Plutarch als Biograph und seine Darstellung der Gracchen in den Parallelbiographien


Hausarbeit (Hauptseminar), 2012

22 Seiten, Note: 2,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung

II. Leben und Werk des Plutarch
II.1 Zur Person des Plutarch
II.2 Wirken und Werke
II.2.1 Die Parallelbiographien

III. Die Darstellung der Gracchen bei Plutarch
III.1 Quellenproblematik

IV. Fazit

Quellen- und Literaturverzeichnis

I. Einleitung

Noch heute kennen wir eine Vielzahl von Personen und Persönlichkeiten aus der Antike, obwohl deren Lebzeit zweitausend Jahre und länger zurückliegt. Im heutigen Zeitalter ist es gar kein Problem, Informationen über das Leben verschiedener Menschen zu erhalten. Die Gesellschaft ist nicht nur hoch bürokratisiert, sodass jeder Mensch behördlich gemeldet ist, sondern vor allem die modernen Medien führen zu einem beinahe gläsernen Menschen. Nicht nur, dass in Presse, Fernsehen und Internet über prominente Personen berichtet wird. Jeder Ottonormalverbraucher hat inzwischen die Möglichkeit, nahezu sein gesamtes Leben der Öffentlichkeit preis zu geben. Hier denke man nicht zuletzt an soziale Netzwerke wie Facebook (u.a.). Und wenn man allzu sorglos damit umgeht, dann kann man nicht nur selbst von seinem eigenen Leben erzählen, sondern ermöglicht auch Fremden, über sein eigenes Leben etwas zu berichten.

Heutzutage ist man einer regelrechten Flut an biographischen Informationen ausgesetzt. Blickt man aber einige Jahrhunderte oder sogar Jahrtausende zurück, war an die zuvor genannten modernen, technischen Innovationen noch gar nicht zu denken. Trotzdem wissen wir heute vieles über die Menschen vergangener Zeiten. Schon in der Antike haben sich die Menschen in dem Maße füreinander interessiert, als dass schon damals Biographien über besondere Persönlichkeiten verfasst wurden. Unter anderem hat auch Plutarch Biographien geschrieben. Dabei handelt es sich nicht lediglich um Einzelbiographien, sondern um ein biographisches Sammelwerk über große Griechen und Römer. In diesem Werk vergleicht Plutarch die Lebensgeschichten verschiedener römischer Persönlichkeiten mit den Lebensbeschreibungen großer Griechen und zieht Parallelen zwischen ihnen.[1] Mit diesen parallelen Lebensbeschreibungen hat Plutarch eine besondere Form der Biographie geschaffen, die uns heute noch als Quelle über viele der dort beschriebenen Personen dienen kann.

In dieser Hausarbeit soll Plutarchs biographische Tätigkeit einmal näher analysiert werden und die Besonderheiten an seinen Parallelbiographien herausgearbeitet werden. Zunächst ist dabei auch Plutarch selbst als Person vorzustellen. Es stellt sich nämlich die Frage, wer dieser Plutarch war und was ihn dazu bewegt hat, Biographien über andere Menschen zu schreiben. Hierbei sollten auch seine übrigen Werke kurz betrachtet werden, denn seine weitere schriftstellerische Tätigkeit könnte ebenso interessant für die Analyse seiner Biographie über große Griechen und Römer sein. Vielleicht sind Einflüsse seiner anderen Werke in den Parallelbiographien zu erkennen. Außerdem liegt es nahe, dass er irgendwie Erlebnisse aus seinem Leben in diesen Biographien verarbeitet oder zumindest angemerkt hat. Deshalb muss also Plutarchs Leben und Werk direkt zu Beginn dieser Arbeit betrachtet werden.

Da Plutarch über eine große Vielzahl an Personen geschrieben hat, wird in dieser Hausarbeit exemplarisch seine Darstellung des Lebens der beiden Gracchen untersucht werden. Es soll dabei der Frage nachgegangen werden, auf welche Art und Weise Plutarch das Leben von Tiberius und Gaius Gracchus darstellt. Außerdem ist fraglich, welchen Bezug der Grieche Plutarch zu den beiden römischen Volkstribunen hatte. Ausgehend von dem Beispiel der Gracchen sollen generelle, verallgemeinernde Rückschlüsse auf Plutarchs Darstellungsweise, seinen Schreibstil und seinen Bezug zu den beschriebenen Personen gezogen werden. Abschließend wird es auch darum gehen, die Parallelbiographien auf ihren Quellenwert hin zu untersuchen. Es ist kritisch zu hinterfragen, inwiefern diese antike Sammelbiographie als Quelle zu nutzen ist. Zudem muss auch nach den Quellen Plutarchs gefragt werden, denn die in seinen Biographien behandelten Menschen waren keine Zeitgenossen von ihm. Somit muss also auch Plutarch verschiedene Quellen gehabt haben, worüber es in dieser Arbeit einmal nachzudenken gilt.

In dieser Hausarbeit wird mit der deutschen Übersetzung Zieglers von Plutarchs Parallelbiographien gearbeitet werden.[2] Ziegler hat nicht nur Plutarch ins Deutsche übersetzt, sondern auch einige wichtige Forschungsbeiträge über den antiken Schriftsteller und Philosophen[3] geliefert. Er kann wohl nach wie vor als der führende deutsche Plutarch-Forscher angesehen werden; er ist es, dessen Beiträge über Plutarch[4] in den einschlägigen Altertumslexika zu finden sind und immer wieder beziehen sich ihm nachgefolgte Wissenschaftler auf seine Abhandlungen. In Bezug auf die Parallelbiographien hat sich Ziegler auch wichtige Gedanken über die von Plutarch genutzten Quellen gemacht. Obwohl Ziegler bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts[5] daran geforscht hat, sollten seine Ausführungen unbedingt Beachtung in dieser Arbeit finden.

Insgesamt stammt viel Literatur zu Plutarch und seiner Biographie großer Griechen und Römer aus den 1970er Jahren. Hier sind für den deutschsprachigen Bereich einerseits Buchler-Isler zu nennen, die „Norm und Individualität in den Biographien Plutarchs“[6] erforscht hat und Scardigli, die ihr Forschungswerk etwas allgemeiner „Die Römerbiographien Plutarchs“[7] betitelte. Buchler-Isler legt recht ausführlich die Art und Weise der Darstellung des Individuums bei Plutarch dar. Zusammenfassend kennzeichnet sie Plutarchs Menschendarstellung als „ein ständiges abwägendes Vergleichen, ein gleichsam den Charakter von außen Anvisieren und Einkreisen.“[8] Damit stellt Plutarch jeden Menschen seiner Parallelbiographien nicht bloß individuell vor, sondern setzt ihn zugleich in Beziehung zu einem anderen. Vor allem im Hinblick auf das Kapitel II.2.1 dieser Arbeit werden Buchler-Islers Forschungsergebnisse zu berücksichtigen sein. Scardigli macht einige interessante Äußerungen über den Quellenwert von Plutarchs Römerbiographien, besonders über den Quellenwert in Bezug auf Tiberius und Gaius Gracchus.[9] Ihr Forschungsbericht muss deshalb unbedingt Berücksichtigung in dieser Hausarbeit finden.

Jones[10] und Russel[11] haben sich, ebenfalls in den 1970er Jahren, relativ allgemein mit Plutarch und seinem Leben auseinandergesetzt. Dennoch fanden natürlich auch die Parallelbiographien Eingang in ihre Forschungen. Laut Jones waren die Parallelbiographien schon in der Antike ein wichtiges Werk.[12] Auch Russel stimmt dieser Ansicht zu.[13] Er hebt in seiner Monographie vor allem Plutarchs ganz eigenen Stil immer wieder hervor,[14] was aber auch andere Plutarch-Forscher keineswegs außer Acht lassen.

Die meiste Forschungsliteratur zu Plutarch stammt aus den 1960er und 1970er Jahren, teilweise handelt es sich dabei aber um Nachdrucke älterer Literatur aus den 1920er und 1930er Jahren. Neueste Studien von Pelling[15] aus dem Jahre 2002 greifen die früheren Forschungsergebnisse auf und hinterfragen sie noch einmal. Pelling bezieht sich in seinen Ausführungen aber vor allem auf die Römerbiographien, die sich mit den letzten Jahren der römischen Republik beschäftigen.[16] Die Zeit der Gracchen in Plutarchs Darstellung ist nicht sein Forschungsschwerpunkt. Grundlegende und wichtige Forschungen zu Plutarch wurden jedoch schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts durch Hirzel[17] betrieben und die zuvor genannte Forschungsliteratur bezieht sich an vielen Stellen noch auf ihn und seine Ergebnisse. Hirzel darf also auch bei dieser Arbeit nicht völlig unberücksichtigt bleiben.

II. Leben und Werk des Plutarch

II.1 Zur Person des Plutarch

Der antike griechische Schriftsteller Plutarch lebte im ersten Jahrhundert nach Christus. Sein genaues Geburtsjahr ist, wie bei vielen anderen Persönlichkeiten der Alten Geschichte, nicht eindeutig zu ermitteln. Er ist wohl in den 40er Jahren des ersten Jahrhunderts geboren,[18] vermutlich kurz nach dem Jahr 45 nach Christus.[19] Auch das Todesjahr ist nicht eindeutig zu datieren, aber es war wohl nach dem Jahr 120. Plutarch stammt aus Chaironeia, einer kleinen griechischen Stadt. Er wurde in Athen als Schüler des Ammonios zu einem Anhänger der Lehren Platons.[20] Plutarch war also Philosoph. Diese philosophische Ausbildung in Athen lässt vermuten, dass Plutarch einer wohlhabenden, vornehmen Familie entstammte.[21] Neben Platon wurde Plutarch auch durch die Lehren anderer Philosophen bzw. deren Schulen beeinflusst.[22] Allerdings empfand er die Lehren der Stoa als extravagant und polemisierte teilweise dagegen.[23]

Die Lebensdaten antiker Personen genau zu datieren, gestaltet sich oftmals schwierig. Für diese Arbeit ist es nicht wichtig, das genaue Geburts- und Todesdatum Plutarchs zu wissen. Eine grobe Datierung ins erste Jahrhundert nach Christus ist völlig ausreichend. Interessanter ist es danach zu fragen, woher man von den o.g. Lebensdaten und vor allem auch den philosophischen Weltanschauungen des Plutarch weiß. Das Schöne an Schriftstellern ist, dass sie einfach viel schreiben oder vieles geschrieben haben. So erfährt man einiges über sie aus ihren eigenen Werken. Auch wenn sie nicht als eine Form Ich-Erzähler hervortreten, erscheinen sie doch immer wieder in ihren Werken, etwa durch bestimmte Formulierungen und kleinere Äußerungen, die sich auf die Person des Schriftstellers beziehen lassen.

„Plutarch war schon zu seinen Lebzeiten ein berühmter Mann.“[24] Er ist viel gereist und hat dabei nicht nur ganz Hellas kennengelernt, sondern auch Rom besucht.[25] Teilweise sind diese Rombesuche im Auftrag seiner Vaterstadt Chaironeia erfolgt. Plutarch war dadurch in gewisser Weise politisch oder aber diplomatisch tätig, wenn er als Gesandter Chaironeias nach Rom kam. Seine Bekanntheit zu Lebzeiten lässt sich mit dieser Amtstätigkeit erklären. Die Tatsache, dass Plutarch kommunale Ämter, auch Ehrenämter,[26] bekleiden durfte, lässt sich sicherlich auf seine vornehme Herkunft und auch auf die gute Ausbildung (wobei gute Herkunft und gute Ausbildung einhergehen dürften) zurückführen.

Plutarch lässt sich also als gut ausgebildeter, aus vornehmem Hause stammender Mann charakterisieren, der als Schriftsteller tätig war. Als Anhänger Platons waren ihm auch andere philosophische Strömungen bekannt, die sein Leben beeinflussten. Auch die zahlreichen Reisen werden sein Leben sehr geprägt haben. Inwiefern dies sein schriftstellerisches Wirken beeinflusste, ist im nun folgenden Kapitel zu untersuchen.

II.2 Wirken und Werke

Plutarch hat ungefähr 250 Bücher geschrieben.[27] Für einen antiken griechischen Schriftsteller ist ein Gesamtwerk dieser Zahl grundsätzlich nichts Ungewöhnliches. Allerdings ist es bemerkenswert, dass ein Großteil seiner Werke bis heute erhalten geblieben ist. Ausgehend von Plutarchs Lebzeiten im ersten Jahrhundert n. Chr. sind es bis heute fast 2000 Jahre. Zwar sind auch Werke weitaus älterer Schriftsteller als Plutarch erhalten, aber selten in dieser Vielzahl. Die Tatsache, dass ein großer Teil seines Gesamtwerks überliefert bzw. erhalten ist, lässt sich auf einen hohen Bekanntheitsgrad Plutarchs schon zu seinen Lebzeiten zurückführen. Wer zu Lebzeiten berühmt ist, wird dies auch nach dem Tode zunächst bleiben. Erst recht dann, wenn man besonders beliebt war. Dies ist im Falle Plutarchs stark zu vermuten. Schließlich ist er sogar in kommunalpolitischem Auftrag auf Reisen geschickt worden. Das lässt auf ein hohes Ansehen und eine gewisse Beliebtheit schließen. So wurden offenbar auch Plutarchs Werke schon zu seinen Lebzeiten geschätzt und nach seinem Tode gerne überliefert. Die Beliebtheit Plutarchs wird auch noch dadurch unterstrichen, dass nach seinem Tode Schriften auf seinen Namen gefälscht wurden.[28]

Seine Werke sollen im vierten Jahrhundert n. Chr. am meisten gelesen worden sein,[29] also rund 200 Jahre nach seinem Tod. Plutarchs Werke müssen deshalb kurz nach seinem Tode bereits ziemlich oft vervielfältigt worden sein, wodurch seine Literatur diese starke Verbreitung innerhalb des relativ kurzen Zeitraums von 200 Jahren erfahren hat. Im Übrigen erklärt eine sehr frühe Vervielfältigung der Werke in hoher Zahl auch, warum heute noch ein Großteil davon erhalten ist: Je mehr Exemplare eines Buches vorhanden sind, desto öfter kann es abgeschrieben werden und desto größer ist die Chance, das Werk über viele Jahrhunderte zu erhalten.

[...]


[1] Vgl. Ziegler, K.: Art. Plutarchos von Chaironeia, in: KlP 4, Sp. 945 ff.

[2] Plutarch: Große Griechen und Römer. Eingeleitet und übersetzt von: Ziegler, K..

[3] Vgl. Jones, C. P.: Plutarch and Rome, S. 14 sowie Ziegler, K.: Art. Plutarchos von Chaironeia, in: KlP 4, Sp. 945.

[4] Anm.: Die entsprechenden Artikel über den hier gemeinten Plutarch sind zu finden unter Plutarchos von Chaironeia, denn so lautet sein vollständiger Name.

[5] Anm.: Bei der hier verwendeten Literatur Zieglers handelt es sich um Nachdrucke aus den 1960er und 1970er Jahren.

[6] Buchler-Isler, B.: Norm und Individualität in den Biographien Plutarchs.

[7] Scardigli, B.: Die Römerbiographien Plutarchs. Ein Forschungsbericht.

[8] Vgl. Buchler-Isler, B.: Norm und Individualität in den Biographien Plutarchs, S. 62.

[9] Vgl. Scardigli, B.: Die Römerbiographien Plutarchs. Ein Forschungsbericht, S. 61 ff.

[10] Jones, C. P.: Plutarch and Rome.

[11] Russel, D. A.: Plutarch.

[12] Vgl. Jones, C. P.: Plutarch and Rome, S. 81.

[13] Vgl. Russel, D. A.: Plutarch, S. 18.

[14] Vgl. ebd., S. 20.

[15] Pelling, C.: Plutarch and History. Eighteen Studies.

[16] Vgl. ebd., S. 1.

[17] Hirzel, R.: Plutarch.

[18] Vgl. Jones, C. P.: Plutarch and Rome, S. 13.

[19] Vgl. hierzu und zum Folgenden Ziegler, K.: Art. Plutarchos von Chaironeia, in: KlP 4, Sp. 945.

[20] Vgl. ebd., Sp. 945 f. sowie Jones, C. P.: Plutarch and Rome, S. 14.

[21] Vgl. Ziegler, K.: Plutarchos von Chaironeia, Sp. 6.

[22] Vgl. ebd.

[23] Vgl. Russel, D. A.: Plutarch, S. 84.

[24] Ziegler, K.: Art. Plutarchos von Chaironeia, in: KlP 4, Sp. 952.

[25] Vgl. hierzu und zum Folgenden Ziegler, K.: Art. Plutarchos von Chaironeia, in: KlP 4, Sp. 945.

[26] Vgl. Ziegler, K.: Art. Plutarchos von Chaironeia, in: KlP 4, Sp. 945-946.

[27] Vgl. hierzu und zum Folgenden Russel, D. A.: Plutarch, S. 19.

[28] Vgl. Ziegler, K.: Art. Plutarchos von Chaironeia, in: KlP 4, Sp. 947 ff.

[29] Vgl. Russel, D. A.: Plutarch, S. 18.

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Plutarch als Biograph und seine Darstellung der Gracchen in den Parallelbiographien
Hochschule
Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen  (Historisches Institut)
Veranstaltung
Hauptseminar "Die Gracchen"
Note
2,7
Autor
Jahr
2012
Seiten
22
Katalognummer
V214149
ISBN (eBook)
9783656424741
ISBN (Buch)
9783656434795
Dateigröße
579 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
plutarch, biograph, darstellung, gracchen, parallelbiographien
Arbeit zitieren
Janina Vaupel (Autor:in), 2012, Plutarch als Biograph und seine Darstellung der Gracchen in den Parallelbiographien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/214149

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