Israels Wirtschaftswunder. Determinanten des wirtschaftlichen Erfolgs Israels


Hausarbeit (Hauptseminar), 2011

23 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


1. Einleitung

Schaut man auf den Nahen Osten in der Perspektive der letzen 60 Jahre, kommt man schnell zu dem Schluss, dass es sich um eine politisch instabile, von zahlreichen Konflikten zerrissene und damit für eine Volkswirtschaft äußerst schlechte Region handelt. Für eine gute wirtschaftliche Entwicklung sind mehrere politische und geografische Faktoren wichtig: unter Anderem politische Stabilität nach Innen und Außen, darin beinhaltet gute politische und damit zusammenhängende wirtschaftliche Beziehungen zu seinen Nachbarn. Geographische Gegebenheiten spielen auch eine wichtige Rolle. So sind fruchtbare Böden und ein mildes Klima, sowie Bodenschätze auf dem eigenen Territorium ein gutes Fundament für eine florierende Wirtschaft. Israel verfügt oder verfügte lange Zeit über keinen dieser Faktoren. Im Gegenteil, in den Aspekten der Politik und Geographie, war Israel die längste Zeit seiner Existenz äußerst benachteiligt. Es war die längste Zeit mit seinen Nachbarn verfeindet und kann weder mit seiner Geografie noch Geologie überzeugen. Trotzdem ist Israel heute ein hochentwickeltes Land, das keinerlei Vergleiche mit europäischen Staaten scheuen muss, sei es in den Bereichen Bildung, Wohlstand oder Wirtschaftskraft. Israel hat und hatte mit vielen negativen Faktoren zu kämpfen, die für viele europäische Staaten einen Albtraum darstellen würden. Staaten die seit dem II. Weltkrieg in Europa in Frieden mit ihren Nachbarn leben und den größten Teil ihrer Geschichte ein marktwirtschaftliches System besaßen, liegen in vielen wirtschaftlichen Statistiken hinter oder nur unweit vor Israel. Israel, das erst 1948 gegründet wurde, in zahlreichen Kriegen mit Nachbarn um seine Existenz fürchten musste, mit seinen inneren Konflikten mit den Palästinensern und der ständigen Bedrohung durch den Terrorismus, steht in Anbetracht dieser Umstände wirtschaftlich phänomenal gut da. Während die Nachbarn noch weit entfernt sind vom Status einer wohlhabenden Nation, sei es Jordanien, Ägypten oder Syrien, ist Israel eine Art Leuchtturm der Prosperität im Nahen Osten und seinen Nachbarn in wirtschaftlichen Dingen um Längen voraus. Seine Firmen sind international konkurrenzfähig und in vielen Hochtechnologiebereichen führend. In Statistiken, betreffend Wohlstand, Lebensqualität und Bildung, ist die israelische Nation, gleichauf mit den Europäischen Staaten und seinen Nachbarn im Nahen Osten fast unerreichbar weit voraus. Es stellt sich die Frage, was es diesem kleinen Land ermöglichte „so weit“ zu kommen, obwohl es mit äußerst widrigen Umständen zu kämpfen hatte. Ziel dieser Hausarbeit ist es den Determinanten der wirtschaftlichen Entwicklung Israels auf den Grund zu gehen und zu klären, wie es dieses Land geschafft hat, trotz all der genannten widrigen Umstände, eine gut funktionierende und international anerkannte Volkswirtschaft aufzubauen, die es ihren Bürgern erlaubt im Wohlstand zu leben. Hierfür sollen die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Faktoren des israelischen Staates analysiert werden, die die positive ökonomische Entwicklung Israels förderten.

2. Ein Überblick über die israelische Wirtschaftsentwicklung

Die israelische Wirtschaftsgeschichte, von der Staatsgründung bis heute, kann in 3 wesentliche Zeitperioden eingeteilt werden.

2.1. Die israelische Wirtschaft zwischen 1948 und 1973

Die Wirtschaft wuchs zwischen den Jahren 1948 und 1973 rasant, mit einem jährlichen Durchschnitt von 10 %. Dies resultierte hauptsächlich aus der Steigerung der Produktivität, Investitionen in die Infrastruktur und der starken Zunahme der Bevölkerung, hauptsächlich verursacht durch die Einwanderungswellen in den 50er und 60er Jahren.

2.2. Die israelische Wirtschaft zwischen 1973 und 1985

Die Zeit zwischen 1973 und 1985 wird auch als die “verlorene Dekade” bezeichnet. Charakteristisch für diese Zeit war ein deutlicher Anstieg des Haushaltdefizits, größtenteils verursacht durch die damals nötige Steigerung des Verteidigungshaushalts. Weitere Kennzeichen waren der Einbruch des Wirtschaftswachstums u.a. wegen der Ölkrise, welche gleichzeitig mit dem Yom Kippur Krieg begann, sowie die massive Steigerung der Inflation, bis diese fast die Grenze der Hyperinflation erreichte. Desweiteren stieg die Verschuldung auf einen solchen Level, dass sie auf lange Sicht nicht mehr abgetragen und finanziert werden konnte. So stand Israel 1985 kurz vor einem wirtschaftlichen Kollaps und es waren sofortige und tiefgreifende Reformen nötig.

2.3. Die israelische Wirtschaft von 1985 bis heute

Das Jahr 1985 stellte einen Meilenstein in der wirtschaftlichen Entwicklung Israels dar: In diesem Jahr wurde der „Stabilisationsplan“ verabschiedet und die nächsten Jahre standen im Zeichen von Reformen, jene die israelische Wirtschaft von einer mehrheitlich staatlich gelenkten Ökonomie hin zur einer Wirtschaft, die durch die Kräfte des Marktes kontrolliert werden sollte, umgestalteten. Diese Reformen beinhalteten eine Kombination aus einer Reduzierung des staatlichen Sektors am Bruttosozialprodukt und dem Abbau der Neuverschuldung, sowie zahlreicher anderer Reformen die aus Israel letztendlich eine marktwirtschaftliche Ökonomie werden ließen.[1]

2.4 Die israelische Wirtschaft heute

Israel hat seit seiner Staatsgründung 1948 eine rasante Entwicklung vom agrarisch geprägten Staat zum diversifizierten Hightech-Industrieland vollzogen. Die Wirtschaft des wasser- und rohstoffarmen Landes ist trotz überschaubarer Größe (7,6 Millionen Einwohner auf einer Fläche von rund 21.000 Quadratkilometern) vielfältig und komplex. Das BIP pro Kopf betrug 2010 27.085 Euro.[2] Nach dem „Human Development Index“ (HDI) der Vereinten Nationen, gehört Israel zu der Gruppe mit einem „Very High Human Development“ und nimmt Platz 15 ein, hinter Frankreich und vor Finnland.[3] Desweiteren wurde die israelische Wirtschaft sowohl zu der krisenbeständigsten, als auch der mit den meisten Investitionen in Forschungs- und Entwicklungszentren gekürt. Während die Israelische Zentralbank als die effizienteste Zentralbank weltweit gilt und somit von Platz 8 auf 1 im Jahr 2010 stieg, besitzt die israelische Gesellschaft ebenfalls den weltweit höchsten Anteil an Fachkräften.[4]

3. Die Determinanten des wirtschaftlichen Aufstiegs

Für den Erfolg der israelischen Wirtschaft sind mehrere Faktoren von Bedeutung gewesen. Diese sollen herangezogen werden, um einen Erklärungsansatz für den Erfolg der israelischen Ökonomie zu finden und darüber hinaus auch einen Unterschied zu den ungleich weniger erfolgreichen Nachbarstaaten zu erkennen. So waren und sind die Faktoren Einwanderung, Einwanderungsherkunft und Bevölkerungszusammensetzung zu betrachten. Darüber hinaus sollen die politischen Maßnahmen zu Förderungen der israelischen Wirtschaft betrachtet werden, sowie gesellschaftlichen Phänomenen wie z.B. der Militärdienst.

3.1. Die Reformen der 80er und 90er als Weichenstellung des wirtschaftlichen Aufstiegs

Israels Wirtschaft glänzte in der Vergangenheit bei weitem nicht so wie heute. Sie war größtenteils staatlich gelenkt und hatte sozialistische Ausprägungen, wie man sie nur aus kommunistischen Ländern kannte. Während der 80er Jahren erlebte Israel eine Krise, die sich auf den Yom-Kippur-Krieg zurückführen lässt, da auf diesen Krieg ein Ölembargo folgte. In Erinnerung geblieben sind die Jahre zwischen 1973 und 1985 als das „Verlorene Jahrzehnt“. Diese Jahre zeichneten sich aus durch ein kaum vorhandenes Pro-Kopf Wachstum des Bruttosozialprodukts und durch eine Inflationssteigerung von mehreren hundert Prozent. Die sozialistischen Auswüchse der israelischen Wirtschaft führten zu einer enormen Schuldenbelastung und einem hohen Staatsdefizit. Die Industrie bekam Subventionen und Tarifschutz und der Finanzsektor war in weiten Teilen verstaatlicht. Ausländische Investitionen waren gering, da die politischen Gegebenheiten abschreckend auf Investoren wirkten. Die staatlichen Sektoren wurden, ähnlich wie in den sozialistischen Ländern des Ostblocks, immer ineffizienter und extrem abhängig vom Staat, der ohnehin für über 70% des Bruttosozialprodukts verantwortlich war. Den Höhepunkt der Misere erreichte Israel in den Jahren 1984/85. Die israelischen Entscheidungsträger beschlossen grundlegende Reformen. Eine davon war das sog. Stabilisierungsprogram, das es schaffte die Inflation von fast 400% auf knapp 20% zu senken. Die Zahlungsbilanz wurde stabilisiert und das Defizit wurde von 15% des Bruttosozialprodukts auf sogar ein Plus von 1% gesenkt. Marktwirtschaftliche Standards wurden eingeführt und so war es von nun an untersagt z.B. einfach Geld zu drucken, falls die Defizite zu groß werden würden. Dies hatte massive Kürzungen der Ausgaben zur Folge und unterstützende Zahlungen an die vorher ineffizienten Wirtschaftsektoren blieben aus. Dies führte zur Steigerung der Effizienz der Betriebe, unterstützt durch eine Schwächung der allmächtigen Gewerkschaften und der Lockerung des Kündigungsschutzes. Israel wandelte sich von einer fast sozialistischen Wirtschaft hin zu einer markwirtschaftlich orientierten Leistungsgesellschaft westlicher Prägung. Einen weiteren wichtigen Schritt markierte die Marktliberalisierung ab den 1990er Jahren, als sich die israelische Wirtschaft international öffnete. Zölle wurden auf heute weniger als 1% gesenkt. Desweiternen wurden die Währungsmärkte und auch die Investitionen liberalisiert und die Besteuerung von inländischen und ausländischen Unternehmen immer mehr angeglichen. Privatisierungen wurden u.a. im Bankwesen, der Telekommunikation durchgeführt. Die Globalisierung brachte für Israel und seine nun liberale Ökonomie viele Vorteile. Die israelischen Unternehmer nutzen die Möglichkeit der weltweiten Märkte und verwandelten Israel in eine Exportwirtschaft: Israel hat heute eine positive Handelsbilanz mit einem Gewinn von über 6 Milliarden Dollar jährlich.[5] Ausländische Investoren entdeckten Israel als guten Investitionsstandort. Die Regierung behielt ihre Finanzdisziplin bei und trieb ihren Schuldenabbau voran, wahrte Haushaltsdisziplin und hielt die Inflation auf einem niedrigen Niveau.

[...]


[1] Vgl. Wolffsohn, Michael: Israel: Geschichte, Politik, Gesellschaft, Wirtschaft, Wiesbaden, Verl. für Sozialwissenschaften, 2007

[2] Vgl. Internationaler Währungsfond: Statistiken zu Israel, http://www.imf.org/external/pubs/ft/weo/2010/02/weodata/weorept.aspx

[3] Vgl. United Nations Development Program, http://hdr.undp.org/en/statistics/

[4] Vgl. Sadeh, Danny: 60% hike in tourism since beginning of year, ynetnews.com, 18.06.2008, http://www.ynetnews.com/articles/0,7340,L-3891801,00.html

[5] World Fact Book, Central intelligence Agency: Country Comparison: Current account balance, 2010,

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/rankorder/2187rank.html

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Israels Wirtschaftswunder. Determinanten des wirtschaftlichen Erfolgs Israels
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Note
1,3
Autor
Jahr
2011
Seiten
23
Katalognummer
V212673
ISBN (eBook)
9783656406624
ISBN (Buch)
9783656408253
Dateigröße
533 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Isreal, Wirtschaft, Wirtschaftswunder, Hightechnation, Silicon Wadi, Wirtschaft Isreals, isrealische Wirtschaft
Arbeit zitieren
M.A. Jan Hammer (Autor:in), 2011, Israels Wirtschaftswunder. Determinanten des wirtschaftlichen Erfolgs Israels, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/212673

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