Gesundheitliche Ungleichheiten bei Kindern und Jugendlichen in der Nachkriegszeit


Dossier / Travail, 2012

18 Pages, Note: 2,1


Extrait


Inhalt

1. Einleitung

2. Gesundheitssysteme und soziale Lage in der Nachkriegszeit
2.1. Deutschland
2.2. Russland

3. Interview mit Zeitzeugen
3.1. Warum ein narratives Interview?
3.2. Vorbereitung der Interviews
3.3. Interview mit deutschem Flüchtling aus Ostpreußen
3.4. Interview mit russischem Bürger

4. Vergleich der beiden Interviews – Bilanzierungsphase

5. Schlussbetrachtung

Quellenangaben

1. Einleitung

Im Rahmen dieser Hausarbeit sollen die gesundheitlichen Ungleichheiten bei Kindern und Jugendlichen in der Nachkriegszeit von ca. 1945 bis 1955, untersucht und dargestellt werden. Die Gesundheitssysteme von Deutschland und von Russland werden erläutert und es wird anhand von Interviews mit Zeitzeugen die damalige gesundheitliche und soziale Lage dargestellt.

Um die gesundheitlichen und auch sozialen Ungleichheiten objektiv diskutieren zu können, müssen zuerst die Grundlagen des Gesundheitssystems von damals und heute bekannt sein. Diese werden im zweiten Kapitel ausführlich erläutert und die Unterschiede der Systeme werden herausgestellt. Des Weiteren werden die konkreten Lebensbedingungen von Kindern und Jugendlichen beschrieben.

Anschließend werden zwei Interviews mit Zeitzeugen aus der damaligen Zeit durchgeführt. Das erste Interview beschäftigt sich mit einem Flüchtling aus Ostpreußen. Die Eindrücke, die dadurch wiedergegeben werden, zeigen sehr deutlich, wie die Zustände in dieser Zeit in Deutschland waren. Das zweite Interview wird mit einem russischen Bürger durchgeführt, der während des Krieges geboren wurde und in der Nachkriegszeit aufgewachsen ist. Es wird somit eine ganz andere Seite der Nachkriegszeit dargestellt und gezeigt wie die gesundheitliche Lage in der Sowjetunion war.

Im vierten Kapitel werden die beiden Interviews vergleichen und Gemeinsamkeiten bzw. Gegensätze herausgestellt. Es werden dabei vor allem die Parallelen, die es bei der gesundheitlichen Lage beider Länder gab, dargestellt. Obwohl Deutschland den Krieg verloren und Russland gewonnen hatte, sind die Probleme doch sehr ähnlich und lassen interessante Schlussfolgerungen zu.

Abschließend werden die erarbeiteten Daten und Fakten nochmals zusammengefasst und Schlussfolgerungen zur gesundheitlichen und sozialen Lage beider Länder gezogen.

2. Gesundheitssysteme und soziale Lage in der Nachkriegszeit

Das deutsche Gesundheitssystem nach dem zweiten Weltkrieg, war von dem heutigen grundverschieden und hat sich im Laufe der letzten 60 Jahre stark verändert. Auch das System in Russland bzw. der damaligen Sowjetunion hatte gegenüber dem deutschen große Unterschiede. Diese gravierenden Unterschiede dieser beiden Länder werden im Folgenden im Detail erläutert. Im Vorfeld ist es jedoch hilfreich, den Begriff der „Gesundheit“ zu verstehen und die Bedeutung genau zu definieren. Folgend ist eine Beschreibung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zum Begriff „Gesundheit“:

„Gesundheit ist der Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur des Freiseins von Krankheit und Gebrechen. Sich des bestmöglichen Gesundheitszustands zu erfreuen, ist eines der Grundrechte jedes Menschen, ohne Unterschied der Rasse, der Religion, der politischen Überzeugung, der wirtschaftlichen oder sozialen Stellung.“[1]

Die Definition der Weltgesundheitsorganisation zeigt also eindeutig, dass der Begriff „Gesundheit“ nicht nur bedeutet, dass man nicht krank ist. Es verdeutlicht, dass viele Faktoren dazu beitragen müssen, damit ein Mensch als gesund bezeichnet werden kann. Hierzu zählen unter anderem der soziale Status, das allgemeine Wohlbefinden, der psychische bzw. geistige Zustand und die weiteren Entwicklungsmöglichkeiten.

2.1. Deutschland

In der Nachkriegszeit existierte in Deutschland kein richtiges Gesundheitssystem mehr. Das Land war zum Großteil so zerstört, dass die Infrastruktur kaum nutzbar war und das vormals sehr gut funktionierende System aus der Zeit der Nationalsozialisten nicht mehr verfügbar war. Dieser Missstand wurde jedoch erkannt und die Siegermächte, allen voran die USA, starteten einige Modernisierungsersuche, um das Gesundheitssystem auf einen höheren Standard zu bekommen. So wurde vor allem von den Amerikanern das sogenannte Public Health vorangetrieben. Um das Gesundheitssystem möglichst schnell aufzubauen, musste eng mit den verbliebenen deutschen Verwaltungsstellen zusammengearbeitet werden, was eine Entnazifizierung der deutschen Ärzte zum Großteil verhinderte. Da es kein Gesundheitsministerium gab, verzögerte sich jedoch die Modernisierung sehr stark und die Amerikaner nahmen diese Verantwortung wieder zu sich und gründeten ein eigenes Ministerium für Gesundheit. Dies war der Anfang der gesetzlichen Krankenversicherung.

Die Lebenssituation nach dem zweiten Weltkrieg war sehr prekär. Es bestand fast keine Infrastruktur mehr und der Großteil der Wohnungen war zerstört oder zumindest so stark beschädigt, dass sie unbewohnbar waren. Dadurch, dass viele Männer noch in Kriegsgefangenschaft waren, war die Versorgung der Familie oft allein Frauensache. Die Nahrungsmittel waren knapp, was auch die Aussage einer Zeitzeugin wiederspiegelt.

„Während des Krieges gab es eine einigermaßen gesicherte Versorgung, aber Bombenangriff; nach Kriegsende gab es zwar keine Bombenangriffe mehr, aber auch kein Essen.“[2]

Durch die unzureichende Lebensmittelversorgung, ist die gesundheitliche Lage der Menschen, also auch der Kinder und Jugendlichen, sehr schlecht gewesen. Frisches Obst war so gut wie nicht vorhanden und wenn, dann nur für verhältnismäßig viel Geld, was sich die meisten nicht leisten konnten. Eine gute und vor allem ausreichende Ernährung hängt jedoch unmittelbar mit einer guten Gesundheit zusammen. Der chronische Hungerzustand führte dann unweigerlich zu großen gesundheitlichen Problemen, was bei vielen Kindern zu einer Unterernährung führte. Aufgrund vieler unterernährter Kinder, kamen Krankheiten wie z.B. Tuberkulose wieder zum Vorschein und selbst vermeintlich harmlose Krankheiten wie einfache Erkältungen wurden den Menschen zum Verhängnis, da die medizinische Versorgung mangelhaft war und geeignete Medikamente nur teuer zu kaufen waren.

Auch die Erziehung und das soziale Verhältnis zu den Kindern ist dadurch stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Die Frauen waren ständig unterwegs, um Lebensmittel zu organisieren. Sei es im Wald um Beeren und Pilze zu sammeln, oder beim Tauschen von Waren bei den umliegenden Landwirten. Da viele Väter im Krieg gefallen waren oder in Gefangenschaft geraten sind, waren die Kinder in dieser Zeit oft alleine und die Erziehung musste darunter leiden, was für die eigene Entwicklung nicht förderlich war. Für Kinder kann es sehr oft zu einer psychischen Belastung kommen, wenn sie ohne Vater aufwachsen, was auch zahlreiche Studien zeigen. So kam eine Studie zu dem Ergebnis, dass „der statistisch bedeutsame und im Verlauf sogar noch deutlicher werdende Zusammenhang zwischen Anwesenheit bzw. Fehlen des Vaters in den prägungssensiblen ersten sechs kindlichen Entwicklungsjahren und der im späteren Leben bestehenden psychogenen Beeinträchtigung“ [3]. Dies bestätigt die schwere soziale Lage von Kindern und Jugendlichen in dieser Zeit.

2.2. Russland

Die Lage in Russland war ähnlich prekär und die Menschen mussten sich mit vergleichbaren Problemen befassen. Unmittelbar nach dem zweiten Weltkrieg war ein Trend zu einer erhöhten Sterblichkeit von Kindern im Jugendlichen im mittleren Alter erkennbar. Auch die Sterblichkeit direkt nach der Geburt war 1950 mit knapp 9 % sehr hoch[4]. Dieser Wert wurde jedoch im Laufe der Jahre immer geringer, durch die sich stetig verbesserte Gesundheitslage. Dies lässt sich durch den Krieg und seine Folgen erklären. Die Gründe waren anstrengende Arbeiten, körperliche und nervliche Anspannung, unzureichende und unausgewogene Ernährung und schlechte Wohnverhältnisse.

Die sehr stark ausgeprägte Hungersnot nach dem Krieg führte zu einer deutlichen Verschlechterung der gesundheitlichen Lage und zu einer Erhöhung der Sterblichkeit in allen Altersklassen, vor allem aber bei Kindern. In vielen Gebieten von Russland war die Lage sehr ernst. Vor allem in starken Wirtschaftsregionen wurde auf Grund der schlechten Versorgung teilweise ein negatives Bevölkerungswachstum festgestellt. Der Wunsch nach Kindern konnte aufgrund dessen oft nicht erfüllt werden.

Die allgemeine gesundheitliche Lage war in den Jahren nach dem Krieg sehr schlecht, da es an ausreichenden und geeigneten Medikamenten fehlte. In abgelegenen Orten dauerte es oft sehr lange, bis neue Medikamente geliefert wurden. Die anhaltende Luftverschmutzung, der Mangel an geeigneter Nahrung, Treibstoffmangel und unhygienische Lebensbedingungen trugen sehr zur Ausbreitung von Erkrankungen bei. Weit verbreitete Krankheiten waren das blockieren der Atemwege, chronische Bronchitis, und schließlich Tuberkulose, die zu dieser Zeit oft zum Tode geführt hat, da geeignete Medikamente nicht für alle vorhanden waren, oder nicht rechtzeitig organisiert werden konnten.

Der Zustand der Bevölkerung in Bezug auf Lungentuberkulose nach dem Zweiten Weltkrieg war so ernst, dass in den Jahren 1947-1948 der UdSSR-Ministerrat und das Ministerium für Gesundheit bestimmte Anti- Tuberkulose-Maßnahmen eingeleitet haben[5]. Viele Fieberarten wie Malaria und immer häufiger Typhus sind ausgebrochen. Häufige war die Todesursache auch Krebs und Erkrankungen der inneren Organe. Die meisten Krankheiten waren jedoch eine direkte Folge des weit verbreiteten Hungers. Dies waren unter anderem Verdauungsstörungen und Durchfall, was auch auf verdorbene Nahrungsmittel zurückzuführen ist. Diese normalerweise nicht als Riskant eingestuften Krankheiten, waren auf Grund der Lebensbedingungen, trotzdem oft.

[...]


[1] Verfassung der Weltgesundheitsorganisation 1946; http://www.admin.ch/ch/d/sr/i8/0.810.1.de.pdf; 01.03.2012

[2] Sibylle Meyer / Eva Schulze, Wie wir das alles geschafft haben. Alleinstehende Frauen berichten über ihr Leben nach 1945, C.H. Beck Verlag,

[3] Internet, Väter für Kinder; http://www.vaeterfuerkinder.de/franz.htm; 06.01.2012

[4] Internet, doktor-lib.com; Здоровье населения России в XX веке / Gesundheit der Bevölkerung Russlands in den XX Jahrhunderts; http://doktor-lib.com/book/362-zdorove-naseleniya-rossii-v-xx-veke/26-poslevoennyj-period.html; 05.03.2012

[5] Internet, http://demoscope.ru, Жизненный потенциал послевоенных поколений россиян. Научный семинар Института демографии / Das Leben der Nachkriegs-Generationen von Russen. Wissenschaftliches Seminar des Instituts für Demographie; http://demoscope.ru/weekly/2010/0443/nauka03.php; 05.03.2012

Fin de l'extrait de 18 pages

Résumé des informations

Titre
Gesundheitliche Ungleichheiten bei Kindern und Jugendlichen in der Nachkriegszeit
Université
LMU Munich
Note
2,1
Auteur
Année
2012
Pages
18
N° de catalogue
V210643
ISBN (ebook)
9783656381372
ISBN (Livre)
9783656382119
Taille d'un fichier
550 KB
Langue
allemand
Mots clés
Gesundheitliche Ungleichheiten, Kinder, Jugendliche, Nachkriegszeit, 2. Weltkrieg
Citation du texte
Torsten Müller (Auteur), 2012, Gesundheitliche Ungleichheiten bei Kindern und Jugendlichen in der Nachkriegszeit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/210643

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