Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Übersichtsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Konzeptionelle Grundlagen zukunftsorientierter Schätzverfahren
3. Zahlungsorientierte Bewertungsmodelle
3.1. Klassisches Dividendendiskontierungsmodell
3.2. Wachstumsmodell nach GORDON/SHAPIRO
3.3. Finite Horizon Expected Return Model
4. Residualgewinnmodelle
4.1. Ursprung des Residualgewinnmodells
4.2. Grundmodell
4.3. Zwei-Phasen-Modell nach CLAUS/THOMAS
4.4. Drei-Phasemodell nach GEBHARDT/LEE/SWAMINATHAN
5. Praxisrelevanz der Implied Cost of Capital
6. Thesenförmige Zusammenfassung
Quellenverzeichnis
Übersichtsverzeichnis
Übersicht 1: Herleitung der Verallgemeinerten Bewertungsformel
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
Die Verwendung eines geeigneten Diskontierungssatzes zur Berechnung des Barwertes zukünftiger Zahlungsüberschüsse spielt für die Unternehmensbewertung eine entscheidende Rolle. Der Diskontierungssatz soll die Renditeforderungen des Kapitalmarkts für eine vergleichbare Anlagealternative widerspiegeln.
Der am weitesten verbreitete Ansatz zur Ermittlung dieser Renditeerwartungen ist das Capital Asset Pricing Model (CAPM). Die Berechnung erfolgt im Gegensatz zu der zukunftsorientierten Ermittlung der Zahlungsüberschüsse auf Basis historischer Kapi- talmarktdaten. Diese Konzeption wird in der Literatur vielfältig kritisiert.1 Als Alterna- tive bieten sich zukunftsorientierte Verfahren an, die unter den Implied Cost of Capital bekannt geworden sind.
In der vorliegen Arbeit werden ausgewählte zukunftsorientierte Verfahren zur Schät- zung der Eigenkapitalrendite dargestellt und analysiert. Im Anschluss an die Darlegung der Grundlagen dieser Methoden in Kapitel 2 werden in Kapitel 3 (zahlungsorientierte Verfahren) und Kapitel 4 (Residualgewinnmodelle) ausgewählte Schätzverfahren erläu- tert. Insbesondere wird die Vorgehensweise dieser Modelle aufgezeigt. Ziel der Analyse ist die Untersuchung der Relevanz der Modelle für die Unternehmensbewertung und die Begründung, warum die Verfahren in der Praxis trotz mehrfacher Empfehlungen kaum eine Rolle spielen (Kapitel 5). In Kapitel 6 erfolgt eine thesenförmige Zusammenfas- sung der Ergebnisse.2
2. Konzeptionelle Grundlagen zukunftsorientierter Schätzver- fahren
Den zukunftsorientierten Verfahren (Implied Cost of Capital) liegt die Annahme zu- grunde, dass sich die Renditeerwartungen der Marktteilnehmer in ihren Überschusser- wartungen und in den aktuellen Marktpreisen widerspiegeln. Die erwartete Eigenkapi- talrendite wird als Eigenkapitalkostensatz (Diskontierungsfaktor)3 abgebildet, der zur Identität zwischen dem Barwert zukünftiger Zahlungsströme und dem aktuellem Markt- preis führt.4 Zur Approximation der Inputgrößen wird auf Ergebnisprognosen von Fi- nanzanalysten (Überschusserwartungen) und auf den aktuellen Aktienkurs (Marktpreis) zurückgegriffen. Häufig werden Daten der Thomson Reuters I/B/E/S (Institutional Bro- kers’ Estimate System) verwendet. Die I/B/E/S Datenbank enthält unter anderem Ge- winn- und Wachstumsprognosen von Finanzanalysten zu börsennotierten Unternehmen weltweit.5
Die auf diesem Ansatz beruhenden Verfahren differieren bezüglich ihrer Bewertungs- annahmen und Inputfaktoren und lassen sich daher in zahlungsorientierte Bewertungs- modelle, Gewinnkapitalisierungsmodelle6 und Residualgewinnmodelle einteilen. Inner- halb dieser Kategorien unterscheiden sich die Methoden hinsichtlich Ihrer langfristigen Wachstumsannahmen.7
3. Zahlungsorientierte Bewertungsmodelle
3.1. Klassisches Dividendendiskontierungsmodell
Das von WILLIAMS8 entwickelte Dividendendiskontierungsmodell (DDM) liegt allen Modellen zur Schätzung impliziter Kapitalkosten als gemeinsames theoretisches Fun- dament zugrunde. Der Grundgedanke des DDM ist, dass in dem aktuellen Marktpreis alle zukünftigen Dividendenerwartungen der Marktteilnehmer enthalten sind. Werden diese Dividendenerwartungen mit einem adäquaten risikoadjustierten Zins (dem Eigen- kapitalkostensatz) diskontiert und dem Marktwert des Eigenkapitals des Unternehmens (dem aktuellen Aktienkurs) gleichgesetzt, ergibt sich folgende Gleichung (1):
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
rW = Eigenkapitalkostensatz nach WILLIAMS.10
Nach dem DDM werden die Eigenkapitalkosten als intertemporal konstant vorausgesetzt. Sie lassen sich als interner Zinsfuß der Gleichung ermitteln.11
3.2. Wachstumsmodell nach GORDON/SHAPIRO
Zukünftige Dividenden können in der Praxis nur für einen begrenzten Zeitraum qualitativ verwertbar geschätzt werden. GORDON/SHAPIRO treffen daher auf Basis des DDM die Annahme konstant wachsender Dividenden ab dem Bewertungszeitpunkt.12 Demzufolge ergibt sich die Dividende einer Periode aus der Dividende der Vorperiode und dem Dividendenwachstum,13 sodass folgender funktionaler Zusammenhang zwischen der Dividende in Periode t und der Dividende in Periode 1 besteht:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
mit: g = konstante ewige Wachstumsrate der Dividenden.14
Das Einsetzen der Gleichung (2) in das DDM ergibt nach Umformung:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Durch Substitution des Terms [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] durch den Ausdruck % ergibt sich unter [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] wendung der geometrischen Reihe:15
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Mit Hilfe der Rücksubstitution16 resultiert das GORDON/SHAPIRO-Modell:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
mit: rGS = Eigenkapitalkostensatz nach GORDON/SHAPIRO .17
Die Voraussetzung rGS > g verhindert negative und unendlich große Unternehmenswerte. Die Wachstumsrate g setzt sich als Produkt der Gewinnthesaurierungsquote und der unternehmensspezifischen Eigenkapitalrendite zusammen. Konzeptgemäß werden beide Größen als intertemporal konstant angenommen.18
3.3. Finite Horizon Expected Return Model
Insbesondere HOLT kritisiert die Annahme eines unendlich konstanten Dividendenwachstums des GORDON/SHAPIRO-Modells.19 Die fehlende Präzision der Prognosen bzw. Approximationen20 des ewigen Dividendenwachstums g führt in der praktischen Anwendung des Modells zu fraglichen Ergebnissen.21 GORDON/GORDON haben den Ansatz nach GORDON/SHAPIRO zu einem Phasenmodell weiterentwickelt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
rGG = Eigenkapitalkostensatz nach GORDON/GORDON.
Für die erste Phase nehmen sie an, dass die Dividendenerwartungen den Analystenprognosen explizit entsprechen und verwenden das klassische DDM für einen begrenzten Zeitraum T („Finite Horizon“). In der zweiten Phase unterstellen Sie, dass die Dividenden in jeder Periode ab T+1 der Gewinnprognose ab T+1 entsprechen. Diese wird in Form der ewigen Rente unbegrenzt fortgeschrieben. Die Variable T ist abhängig von dem verwendeten Datenmaterial, das heißt T entspricht der Anzahl an Perioden für die explizite Dividendenprognosen verfügbar sind.22
Den zahlungsorientierten Verfahren werden in der Regel Residualmodelle vorgezogen. Die Gründe liegen in der besseren Datenverfügbarkeit und den besseren statistischen Ergebnissen der Verfahren.23
4. Residualgewinnmodelle
4.1. Ursprung des Residualgewinnmodells
Die Grundkonzeption der verschiedenen Residualgewinnmodelle (RIM) basiert auf ei- ner allgemeingültigen mathematischen Umformungen einer Zahlenreihe und dem DDM. Für eine beliebige Zahlenfolge {yt} mit t 6 [0, ] gilt unter der Bedingung yt(1+r)-t 7 8 für t7 die in Übersicht 1 (links) abgebildete Gleichung. Durch Addition der Nullsumme zu dem DDM ergibt sich die verallgemeinerte Bewertungsformel (Übersicht 1).24
Übersicht 1: Herleitung der Verallgemeinerten Bewertungsformel
Nullsumme der Zahlenfolge Dividendendiskontierungsmodell
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Verallgemeinerte Bewertungsformel
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Vgl. Ohlsen, J. A. (2005), S. 331.
Der erste Summand y0 stellt die Ausgangsbasis dar. Der zweite Term kann als Prämie über dem Startwert interpretiert werden, den REESE als „[…] Barwert erwarteter, nicht näher definierter ‚Übergewinne‘ […]“25 beschreibt. Abhängig von der Konkretisierung der Variable yt resultiert aus der verallgemeinerten Bewertungsformel das Residualgewinnmodell oder das Gewinnkapitalisierungsmodell.26
4.2. Grundmodell
Während sich die zahlungsorientierten Modelle auf Dividendenzahlungen fokussieren, greifen Residualmodelle auf Größen des Rechnungswesens zurück.27
[...]
1 Vgl. BALLWIESER, W. (2005), S. 321, DASKE, H./GEBHARDT, G./KLEIN, S. (2006), S. 2-3 und Fama, E. F./French, K. R (2004), S. 25-26.
2 Die Erhebung von Schätzwerten auf Basis von Expertenbefragungen wird in diesem Beitrag nicht be- trachtet.
3 Im weiteren Verlauf werden die Begriffe Eigenkapitalkostensatz und Eigenkapitalrendite daher synonym verwendet.
4 Vgl. DASKE, H./WIESENBACH, K. (2005), S. 407-408.
5 Vgl. DASKE, H./GEBHARDT, G. (2006), S. 536.
6 In diesem Beitrag wird auf die Analyse der Gewinnkapitalisierungsmodelle verzichtet.
7 Vgl. BARK, C. (2011), S. 54.
8 Vgl. WILLIAMS, J. B. (1938), S. 87-96.
9 Im Folgenden wird aus Vereinfachungsgründen auf den Erwartungswertoperator verzichtet.
10 Vgl. . Gebhardt, W. R./LEE, C. M. C./SWAMINATHAN, B. (2001), S. 141.
11 Vgl. BARK, C. (2011), S. 55.
12 Vgl. GORDON, M. J./SHAPIRO, E. (1956), S. 104.
13 Formal: -./0 -./0(
14 Vgl. SPREMANN, K. (2007), S. 122.
15 Vgl. DAMODARAN, A. (1996), S. 192.
16 Für die Rücksubstitution ergibt sich: 1 (
3.
17 Vgl. GORDON, M. J./SHAPIRO, E. (1956), S. 105-106.
18 Vgl. GORDON, J. R./GORDON, M. J. (1997), S. 53.
19 Vgl. HOLT, C. C. (1962), S. 475.
20 In der Regel wird g durch eine geschätzte Wachstumsrate für einen Zeithorizont von drei bis fünf Jahren abgebildet.
21 Vgl. CLAUS, J./THOMAS, J. (2001), S. 1634 und GORDON, J. R./GORDON, M. J. (1997), S. 53.
22 Vgl. GORDON, J. R./GORDON, M. J. (1997), S. 54.
23 Vgl. REESE, R. (2007), S. 63.
24 Vgl. OHLSEN, J. A. (2005), S. 330.
25 REESE, R., (2007), S. 65.
26 Vgl. OHLSEN, J. A. (2005), S. 331.
27 Vgl. SCHMALENBACH, E. (1962), S. 65.