Soziale Innovation Grundeinkommen

Analyse des bedingungslosen Grundeinkommens im wissensgesellschaftlichen Innovationsparadigma


Seminararbeit, 2013

16 Seiten, Note: 1.5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Innovationen in der Wissensgesellschaft

3. Soziale Innovationen im Innovationsparadigma

4. Das bedingungslose Grundeinkommen

5. Das Grundeinkommen als soziale Innovation

6. Skizzen zur Innovationswirkung des Grundeinkommens

7. Das Grundeinkommen als politische Nachhaltigkeitsinnovation

8. Fazit

9. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Wir leben in einer postindustriellen Gesellschaft, welche oftmals als Wissensgesellschaft bezeichnet wird. Der Hauptmotor für den Fortschritt in unserer Gesellschaft scheinen Innovationen aller Art zu sein, die durch einen schwer durchschaubaren Wissensprozess zustande kommen. Neben den technischen Innovationen, welche die letzten Jahrzehnte prägten, werden soziale Innovationen immer wichtiger. Dies, weil in unserer Gesellschaft durch die unsichere Wirtschaftslage zunehmend soziale Probleme auftreten, wie beispielsweise grösser werdende Unterschiede zwischen Arm und Reich, Fachkräftemangel oder Langzeitarbeitslosigkeit. „Soziale Innovationen, d.h. neue Lösungen, die gesellschaftliche Herausforderungen kontextbezogen, zielgerichtet und das Gemeinwohl fördernd adressieren, können bei der Bewältigung der Probleme helfen“ (Müller, Rüede, Lurtz, Kopf, Russo 2013: 9). Die These wird aufgestellt, dass das sozialpolitische Konzept des bedingungslosen Grundeinkommens einen derartigen Lösungsansatz darstellt. Spannend dabei ist, dass die Idee des Grundeinkommens gleich mehrere gesellschaftliche Herausforderungen anspricht.

In einem ersten Schritt möchte ich die Rolle von Innovationen in einer Wissensgesellschaft klären. Darauf folgt die Ausdifferenzierung des Begriffs der sozialen Innovation. Der

Hauptteil der Arbeit befasst sich mit der Frage, inwiefern das bedingungslose Grundeinkommen eine soziale Innovation darstellt. Dabei werden einige zentrale soziale Probleme in Bezug auf das Grundeinkommen besprochen. In einem letzten Teil wird das Grundeinkommen als eine politische Nachhaltigkeitsinnovation ausdifferenziert.

2. Innovationen in der Wissensgesellschaft

Der Weg in eine postindustrielle Gesellschaft ist längst beschritten. Dienstleistungen, Information und Wissen als Gut kommen in der heutigen Gesellschaft immer eine grössere Rolle zu. Konzepte wie die Wissensgesellschaft, Dienstleistungsgesellschaft oder Informationsgesellschaft haben jenes der Industriegesellschaft in ihrer Relevanz auf die Gegenwart abgelöst. Doch kann die heutige Gesellschaft tatsächlich als Wissensgesellschaft bezeichnet werden? Willke beschreibt die Wissensgesellschaft folgendermassen: „Von einer Wissensgesellschaft oder einer wissensbasierten Gesellschaft lässt sich sprechen, wenn die Strukturen und Prozesse der materiellen und symbolischen Reproduktion einer Gesellschaft so von wissensabhängigen Operationen durchdrungen sind, dass Informationsverarbeitung, symbolische Analyse und Expertensysteme gegenüber anderen Faktoren der Reproduktion vorrangig werden“ (Willke 1998: 162). In einer Wissensgesellschaft übersteigt also die Wissensarbeit und das Wissensmanagement rund um ein Gut dessen eigentliche Produktion in der Wichtigkeit. Es frägt sich, wie potenziell vorhandene Strukturen einer Wissensgesellschaft erkennt werden können. Dabei müssen gewisse Strukturen und Bestandteile unserer Gesellschaft auf dieselben Prozesse zurückzuführen sein, wie sie in einer Wissensgesellschaft existieren. Um diese Bestandteile erfassen zu können, sind Indikatoren nötig, die auf eine Wissensgesellschaft hinweisen. Der wichtigste Indikator für eine Wissensgesellschaft stellt wohl die Innovation dar. „Der Kern der Ausbildung der Wissensgesellschaft scheinen die Quantität, Qualität und das Tempo ubiquitärer Innovation durch neue Informationen, neues Wissen und neue Expertise zu sein“ (Willke 1998: 162). Durch eine sich schnell weiterentwickelnde Konkurrenz wird Innovation zu einem überlebenswichtigen Faktor für Organisationen und Institutionen. „Innovationsfähigkeit gilt als Schlüsselfaktor für den wirtschaftlichen Erfolg“ (Kehrbaum 2009: 22). Innovationsfähigkeit bedeutet einen ständigen Wissenszuwachs. Um diesen zu gewährleisten wird dem Wissensmanagement immer eine grössere Bedeutung beigemessen, ein typisches Merkmal für die Wissensgesellschaft. Willke nennt die organisational Lernfähigkeit als weitere Kernkompetenz für die heutige Leistungsfähigkeit von Organisationen und Institutionen im globalen Wettbewerb (vgl. Willke 1998: 163). Diese setzt eine Infrastruktur von Kommunikationsnetzwerken und wissensbasierten Operationsformen voraus, welche zu „intelligenten Unternehmen“ führen. „Begleitet wird das Aufkommen moderner Wissenskommunikation und - verarbeitung durch Prozesse der Institutionalisierung. Technische Akademien entstehen, dem Zweck gewidmet, Individuen in einer dafür speziell durch Curricula ausgerichteten und mit Gerät und Lehrbüchern ausgestatteten Anstalt so zu sozialisieren, dass auf Innovationen gerichtetes Handeln als selbstverständliche zur eigenen persönlichen Identität gehörige Praktik erfahrbar wird“ (Howaldt, Jacobsen 2010: 61). Sind diese Strukturen vorhanden, kann das „Know How“ des Beschäftigten, welches als einzige Innovationsressource gilt, ständig verbessert werden. So hängt die unternehmerische Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit davon ab, dass die Beschäftigten ihr Wissen, ihre Arbeitsweise und ihr Können beständig modernisieren (vgl. Kehrbaum 2009: 39).

Daraus kann geschlossen werden, dass die Entstehung von Innovationen stark mit wissensgesellschaftlichen Prozessen zusammenhängt. Doch das Blatt kann auch gewendet werden: „Wenn gegenwärtig in der Gesellschaft Ideen, Praktiken, Prozesse und Produkte nicht nur kurzfristig wie in der Mode und den Massenmedien, sondern auf allen Gebieten neben Wissenschaft und Wirtschaft nach Massgabe ihrer nachhaltigen und folgenreichen Neuartigkeit thematisiert, produziert und evaluiert werden, wenn sich ihre relevanten Akteure in ihrem Innovationshandeln auf den verschiedenen Feldern zunehmend reflexiv auf die verteilten und vernetzten Prozesse der Innovation einstellen und wenn das nationale Arrangement der Institutionen unter dem Druck der Globalisierung Schritt für Schritt vom Wohlfahrts- auf ein Innovationsregime umgestellt wird, dann könnten diese Veränderungen auf einen relevanten gesellschaftlichen Wandel hinweisen: ihre institutionelle Selbsterneuerung und ihre Selbstthematisierung als ,Innovationsgesellschaft‘“ (Howaldt, Jacobsen 2010: 23 f.). So wird im noch sehr jungen Konzept der Innovationsgesellschaft nicht mehr das Wissen ins Zentrum des gesellschaftlichen Wandels gestellt, sondern die Innovation als solches.

3. Soziale Innovationen im Innovationsparadigma

„Innovation ist kein Gegenstand, sondern ein Prozess. Innovation bedeutet Veränderung. Und angesichts vielfältiger sozialer, ökologischer, politischer und ökonomischer Fehlentwicklungen wachsen deshalb auch Zweifel am Allheilmittel Innovation“ (Kehrbaum 2009: 44 f.). Im Hintergrund dieser Aussage steht der Gedanke, dass nicht alles was neu ist, auch gut oder fortschrittlich ist. So konzentriert sich der Innovationsbegriff auf die im Innovationsprozess zustande kommenden Veränderungen. „Innovations are deliberate interventions designed to initiate and establish future developments concerning technology, economics, and social practices“ (Howaldt, Schwarz 2010: 2). In der Alltagssprache wird Innovation meistens als technische Innovation in Form von technischen Errungenschaften verstanden. Auch in der Innovationsforschung in den Wirtschaftswissenschaften spielen technische Innovationen eine dominante Rolle. So stellt Innovation oftmals ein Garant für Wirtschaftswachstum dar. Dabei werden soziale Innovationen als die gesellschaftlichen Veränderungen verstanden, die mit einer technischen Innovation einhergehen, wie beispielsweise das neue Zeit- und Raumgefühl mit der Erfindung der Eisenbahn. Seit den 1980er Jahren wird der Begriff der sozialen Innovation als eigenständige, ohne direkt im Zusammenhang mit technischen Errungenschaften stehende Innovation diskutiert, doch bisher hat sich keine allgemein akzeptierte und verwendete Definition durchgesetzt. „Social innovation rarely appears as a specific and defined term with a clearly delineated scope but usually is used as a sort of descriptive metaphor in the context of social and technical change“ (Howaldt, Schwarz 2010: 7). Ein grundlegender Unterschied zwischen technischer und sozialer Innovation ist, dass letztere nicht in Form eines materiellen Gegenstandes erscheint. Vielmehr geht es bei sozialen Innovationen um gesellschaftliche Praktiken. Viele Definitionsversuche von sozialer Innovation kamen auf der Grundlage eines normativen Verständnisses zustande. Eine soziale Innovation für Phills ist beispielsweise “eine neue Lösung für ein gesellschaftliches Problem, welche effektiver, effizienter, nachhaltiger oder gerechter ist als bestehende Lösungen und für die der kreierte Wert primär der Gesellschaft als Ganzes zugutekommt und nicht einzelnen Individuen” (Phills, Deiglmeier, Miller 2008: 36). Nimmt man diese Definition auf, muss man fragen, was für Innovationen es für eine bessere Gesellschaft braucht. Für das soziologische Verständnis von sozialer Innovation ist jedoch eine Definition ohne normative Ansprüche notwendig. Eine mögliche Lösung liefert Howaldt mit folgender Definition: „A social innovation is a new combination and/or new configuration of social practices in certain areas of action or social contexts prompted by certain actors or constellations of actors in an intentional targeted manner with the goal of better satisfying or answering needs and problems than is possible on the basis of established practices” (Howaldt, Schwarz 2010: 21). In der Fortsetzung dieser Arbeit wird diese wertneutrale Auffassung des Begriffs der sozialen Innovation verwendet. Werden normative Aussagen erwähnt, wird dies explizit gekennzeichnet.

4. Das bedingungslose Grundeinkommen

Die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens fordert ein von Arbeitsleistung unabhängiger Lohnanspruch, der für ein menschenwürdiges Leben ausreichen soll. Unabhängig von Arbeit und sozialer Stellung würde jedem Bürger eines Staates ein Grundeinkommen ausbezahlt, das mit keinerlei staatlichen oder gesellschaftlichen Verpflichtungen verbunden ist. Das Grundeinkommen ist zum Gegenstand intensiver Debatten geworden. In der Schweiz läuft derzeit die Unterschriftensammlung für eine Volksabstimmung. Dabei sind weder die Finanzierung, die Höhe, noch die konkrete Umsetzung des Grundeinkommens ausformuliert. Diese Punkte sind Gegenstand der medialen und politischen Diskurse. Der von den Initianten präsentierte Gesetzesentwurf sieht folgendermassen aus[1]:

Eidgenössische Volksinitiative „Für ein bedingungsloses Grundeinkommen“

Die Bundesverfassung vom 18. April 1999 wird wie folgt geändert: Art. 110a (neu) Bedingungsloses Grundeinkommen 1 Der Bund sorgt für die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens. 2 Das Grundeinkommen soll der ganzen Bevölkerung ein menschenwürdiges Dasein und die Teilnahme am öffentlichen Leben ermöglichen. 3 Das Gesetz regelt insbesondere die Finanzierung und die Höhe des Grundeinkommens. Das Konzept des bedingungslosen Grundeinkommens soll hier nicht weiter ausdifferenziert werden. Die entscheidenden Punkte für unsere Analyse betreffend sozialer

[...]


[1] Quelle: www.bedingungslos.ch; Zugriff 05.03.13

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Soziale Innovation Grundeinkommen
Untertitel
Analyse des bedingungslosen Grundeinkommens im wissensgesellschaftlichen Innovationsparadigma
Hochschule
Universität Luzern
Veranstaltung
Einführung in die Wissenssoziologie
Note
1.5
Autor
Jahr
2013
Seiten
16
Katalognummer
V212593
ISBN (eBook)
9783656409380
ISBN (Buch)
9783656413240
Dateigröße
461 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Wissenssoziologie, Sozial, Soziale, Innovation, social, bedingungslos, politisch, politische, nachhaltigkeitsinnovation, nachhaltigkeit, wissensgesellschaft, innovationsparadigma, postindustriell, schweiz, deutschland, innovationen
Arbeit zitieren
Jonas Hässig (Autor:in), 2013, Soziale Innovation Grundeinkommen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/212593

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