Das Modell der deutschen zweiphasigen Lehrerausbildung: Kritik und Reformansätze

Die Positionen der Berufsschullehrerverbände, der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft und der Sektion Berufs- und Wirtschaftspädagogik


Dossier / Travail de Séminaire, 2003

24 Pages, Note: 2,0-


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1 Einführung

2 Ausgangslage
2.1 Aktuelle Struktur der Lehrerausbildung in Deutschland
2.1.1 Allgemeines
2.1.2 Die erste Phase der Lehrerbildung: Universität
2.1.2.1 Etablierte Studiengangmodelle
2.1.2.2. Merkmale dieser Studiengangmodelle
2.1.2.3 Vorzüge des Diplom-Modells
2.1.3 Die zweite Phase der Lehrerbildung: Der Vorbereitungsdienst
2.2 Probleme/Kritik an der gegenwärtigen Situation
2.2.1 Attraktivitätsprobleme und Nachwuchsmangel
2.2.2 Universitätsstruktur und Lehrangebote
2.2.3 Mangelhafter Ausbau der Fachdidaktiken
2.2.4 Missverhältnis zwischen Theorie und Praxis
2.2.5 Polyvalenz: Zielkonflikt
2.2.6 Qualitätsmangel bei Quer- und Seiteneinsteigerprogrammen
2.2.7 Problematische Veränderungen der Studienstruktur
2.2.8 Probleme in der zweiten Phase der Lehrerbildung

3 Reformansätze: Die Positionen von BLBS, VLW, der Sektion BWP sowie der GEW
3.1 Struktur und Organisation der Ausbildung
3.1.1 Maßstab für Reformvorhaben: etablierte Studiengangsmodelle
3.1.2 Veränderung der Studienstruktur: Einführung neuer Studiengangmodelle
3.1.3 Festhalten an universitärer Ausbildung
3.1.4 Konzentration der Standorte
3.2 Inhaltliche Gestaltung des Studiums
3.2.1 Ausbau der Fachdidaktiken sowie Verzahnung von Theorie und Praxis
3.2.2 Entwicklung eines Kerncurriculums zur Sicherung der Oualität der pädagogischen und didaktischen Ausbildung der zukünftigen Lehrkräfte
3.3 Nachqualifizierung von Seiteneinsteigern: Wahrung der Qualitätsstandards
3.4 Maßnahmen zur Attraktivitätssteigerung und zur Sicherung des Nachwuchses

4 Resümee

Literaturverzeichnis

1 Einführung

Die vorliegenden Ausführungen beschäftigen sich mit der deutschen zweiphasigen Lehrerausbildung. Dabei steht die Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern für das berufliche Schulwesen im Mittelpunkt. Anfänglich wird die aktuelle Situation beschrieben. „Da es als erwiesen gilt, daß die Kompetenzen und Qualifikationen von Lehrenden große Bedeutung haben für die personalen Entwicklungsmöglichkeiten der Lernenden resultiert aus der Kritik an der Schule die Kritik an der Lehrerarbeit, die ausgeweitet wird zur Kritik an der Lehrerbildung.“[1] Die Ausgangslage wird anhand der grundlegenden, für die künftige Ausgestaltung bedeutsamen strukturellen Bedingungen und Problemlagen dargestellt. Im Anschluss daran werden, wenngleich die Verbesserungsvorschläge in beinahe jede denkbare Richtung weisen, die Positionen der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), der Berufsschullehrerverbände sowie der Sektion Berufs- und Wirtschaftspädagogik (BWP) zu Reformansätzen erläutert. Aufgrund der umfangreichen Erfahrungen der Berufs- und Wirtschaftspädagogen aus ihrer wissenschaftlichen Arbeit in der universitären Berufsschullehrerbildung, haben die Stellungnahmen der Sektion BWP zur Berufsschullehrerbildung nicht nur in der vorliegenden Arbeit, sondern auch „im politischen Raum einiges Gewicht.“[2]

2 Ausgangslage

2.1 Aktuelle Struktur der Lehrerausbildung in Deutschland

2.1.1 Allgemeines

Innerhalb Deutschlands existieren sehr facettenreiche Ausbildungsvarianten. Sie reichen von reinen Lehrerbildungsmodellen, d. h. adressatenspezifische fachwissenschaftliche und –didaktische Ausbildung, über Mischformen zu engen Anlehnungen an korrespondierende Fachwissenschaften ohne Fachdidaktik.[3]

Die BRD verfügt, verglichen mit dem europäischen Ausland, über eines der anspruchsvollsten Lehrerausbildungssysteme bezüglich der Kriterien der Dauer der Ausbildung, der institutionellen Einbettung und der Regulationsdichte im administrativen Sinne. Allerdings erreicht das Verhältnis der Betreuung zwischen Lehrenden und Studierenden nicht den Standard der anderen Länder. Die Lehrerausbildung ist sehr stark mit den Strukturen des Schulsystems, insbesondere der länderspezifischen Systeme, sowie mit der staatlichen Bildungsverwaltung verbunden. Wenngleich gewisse Grundstrukturen und –probleme der Lehrerbildung länderübergreifend anzutreffen sind, so hat die föderale Ordnung verschiedene Formen, Bezeichnungen und Modalitäten entwickelt.[4]

2.1.2 Die erste Phase der Lehrerbildung: Universität

2.1.2.1 Etablierte Studiengangmodelle

Die Lehrerausbildung in Deutschland ist gekennzeichnet durch eine Gliederung in zwei Abschnitte. Die erste, universitäre Phase steht im Kontext der Wissenschaft. Sie findet als eine Kombination von fachwissenschaftlicher, -didaktischer, erziehungswissenschaftlich-schulpädagogischer Ausbildung statt, ergänzt um schulpraktische Anteile. Die Studierenden erhalten eine wissenschaftliche Basis in (in der Regel) zwei Fächern, dabei kommt es bereits mehr oder weniger zu einer Reflexion des späteren Berufsfeldes und seiner Probleme.[5]

Im Bereich der Wirtschaftspädagogik existieren polyvalente Studiengänge. Die Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern für das berufsbildende Schulwesen, bei welcher sich die zu erlangende Lehrbefähigung auf alle Schulformen des berufsbildenden Schulwesens erstreckt, wird aktuell durch zwei grundlegende Studiengangmodelle realisiert, die sich in zentralen Merkmalen gleichen. Dies sind einerseits Studiengänge, die entsprechend der Rahmenvereinbarung der KMK von 1995 zu einem Staatsexamen führen und andererseits jene, die mit einer Diplomprüfung, also einer Hochschulprüfung enden. Letztere beruhen auf der gemeinsamen Rahmenordnung der KMK und der HRK von 1999 für die Diplomprüfung im Studiengang Wirtschaftspädagogik.[6] „Betrachtet man beide Studiengangmodelle – Diplomstudiengang auf der einen Seite und Staatsexamensstudiengang auf der anderen – unter dem quantitativen Aspekt, so ist festzustellen, dass Staatsexamensstudiengänge insbesondere bei der Ausbildung der Gewerbelehrer dominieren. ... Die Handelslehrerinnen und Handelslehrer werden dagegen überwiegend nach dem Diplomkonzept ausgebildet.“[7] Im Bereich der Wirtschaftspädagogik handelt es sich überwiegend um Diplomstudiengänge, die an den wirtschaftswissenschaftlichen Fakultäten angesiedelt sind. Berufs- und wirtschaftspädagogische Studiengangmodelle werden derzeit an knapp 50 Universitäten und Technischen Universitäten angeboten.[8]

2.1.2.2 Merkmale dieser Studiengangmodelle

Bei beiden Studiengangsmodellen ist die Ausbildung in zwei Phasen (Studium und Referendariat) gegliedert, wobei für Studierende ohne abgeschlossene Berufsausbildung bis zum Beginn des Vorbereitungsdienstes eine mindestens einjährige Praxisphase in Betrieben oder der öffentlichen Verwaltung vorgesehen ist. Die Regelstudienzeit beider Studiengänge beträgt neun Semester bei 160 Semesterwochenstunden (SWS). Weiterhin sind zwei Fächer zu studieren, allerdings nicht im gleichen Umfang. Die berufliche Fachrichtung, die als wissenschaftliche Bezugsdisziplin für den berufsfachlichen Unterricht in einem Berufsfeld fungiert, nimmt die dominante Position ein. Auf die berufliche Fachrichtung entfallen derzeit ca. 80 SWS bzw. ca. 70, zur Auswahl stehen derzeit 16 Fachrichtungen. Während in den 80 SWS ein Anteil für das Studium der Didaktik der beruflichen Fachrichtung enthalten ist, wird dieser Anteil bei der Variante mit 70 SWS in das berufs- und wirtschaftspädagogische Studium integriert. Auf den Wahlpflichtbereich, bei dem es sich um das zweite Fach, das allgemeine Unterrichtsfach handelt, entfallen 50 SWS. Dieses zweite Fach kann in engem Zusammenhang zur beruflichen Fachrichtung stehen, es kann eine mittlere Affinität oder auch keinerlei Ähnlichkeiten zur beruflichen Fachrichtung aufweisen. Durch das grundständige Studium der Berufs- und Wirtschaftspädagogik erfolgt der erziehungswissenschaftliche Teil der Ausbildung im Umfang von ca. 40 bzw. ca. 30 SWS.[9] Bei dem Diplommodell sind für den Bereich der Wirtschaftspädagogik zwei Studienmöglichkeiten vorgesehen. Während der Studienrichtung I eine starke wirtschaftswissenschaftliche Orientierung zukommt, wird dieser wirtschaftswissenschaftliche Teil bei der Studienrichtung II reduziert zugunsten eines allgemeinen Schulfaches, d. h. eines nicht wirtschaftswissenschaftlichen Zweitfaches. Beide Studienrichtungen des Diplommodells gliedern sich in ein Grundstudium mit Diplomvorprüfung nach dem 4. Semester und ein Hauptstudium von 5 Semestern. Das Diplommodell ist für den Bereich der Wirtschaftspädagogik auf Bundesebene geregelt, für den gewerblich-technischen Bereich bestehen ausschließlich Landesregelungen. „Aus Sicht von BLBS[10], VLW[11] und der Sektion Berufs- und Wirtschaftspädagogik haben sich diese beiden Studiengangsmodelle grundsätzlich bewährt.“[12]

2.1.2.3 Vorzüge des Diplom-Modells

Aus Sicht der eben erwähnten Verbände weist das Diplommodell im Gegensatz zum Staatsexamensmodell deutliche Vorteile auf und ist daher wesentlich attraktiver. Zum Einen ermöglicht die Polyvalenz dieses Studiums den Absolventen, auch eine Tätigkeit außerhalb des öffentlichen berufsbildenden Schulwesens aufzunehmen, beispielsweise im Bereich der betrieblichen Aus- und Weiterbildung, der Bildungsverwaltung und –beratung oder der außerschulischen Erwachsenenbildung. Die größere Nähe zu den fachwissenschaftlichen Bezugsdisziplinen stellt einen weiteren Vorteil dar, da hierdurch die notwendige inhaltliche Qualifizierung sichergestellt wird. Hinzu kommt eine hohe und schnelle Anpassungsfähigkeit dieses Modells an bildungspolitische Veränderungen. Nicht zuletzt findet es bei den Abnehmern der so ausgebildeten Lehrkräfte höchste Anerkennung und wird auch von den Studierenden bestens akzeptiert.[13]

[...]


[1] BMBF/Bundesministerium für Bildung und Forschung (Hrsg.): Konzepte zur Berufsschullehrerbildung. Siegen 2001, S. 1.

[2] BMBF, 2001, S. 69.

[3] vgl. GEW/Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft: Die Ausbildung von Berufsschullehrern und –lehrerinnen. Ein Diskussionspapier der GEW. Frankfurt a. M. 2002, S. 6f; vgl. GEW/Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft: Positionspapier der GEW zur Gestaltung der Lehrerausbildung für berufliche Schulen. Frankfurt a. M. 2001, S. 1.

[4] vgl. Terhart, Ewald (Hrsg.): Perspektiven der Lehrerbildung in Deutschland. Abschlussbericht der von der Kultusministerkonferenz eingesetzten Kommission. Weinheim, Basel 2000, S. 24.

[5] vgl. Merkens, Hans: Lehrerbildung in der Diskussion. Kriterien und Eckpunkte für eine Neuordnung. IN: Merkens, Hans (Hrsg.): Lehrerbildung in der Diskussion. Schriften der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaften. Opladen 2003, S. 16; vgl. Terhart 2000, S. 23.

[6] vgl. Reinisch, Holger: Berufs- und Wirtschaftspädagogik in der Lehrerbildung. IN: Merkens, Hans (Hrsg.): Lehrerbildung in der Diskussion. Schriften der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaften. Opladen 2003, S. 39; vgl. John 2002, S. 1f.

[7] John, Ernst G.: Verbandspolitische Positionen. Studiengangmodelle. (Beitrag auf dem Lehrerbildungskongress von BLBS, VLW und der Sektion BWP der DGfE „Lehrerbildung für berufliche Schulen zwischen Qualität und Quantität“ am 29. November 2002 in Bonn), S. 2.

[8] vgl.. Reinisch, 2003, S. 46.

[9] vgl. Reinisch 2003, S. 40ff, vgl. John 2002, S. 2.

[10] BLBS: Bundesverband der Lehrerinnen und Lehrer an beruflichen Schulen e. V.

[11] VLW: Bundesverband der Lehrerinnen und Lehrer an Wirtschaftsschulen e. V.

[12] John, 2002, S. 2.

[13] vgl. John, 2002, S. 3.

Fin de l'extrait de 24 pages

Résumé des informations

Titre
Das Modell der deutschen zweiphasigen Lehrerausbildung: Kritik und Reformansätze
Sous-titre
Die Positionen der Berufsschullehrerverbände, der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft und der Sektion Berufs- und Wirtschaftspädagogik
Université
http://www.uni-jena.de/  (Wirtschaftspädagogik)
Cours
Wirtschaftspädagogisches Hauptseminar
Note
2,0-
Auteur
Année
2003
Pages
24
N° de catalogue
V21115
ISBN (ebook)
9783638248099
ISBN (Livre)
9783638728300
Taille d'un fichier
461 KB
Langue
allemand
Annotations
Wirtschaftspädagogisches Hauptseminar im SS 03
Mots clés
Modell, Lehrerausbildung, Kritik, Reformansätze, Wirtschaftspädagogisches, Hauptseminar
Citation du texte
Anett Grießer (Auteur), 2003, Das Modell der deutschen zweiphasigen Lehrerausbildung: Kritik und Reformansätze, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/21115

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