Leseprobe
Gliederung
1 Einleitung
2 Erec - von der Entstehung bis zur Uberlieferungssituation
3 Einordnung der Hirschjagdszene
4 Konig Artus - seine Bedeutung im Artusroman am Exempel der Hirschjagdszene in Erec
4.1 Artus und die Ritter der Tafelrunde als gesellschaftliches Ideal
4.2 Die Hirschjagdszene im Erec als costume
4.3 Die Hirschjagdszene - und wozu?
4.4 Von der Hirschjagd zu Erecs Abenteuer
4.5 Artus Konigskuss - die Bedeutung fur Enite
5 Minne und Aventiure - ein Nebeneinander und Miteinander
6 Die Hirschjagdszene bei Chretien und Hartmann im Vergleich
7 AbschlieRende Worte
8 Literaturverzeichnis
8.1 Quellen
8.2 Forschungsliteratur
1 Einleitung
Der Artusroman - in der zweiten Halfte des zwolften Jahrhunderts erreicht Chretien de Troyes mit seinem Roman Erec et Enide eine neue Dimension der mittelhochdeutschen hofischen Dichtung, bei der volkssprachliche Werke Einzug in die Literatur halten und gleichberechtigt neben der lateinischen Klerikerliteratur bestehen. Chretien eroffnet ein neues stoffliches von Traditionen unbelastet Themengebiet, welches um den mustergultigen Konig Artus und seine Ritter der Tafelrunde kreist und dabei zentrale Themen des Hofes als neuen kulturellen Trager und literarisches Zentrum anspricht - Minne und Aventiure. Uber den Artusroman sagt Wace, „daR die Geschichten uber Arthur weder alle Lugen sind, noch alle wahr."[1] Die stoffliche Grundlage bietet der bretonische Kriegsheld und Heerfuhrer Konig Artus, der sich als dux bellorum in zwolf siegreichen Schlachten gegen die Sachsen durchgesetzt hat. Die Historie wird im Artusroman vom Marchenhaften, Sagenhaften und Mythischen uberformt und im Sinne hofischer Gesellschaftsideale in Rittertum und Liebe ausgestaltet. „Im Kern ist die Figur also wohl eine historische Gestalt, die in der mundlichen Tradition fortlebt und als heroische Figur kollektiven GeschichtsbewuRtseins (...) vermittelt wird."[2] Der hofische Ritter und hofische Dame fungieren als Leitbilder einer Gesellschaft, weshalb der Adel groRes Interesse an hofischer weltlicher Literatur zeigt. Obwohl die Realitat des hofischen Gesellschaftsleben verzerrt und uberhoht dargestellt und als unwirklich, utopisch erkannt wurde, entstand eine Konzeption, die man als „schmeichelhaft empfand und zu (der) man sich gerne bekannte, weil (sie) als Rechtfertigung und Verherrlichung der eigenen gesellschaftlichen Anspruche und Bestrebungen empfunden wurde."[3]
Interessant ist zu beobachten, dass die zentrale Person Artus in den nach ihm benannten Romanen eher eine passive Rolle spielt und selbst kaum als Held in Erscheinung tritt, der gefahrliche Abenteuer besteht. In meiner Hausarbeit mochte ich dieses Phanomen naher untersuchen und gleichzeitig seine Funktion im Artusroman anhand der Hirschjagdszene in Erec von Hartmann von Aue herausstellen. Zu Beginn werde ich kurz auf die Entstehung dieses ersten deutschen Artusromans sowie seine Uberlieferungssituation eingehen, im Anschluss die Szene im Handlungsverlauf einordnen und schlieRlich ihre Bedeutung im Hinblick auf den Protagonisten Erec, seine Dame Enite, die Vorbildfunktion des Artus und die Ritter seiner Tafelrunde beleuchten und dabei an einigen Stellen Chretiens Erec et Enide zum Vergleich heranziehen.
2 Erec - von der Entstehung bis zur Uberlieferungssituation
Chretien gilt als Begrunder der literarischen Gattung des Artusromans, dessen Grundgerust in der keltischen Historie zu finden ist. Die Historica Britonium von Nennius aus dem neunten Jahrhundert berichtet von dem britannischen Kriegsheld Artus, der von Geoffrey von Monmouth in der Historia regum Britanniae Anfang des zwolften Jahrhunderts schlieRlich als nationale GroRe emporgehoben wurde. Der historische Stoff findet um 1155 in die Volkssprache durch Wace in seinem Roman de Brut, in dem auch das erste Mal die Tafelrunde erwahnt wird. Aus diesem „pseudohistorischem und unterliterarischem Rohstoff"[4], der sich sowohl in den schriftlichen Vorlagen der eben Genannten als auch aller Wahrscheinlichkeit nach in mundlicher Tradition keltischer Geschichten von Konig Artus und seiner Ritter der Tafelrunde auRerte, formte Chretien mit Erec et Enide den Artusroman mit seinen typischen Strukturen und handelnden Personen, die von vielen hofischen Dichtern als Muster beibehalten wurden. So bedient sich auch Hartmann von Aue dieser literarischen Vorlage und fuhrt um 1180 den ersten deutschen Artusroman ein. Hartmann gilt als einer der erfolgreichsten und produktivsten Dichterpersonlichkeiten in der Blutezeit der hofischen Kultur, in welcher der Adel und die Ritterschaft als neuer kultureller Trager hervorgehen, der Hof zum literarischen Zentrum wird. Die Bearbeitung Chretiens Werkes setzte Mazenatentum voraus. Die Finanzierung des teuren Pergaments und die Beschaffung des Quellentextes mussten von bis heute in der Erec-Forschung ungeklarten Gonnern ubernommen worden sein, deren Beziehungen uber die Grenzen hinaus ragten. Reiche Fursten profitierten von der Verbreitung der Artusromane, der mit seiner Erziehungs- und Bildungsfunktion durch die Darstellung mustergultigen Verhaltens der artusischen Hofgesellschaft den Adel beeinflusste. „(D)as hofische Gesellschaftsideal in Deutschland (ist) offenbar nicht allmahlich gewachsen, sondern zum groRen Teil als literarischer Import aus Frankreich ubernommen."[5] So lasst sich in Hartmanns Erec ein deutlicher Verweis auf die altfranzosische Vorlage durch die Nennung Chretiens und dem ahnlichen Handlungsverlauf finden, die sich jedoch einer bewussten Umformung unterzog. Es handelt sich nicht eine wortliche Ubertragung, sondern um ein Werk, das dem Verstandnis der deutschen hofischen Horerschaft mit gewollt anders gesetzten Akzenten angepasst ist.
Die Uberlieferungssituation des Hartmannschen Erec ist vergleichsweise schlecht, es sind wenig Textzeugen erhalten geblieben. In der einzigen annahernd vollstandigen handschriftliche Uberlieferung aus dem Ambraser Heldenbuch, welches aus dem 16. Jahrhundert als Auftragswerk von Maximilian I. in Tirol als eine Abschrift alterer Texte in Auftrag gegeben wurde, fehlt die Exposition und der Prolog, dessen Inhalt man aber durch die Bezuge zu Chretien und den weiteren Handlungsverlauf erschlieRen konnte.
3 Einordnung der Hirschjagdszene
Kennzeichnend fur den Aufbau des Artusromans ist die Doppelwegstruktur, die aus zwei Handlungszyklen besteht, welche durch Szenen am Artushof gerahmt werden. Der erste Handlungszyklus beginnt im Erec am Artushof. Da das Expose der Hartmannschen Uberlieferung fehlt, stutze ich den folgenden kurzen Abriss des Inhalts auf Chretiens Erec und Enide. Konig Artus halt zur Osterzeit Hof auf Caradigan mit vielen edlen, tapferen Rittern und schonen, vornehmen, jungen Frauen. Um das Fest glanzvoll zu beenden, veranlasst er die Jagd auf den weiRen Hirsch nach altem Brauch seines Vaters Pandragon, die im Kuss der schonsten Dame als Belohnung des erfolgreichen Jagers mundet. Einer der Artusritter Gauvain steht dem Vorhaben skeptisch gegenuber und warnt Artus vor moglichem Streit, den die Frage um die schonste Frau auslosen konnte. Dennoch bricht die Jagdgesellschaft am nachsten Morgen in den Wald auf. Auch die Konigin beschlieRt, die Jagd in Gesellschaft einer schonen Jungfrau aus einiger Entfernung zu beobachten und reitet ebenfalls in den Wald. Kurz darauf schlieRt sich den beiden Damen der junge Ritter und zukunftiger Protagonist des Werks Erec an. Dieser ist ein angesehener, schoner Ritter der Tafelrunde, der sich kostbar bekleidet und nur mit einem Schwert bewaffnet nicht an der Jagd beteiligt, sondern die Konigin zu deren Freude begleiten mochte. In Chretiens Erec und Enide folgt nun eine knappe Schilderung der Jagd, die in Hartmanns Werk fehlt. Seine an dieser Stelle einsetzende Uberlieferung beschreibt die Begegnung mit einem Ritter und seinen zwei Begleitern: eine „juncvrouwen" (V 12)[6] und „ein getwerc" (V 11), der ihnen vorausreitet. Die Konigin Ginover schickt das Hoffraulein zum Zwerg, um den Namen des Ritters in Erfahrung zu bringen, doch diese wird vom „getwerc" mit einem Peitschenhieb geschlagen ohne eine Antwort zu erhalten. Emport uber das unhofische Verhalten macht sich Erec selbst auf den Weg, doch ihm geschah das selbige. An dieser Stelle wird seine Ehre zerstort, die er nun durch Aventiure zuruckerlangen muss. Es folgt nun der Ritt nach Tulmein, die Szene der Armen Herberge, die Begegnung mit Enite und Koralus sowie Erecs Sieg uber Iders im Sperberkampf mit der damit einhergehenden Bestatigung Enites als schonste Frau. AnschlieRend nimmt der Erzahler in Hartmanns Erec den Faden der Hirschjagt-Erzahlung wieder auf, aus der Artus selbst als Sieger hervorgeht und nun vom Recht Gebrauch machen darf, die schonste Frau zu kussen. Seine durch die Geschehnisse auf der Heide betrubte Konigin bittet ihn, den Kuss aufzuschieben, bis Erec gemaR seiner zur Rache veranschlagten dreitagigen Frist in Karadigan eintrafe. Als Erec am darauffolgenden Tag gemeinsam mit Enite am Artushof einkehrt, herrscht groRe Freude. Seine Ehre und somit auch die der hofischen Artusgesellschaft ist wiedererlangt und Enite wird als schonste Dame mit der Vorstellung vor der Tafelrunde sowie dem Artuskuss anerkannt und ausgezeichnet. Nach der Kussweihe beginnt der zweite Handlungszyklus, in dem das Herrscherpaar Erec und Enite durch ihre Isoliertheit im Ehegluck die Artuswurdigkeit verlieren. Es kommt zur beruhmten „verligen"-Szene in Karnant, woraufhin das Paar auf Aventiurefahrten die Wurde zuruckerobern sowie ihre Ehe vor der hofischen Gesellschaft rechtfertigen kann. Schlussendlich kommt es am Artushof zur Rehabilitierung der nun vollkommenen Eheleute, was groRe Freude auslost und die Ordnung der hofischen Gesellschaft wiederherstellt.
Kennzeichnend fur den Aufbau des Artusromans ist die Doppelwegstruktur, die aus zwei Handlungszyklen besteht, welche durch Szenen am Artushof gerahmt werden. Der erste Handlungszyklus beginnt im Erec am Artushof. Da das Expose der Hartmannschen Uberlieferung fehlt, stutze ich den folgenden kurzen Abriss des Inhalts auf Chretiens Erec und Enide. Konig Artus halt zur Osterzeit Hof auf Caradigan mit vielen edlen, tapferen Rittern und schonen, vornehmen, jungen Frauen. Um das Fest glanzvoll zu beenden, veranlasst er die Jagd auf den weiRen Hirsch nach altem Brauch seines Vaters Pandragon, die im Kuss der schonsten Dame als Belohnung des erfolgreichen Jagers mundet. Einer der Artusritter Gauvain steht dem Vorhaben skeptisch gegenuber und warnt Artus vor moglichem Streit, den die Frage um die schonste Frau auslosen konnte. Dennoch bricht die Jagdgesellschaft am nachsten Morgen in den Wald auf. Auch die Konigin beschlieRt, die Jagd in Gesellschaft einer schonen Jungfrau aus einiger Entfernung zu beobachten und reitet ebenfalls in den Wald. Kurz darauf schlieRt sich den beiden Damen der junge Ritter und zukunftiger Protagonist des Werks Erec an. Dieser ist ein angesehener, schoner Ritter der Tafelrunde, der sich kostbar bekleidet und nur mit einem Schwert bewaffnet nicht an der Jagd beteiligt, sondern die Konigin zu deren Freude begleiten mochte. In Chretiens Erec und Enide folgt nun eine knappe Schilderung der Jagd, die in Hartmanns Werk fehlt. Seine an dieser Stelle einsetzende Uberlieferung beschreibt die Begegnung mit einem Ritter und seinen zwei Begleitern: eine „juncvrouwen" (V 12)[6] und „ein getwerc" (V 11), der ihnen vorausreitet. Die Konigin Ginover schickt das Hoffraulein zum Zwerg, um den Namen des Ritters in Erfahrung zu bringen, doch diese wird vom „getwerc" mit einem Peitschenhieb geschlagen ohne eine Antwort zu erhalten. Emport uber das unhofische Verhalten macht sich Erec selbst auf den Weg, doch ihm geschah das selbige. An dieser Stelle wird seine Ehre zerstort, die er nun durch Aventiure zuruckerlangen muss. Es folgt nun der Ritt nach Tulmein, die Szene der Armen Herberge, die Begegnung mit Enite und Koralus sowie Erecs Sieg uber Iders im Sperberkampf mit der damit einhergehenden Bestatigung Enites als schonste Frau. AnschlieRend nimmt der Erzahler in Hartmanns Erec den Faden der Hirschjagt-Erzahlung wieder auf, aus der Artus selbst als Sieger hervorgeht und nun vom Recht Gebrauch machen darf, die schonste Frau zu kussen. Seine durch die Geschehnisse auf der Heide betrubte Konigin bittet ihn, den Kuss aufzuschieben, bis Erec gemaR seiner zur Rache veranschlagten dreitagigen Frist in Karadigan eintrafe. Als Erec am darauffolgenden Tag gemeinsam mit Enite am Artushof einkehrt, herrscht groRe Freude. Seine Ehre und somit auch die der hofischen Artusgesellschaft ist wiedererlangt und Enite wird als schonste Dame mit der Vorstellung vor der Tafelrunde sowie dem Artuskuss anerkannt und ausgezeichnet. Nach der Kussweihe beginnt der zweite Handlungszyklus, in dem das Herrscherpaar Erec und Enite durch ihre Isoliertheit im Ehegluck die Artuswurdigkeit verlieren. Es kommt zur beruhmten „verligen"-Szene in Karnant, woraufhin das Paar auf Aventiurefahrten die Wurde zuruckerobern sowie ihre Ehe vor der hofischen Gesellschaft rechtfertigen kann. Schlussendlich kommt es am Artushof zur Rehabilitierung der nun vollkommenen Eheleute, was groRe Freude auslost und die Ordnung der hofischen Gesellschaft wiederherstellt.
4 Konig Artus - seine Bedeutung im Artusroman am Exempel der Hirschjagdszene in Erec
4.1 Artus und die Ritter der Tafelrunde als gesellschaftliches Ideal
Die zauberische Atmosphare der Artusgesellschaft gilt als „Phantasie- und Wunschwelt, indem sie Traume vom Leben schreibt."[7] Der Konig Artus und seine Ritter werden als uberhohtes Idealbild dargestellt und stehen fur hofische Vollkommenheit. Doch was bedeutet eigentlich hovesch? Das Wort kann im Neuhochdeutschen keine adaquate Ubersetzung finden und kann mit seiner Ableitung von ,Hof' als ,zum Hof gehorig' verstanden werden. Die Mitglieder dieser exklusiven Gesellschaft agieren in einem Kooperationsnetz als Angehorige des Adels, die sich durch mustergultige Lebensfuhrung auszeichnen. „Mit hovesch verbindet sich hier die neue und vorbildliche Lebensform (site) des Furstenhofes (...)." Hovesch war das, was ein gebildetes Wesen und Handeln der Personen sowie „die Summe jener materiellen und ideellen Wertvorstellungen bezeichnete, die sich mit der neuen ritterlichen Zivilisation verbanden."[8] Der Ritterstand und das dazugehorende Adjektiv ritterlich werden zum Wertebegriff an sich mit der Forderung, sich nach den Geboten der christlichen Religion in Orientierung an maRgebende Tugenden und auch nach Erwartungen der Gesellschaft zu verhalten. Artusromane „vermitteln Lebenslehre, namlich ein Verhalten, welches durch zuht und hufscheit, staete, maze, reht, milte usw. (guete, triuwe,...) gepragt ist."[9] Artus und die Ritter der Tafelrunde handeln in ihrer Vorbildlichkeit nach einem normativen, ritterlichen Tugendsystem und zeichnen sich durch Attribute wie fromm, schon, stolz, prachtliebend, voll Ruhmverlangen und von hoher Abkunft aus. Zu ihnen gehoren die auRere Machstellung, die korperliche Schonheit, die prachtige Ausstattung, das feine Benehmen und Erfolg in kampferischer Tuchtigkeit. Joachim Bumke fasst in Hofische Kultur die Anforderungen treffend zusammen: „Der Ritter sollte nicht nur Weisheit, Gerechtigkeit, MaRigung und Tapferkeit besitzen, er sollte nicht nur vornehm, schon und geschickt in den Waffen sein, sondern er sollte auch die feinen Sitten des Hofes beherrschen, die Regeln des Anstands und der Etikette, die richtigen Umgangsformen, den guten Ton, vor allem gegenuber der Dame."[10] Wer diesen Forderungen der hoveschkeit entspricht, kann am Artushof ere, also groRes gesellschaftliches Ansehen, lop, pris, erlangen. Ere gilt als die Norm, als ein Ehrenkodex, nach dem sich das Handeln der Mitglieder der Adels-Elite am Artushof richtet und den diese verinnerlicht hat. Somit ist das Individuum „zugleich Trager des gesellschaftlichen Ideals und als solcher exemplarisch."[11] Der Einzelne und die Gesellschaft stehen in einer wechselseitigen Beziehung, denn durch den emporgehobenen Begriff des dienest kann die angestrebte ere und ein damit verbundener sozialer individueller Aufstieg erreicht werden. Im Zentrum dieser idealen Gesellschaft steht nun Konig Artus, der Bezugspunkt fur alle Ritter und ihre Handlungen; er ist ein Symbol der hofischen Vollkommenheit. Er agierte vorbildlich als ausgeglichener Herrscher voll Gute und Gerechtigkeit, „so daR er der eren krone trug."[12] Artus ist es, der mit der Aufnahme eines Ritters in die beruhmte Ronde Table uber Ehre und Ansehen entscheidet. Die Tafelrunde besteht aus den erlesensten erfolgreichsten Rittern, den Edelsten und Tapfersten, die sich im Bild einer sozialen Utopie um den kreisrunden Tisch gleichberechtigt ohne Rangordnung neben dem Konig Artus als primus inter pares befinden. Artus hat als Mittelpunkt und Vollkommenheitsideal seinen hochsten Stand erreicht und muss sich nicht mehr durch gefahrliche Abenteuer beweisen. Seine Waffentaten und kriegerischen Erfolge als dux bellorum werden vorausgesetzt, jedoch nicht naher beschrieben, er ist kein aktiver Held mehr im Gegensatz zu seinen Rittern, die ihre Artuswurde in der aventiure und minne bestatigen mussen. Ihr Handeln richtet sich nach der „Vorbildlichkeit der Gesellschaft um Konig Artus, ihr zu entsprechen gilt als Bewahrung."[13] Der Artushof formt und festigt seine Identitat erst aus dem Konflikt, der Ruhm dieser Gesellschaft der Superlative steigt durch ritterlichen Erfolg. Dabei ist „nicht das Individuum (...) dem Hohen Mittelalter interessant. Sein erkenntnistheoretischer Realismus zielt auf das Allgemeine, Idealtypische, Generelle (...). Ein jedes hat nur Bestand und ist nur von Gewicht in der Beziehung aufdas Allgemeine.“ [14]
[...]
[1] 0 Riain-Raedel, Dagmar. Untersuchungen zur mythischen Struktur der mittelhochdeutschen Artusepen. Ulrich von Zatzikhoven, 'Lanzelet' - Hartmann von Aue, 'Erec' und 'Iwein'. Berlin: Schmidt 1978. S. 18.
[2] Cormeau, Christoph und Wilhelm Stormer. Hartmann von Aue. Epoche - Wer - Wirkung. 3. Auflage. Munchen: Beck 2007. S. 164.
[3] Bumke, Joachim. Hofische Kultur. Literatur und Gesellschaft im hohen Mittelalter. Munchen: Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG 1986 (Band 2). S. 381.
[4] Ruh, Kurt. Hofische Epik des deutschen Mittelalters. Berlin: E. Schmidt 1967. S. 97
[5] Bumke, Joachim. Hofische Kultur. Literatur und Gesellschaft im hohen Mittelalter. Munchen: Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG 1986 (Band 2). S. 382.
[6] Ich zitiere die mittelhochdeutschen Textstellen auch im Folgenden nach: Hartmann von Aue. Erec. Hrsg. von Volker Mertens. Stuttgart: Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG 2008.
[7] Ruh, Kurt. Hofische Epik des deutschen Mittelalters. Berlin: E. Schmidt 1967. S. 95.
[8] Ehrismann, Ottfried. Ehre und Mut, Aventiure und Minne. Hofische Wortgeschichten aus dem Mittelalter. Munchen: Beck, 1995. S.112.
[9] Weddige, Hilkert. Einfuhrung in die germanistische Mediavistik. 3. Auflage. Munchen: Beck 1997. S. 211.
[10] Bumke, Joachim. Hofische Kultur. Literatur und Gesellschaft im hohen Mittelalter. Munchen: Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG 1986 (Band 2). S. 425.
[11] Weddige, Hilkert. Einfuhrung in die germanistische Mediavistik. 3. Auflage. Munchen: Beck 1997. S. 197.
[12] Ruh, Kurt. Hofische Epik des deutschen Mittelalters. Berlin: E. Schmidt 1967. S. 15.
[13] Cormeau, Christoph und Wilhelm Stormer. Hartmann von Aue. Epoche - Wer - Wirkung. 3. Auflage. Munchen: Beck 2007. S. 177.
[14] Wapnewski, Peter. Deutsche Literatur des Mittelalters. Ein Abriß von den Anfängen bis zum Ende der Blütezeit. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1990. S. 48.