamiken in Europa, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/210303

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