Die Auswirkungen des Neoliberalismus. Entwicklung, Konsequenzen und die weitere Perspektive


Trabajo Escrito, 2011

18 Páginas, Calificación: 12


Extracto


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Was kennzeichnet den Neoliberalismus?

3 Die Liberalisierung und Deregulierung der Märkte

4 Die Ursachen der Wirtschafts- und Finanzkrise von 2008

5 Wege aus der Krise

6 Politischer Kurswechsel in Ausblick(?)

7 Zusammenfassung und Fazit

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Bereits 2007 bahnte sich mit der US-Immobilienkrise die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise an. Diese fand ein Jahr später mit dem Zusammenbruch der New Yorker Investmentbank Lehman Brothers ihren katastrophalen Höhepunkt. Hintergrund für die brisanten, auch gegenwärtig noch hochaktuellen Geschehnisse, stellt die gewaltige Aufblähung der weltweiten Finanzmärkte durch ein Übermaß an Spekulationen mit enormen Geldsummen dar. Zur Rettung von Banken, die sich zunehmend an spekulativen Geschäften beteiligten, wurden staatlich finanzierte Rettungspakete (bailouts) in Milliardenhöhe geschnürt, die den vollständigen Zusammenbruch der Banken und somit der Wirtschaft verhindern sollten. Die Konsequenzen in Form von enormer Neuverschuldung und der Bankrotterklärung einiger Staaten, wie beispielsweise Griechenland oder Portugal, ließen nicht lange auf sich warten. Die Entwicklungen der letzten Jahrzehnte hin zu einer marktliberalen und deregulierten Wirtschaftsordnung mit geöffneten Märkten, wurde durch politische Entscheidungsinstanzen weltweit gefördert und angepriesen. Neben der oftmals vertretenen Meinung, eine neoliberale Wirtschaftsordnung käme allen zu Gute, wurde diese oft als alternativlos aufgezeigt, um diese legitimieren zu können. Inzwischen nehmen immer mehr Menschen Abschied von der Forderung einer neoliberalen Marktordnung. Eine demokratische Neuorientierung der Wirtschafts- und Sozialpolitik findet verbreitet Anklang und wird von der Bevölkerung mit zunehmender Nachdrücklichkeit gefordert.

Diese Hausarbeit befasst sich mit der Frage danach, welche Bedeutung der neoliberale Paradigmenwechsel in den 70er Jahren für die Entstehung der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise in der internationalen Ökonomie hat und ob dies letztendlich einen politischen Kurswechsel einleiten kann. Zu Beginn wird kurz erläutert, was unter Neoliberalismus generell zu verstehen ist. Danach werden die grundlegenden Entwicklungen zur Liberalisierung und Deregulierung der Märkte sowohl global als auch im Kontext der EU dargelegt. Hierbei wird auch auf den Wandel der internationalen Finanzmärkte eingegangen. Im Anschluss werden die Ursachen für die Entstehung der weltweiten Krise im Jahr 2008 erläutert. Schließlich soll ein Ausblick gegeben werden, mit welchen Mitteln versucht wird beziehungsweise versucht werden kann, die Krise zu überwinden. Zuletzt wird diskutiert, welche Konsequenzen aus der Gesamtentwicklung der vergangenen Jahrzehnte für den Fortbestand der neoliberalen Doktrin in der internationalen Politik resultieren.

2 Was kennzeichnet den Neoliberalismus?

Um den Neoliberalismus näher erläutern zu können, muss zunächst der Begriff selbst untersucht werden. Das Präfix Neo, abgeleitet vom griechischen Wort néos, bedeutet „in erneuerter Form, weiterentwickelt; wieder aufgelebt.“[1] Die Wurzeln des Begriffs Liberalismus liegen im 19. Jahrhundert. Es handelt sich um eine verbreitete Denkrichtung und Lebensweise, die sich durch besondere wirtschaftliche, politische und gesellschaftliche Eigenschaften auszeichnet. Die freie Entfaltung der Persönlichkeit sowie die Zurückdrängung der staatlichen Intervention auf privater als auch wirtschaftlicher Ebene sind hierfür kennzeichnend.[2] Der Begriff des Neoliberalismus bezeichnet in seiner ursprünglichen Form die ideologische Ausrichtung einer Gruppe Liberaler, die in den 30er und 40er Jahren des 20. Jahrhunderts die soziale Marktwirtschaft und den wirtschaftlichen Liberalismus wiederbelebten.[3] Neben der Privatisierung von infrastrukturellen Wirtschaftsbereichen, wie Telefon, Bildung, Energie- und Wasserversorgung etc., galten freie Preisbildung, Privatbesitz sowie Gewerbe- und Vertragsfreiheit als grundlegende Forderungen neoliberaler Anhänger. Des weiteren waren die Monopol- und Kartellkontrolle, soziale Umverteilung und Chancengleichheit von großer Bedeutung für die Strömung des Neoliberalismus.[4] Als berühmte Vertreter der neoliberalen Theorie gelten Friedrich August von Hayek und Milton Friedman.[5] Sie wurden bekannt als Anhänger der Chicago School, welche insbesondere in der Zeit nach 1950 die internationale wirtschaftspolitische Denkweise maßgeblich beeinflusste. Ab den 1980er Jahren erfuhr der Begriff des Neoliberalismus eine zunehmend negative Konnotation. Die Ursache hierfür liegt vor allem darin, dass die Folgen liberaler Wirtschaftspolitik nicht zu den zuvor versprochenen Resultaten für die Bevölkerung führte. Der Abbau staatlicher Handelsschranken und die Forcierung des freien Wettbewerbs konnten die Chancengleichheit in der Gesellschaft nicht herstellen, sondern führten vielmehr zu einer Polarisierung sozialer Ungleichheiten und einem Auseinanderdriften der Schere zwischen Armen und Reichen.

3 Die Liberalisierung und Deregulierung der Märkte

Noch in den 1970er Jahren gab es in der Bundesrepublik Deutschland ein Einverständnis darüber, dass die soziale Marktwirtschaft durch Maßnahmen staatlicher Sozialpolitik geregelt und kontrolliert werden solle.[6] Der soziale Ausgleich spielte hierbei eine entscheidende Rolle. Bereits Anfang der 1980er Jahre begannen auf internationaler Ebene die Bemühungen einflussreicher Konzerne, bestehende Handelsbarrieren aufzubrechen sowie die sozial-, umwelt- und arbeitsrechtlichen Auflagen zu beschneiden.[7] Zu den großindustriellen Einflussnehmern gehörten mächtige Lobbygruppen wie beispielsweise der European Round Table of Industrialists (ERT), die amerikanische Coalition of Service Industries und der europäische Arbeitgeberverband Union of Industrial and Employers Confederation of Europe (UNICE).[8] Resultat der Bemühungen war unter anderem die Gründung der Welthandelsorganisation (WTO) im Jahr 1995, welche die Liberalisierung und Deregulierung der globalen Märkte voran trieb und sie zunehmend des staatlichen Einflusses entzog.[9] Das General Agreement on Trade in Services (GATS) von 1995 - ein Ergebnis der Arbeit der WTO - regelt die schrittweise Privatisierung des Dienstleistungssektors auf multilateraler Ebene.[10] Hierzu gehören unter anderem die Telekommunikation, das Postwesen, Bildungseinrichtungen, die Müllabfuhr sowie Krankenhäuser, Rentenversicherungen und der öffentliche Personentransport. Von Kritikern wird diese Vorgehensweise als „irreversible[r] Vertrag, [der] die staatliche Regulierung in ein neoliberales Korsett zwingt [...]“, angesehen.[11] Durch dieses grundlegende Vorhaben würden die wirtschafts- und sozialpolitischen Handlungsspielräume späterer Regierungen stark eingeschränkt.[12] Das GATS gelte daher als „ein paradigmatisches Beispiel für die Schere zwischen Liberalismus und Demokratie.“[13] Ergebnisse der Privatisierung sind unter anderem Lohnkosteneinsparungen, Verringerung der Sozialstandards und weitere Maßnahmen, die es ermöglichen, die Arbeitskosten zu Gunsten der Gewinnmaximierung zu drücken, um den Unternehmenswert im Sinne des Shareholder Value zu steigern.[14] Die Privatisierung erlaube dem Staat zudem, seine sozialpolitischen Verpflichtungen zu verringern.[15] Dies entlastet die Staatskasse nachhaltig und füllt selbige durch den Verkauf staatlichen Eigentums wieder auf.

Auch auf europäischer Ebene wurde eine neoliberale Entwicklung in Richtung Liberalisierung und Deregulierung begrüßt und gefördert. Dies geschah unter anderem mit dem Binnenmarktprojekt von 1992.[16] In diesem Vorhaben wurde versucht, einen vollkommen liberalisierten Binnenmarkt innerhalb der EU zu etablieren, der die Niederlassungsfreiheit von Dienstleistern ermöglicht und den wechselseitigen Leistungsaustausch innerhalb der EU gewährleistet.[17] Das Projekt führte bislang zu einer Verschärfung des Standortwettbewerbs und somit einem Abbau sozialstaatlicher Leistungen. Auch die Währungsunion, die Bestandteil des Maastrichter Vertrags von 1992 war und die Unabhängigkeit der Zentralbanken von staatlicher Lenkung sieben Jahre später einführte, stellte eine weitere Stufe der Deregulierung dar.[18] Dies führte unweigerlich dazu, dass von nun an das Interesse mächtiger Finanzinvestoren die Zentralbanken steuerte. Demokratische Gestaltung wurde durch Preisstabilität, als oberstem Gebot, abgelöst. Der 1997 verabschiedete Stabilitätspakt förderte den neoliberalen „Roll-back“ von Seiten staatlicher Fiskalpolitik.[19] Die Begrenzung öffentlicher Defizite wurde zwar bereits mit dem Vertrag von Maastricht festgeschrieben, jedoch wurden diese Forderungen durch den Stabilitätspakt noch einmal forciert. Der Staat sollte nicht nur eine steigende Neuverschuldung verhindern, sondern vielmehr für einen positiven oder zumindest ausgeglichenen Haushalt sorgen. Staatliche Finanzpolitik wurde demnach nicht länger an ihren Erfolgen zur Bekämpfung sozialer Ungleichheiten, ihrem Angebot an öffentlichen Gütern für die EU oder dem Beitrag zur konjunkturpolitischen Stabilität gemessen, sondern lediglich daran, ob der Staatshaushalt ausgeglichen war.[20] Insgesamt haben die aufgeführten Entwicklungen „die gesamtwirtschaftliche Entwicklung der EU [...] gebremst und die sozialen Disparitäten polarisiert.“[21]

Aufgrund der zunehmenden internationalen Liberalisierung und Deregulierung haben sich zudem die Zustände auf den globalen Finanzmärkten in den letzten drei Jahrzehnten stark verändert. Kapitaltransaktionen stiegen nicht nur rasant in ihrer Geschwindigkeit; auch die Geldsummen, die auf den Finanzmärkten transportiert werden, haben sich innerhalb der letzten 25 Jahre um das achtzehnfache von 3 auf 55 Billionen US-Dollar erhöht. Ein ähnlicher Anstieg ist auf dem internationalen Aktienmarkt zu verzeichnen. Aktienanteile stiegen um das 15-fache, während der Aktienhandel auf den 170-fachen Wert der 80er Jahre anstieg.[22] Die enorme Aufblähung der Finanzmärkte und die damit verbundene Flut an Spekulationen sind in erster Linie auf eine Entwicklung zurückzuführen, die Mitte der 70er Jahre von der USA angestoßen wurde. Mit der Aufkündigung des Bretton-Woods-Systems, welches den US- Dollar an einen Goldstandard band und die internationalen Wechselkurse festlegte, entstanden starke Wechselkursschwankungen. Ursache dieser Entscheidung war vor allem die hohe Verschuldung der USA aufgrund von exorbitanten Rüstungskosten, die der Vietnamkrieg verschlungen hatte.[23] Im Zusammenhang mit der Abnahme staatlicher Reglementierungen und der Zunahme des freien internationalen Kapitalverkehrs, wurden neue Optionen der Finanzspekulation eröffnet. Von nun an traten die einzelnen Währungen in Konkurrenz zueinander, was insbesondere für unternehmenspolitische Entscheidungen von großer Bedeutung wurde. Der entflammte Wettbewerb zwischen den Währungen um höhere Kaufkraft wurde schon bald darauf für spekulative Geschäfte genutzt.[24] Um den neu entstandenen globalen Wettbewerb vollständig entfesseln zu können, wurden von Seiten der USA, der OECD und des Internationalen Währungsfonds (IWF) die Liberalisierung des Kapitalverkehrs gefordert.[25] Dies geschah - wie bereits anfangs erwähnt - zu Beginn der 80er Jahre.

[...]


[1] Duden. Das Fremdwörterbuch (2006): Neo. 9. Aufl. Mannheim: Bibliographisches Institut & F.A.

Brockhaus.

[2] Vgl. Duden. Das Fremdwörterbuch (2006): Liberalismus. 9. Aufl. Mannheim: Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus.

[3] Vgl. Bokelmann, Mareke (2007): Der Neoliberalismus und seine Folgen. Zunahme egoistischer Tendenzen. Norderstedt: Grin Verlag. 4.

[4] Vgl. Ebd.

[5] Vgl. Eißel, Dieter (2008): „Ungleichheit und Armut als Movens von Wachstum und Wohlstand?" In: Huster, Ernst-Ulrich / Boeckh, Jürgen / Mogge-Grotjahn, Hildegard (Hrsg.): Handbuch Armut und soziale Ausgrenzung. Wiesbaden: VS & GWV Fachverlage. 59.

[6] Vgl. Engartner, Tim (2008): „Privatisierung und Liberalisierung - Strategien zur Selbstentmachtung des öffentlichen Sektors." In: Butterwegge, Christoph / Lösch, Bettina / Ptak, Ralf (Hrsg.): Kritik des Neoliberalismus. 2. Aufl. Wiesbaden: VS & GWV Fachverlage. 124.

[7] Vgl. Ebd. 120.

[8] Vgl. Ebd.

[9] Vgl. Ebd.

[10] Vgl. Ebd.

[11] Ebd.

[12] Vgl. Ebd. 121.

[13] Mertens, Stefan (2003): „Der GATS-Vertrag als ein paradigmatisches Beispiel für die Schere zwischen Liberalismus und Demokratie." In: Pfeiffer, Sigrid (Hrsg.): GATS und Maus - ein ungleiches Spiel. Berlin: Dietz. 21.

[14] Vgl. Huffschmid, Jörg (2006): „Erneuerung des Sozialstaates gegen die Herrschaft der Finanzmärkte - Herausforderungen demokratischer Wirtschaftspolitik in Europa." In: Grasse, Alexander / Ludwig, Carmen / Dietz, Berthold (Hrsg.): Soziale Gerechtigkeit. Reformpolitik am Scheideweg. Wiesbaden: VS Verlag. 335.

[15] Vgl. Engartner, Tim (2008): 125.

[16] Vgl. Huffschmid, Jörg (2006): 336.

[17] Vgl. Engartner, Tim (2008): 117.

[18] Vgl. Huffschmid, Jörg (2006): 337.

[19] Ebd. 336f.

[20] Vgl. Ebd. 337.

[21] I-LJ

[22] Vgl. Huffschmid, Jörg (2007): „Internationale Finanzmärkte: Funktionen, Entwicklung, Akteure." In: Ders. / Koppen, Margit / Rhode, Wolfgang (Hrsg.): Finanzinvestoren: Retter oder Raubritter? Hamburg: VSA. 14ff.

[23] Vgl. Eißel, Dieter (2009): „Über die Ursachen der Finanzkrise, Deregulierung, neoliberale Verteilungspolitik, Ungleichgewicht globaler Finanzströme und Krise des US-Immobilienmarkts." In: Spiegel der Forschung 26 (2009) Nr.1. 52.

[24] Vgl. Huffschmid, Jörg (2006): 333.

[25] Vgl. Ebd.

Final del extracto de 18 páginas

Detalles

Título
Die Auswirkungen des Neoliberalismus. Entwicklung, Konsequenzen und die weitere Perspektive
Universidad
Justus-Liebig-University Giessen  (Politikwissenschaften)
Curso
Proseminar: Einführung in die Internationale Politische Ökonomie
Calificación
12
Autor
Año
2011
Páginas
18
No. de catálogo
V213791
ISBN (Ebook)
9783656420422
ISBN (Libro)
9783656421078
Tamaño de fichero
720 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
auswirkungen, neoliberalismus, entwicklung, konsequenzen, perspektive
Citar trabajo
Nils Hübinger (Autor), 2011, Die Auswirkungen des Neoliberalismus. Entwicklung, Konsequenzen und die weitere Perspektive, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/213791

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