Friedrich Barbarossa und die Zerstörung Mailands

Warum Rainald von Dassel und ein lombardisches Bündnissystem für die Zerstörung Mailands 1162 mitverantwortlich sind


Hausarbeit, 2012

13 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung:
- Einleitung

Hauptteil:
- Die Vorgeschichte des Konflikts zwischen Mailand und Friedrich I
- Mailands Fall 1162 und die „detitio“
- Rainald von Dassel und sein besonderes Verhältnis zu Mailand
- Die Rolle von Cremona, Lodi und den weiteren Bündnisstädten

Schluss:
- Fazit

Anhang:
- Literaturverzeichnis

Einleitung

Wie ein Leitfaden zieht sich das schwierige Verhältnis zwischen Friedrich I. Barbarossa und Mailand durch das politische Wirken des Kaisers in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts. Mailand stand an der Spitze der hochentwickelten Handelsmetropolen Oberitaliens, die zwar zum deutschen Reich zählten, aber dennoch nach Autonomie strebten. In mehreren Italienzügen versuchte Friedrich I. seine Herrschaft in der Lombardei zu sichern; kriegerische Auseinandersetzungen blieben dabei nicht aus. Neben der verlorenen Schlacht bei Legnano 1176 war die vollkommene Zerstörung Mailands am Ende des zweiten Italienzugs im Jahr 1162 ein einschneidendes Ereignis. Der Kaiser stand auf dem Höhepunkt seiner Macht in Italien und die Mailänder Bevölkerung war vernichtend gedemütigt und zerschlagen worden. Mit jenem Ereignis wird sich diese Arbeit auseinandersetzen. Dabei soll nicht nur die Ereignisgeschichte, der genaue Ablauf der Zerstörung im Vordergrund stehen, sondern auch die Frage, warum es nach der bedingungslosen Kapitulation der Mailänder und dem Unterwerfungsakt in Form einer detitio (mehr dazu auf Seite 6) in Lodi dennoch zur Zerstörung der lombardischen Stadt kam, so dass der Zeitgenosse Acerbus Morena berichtete, dass „nicht der fünfzigste Teil der Stadt übrig geblieben sei?“[1] Dabei werden zwei Aspekte im Mittelpunkt stehen: Dies ist zum Einen die besondere Rolle Rainald von Dassels, welcher als Berater und Erzkanzler von Italien gehörigen Einfluss auf den Kaiser hatte und einen persönlichen Groll gegen Mailand zu hegen schien. Der zweite Aspekt behandelt die mit Mailand verfeindeten lombardischen Städte wie Cremona, Lodi und Pavia, die ebenso einen starken Einfluss auf den deutschen Kaiser ausübten, da er im Kampf mit Mailand stets auf ihre Hilfe angewesen war. Interessant ist diese Frage, weil sich dadurch der Blick auf die deditio als Strafe verändert, da die Stadt trotz ihrer Einhaltung durch die Zerstörung eine deutlich härtere und möglicherweise überzogene Strafe über sich ergehen lassen musste, die sicherlich den Drang nach Vergeltung stärkte und damit den Verlauf der Geschichte Mailands und den später entstandenen lombardischen Städtebund beeinflusste. Nicht behandelt wird jedoch die Problematik, die mit dem päpstlichen Schisma von 1159 einhergeht, (obwohl die proalexandrinische Haltung der Mailänder den Konflikt sicher verschärfte), da dies den Rahmen der Arbeit sprengen würde. Bevor der eigentliche Kern der Arbeit behandelt werden kann, ist es jedoch nötig, die Geschehnisse aus dem März 1162 zu erläutern um zu zeigen, wie es zu jenen Kampfhandlungen kommen konnte. Im Anschluss werden die zwei vorgestellten Aspekte, (Rainald von Dassel und die mit Mailand verfeindeten lombardischen Städte), behandelt und beurteilt, bevor ein auf die eingangs gestellte Frage bezogenes Fazit gezogen wird.

Die Vorgeschichte des Konflikts zwischen Mailand und Friedrich I.

Schon 1153, also ein Jahr nach der Krönung Friedrich Barbarossas zum König des deutschen Reiches, deutete sich ein Konflikt zwischen der lombardischen Stadt und dem Herrscher ab: Im Rahmen des Konstanzer Vertrages traten zwei Kaufleute aus der mit Mailand verfeindeten Stadt Lodi an den König heran, und berichteten von der Unterdrückung durch die Mailänder, weil diese Lodi gezwungen hatte, ihren Mark zu verlegen.[2] Die Expansionspolitik der Stadt musste Friedrich I. ein Dorn im Auge sein. Damit wurden eindeutig die Hoheitsrechte des Herrschers in Oberitalien verletzt. Friedrich I. reagierte mit einem Brief, in dem er den Mailänder Konsuln, die die Oberhäupter der städtischen Selbstverwaltung waren, befahl, den lodischen Markt zuzulassen. Die Reaktion der Mailänder hätte demütigender nicht sein können: „Diesen Brief des Staufers verlasen die Konsuln öffentlich und in allgemeiner Versammlung, dann warfen sie ihn ganz erregt vor Zorn und Wut vor den Augen aller mitsamt dem Siegel auf den Boden und zerknüllten und zertraten ihn mit ihren Füßen,“[3] wie der italienische Geschichtsschreiber Otto Morena berichtete. Schon zu diesem Zeitpunkt schien die honor imperii (Ehre des Reiches) und nicht zuletzt die des späteren Kaisers verletzt zu sein. Die Situation verschlimmerte sich, als Barbarossa und sein Gefolge beim ersten Italienzug 1154 von Mailänder Konsuln durch zerstörte Gebiete ohne Nahrung geführt wurde und so an den Rand der Erschöpfung kam. Der zuständige Konsul wurde zwar von den Mailändern bestraft, doch die satisfactio war für den Kaiser unzureichend, da er selbst nicht an der Bestrafung teilgenommen hatte.[4] Da jedoch ein offener Kampf aufgrund Barbarossas geringem Heer (1.800 Mann) nicht möglich war, wurde Mailand lediglich gebannt und die Angelegenheit auf einen späteren Zeitpunkt verlegt.[5]

Im Jahr 1158, nach weiteren Beschwerden über Mailand seitens der Städte Lodi, Como und Pavia, rief Barbarossa zur großen Heerfahrt gegen die oberitalienische Stadt auf. Derweil waren Otto von Wittelsbach und Rainald von Dassel schon in Italien unterwegs, um den Zug vorzubereiten und bewegten viele Städte ohne militärische Gewalt zur Kaisertreue, unter anderem Verona, Mantua und Cremona. Die Behauptung, dass ein Heer von über 100.000 Soldaten über die Alpen zog, wie es Rahewin von Freising in der „Gesta Frederici“ behauptete, konnte der Historiker Berwinkel widerlegen,[6] dennoch reichte es zur erfolgreichen Belagerung Mailands, welche zur Kapitulation und zur Unterzeichnung eines Friedensvertrages am 7. September 1158 führte. Mailand verpflichtete sich dabei, eine kaiserliche Pfalz zu errichten, den Neuaufbau des von ihnen zerstörten Lodi nicht zu verhindern sowie die Regalien wieder an den Kaiser abzutreten.[7] Darauf folgte der Hoftag zu Roncaglia, bei welchem Friedrich I. versuchte, seine königliche Macht über die immer autonomer auftretenden norditalienischen Städte wiederherzustellen, in dem er einige bindende Gesetze erließ.

Doch schon ein halbes Jahr später, im Januar 1159 kam es zu einem die Situation erneut ändernden Zwischenfall: Abgesandte, unter denen sich auch Reinald von Dassel befand, sollten nach den roncaglischen Gesetzen die Konsulnwahlen in Mailand überprüfen und absegnen; dies widersprach jedoch in den Augen der Bevölkerung dem Kapitulationsvertrag, welcher ihnen in dieser Hinsicht Autonomie versprochen hatte. „Während zumundest Teile der Oberschicht weiter auf Verständigung setzten, revoltierte das Volk und vertrieb die Gesandten aus der Stadt.“[8] Der Mailänder Bischof versuchte zwar einen gütlichen Ausgleich zu organisieren, doch es blieb bei dem erfolglosen Versuch. Mailand und die kaiserlichen Truppen steuerten erneut auf einen Krieg zu, folgerichtig wurde Mailand im April 1159 des Hochverrats verurteilt. Doch zunächst beschränkte sich Barbarossa auf die Unterwerfung Cremas, welches eine der wichtigsten Bündnispartner Mailands in Oberitalien war und an dem strategisch bedeutenden Fluss Adda lag. Nach langer Belagerung war es schließlich der Übertritt des Waffeningenieurs der Cremasken, welcher den kaiserlichen Truppen zum Sieg im Frühjahr 1160 verhalf.[9]

Mailands Fall 1162 und die „deditio“

Ein Jahr später konzentrierte sich die Armee Barbarossas, die zwischenzeitlich zu großen Teil ausgetauscht worden war, wieder auf Mailand, in dem man die Taktik der Verwüstung anwandte. Das Mailänder Umland wurde zerstört, um somit die Ernte zu vernichten und für eine Nahrungsmittelknappheit bei den Belagerten zu sorgen. Die offene Schlacht sollte hingegen möglichst vermieden werden. Dabei agierten die Soldaten gnadenlos und verhinderte kategorisch den Nachschub an Lebensmitteln. Im Winter 1161/62 ließen sich die Deutschen im Umland nieder und patrouillierten die Wege, um Nachschublieferungen aus den mit Mailand verbündeten Städten Brescia und Piacenza zu verhindern. Wer mit Nahrungsmitteln auf dem Weg nach Mailand aufgegriffen wurde, verlor die rechte Hand.[10] Nach einem erfolglosen Ausbruchversuch der Mailänder mit 500 Soldaten in das Umland von Lodi, stieg der Unmut in der Bevölkerung der größten lombardischen Stadt und das gegenseitige Vertrauen sank. Hatte der bisherige Kampf gegen den deutschen Feind aus dem Norden die Mailänder eher vereint, so drehte sich die Stimmung nun: „Die stete Zunahme des äußeren Drucks auf die Stadt konnte aber nur so lange als einigendes Band wirken, als die wirtschaftliche Probleme bewältigbar blieben, insbesondere die Versorgung der Stadt gesichert war.“[11] Dies war jedoch in jenem Winter absolut nicht mehr der Fall. So sah sich Mailand gezwungen, Verhandlungen aufzunehmen und im Frühjahr 1162 setzten sich zwei Konsuln im öffentlichen Auftrag mit dem Kaiser in Verbindung. Dabei unterbreiteten sie ein gutes Angebot in Form einer conventio: Sie versprachen Geldbüßen, den Bau einer kaiserlichen Pfalz, die Zerstörung der eigenen Befestigung, den Verzicht auf Regalien sowie die Ausweisung von 3.000 Personen, die der antikaiserlichen Partei angehörig waren.[12] Des Weiteren durfte die deditio nicht ausbleiben. Diese spielte im Mittelalter eine sehr wichtige Rolle: Dabei handelte es sich um ein in der Öffentlichkeit ausgetragenes Unterwerfungszeremoniell, durch welches sicher gestellt werden sollte, dass die honor des Herrschers wiederhergestellt wurde. Dabei gab es zumeist einen genau geplanten Ablauf, bei dem sich der Untergebene dem Herrscher, womöglich barfuß, zu Füßen warf. Manchmal hatte er dabei eine Rute auf dem Rücken oder einem Schwert im bloßen Nacken. Der Herrscher vergab daraufhin dem Untergebenen und bewies somit seine Güte.[13]

Jene deditio wurde schließlich mit voller Absicht in der Stadt des Erzfeindes Lodi, abgehalten. „Konsuln, Ritter, Fußvolk und Bürger der Stadt mussten an drei verschiedenen Tagen vor Barbarossa in die Kaiserpfalz nach Lodi ziehen und sich mit allen Zeichen der Demut unterwerfen.“[14] Symbolisch musste der Waffeningenieur, eine der wichtigsten Personen in der hochmittelalterlichen Kriegsführung, ein gewisser Guintelmo, Friedrich Barbarossa die Schlüssel der Stadt überreichen. Außerdem musste der Mast des Fahnenwagens der Mailänder, dessen Spitze mit einem Bild des Stadtheiligen Ambrosius verziert worden war, vor dem Thron des Kaisers gesenkt werden.[15] Nach dieser Inszenierung der Unterwerfung durften die Mailänder die berechtigte Hoffnung hegen, dass ihre Stadt verschont bleiben würde, denn schon oft zuvor war es nach der deditio mit jeglichen Formen der Rache vorbei gewesen und der Friede war besiegelt worden. Doch schon Jahre zuvor hatte Friedrich Barbarossa diesem Ethos zuwider gehandelt: Bei der Belagerung Tortonas im Jahre 1155, welches eine mit Mailand verbündete Stadt war, folgte nach der bedingungslosen Kapitulation ebenfalls eine deditio mit dem Resultat, dass trotz dem Versprechen der Verschonung die Stadt von Truppen des Erzfeindes Pavia zerstört wurde.[16] Dies hatte zur Folge, dass sogar der kaisertreue Geschichtsschreiber Otto von Freising Friedrich I. als Tyrann bezeichnete und anprangerte, dass er Tortona nicht als gerechten Herrscher behandelt habe.[17]

[...]


[1] Zitiert nach: Bernwieser, Johannes: Honor civitas, Herbert Utz Verlag GmbH, München 2012, Seite 251

[2] Görich, Knut: Die Staufer – Herrscher und Reich, C. H. Beck oHG, München 2006, S. 42

[3] Zitiert nach: Görich, Knut: Unausweichliche Konflikte, in „Bereit zum Konflikt“, Hg von Oliver Auge, Jan Thorbecke Verlag, Ostfildern 2008, S. 201

[4] Ebd. S. 200

[5] Berwinkel, Holger: Verwüsten und Belagern, Max Niemeyer Verlag, Tübingen 2007, S. 63

[6] Ebd. S. 34f

[7] Berwinkel, Holger: Verwüsten und Belagern, Max Niemeyer Verlag, Tübingen 2007, S. 116

[8] Zitiert nach: Ebd. S. 123

[9] Bernwieser, Johannes: Honor civitas, Herbert Utz Verlag GmbH, München 2012, Seite 250

[10] Berwinkel, Holger: Verwüsten und Belagern, Max Niemeyer Verlag, Tübingen 2007, S. 195

[11] Zitiert nach: Oppl, Ferdinand: Stadt und Reich im 12. Jahrhundert (1125-1190), Boehlau Verlag, Wien 1994, S. 332

[12] Berwinkel, Holger: Verwüsten und Belagern, Max Niemeyer Verlag, Tübingen 2007, S. 198

[13] http://u01151612502.user.hosting-agency.de/malexwiki/index.php/Deditio - Zugriffsdatum 22.08.2012

[14] Zitiert nach: Görich, Knut: Die Staufer – Herrscher und Reich, C. H. Beck oHG, München 2006, S. 52

[15] Ebd.

[16] Berwinkel, Holger: Verwüsten und Belagern, Max Niemeyer Verlag, Tübingen 2007, S. 60

[17] Görich, Knut: Unausweichliche Konflikte, in „Bereit zum Konflikt“, Hg von Oliver Auge, Jan Thorbecke Verlag, Ostfildern 2008, S. 204

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Friedrich Barbarossa und die Zerstörung Mailands
Untertitel
Warum Rainald von Dassel und ein lombardisches Bündnissystem für die Zerstörung Mailands 1162 mitverantwortlich sind
Hochschule
Humboldt-Universität zu Berlin
Note
1,7
Autor
Jahr
2012
Seiten
13
Katalognummer
V211723
ISBN (eBook)
9783656398240
ISBN (Buch)
9783656398684
Dateigröße
524 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Friedrich Barbarossa, Mailand, Mittelalter, Rainald von Dassel
Arbeit zitieren
Martin Hamre (Autor:in), 2012, Friedrich Barbarossa und die Zerstörung Mailands, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/211723

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