Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Grundlagen
2.1. Bilanzpolitik
2.2. Aufgaben des Regelwerkes
2.3. Bedeutung von IAS 36
3. Beschreibung einer Wertaufholung
3.1. Wertaufholung bei einem einzelnen Vermögenswert
3.2. Wertaufholung für eine zahlungsmittelgenerierende Einheit
3.3. Wertaufholung für einen Geschäfts- oder Firmenwert
4. Gestaltungspotenzial
5. Fazit
1. Einleitung
In dieser Hausarbeit wird darauf eingegangen, ob der IAS 36 ein bilanzpolitisches Gestaltungspotenzial enthält und in welchem Umfang dieses gegebenenfalls vorhanden ist. Im ersten Teilbereich der Arbeit wird auf die Grundlagen der Bilanzpolitik sowie deren Unterteilungen eingegangen. Weiterhin wird allgemein die Bedeutung des durch das International Accounting Standard Board (IASB) entwickelte IFRS-Regelwerk sowie im Speziellen die des IAS 36 erläutert. Parallel werden in diesem Kapitel Begrifflichkeiten erläutert, die im Zusammenhang mit der Anwendung des IAS 36 benötigt werden.
Im darauf folgenden Teil wird die eigentliche Wertaufholung nach diesem Standard beschrieben. Dafür wird getrennt auf die verschiedenen Verfahrensweisen hinsichtlich der Wertaufholung eingegangen, da sich diese für einen einzelnen Vermögenswert, für eine zahlungsmittelgenerierende Einheit sowie den Geschäfts- oder Firmenwert unterscheiden.
Nach diesen Ausführungen wird im vierten Punkt die Fragestellung aufgegriffen, ob ein Gestaltungspotenzial im IAS 36 vorhanden ist. Falls ja, wird beschrieben, um welches Gestaltungspotenzial es sich dabei handelt. Dafür wird unter Berücksichtigung der tatsächlichen Anwendung in der Praxis exemplarisch auf drei Möglichkeiten der materiellen Bilanzpolitik am Beispiel des IAS 36 eingegangen. Es wird beschrieben, welche Regelungslücken der IAS 36 aufweist und dass der sich daraus ableitende Erklärungsbedarf bislang nicht hinreichend bedient werden kann.
Im letzten Punkt werden die Erkenntnisse dieser Arbeit auf die Fragestellung, welches bilanzpolitisches Gestaltungspotenzial der IAS 36 birgt, zusammengefasst. Mitunter wird darauf hingewiesen, dass das Themenfeld dieses Standards (im Speziellen: der Wertaufholung) hinsichtlich der tatsächlichen Praktikabilität, insbesondere im Rahmen der zahlungsmittelgenerierenden Einheiten, in der Literatur noch nicht hinreichend ergründet ist.
2. Grundlagen
2.1. Bilanzpolitik
Aus verschiedensten Gründen kann es zu einer Verzerrung des tatsächlichen Unternehmensergebnisses beziehungsweise der Werte kommen, die eigentlich in der Bilanz hätten dargestellt werden müssen. Gründe könnten unter anderem die Notwendigkeiten einer künstlichen Verbesserung von Bilanzkennzahlen aufgrund eines absehbaren Unternehmenskaufes sein, um so beispielsweise den Kaufpreis in eine für diese Partei günstigere Richtung zu lenken. Ein zweiter Grund könnte die nötige Kreditaufnahme sein (Verbesserung der Bonität). Die Bilanzpolitik greift auf die Gestaltungsspielräume der Rechnungslegung zurück und zeichnet sich im Allgemeinen dadurch aus, dass durch Bilanzierungs- und Bewertungsmaßnahmen vor und nach dem Bilanzstichtag die Bilanzstruktur, die Liquiditätslage und/oder der Ergebnisausweis beeinflusst werden[1]. Es werden demnach gezielt Jahresabschlusswerte beeinflusst, um die gesetzten Unternehmensziele zu erreichen. Die Grenzen dieser Anpassungen geben die gesetzlichen Rahmenbedingungen des jeweiligen Landes (in Deutschland beispielsweise §264 (2) HGB) vor. Werden Veränderungen über diesen gesetzlichen Rahmen hinaus vorgenommen ändert sich die Begrifflichkeit auf Bilanzmanipulation. Diese beinhaltet die bewussten oder unbewussten Verstöße gegen die definierten Regeln.[2] Bilanzpolitik lässt sich allgemein in formelle und materielle Bilanzpolitik unterteilen. Die formelle Bilanzpolitik befasst sich mit der Struktur, der Gliederung, dem Ausweis und der Erläuterung der Abschlussposten, während bei der materiellen Bilanzpolitik die Beeinflussung des Jahresabschluss-Ergebnisses im Vordergrund steht.[3] Aufgrund der wahrnehmbareren Außenwirkung liegt der Fokus im weiteren Verlauf dieser Arbeit auf der materiellen Bilanzpolitik
Ziele der Bilanzpolitik können finanz-, informations- und pulizitätspolitisch orientiert sein. Zu den finanzpolitischen Zielen zählen die Gewinnmaximierung beziehungsweise die Gewinnminimierung, um beispielsweise zu hohe Gewinne oder Verluste auszugleichen (Ergebnisglättung) und somit auch die Bemessungsgrundlage für die Steuer zu gestalten. Ebenso zählt die Ausschüttungspolitik zu den finanzpolitischen Zielen, die Investoren durch kontinuierliche und möglichst hohe Dividendenzahlung anziehen soll. Die informationspolitischen Ziele sollen externe Bilanzadressaten, wie beispielsweise die bereits oben angesprochenen Banken, positiv hinsichtlich der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens beeinflussen während die publizitätspolitischen Ziele auf den allgemeinen Umgang des Unternehmens mit Informationen abzielen.[4]
2.2. Aufgaben des Regelwerkes
Das Regelwerk des IASB hat die Aufgabe, den Abschlussadressaten unter Berücksichtigung der handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung entscheidungsnützliche Informationen zu vermitteln.[5] Das Regelwerk verfolgt einen dreistufigen Aufbau. Auf der ersten Stufe lassen sich die Einzelstandards einordnen, die die Einzelfragen der Rechnungslegung behandeln. Auf der zweiten Stufe sind die Interpretationen des International Financial Reporting Interpretations Commitee zu den IAS/IFRS angesiedelt, während das Framework die dritte Stufe bildet. Auf dieser sind die Ziele, Anforderungen sowie die Elemente der Rechnungslegung beschrieben.[6]
Der Herausgeber der Standards - das International Accounting Standards Commitee (IASC) - hat das Ziel, länderspezifische Unterschiede hinsichtlich der Jahresabschlüsse durch eine Harmonisierung der Rechnungslegungsstandards sowie der Verfahren hinsichtlich der Aufstellung und Darstellung von Jahresabschlüssen zu verringern.[7]
2.3. Bedeutung von IAS 36
IAS 36 stellt innerhalb der Standards sicher, dass die Informationsfunktion des Jahresabschlusses nicht dadurch beeinträchtigt wird, dass Vermögenswerte im Abschluss unterbewertet abgebildet werden. Es wird das Ziel verfolgt, Verfahren vorzuschreiben, die ein Unternehmen anzuwenden hat, um eine fehlerhafte Bewertung der im Unternehmen gebundenen Vermögenswerte aufzudecken und zu korrigieren. Im Gegensatz zur Wertminderung, die die Risiken abbildet zielt die Wertaufholung auf die Chancen ab, die in einem Vermögenswert gebunden sind.[8] Ist ein Vermögenswert mit einem zu hohen Wert angesetzt (Buchwert übersteigt den erzielbaren Betrag) ist eine Wertminderung zu erfassen. Sollte zu einem späteren Zeitpunkt festgestellt werden, dass der Buchwert kleiner als der zu erzielende Betrag ist und wurde in Vergangenheit eine Wertminderung vorgenommen, so ist grundsätzlich eine erfolgswirksame Wertaufholung zu erfassen.[9]
Nach IAS 36 §2‑5 ist der Standard innerhalb des Regelwerkes auf die Bilanzierung aller Vermögenswerte mit Ausnahme der nachfolgend genannten anzuwenden[10], da für diese eigene Ansatz- und Bewertungsvorschriften existieren[11]:
- Vorräte (IAS 2)
- Vermögenswerte, die aus Fertigungsaufträgen entstehen (IAS 11)
- latente Steueransprüche (IAS 12)
- Vermögenswerte, die aus Leistungen an Arbeitnehmer resultieren (IAS 19)
- finanzielle Vermögenswerte, die in den Anwendungsbereich des IAS 39 fallen
- als Finanzinvestitionen gehaltene Immobilien, die zum beizulegenden Zeitwert bewertet werden (IAS 40)
- mit landwirtschaftlicher Tätigkeit im Zusammenhang stehende biologische Vermögenswerte, die zum beizulegenden Zeitwert abzüglich der Verkaufskosten bewertet werden (IAS 41)
- abgegrenzte Anschaffungskosten und immaterielle Vermögenswerte, die aus den vertraglichen Rechten eines Versicherers aufgrund von Versicherungsverträgen entstehen, und in den Anwendungsbereich von IFRS4 fallen
- langfristige Vermögenswerte (oder Veräußerungsgruppen), die gemäß IFRS 5 als zur Veräußerung gehalten klassifiziert werden
IAS 36 gilt also unter anderem für[12]:
- Grundstücke
- Gebäude
- Maschinen und maschinelle Anlagen
- als Finanzinvestition gehaltene und zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten bewertete Vermögenswerte
- Immaterielle Vermögenswerte
- Geschäfts- oder Firmenwert
- Beteiligungen an Tochterunternehmen, assoziierten Unternehmen und Joint Ventures
- zu Neubewertungsbeträgen bewertete Vermögenswerte gemäß IAS 16 und IAS 38
[...]
[1] vgl. Fischer (2008), S. 131
[2] vgl. Zimmermann (2009), S. 64
[3] vgl. Klingels (2005), S. 15
[4] vgl. Hirschler (2012), S. 129
[5] vgl. Hendler, Zülch (2012), S. XII
[6] vgl. Lüdenbach (2012), S. 48
[7] vgl. IFRS Rahmenkonzept Vorwort
[8] vgl. Kasperzak, Wassermann (2009), S. 128
[9] vgl. IAS 36 § 1
[10] vgl. IAS 36 § 2 - 5
[11] vgl. Bartelheimer, Kückelhaus, Wohlthat (2004), S. 23
[12] vgl. Deloitte & Touche GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (2013)