Werbung im Science-Fiction-Film

Wie Werbung Geschichten erzählt: Eine Filmanalyse


Essai, 2012

18 Pages


Extrait


Inhalt

Einleitung

Werbung als „Storyteller“: Wall-E (2008)

Werbung als unterstützendes Element: „Das Millionenspiel“ (1970)

Multifunktionale Werbung: „Blade Runner“ (1982)

Reklame- und Konsumkritik durch Werbung: „John Carpenter’s They live“ (1988) / Demolition Man (1993)

Nach der Werbung ist vor der Werbung: "Quintet" (1979) / „Soylent Green“ (1973) / Looper (2012)

Fazit

„Der Film ist die einzige Kunst, die beträchtliche Stücke der Wirklichkeit unverändert bestehen läßt.“[1]

(Arnold Hauser)

Einleitung:

Da das Medium Film grundsätzlich alles darstellen kann, was das menschliche Auge erfassen kann,[2] ist es nicht weiter verwunderlich, dass das Medium Werbung Einzug in das Medium Film gehalten hat. Bereits in Walther Ruttmanns „Berlin – Die Sinfonie der Großstadt“ aus dem Jahre 1927 ist Werbung in verschiedenen Formen zu sehen. Der halb-dokumentarische Streifen ist daher aus (werbe-)historischer Sicht interessant.

Eine andere Möglichkeit bietet Werbung im Spielfilm, insbesondere im Science-Fiction-Film. In diesem Genre werden die Entwicklungsmöglichkeiten des Mediums Werbung betrachtet. Insbesondere ein Film erwirkte, grade auch durch die in ihm gezeigte Werbung, eine stilbildende Funktion. In Ridley Scotts „Blade Runner“ von 1982 ist eine Geisha zu sehen, welche sich, auf einen riesigen Videobildschirm gebannt, Süßigkeiten in den Mund steckt. Dieser viel zitierte kurze Spot dürfte mittlerweile als Mem gelten, welches in das kulturelle Gedächtnis der westlichen Welt eingegangen ist. Selbst 30 Jahre danach wird das Stadtbild, welches der Film uns aufzeigt, nach wie vor in Science-Fiction-Filmen zitiert.[3] Im Hinblick auf das Genre können verschiedene Fragestelllungen betrachtet werden. Diese können konträr zueinander stehen: Wird es in Zukunft überhaupt noch Werbung geben, oder wird uns Werbung in alle Bereiche unseres Lebens folgen? Aber auch Fragen wie: „Welche Formen wird die Werbung annehmen?“ „Wird es neue Arten der Werbung geben?“ stellen sich die Macher von Science-Fiction-Filmen.

Eine andere Fragestellung, welche hier bearbeitet werden soll, lautet: Welchen Zweck erfüllt das Medium Werbung im Filmgenre der Science-Fiction? Dabei fällt bei

genauerer Betrachtung auf, dass die Funktion von Werbung in diesem Genre ganz unterschiedlich ausgeprägt sein kann. Anhand von einigen ausgesuchten Beispiele sollen verschiedene Modi, welche Werbung besetzen kann, aufgezeigt werden. Ebenso soll geklärt werden, wie Werbung im Science-Fiction-Film insgesamt zu betrachten ist.

Werbung als „Storyteller“: Wall-E (2008)

Im animierten Pixar-Film „Wall-E“ fungiert Werbung als Lückenschließer. Der Zuschauer weiß zu Beginn nichts über den Hintergrund der Geschichte, erst durch animierte Werbetafeln wird klar, was sich in der Zeit, bevor der Film beginnt, abgespielt hat. Hauptprotagonist ist der gleichnamige Arbeitsroboter namens Wall-E, welcher Schrott zu Würfeln presst. Auf den ersten drei Tafeln werden Roboter wie Wall-E beworben, die ein vorhandenes Müllproblem lösen sollen. Ein paar Meter weiter auf seinem Weg, fährt Wall-E an einer Tafel vorbei, welche die Reise in einem Raumkreuzfahrtschiff bewirbt. Erst später stellt sich heraus, dass die Erde komplett unbewohnbar geworden ist, da durch die industrielle Verseuchung kein Pflanzenwachstum mehr möglich ist. Der riesige Cruiser, welcher auch noch nach 700 Jahren durch das All fliegt, sendet automatisch unbemannte Drohnen zu Planeten aus, die die Lebensbedingungen und somit eine Neuansiedlung der Menschen prüfen sollen. Im Jahr 2805 ist die Erde wieder bewohnbar. Erste Pflanzen sind in der Atmosphäre wieder lebensfähig. Wall-E, der wie sich somit herausstellt, als letzter seiner Art seinen Dienst immer noch verrichtet, wird damit, zusammen mit der Drohne EVE (Extraterrestrial Vegetation Evaluator), zum Retter der Menschheit.

Die im Film gezeigte Reklame hat zu Beginn den Zuschauer in die Vorgeschichte einzuführen. Doch auch auf der Axiom (dem Kreuzfahrtschiff) gibt es Hologramm-werbung zu sehen. Dabei wird „blau“ als das „neue rot“ beworben. Der Modus der Werbung ändert sich somit. Die geistige wie auch körperliche Degeneration der Bewohner des Schiffes soll damit stärker aufgezeigt werden. Da sich Roboter um alles kümmern, schweben die Menschen auf Sesseln durch das Schiff und gehen

ihrem hedonistischen Lebensstil nach. Sie haben während der Jahrhunderte andauernden Kreuzfahrt selbst das Laufen mit den eigenen Beinen verlernt.

Werbung als unterstützendes Element: „Das Millionenspiel“ (1970)

Ein Kandidat erhält eine Million Mark, wenn er es schafft eine Woche lang seinen Verfolgern zu entkommen. Diese haben nicht nur die Aufgabe den Kandidaten zu stellen, sondern gleich zu töten, wofür sie von einem TV-Sender mit einem Waffenarsenal ausgerüstet werden. Unsichtbare Kameras fangen jede Minute dieses grausamen Spieles ein. Am letzten Tag der Spielshow müssen sich Jäger und der Gejagte zum Showdown im Sendestudio einfinden. Die Jagd geht durch die gesamte BRD. Der 15. Millionenkandidat Bernhard Lotz ist bei seiner Odyssee auf Gedeih und Verderb Zuschauern, welche ihn erkennen, ausgeliefert. Dabei kann er von ihnen an seine Jäger verraten, oder durch falsche Hinweise, sowie direkte Hilfe wie das Verstecken oder Zustecken von Nahrung, geschützt werden. In eingeblendeten Interviews mit Passanten wird klar, dass der Protagonist des Films nicht nur Sympathisanten in der Bevölkerung hat, sondern dass es auch Zuschauer der Gameshow gibt, welche ihn verraten würde, da sie ihn unsympathisch finden. Ein vorzeitiges Aussteigen ist jederzeit möglich. Lotz' Vorgänger hat sich, nach seinem Ausstieg aus der Show, jedoch getötet, da er dem Druck der öffentlichen Meinung nicht mehr standhielt. Er war zu einem Feigling abgestempelt worden.

Während der Show werden immer wieder Werbespots des fiktiven Stabilelite-Konzerns eingeblendet. Diese passen von der Aufmachung, sowie von der Zeitspanne her in das Format Fernsehwerbespot. Die Spots gehen dabei gezielt gegen vorhandene Moral-vorstellungen sowie Rechtsnormen an. Die Spots geben sich sexistisch sowie technikgläubig. Dabei wird mit zueinander konträr laufenden Aussagen gespielt. Eine überschminkte, perükierte, in eine Art Volkstracht gekleidete junge Werbeschauspielerin, welche monoton und mit unsicherem Wimpernschlag ein Messerset des Konzerns bewirbt, wird als Pointe mit dem größten Messer des Sets von ihrem sich ihr von hinten näherndem Mann erstochen: „Und das ist das Kling-Klang-Messer für Leute die zu viel reden“.

In einem anderen Spot wird auf den Po einer nackten jungen Frau gezoomt. Sie bekommt eine Spritze („ELILOVE - aus der Stabilelite Forschung“) verpasst, ein Verhütungscocktail, welcher drei Monate lang wirkt. Der kurze Schmerzensaufschrei dieser archetypischen Eva wird durch den Kuss eines ebenso archetypischen Adams abgefedert. Der Schmerzensschrei wird zum Lustschrei. Beide küssen sich zum Schluss des Werbespots leidenschaftlich. Der Spot wirbt somit für ungeschützten Geschlechtsverkehr. Diese Werbung spielte zur Zeit seiner Erstausstrahlung im Rahmen des Films sicher auch auf die Anti-Baby-Pille an, welche sich zu Beginn der siebziger Jahre immer mehr durchsetzte. Das moralische Dilemma wird dadurch erzeugt, dass offen mit der Möglichkeit schnelllebiger Sexualkontakte geworben wird. Diese werden aufgrund der langen Wirkzeit von „ELILOVE“ in Kontrast zu dem grade einmal 27 Sekunden langen Spot in Aussicht gestellt. Dadurch sollte im Rahmen des Spielfilms, insbesondere bei konservativen Elementen in der Bevölkerung, Angst erzeugt werden. Durch einen größeren technischen Fortschritt im Bereich Verhütungsmittel könnte die Sexualmoral in der Bevölkerung sinken. Da durch ein pharmazeutisches Produkt das Risiko einer ungewollten Schwangerschaft wegfällt, wird durch den Spot impliziert, dass eine tiefer greifende Sexualmoral vielleicht nie vorhanden war, beziehungsweise dank der neuen Errungenschaften von „Stabilelite“ nun ad acta gelegt werden kann. Durch den plötzlichen Wegfall jeglicher Sexualmoral wird klar, dass diese nur einen Zweck erfüllte, nämlich vor ungewollten Schwangerschaften zu schützen und keine tiefer gehende genuin moralische Bedeutung besaß.

Der dritte Spot bedient eine ganz ähnliche pharmazeutische Thematik wie der Verhütungsmittel-Spot und wirbt für Abnehmpillen. Ein junger Mann mit ungesund heller Gesichtsfarbe, sowie rot unterlaufenen Augen wird beim Schlucken von zehn „Nullpillen“ gezeigt, mit denen man laut Spot beliebig viel abnehmen kann. Die Kamera zoomt hier von dem Gesicht des Mannes weg, so dass sein nackter, schlanker Körper zum Vorschein kommt. Die Aussage des Spots lässt sich mit „ungesund schlank, aber zumindest schlank“ zusammenfassen.

[...]


[1] Zitiert in: Osterland, Martin: Gesellschaftsbilder in Filmen. S. 53.

[2] Und darüber hinaus auch nicht-sichtbares wie Infrarotlicht.

[3] So erst kürzlich wieder in: „Cloud Atlas“ (USA/Deutschland/China/Singapur 2012)

Fin de l'extrait de 18 pages

Résumé des informations

Titre
Werbung im Science-Fiction-Film
Sous-titre
Wie Werbung Geschichten erzählt: Eine Filmanalyse
Auteur
Année
2012
Pages
18
N° de catalogue
V215241
ISBN (ebook)
9783656430711
ISBN (Livre)
9783656438472
Taille d'un fichier
497 KB
Langue
allemand
Mots clés
werbung, science-fiction-film, geschichten, eine, filmanalyse
Citation du texte
Daniel Liebeherr (Auteur), 2012, Werbung im Science-Fiction-Film, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/215241

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