Öffentliche Akte an kirchlichen Hochfesten bei Karolingern und Ottonen


Seminararbeit, 2010

20 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Motive für die Verbindung von Herrscherakten und Festtagen

3. Gestaltung der Festakte

4. Herrscherakte
4.1. Krönungen und Herrschaftsantritt
4.2. Hoftage und Herrschertreffen
4.3. Kirchweihe
4.4. Urkundenübergabe

5. Bibliographie

1. Einleitung

Hochfeste haben in der katholischen Kirche einen besonderen Stellenwert, da sie Festtage mit höchstem liturgischem Rang sind. Man unterscheidet bei einem „dies sanctus“ oder „dies sanctificatus“ die Feste des Herrn, die Hochfeste der Gottesmutter und Hochfeste der Heiligen. Zu den wichtigsten Festen des Herrn zählen das österliche Triduum Paschale mit dem Ostersonntag, die Geburt Jesu zu Weihnachten am 25. Dezember, Christi Himmelfahrt (40 Tage nach Ostern), Pfingsten (50 Tage nach Ostern), Fronleichnam (Donnerstag der 2. Woche nach Pfingsten), die Erscheinung des Herrn (6. Jänner) oder das Christkönigsfest (letzter Sonntag im Jahreskreis). Unter dem Triduum Paschale versteht man in der christlichen Liturgie den Zeitraum, der mit dem Gründonnerstag beginnt. Anschließend folgt der Karfreitag, der Tag des Leidens und Sterbens Jesu, der Karsamstag, der Tag der Grabesruhe und der Ostersonntag, der Tag der Auferstehung. Das Triduum Paschale, die alljährliche Wiederholung der Leidenszeiten Christi bildet den Höhepunkt des christlichen Kirchenjahres. Gerade der Tag der Auferstehung Christi symbolisiert Erneuerung und wurde daher im Mittelalter gerne von christlichen Herrschern zur Herrschaftsrepräsentation und vor allem für Herrschaftsantritte genutzt. Die Feier des höchsten kirchlichen Festes hatte für die Königsherrschaft eine legitimierende Wirkung.

Die Feier des 50. Tages nach Ostern, das Pfingstfest (pentekoste) lässt sich ab dem 4. Jahrhundert belegen und zelebriert die Entsendung des Heiligen Geistes

Die Hochfeste der Gottesmutter werden am 1. Jänner, Maria Himmelfahrt am 15. August und dem Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria am 8. Dezember gefeiert. Ergänzt werden diese Feste um liturgische Fest- und Gedenktage die regionale Gültigkeit haben, wie z.B. Kirchweihfeste oder Gedenktage an ein Patrozinium. Erwähnenswert ist, dass nicht nur der Tag selbst, sondern der Vorabend, „vigilia“ und auch der 8. Tag nach dem Festtag, die „octava“ zelebriert wurde. Weiters ist zu bedenken, dass innerhalb dieser Hochfeste eine eigene Hierarchie herrschte, Ostern war wichtiger als der Karfreitag, Mariae Himmelfahrt wichtiger als Mariae Geburt.

Auf den Synoden von Mainz 813, Dingolfing 932 und Trebur 1036 wurden Beschlüsse gefasst, die das Kirchenjahr einheitlich strukturieren sollten. Ein Dekret des Bischofs von Worms bestätigt folgende Feste mit überregionaler Bedeutung für das Kirchenjahr: Weihnachten, Circumcisio Domini am 1. Jänner, Epiphanie, Ostern, Christi Himmelfahrt, Mariae Reinigung, Mariae Himmelfahrt, Mariae Geburt, die Natales der Apostel, Johannes der Täufer, Laurentius, Martin, Remigius, , Allerheiligen, Kreuzauffindung und der Tag der Kreuzerhöhung. Zusätzlich wurden Patronats- und Kirchweihfeste in das Kirchenjahr aufgenommen[1].

2. Motive für die Verbindung von Herrscherakten und Festtagen

Rituale sind symbolische Handlungen, sie bilden einen Code, den die Beteiligten kennen oder kennen sollten und ermöglichen einen gemeinsamen Konsens in der Gemeinschaft. Sie stiften Struktur und Dauer, obwohl sie selbst veränderbar sind. Rituale dienen unter anderem dazu, Rangunterschiede sichtbar zu machen.

Die Verbindung von Fest- und Heiligentagen mit politisch-rechtlichen Akten im Rahmen symbolischer Zeremonien geht im Mittelalter mit dem Bewusstsein einher, dass Kirchenfeste für den Menschen ein fester Bestandteil des christlichen Lebens waren. Die Verquickung geistlicher und weltlicher Inhalte beruht auf der Einstellung des mittelalterlichen Menschen, dass die himmlische Welt in die Realität einbezogen wurde. Demnach gab es auch keine scharfe Trennung zwischen diesen beiden Ebenen des Seins, wie wir sie heute kennen. Die besondere Liturgie der Feiertagsgottesdienste verlieh den politisch repräsentativen Handlungen der Herrscher und Fürsten einen besonderen Stellenwert. Außerdem wurde der öffentliche Akt mit diesem Ritual in eine sakrale Sphäre gehoben. Wenn also die Karolinger ein Fest an einem Heiligen Tag, so erhofften sie sich für ihre politischen Projekte und Ziele weltliche und himmlische Unterstützung. Schon Gregor von Tours formulierte, dass das Einhalten und Feiern von Heiligenfesten, Schutz für das irdische und einen Gewinn für das ewige Leben[2] sei.

Die Fixierung heiliger Zeiten stand zwar schon im Frühmittelalter im Zentrum des Interesses, so ordnete Karl der Große 781 die Anfertigung eines solchen Kalenders zum persönlichen Gebrauch an[3]. Einen Höhepunkt erreichte das Zusammenspiel zwischen kirchlicher und weltlicher Präsentation im Zeitalter der Ottonen.

Taufe, Schwertleite, Krönung und Wahl, Vermählung und Beisetzung eines Herrschers, Hoftage und Reichstage, der Erlass von Gesetzen und Verordnungen, das Zusammentreffen mit wichtigen Gesandten oder fremden Herrschern, der Abschluss von Bündnisverträgen, der Beginn von Schlachten, Waffenstillstände und Friedensschlüsse, Unterwerfungsakte, Huldigung, Eidesleistung und Belehnung von Vasallen, Investitur von Bischöfen und Äbten, Ernennung weltlicher Würdenträger, Urteilsverkündungen, Verlesung feierlicher Privilegien und Briefe sind einige dieser Handlungen im Mittelalter[4]. Für die Zeit der Ottonen war die religiöse Orientierung der Herrschaftsverwirklichung besonders signifikant. Deshalb wurden gerade die kirchlichen Hochfeste von den Herrschern dazu benützt, um die Großen zu versammeln, die Gesandten anderer Völker zu empfangen und den „Radius des Ruhms und der Macht sichtbar zu machen“[5]. Zur Herrschaftszeit Ottos I. erschienen insgesamt 32 herausgehobene Feste im Kirchenjahr, an denen man 108 politische, rechtliche und repräsentative Handlungen setzte[6], wobei die Quellen besonders häufig Ostern als Zeitpunkt der Versammlung der Großen mit den Fürsten nennen.

Deutlich sichtbar wird diese Vermischung religiöser und weltlicher Inhalte zur Zeit der Ottonenherrschaft bei der Lektüre der beiden großen Chronisten Widukind von Corvey (925-973) und Thietmar von Merseburg (975-1018). Sucht man in Herrscherviten des 9. Jahrhunderts, wie der Vita Karls des Großen, vergebens nach einer vordergründig religiös-politisch motivierten Berichterstattung, so sind die Berichte Widukinds und Thietmars deutlich an kirchliche Feiertage angelehnt. Während bei Einhard zum Beispiel die Schilderung der Kaiserkrönung Karls in keiner Weise auf den Weihnachtstag bezug nimmt, verwenden die beiden Autoren zur Zeit der Ottonen den Kalender der Feiertage geradezu als Rahmen des Erzählstranges, innerhalb dessen ihre Protagonisten politisch agieren. Christliche Hoffeste und Feiertage der Heiligen bilden das literarische Grundgerüst für die Beschreibung der politischen Taten der Herrscher. Herzöge, Könige, Große des Reiches oder politische Gegner erscheinen, als ob sie ihr gesamtes politisches Leben und Handeln auf den Kirchenkalender geradezu abgestimmt hätten. Als Beispiel unter vielen lassen sich die letzten Tage Ottos I. bei Widukind von Corvey nennen. Wie sehr die Amtsführung des Herrschers dem Rhythmus des sakralen Lebens unterworfen gewesen sein könnte, lässt sich bei der Lektüre über die letzen Lebenstage Ottos 973 erkennen. Feierte er im Rahmen einer Versammlung seine Rückkehr in die Heimat nach erfolgreichem Gallienzug das Osterfest in Quedlinburg gemeinsam mit den Fürsten des Reiches, so setzte er die Feierlichkeiten zu Christi Himmelfahrt in Merseburg fort, um abschließend zum Pfingstfest in Memleben seine politischen Verbündeten zu treffen. Am darauffolgenden Tag starb der Herrscher und unterbrach damit den Kreislauf der Amtsgeschäfte im Rhythmus der sakralen Feiertage für immer[7]. Auch die Chronik Bischofs Thietmar von Merseburg liest sich, als hätte er einen Heiligenkalender mit den jeweiligen politischen Taten der Ottonen befüllt. Kaum eine Herzogserhebung, eine militärische Auseinandersetzung oder eine Übertragung politischer Rechte fällt nicht zusammen mit einem kirchlichen Fest. In seinem Werk findet man das Handeln der Personen exakt eingebettet in das kirchliche Leben. Wie sehr die Vermischung beider Welten Alltag gewesen sein mag, zeigt die folgende Szene von 973. Nach Thietmars Aufzeichnungen feierte Otto I. „wie gewöhnlich“[8] das Fest der Palmweihe in einer prunkvollen Prozession mit Bischöfen und anderen Priestern hohen Ranges mit Kreuzen und Heiligenreliquien, die ihm umgaben. Anschließend, nach Überreichung der Geschenke, begab er sich in seinen Wohnraum um Rechte an Vögte zu übertragen und Schenkungsurkunden auszustellen.

Es ist nur eine logische Konsequenz, dass Unternehmungen gegen den Herrscher ebenfalls an kirchlichen Feiertagen geplant wurden. So schreibt Widukind, dass der Aufstand Heinrichs I. von Bayern gegen seinen Bruder Otto I. im Kampf um die Herrschaft an einem Osterfest geplant war[9]. Die anschließende Krönung des Widersachers hätte bei Gelingen ebenfalls während eines kirchlichen Hochfestes stattfinden sollen.

Dass es aber auch für die kirchliche Seite von Bedeutung war, wenn ein König sein Amt im Rahmen der Liturgie öffentlich entgegennahm, schildert Widukind von Corvey eindrucksvoll in seiner Chronik. Demnach soll es zu einem Streit zwischen den Bischöfen von Trier und Köln gekommen sein, wer Otto den Großen zum König salben durfte[10].

Neben den „Staatsakten“ wurden aber auch andere Ausformungen weltlichen Lebens wie Märkte, das Datum der bäuerlichen Abgaben bzw. andere Formen von Zusammenkünften.

Ein sogenannter Heiliger Tag war generell leichter zu erinnern als ein Datum, das in Zahlen dargestellt wurde.

Auch die im 10. und 11. Jahrhundert in Burgund entstandene Gottesfriedensbewegung orientiert sich an kirchlichen Feiertagen. Die politisch-rechtliche Maßnahme, Privatkriege des Adels und Übergriffe auf kirchliches Eigentum, bei Strafe zu unterbinden wurde an Fastentagen und hohen Feiertagen exekutiert. Es handelte sich auch hier um die Verknüpfung religiös motivierter Forderungen mit einem öffentlichen Akt.

[...]


[1] Huschner Wolfgang , Kirchenfest und Herrschaftspraxis: Die Regierungszeiten der ersten beiden Kaiser aus liudolfingischem Hause, (936-983), Teil I: Otto I. (936-973), Teil II: Otto II. (973-983), in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 1, 2,Berlin 1993, S. 27.

[2] Buchner Rudolf, Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters, Gregor von Tours, Historia II 14, S. 64, Berlin 1960.

[3] Sierck Michael, Festtag und Politik. Studien zur Tageswahl karolingischer Herrscher, Köln, Weimar, Wien 1995, S. 29.

[4] Schaller Hans Martin, Der heilige Tag als Termin mittelalterlicher Staatsakte, in: Fuhrmann Horst (Hg.),Deutsches Archiv, 30, Köln, Wien 1974, S. 3.

[5] Keller Hagen, Die Ottonen, München 2007, S. 107.

[6] Huschner Wolfgang, wie Anm. 1, S. 24.

[7] Rotter Ekkehart, wie Anm. 6, III, 75, S. 233.

[8] Holtzmann Robert (Hg.),Die Chronik des Bischofs Thietmar von Merseburg , MGH, München 1996, Chr. II, 30, S. 69.

[9] Rotter Ekkehart, wie Anm. 6, II, 31, S. 145.

[10] Rotter Ekkehart, wie Anm. 6, II, 1, S 107.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Öffentliche Akte an kirchlichen Hochfesten bei Karolingern und Ottonen
Hochschule
Universität Wien
Note
1
Autor
Jahr
2010
Seiten
20
Katalognummer
V214355
ISBN (eBook)
9783656426769
ISBN (Buch)
9783656438878
Dateigröße
504 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Herrscherrepräsentation, MIttelalter Königswahl
Arbeit zitieren
Veronika Pichl (Autor:in), 2010, Öffentliche Akte an kirchlichen Hochfesten bei Karolingern und Ottonen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/214355

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