„Situationen, die von Menschen als real definiert werden, haben reale Folgen.“ (Thomas & Thomas, 1928, S. 572) Für welche Stelle haben Sie sich zuletzt beworben? Und welches Bewerbungsverfahren mußten Sie dabei durchlaufen? Egal, ob das ein Gespräch um die Stelle als Wissenschaftliche Hilfskraft war, eine Probevorlesung auf dem Weg zur Professur oder ein umfangreiches Bewerbungsverfahren für eine andere berufliche Position, stellen Sie sich die Bewerbungssituation noch einmal vor. Wie haben Sie die Auswahlsituation erlebt? War es eine klassische Prüfungssituation, in der Sie sich eher unwohl gefühlt haben? Konnten Sie sich so gut wie möglich verkaufen? Woran lag es Ihrer Meinung nach, daß Sie sich eher unwohl oder auch wohl gefühlt haben? Woran, daß Sie sich mehr oder weniger gut einbringen konnten?
Von der Komplexität der organisatorischen Strukturen und Prozesse gleichermaßen beeindruckt wie herausgefordert, beschäftigten mich diese Fragen während eines Praktikums in der hier untersuchten Institution für Personelle Entwicklungszusammenarbeit. Wie gingen wohl die Bewerber dieser Institution mit der Situation des persönlichen Erstkontakts in der Auswahl um? Inwieweit stellt die Auswahlsituation mit ihren Besonderheiten eine Belastung für die Bewerber dar, die eventuell die Qualität der Eignungsdiagnose negativ beeinflußt? Gespräche mit Mitarbeitern des Bewerberbereichs ergaben, daß diese Fragestellung so noch nicht untersucht wurde, daß sie im Zuge einer aktuellen Gesamtevaluierung des Auswahlverfahrens nicht berücksichtigt wird, und daß es aufgrund eines zunehmend anspruchsvolleren Anforderungs- und damit Bewerberprofils von Interesse ist, nach dem Bewerbererleben in der Auswahlsituation zu fragen. Die Idee dieser Diplomarbeit war geboren. Ich sollte für die Institution untersuchen, wie die Bewerber das Auswahlverfahren erleben, und herausfinden, wie man die Auswahl unter Einbezug dieses Wissens optimieren kann. Nach einer ersten Konzepterstellung und Absprachen mit der Referats- und Abteilungsleitung standen das Thema und die organisatorischen Rahmenbedingungen fest. Eine Voruntersuchung im Winter 1997 erbrachte Antworten auf Fragen der Untersuchungsdurchführung, des Untersuchungsinhalts und die Genehmigung, im Februar 1998 mit der Hauptuntersuchung zu beginnen.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung
- 2 Theoretischer Hintergrund
- 2.1 Psychologische Eignungsdiagnostik in der Personalauswahl
- 2.1.1 Grundzüge psychologischer Eignungsdiagnostik
- 2.1.2 Eignungsdiagnostische Einzelverfahren
- 2.1.3 Die Assessment-Center-Technik
- 2.1.4 Fazit
- 2.2 Die eignungsdiagnostische Situation in der Personalauswahl
- 2.2.1 Kennzeichen der eignungsdiagnostischen Situation
- 2.2.2 Die Perspektive der Bewerber
- 2.2.3 Fazit
- 2.3 Das Bewerbererleben in der Personalauswahl
- 2.3.1 Frühe Forschung zum Bewerbererleben
- 2.3.2 Das Konzept der sozialen Validität
- 2.3.3 Stand der Forschung zum Bewerbererleben und der sozialen Validität
- 2.4 Zusammenfassung
- 2.1 Psychologische Eignungsdiagnostik in der Personalauswahl
- 3 Methodischer Hintergrund
- 3.1 Untersuchungsplan und Untersuchungsmethoden
- 3.1.1 Ziele und Fragestellung der Untersuchung
- 3.1.2 Untersuchungsdesign und Untersuchungsplan
- 3.1.3 Operationalisierung und Meßinstrumente_
- 3.2 Untersuchungsfeld
- 3.2.1 Merkmale der Institution
- 3.2.2 Das Personalauswahlverfahren der Institution
- 3.2.3 Das Bestreben der Institution nach einer sozial validen Personalauswahl
- 3.3 Die Stichprobe¸
- 3.4 Untersuchungsdurchführung
- 3.1 Untersuchungsplan und Untersuchungsmethoden
- 4 Ergebnisse der Untersuchung
- 4.1 Beobachtung
- 4.2 Befragung
- 4.2.1 Stichprobencharakteristika
- 4.2.2 Einschätzung der sozialen Validität durch die Bewerber
- 4.2.3 Atmosphäre, Kompetenz, Echtheit des Verhaltens, Belastung
- 4.2.4 Beliebtheit der einzelnen Auswahlinstrumente
- 4.2.5 Freie Antworten
- 4.2.6 Meinung der Bewerber zur Befragung
- 4.2.7 Einflußfaktoren des Bewerbererlebens
- 4.2.8 Testtheoretische Analyse des Fragebogens_
- 4.3 Verbindung von Beobachtung und Befragung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Evaluation eines Personalauswahlverfahrens für Entwicklungshelfer unter dem Aspekt des Bewerbererlebens. Dabei steht das Konzept der sozialen Validität im Zentrum der Untersuchung, das die Kriterien für eine akzeptable soziale Situation im Kontext der Eignungsdiagnostik definiert.
- Bewertung der sozialen Validität des Auswahlverfahrens anhand der Situationsdeterminanten Information, Transparenz, Partizipation und Kommunikation.
- Analyse des Bewerbererlebens im Auswahlprozess anhand von Beobachtung und Befragung.
- Untersuchung von Einflussfaktoren auf das Bewerbererleben, wie Geschlecht, Vorbereitung und Erfolg im Auswahlverfahren.
- Ableitung von Optimierungsvorschlägen für das Auswahlverfahren zur Steigerung der sozialen Validität und Verbesserung der Auswahlergebnisse.
- Formulierung von weiterführenden Forschungsfragen zu den Themen der sozialen Validität, Arbeitszufriedenheit und dem Zusammenhang zwischen verschiedenen organisationspsychologischen Konzepten.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik des Bewerbererlebens in Personalauswahlverfahren ein und stellt die Relevanz des Themas dar. Kapitel 2 beleuchtet den theoretischen Hintergrund der Arbeit, indem es die psychologische Eignungsdiagnostik, die eignungsdiagnostische Situation und das Konzept der sozialen Validität sowie den Stand der Forschung zum Bewerbererleben diskutiert. Kapitel 3 widmet sich dem methodischen Hintergrund der Untersuchung, beschreibt das Untersuchungsdesign, die Operationalisierung der Variablen und die Stichprobenziehung. Kapitel 4 präsentiert die Ergebnisse der Untersuchung, welche anhand von Beobachtungen und Befragungen gewonnen wurden.
Schlüsselwörter
Personalauswahl, Eignungsdiagnostik, Assessment-Center, Bewerbererleben, soziale Validität, Information, Transparenz, Partizipation, Kommunikation, Entwicklungshelfer, Organisationspsychologie.
- Arbeit zitieren
- Dipl. - Psychologe Hans-Georg Willmann (Autor:in), 1998, Personalauswahl in einer Non-Profit-Organization - Ein empirischer Beitrag zum Konzept der sozialen Validität, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/21254