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Inhaltsverzeichnis
A. Einleitung
B. Der Krisenbegriff
C. Akquisition vor der Insolvenzeröffnung
I. Ausgestaltung der Transaktion
1. Übernahmezeitpunkt
2. Transaktionsform
II. Strafrechtliche Risiken
1. Bankrottdelikte
2. Untreue
III. Haftungsrisiken
1. Haftung bei Firmenfortführung
2. Haftung für Steuerschulden
3. Rechte und Pflichten bei Betriebsübergang
4. Innenhaftung von Gesellschaftern und Geschäftsführer
5. Weitere potentielle Haftungsrisiken
IV. Insolvenzspezifische Risiken
1. Anfechtungsrisiko
2. Erfüllungswahlrecht
V. Vertragsgestaltung
D. Akquisition nach der Insolvenzeröffnung
I. Ausgestaltung der Transaktion
1. Übernahmezeitpunkt
2. Transaktionsform
II. Übertragende Sanierung
1. Insolvenzspezifische Schwierigkeiten bei der Übernahme
a) Wirtschaftliche Lage und Zeitrahmen
b) Insolvenzverfahrensrecht
aa) Verkauf durch den vorläufigen Insolvenzverwalter
bb) Zustimmungserfordernisse
2. Haftungsprivilegien
III. Insolvenzplanverfahren
1. Integrierte übertragende Sanierung
2. Dept-Equity-Swap
IV. Vertragsgestaltung
F. Schlusswort
Literaturverzeichnis
A. Einleitung
Unternehmenskäufe spielen in der heutigen Managementpraxis eine zunehmend bedeutende Rolle im Rahmen der Unternehmensstrategie. Nicht zuletzt aufgrund der Eurokrise, sowie der schwächelnden Weltwirtschaft rückt dabei auch zunehmend das Thema des Unternehmenskaufs aus Krise und Insolvenz (Distressed Mergers & Acquisitions) in den Fokus möglicher Kaufinteressenten.
Die Veräußerung eines Unternehmens steht häufig am Anfang von Restrukturierungsmaßnahmen. Dabei sind jedoch gerade im Bereich des Unternehmenskaufs in der Krise zahlreiche juristische Besonderheiten zu beachten.
Die nachfolgende Seminararbeit definiert nach der Einleitung (Teil A) zunächst den Krisenbegriff als Ausgangspunkt der Ausarbeitung (Teil B). Darauf aufbauend widmen sich der dritte und vierte Teil der Arbeit der detaillierten Darstellung der Besonderheiten des Unternehmenskaufs aus Krise und Insolvenz unter differenzierter Betrachtung des jeweiligen Transaktionszeitpunktes: Vor der Insolvenzeröffnung (Teil C), beziehungsweise nach der Insolvenzeröffnung (Teil D). Neben möglichen Haftungsfolgen und entsprechenden Lösungsmöglichkeiten, werden insolvenzspezifische Risiken, aber auch Chancen aufgezeigt. Es erfolgt abschließend eine Zusammenfassung und Bewertung der aufgezeigten Handlungsoptionen (Teil F).
Ziel der Arbeit ist es, das komplexe Thema des Unternehmenskaufs aus Krise und Insolvenz zu beschreiben und juristische Besonderheiten und Gestaltungsoptionen, sowohl im Hinblick auf die Transaktionsstruktur, als auch - in gebotener Kürze - ausgewählte Aspekte der Vertragsgestaltung herauszuarbeiten.
B. Der Krisenbegriff
Der Begriff der Unternehmenskrise kann grundsätzlich in eine betriebswirtschaftliche und eine rechtliche Krise unterschieden werden. Krisen von Unternehmen werden in den meisten Fällen durch endogene und nicht durch exogene wirtschaftliche Faktoren ausgelöst. Bei ungehindertem Ablauf kann sich eine betriebswirtschaftliche Krise in mehreren Stufen (Strategische Krise – Erfolgskrise – Liquiditätskrise) zu einer rechtlichen Krise fortentwickeln.[1]
Der Zeitpunkt einer Unternehmenskrise ist allerdings nicht gesetzlich definiert und beginnt regelmäßig bereits vor den insolvenzrechtlich relevanten Tatbeständen der Zahlungsunfähigkeit, drohenden Zahlungsunfähigkeit beziehungsweise Überschuldung.[2] Abgestellt werden kann hierbei auf den Zeitpunkt an welchem die Gesellschafter, als ordentliche Kaufleute, dem Unternehmen Eigenkapital zugeführt hätten, beziehungsweise zu welchem die Gesellschaft kreditunwürdig wurde.[3]
C. Akquisition vor der Insolvenzeröffnung
Zunächst sollen die rechtlichen Besonderheiten von Akquisitionen im Vorfeld eines Insolvenzverfahrens dargestellt werden. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf Haftungsrisiken und adäquaten Lösungsmöglichkeiten.
I. Ausgestaltung der Transaktion
1. Übernahmezeitpunkt
Ein Unternehmenskaufvertrag ist oftmals Ausgangspunkt für Restrukturierungsbemühungen bei einem in die Krise geratenen Unternehmen. Je nach Zielsetzung des Erwerbers kann eine Transaktion auch vor einer Insolvenz stattfinden, um nach erfolgreicher Restrukturierung eine hohe Rendite durch die Transaktion zu erzielen.[4] Die Wahl dieses Zeitpunkts ist im Wesentlichen dadurch motiviert, negative Folgen eines Insolvenzverfahrens zu vermeiden. Hierzu zählt unter anderem ein zunehmender Reputationsverlust, aber auch die Abwanderung besonders qualifizierter Mitarbeiter.[5] Darüber hinaus sind beim Unternehmenskauf aus der Insolvenz verfahrensrechtliche Vorschriften zu beachten. Dem Umstand der Insolvenz geschuldet, wird es bei den Kaufverhandlungen zudem nicht möglich sein, eine Exklusivitätszusage vom Insolvenzverwalter zu erhalten.[6] Aus Verkäufersicht motiviert sich eine Veräußerung vor der Insolvenz dadurch, dass hiermit die Möglichkeit besteht, nicht das gesamte eingesetzte Kapital zu verlieren und somit eigene Verluste zu begrenzen.[7]
2. Transaktionsform
Die Ausgestaltung eines Unternehmenskaufvertrages hängt von der Übernahmestrategie des Erwerbers, als regelmäßig stärkerer Vertragspartner, ab. Ein Erwerb der Anteile des Unternehmens (Share Deal) lässt laufende Vertragsbeziehungen unberührt, eignet sich jedoch nur dann, wenn im Unternehmen innewohnende Risiken und Verbindlichkeiten hinreichend klar identifiziert werden können, was bei einer drohenden Insolvenz problematisch ist.[8] Der Kauf einzelner Vermögensgegenstände (Asset Deal) erweist sich daher oftmals als die bessere Alternative, da hiermit ein Erwerb unbekannter Risiken vermieden werden kann. Zudem bestehen für den Käufer steuerliche Vorteile im Hinblick auf spätere Abschreibungsmöglichkeiten.[9]
Der Erfolg einer solchen Transaktion hängt letztlich davon ab, ob es gelingt den Unternehmenskauf (weitgehend) frei von Haftungsrisiken für Altverbindlichkeiten zu gestalten. Gerade bei drohender Insolvenz ist eine Vielzahl von Rechtsnormen zu beachten. Die Transaktion erfolgt daher regelmäßig als sogenannte übertragende Sanierung. Unter einer übertragenden Sanierung versteht man einen Asset Deal, bei dem Aktiva und Passiva des Unternehmens getrennt und somit die Vermögenswerte des Unternehmens auf einen neuen Rechtsträger übertragen werden, wodurch der bilanzielle Sanierungserfolg generiert wird.[10]
II. Strafrechtliche Risiken
1. Bankrottdelikte
Die §§ 283 ff. StGB schützen die Insolvenzmasse und somit die Gläubigergemeinschaft als Ganzes.[11] Daher ist bei Transaktionen in einem Krisenstadium zunächst der Bankrotttatbestand des § 283 I StGB zu beachten. Strafbedroht sind danach Handlungen, welche bei Überschuldung, sowie drohender oder bereits eingetretener Zahlungsunfähigkeit vorgenommen werden (§ 283 I StGB), beziehungsweise solche Handlungen, welche eine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit herbeiführen (§ 283 II StGB). Besonders relevant sind in diesem Kontext Zuwiderhandlungen gegen § 283 I Nr. 1 und Nr. 3 StGB, beispielsweise im Falle einer Veräußerung von Vermögenswerten im Rahmen eines Asset Deals unter dem tatsächlichen Wert, sodass hierdurch die potentielle Insolvenzmasse geschmälert wird. Zu beachten ist allerdings die einschränkende objektive Strafbarkeitsbedingung des § 283 VI StGB.[12]
Auch ist bei einem Unternehmensverkauf in der Krise an den Privilegierungstatbestand des § 283 c StGB zu denken. Erwirbt etwa ein Gläubiger das Unternehmen des Schuldners, so wird dieser Gläubiger begünstigt, insofern seine Forderung hierdurch zumindest teilweise ausgeglichen wird.[13]
Zur rechtlichen Absicherung sollte daher der Kaufpreis unter Beachtung des „true-and-fair-value“-Maßstabs gewählt werden und den tatsächlichen wirtschaftlichen Wert des Unternehmens[14] widerspiegeln, was im Zweifelsfall bei einem Bargeschäft im Sinne des § 142 InsO gewährleistet ist.[15]
2. Untreue
Neben den oben dargestellten Vorschriften des Insolvenzstrafrechts im engeren Sinne, ist auch der Straftatbestand der Untreue (§ 266 StGB) zu beachten. Tatbestandlich knüpft § 266 StGB als Vorsatzdelikt an den Missbrauch einer Vermögensbetreuungspflicht an, durch welches das Vermögen des Treugebers geschädigt wird. Nach neuerer Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist zur Abgrenzung zwischen Untreue und Bankrott auf das sogenannte Zurechnungsmodell abzustellen.[16] Hiermit einher geht die Aufgabe des Exklusivitätsverhältnisses der beiden Tatbestände, sodass zukünftig bei missbräuchlicher Übertragung von Vermögensverhältnissen zugleich ein Verstoß gegen § 283 StGB, als auch gegen § 266 StGB in Betracht zu ziehen ist.[17]
[...]
[1] Schmidt/Haarmeyer/Albrecht, Praxis und Ausbildung im Insolvenzbüro, Rn. 2307 f.
[2] Gottwald, Insolvenzrechtshandbuch, § 2, Rn. 1.
[3] BGH NJW 1993, 392 (394); Saenger/Aderhold/Lenkaitis/Speckmann, Handels- und Gesellschaftsrecht, § 11, Rn. 290.
[4] Classen, BB 2010, 2898.
[5] Brück/Sinewe, Steueroptimierter Unternehmenskauf, § 7, Rn. 3.
[6] Reul/Heckschen/Wienberg, Insolvenzrecht in der Gestaltungspraxis, Kap. O, Rn. 91.
[7] Schalast/Mertes, Der Unternehmenskauf aus der Insolvenz, 27.
[8] Reul/Heckschen/Wienberg, Insolvenzrecht in der Gestaltungspraxis, Kap. O, Rn. 3.
[9] Classen, BB 2010, 2898 (2899).
[10] Classen, BB 2010, 2898 (2899).
[11] Wittig, Wirtschaftsstrafrecht, § 23, Rn. 6.
[12] Niesert, NZI 2010, 127 (128).
[13] Wittig, Wirtschaftsstrafrecht, § 23, Rn. 163.
[14] Die herkömmlichen Bewertungsmethoden (Ertragswertverfahren und Discounted Cash-Flow Verfahren) können in Insolvenzsituationen nur bedingt eingesetzt werden. Siehe hierzu: Schmidt/Haarmeyer/Albrecht, Praxis und Ausbildung im Insolvenzbüro, Rn. 837 f.
[15] Niesert, NZI 2010, 127 (130).
[16] BGH NJW 2009, 2225.
[17] Niesert, NZI 2010, 127 (139).
- Quote paper
- Bachelor of Laws (LL.B.) Mathias B. Welsch (Author), 2013, Unternehmenskauf und -verkauf in der Krise , Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/215021
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