Der Aufstieg der Volksrepublik China zu einem immer einflussreicheren Akteur in Afrika fand in den letzten Jahren viel Beachtung in Politik, Medien und Wissenschaft. Nicht umsonst: Schließlich hat Beijing die Afrikapolitik im beginnenden 21. Jahrhundert öffentlichkeitswirksam zu einem der Schwerpunkte seiner Außenpolitik gemacht, wie die zahlreichen hochrangigen Treffen und die intensive Reisediplomatie chinesischer Politiker in Sub-Sahara-Afrika unterstreichen.
Gleichzeitig darf bei der oft dramatisch aufgeladenen Diskussion über China als aufsteigenden Geberstaat nicht vergessen werden, dass das Land selbst noch vor kurzer Zeit zu den am wenigsten entwickelten Ländern der Welt zählte und auch heute noch mit zahlreichen grundlegenden Entwicklungsproblemen konfrontiert ist. Auch wenn die weitverbreitete Selbstdarstellung Chinas als „größtes Entwicklungsland der Welt“ in erster Linie politischen Zwecken dienen mag, so besteht kein Zweifel, dass die ‚Entwicklungspolitik im eigenen Land‘ noch über Jahrzehnte hinweg eine wichtige Rolle für die Volksrepublik spielen wird.
Um auch angesichts der intransparenten Entscheidungsstrukturen innerhalb der chinesischen Führung eingehendere Erkenntnisse über die Prinzipien chinesischer Entwicklungspolitik im 21. Jahrhundert zu gewinnen, kann daher ein Vergleich zwischen der 'internen Entwicklungsstrategie' mit Blick auf die wirtschaftlich noch weit weniger entwickelten Westregionen Chinas und der 'externen Strategie' hinsichtlich der chinesisch-afrikanischen Zusammenarbeit sehr aufschlussreich sein.
Nach einem kurzen Abriss der historischen Entwicklung beider Strategien werden in dieser Arbeit die beiden aktuellen Strategien einem systematischen Vergleich anhand ihrer Motive und Zielsetzungen, zentraler Instrumente und Methoden, der politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sowie ihrer jeweiligen Konsequenzen und Probleme unterzogen, wobei die teilweise erstaunlichen Gemeinsamkeiten ebenso wie die grundlegenden Unterschiede zwischen der internen und externen Entwicklungspolitik Chinas herausgearbeitet werden. Von dieser vergleichenden Analyse ausgehend wird abschließend die Hypothese diskutiert, ob beiden Strategien ein gemeinsames „chinesisches Entwicklungsparadigma“ zugrunde liegt, das es erlaubt, von einem neuen „Beijing Consensus“ (Ramo 2004) als Gegenmodell zum westlichen Entwicklungsparadigma zu sprechen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1 Chinas Engagement in Afrika – Die schwierige Suche nach einer realistischen Einschätzung
- 1.1 Überblick über die Entwicklung der chinesischen Zusammenarbeit mit Afrika
- 1.2 Die chinesische Entwicklungszusammenarbeit mit Afrika: Wahrnehmungen und Realitäten
- 2 Chinas westliche Provinzen -Aussicht auf nachholende Entwicklung?
- 2.1 Ausgangssituation und wirtschaftliche Entwicklung Chinas seit 1978
- 2.2 Wachsende regionale Ungleichheiten als Kehrseite der chinesischen Entwicklung
- 3 Vergleich der internen und externen Entwicklungspolitik Chinas
- 3.1 Die wesentlichen Motive und Zielsetzungen der, Going-out-Strategy' und der, Western Development Strategy' im Vergleich
- 3.2 Methoden und Instrumente der Entwicklungspolitik
- 3.2.1 Infrastrukturprojekte als strategisches Kernelement
- 3.2.2 Förderung von Investitionen und wirtschaftlichem Austausch
- 3.2.3 Die sicherheitspolitische Komponente der Entwicklungsstrategien
- 3.3 Vergleich der politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen
- 3.3.1 Die Möglichkeiten der politischen Einflussnahme durch die Zentralregierung
- 3.3.2 Politische und wirtschaftliche Konkurrenz zu anderen Gebern und Investoren
- 3.4 Konsequenzen und Probleme der chinesischen Entwicklungspolitik im Vergleich
- 4 Unterschiedlicher Kontext - gleiches Entwicklungsparadigma?
- Schlussbemerkung: Welche Folgerungen für die künftige chinesische Entwicklungszusammenarbeit?
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die interne und externe Entwicklungspolitik Chinas, indem sie die "Western Development Strategy" und die "Going-Out-Strategy" im Kontext der chinesisch-afrikanischen Zusammenarbeit miteinander vergleicht. Ziel ist es, die Motive und Leitprinzipien chinesischer Entwicklungspolitik im 21. Jahrhundert zu analysieren und zu erörtern, ob von einem generellen "chinesischen Entwicklungsparadigma" gesprochen werden kann.
- Entwicklung der chinesisch-afrikanischen Zusammenarbeit
- Analyse der "Western Development Strategy"
- Vergleich der "Going-Out-Strategy" mit der "Western Development Strategy"
- Untersuchung von Gemeinsamkeiten und Unterschieden in der internen und externen Entwicklungspolitik Chinas
- Diskussion des "Beijing Consensus" als mögliches Gegenmodell zum "Washington Consensus"
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel gibt einen Überblick über die Entwicklung der chinesisch-afrikanischen Zusammenarbeit, mit besonderem Augenmerk auf die Motive des chinesischen Engagements. Das zweite Kapitel behandelt die politökonomische Entwicklung der westlichen Provinzen Chinas und untersucht die Frage nach der jüngeren Entwicklung der regionalen Ungleichheiten. Das dritte Kapitel vergleicht die "Western Development Strategy" und die "Going-Out-Strategy" anhand ihrer Motive und Zielsetzungen, zentraler Instrumente und Methoden, der politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sowie ihrer jeweiligen Konsequenzen und Probleme. Das vierte Kapitel diskutiert, ob beiden Strategien ein gemeinsames "chinesisches Entwicklungsparadigma" zugrunde liegt.
Schlüsselwörter
Chinesische Entwicklungspolitik, "Western Development Strategy", "Going-Out-Strategy", China-Afrika-Beziehungen, regionale Ungleichheiten, "Beijing Consensus", "Washington Consensus", Entwicklungsparadigma
- Quote paper
- Bertram Lang (Author), 2012, Chinas interne und externe Entwicklungspolitik, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/211215