Diese Arbeit ist ein Produkt ihres eigenen Produktionsprozess. So wie der menschliche Geist nur in Verbindung mit seinem Körper entstehen kann, sind auch die folgende Ausführungen auf ihr Medium angewiesen. Mehr noch, auf einem anderen Medium verfasst würden sie höchstwahrscheinlich andere werden. Schreibzeug arbeitet mit an unseren Gedanken, um die geniale Umkehrung Nietzsches bezüglich des Glaubens an einen souveränen Autoren zu bemühen. Im Zeitalter der informationst echnologischen Revolution kann man, Friedrich Kittler folgend, noch einen entscheidenden Schritt weiter gehen: Nicht Subjekte, sondern Schaltungen bestimmen heute, was wirklich ist. Dem ist hinsichtlich der Offenlegung des Überzeugungshorizontes dieser Arbeit nichts hinzuzufügen. Daran knüpft sich das trotzdem noch vorhandene Arbeitsziel der folgenden Zeilen an: Angestrebt wird das Aufzeigen von Differenzen, die etwas erzeugen, sowie Materialitäten (von Kommunikation) die etwas bedeuten.
Diese Arbeit ist aber genauso die Folge einiger katastrophaler Unfälle. Ohne den bisher folgenschwersten „Unfall“ der menschlichen Geschichte, den 2. Weltkrieg, wäre der technologische wie auch erkenntnistheoretische Horizont des Menschen höchstwahrscheinlich ein anderer, und diese Arbeit demzufolge niemals entstanden. Die Verquickung von technischem Fortschritt und eroberungsgeilem Machtwahn bekannt als 2. Weltkrieg diente bekanntlich auch als Nährboden für Abwehrhaltungen in Form von geistigen Höchstleistungen, wie es beispielsweise die Ausformulierung einer allgemeinen Informationstheorie von Shannon und Weaver war. Dieses Theoriegebilde nutzend soll verständlich gemacht werden, warum Unfälle abseits massenmedialen Sensationsgeschrei informationstheoretisch gefasst als simple Störung von Kommunikation verstanden werden können. Dem Theorem folgend, dass der Informationsgehalt einer Nachricht um so größer wird, je gestörter der Übertragungskanal ist, soll das Produktivitätspotential von Störungen aufgezeigt werden. Das weiße Rauschen als der notwendige Differenzraum für Fortschritt wird exemplarisch im Operationssystem „audioelle Künste“ aufgezeigt werden. Denn in den progressiven Gefilden moderner elektronischer Musik, in den Sphären von Noisemanipulation und clicks´n´cuts Minimalismus haben die Maschinenmitarbeiter (mancher nennt sie noch Musiker) schon lange verstanden: Nicht mehr communication in the presence of noise ist angesagt, sondern communication because of the presence of noise.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Kommunikation als kriegsentscheidende Waffe
- Der Unfall als Kommunikationsproblem
- Kultivierung des Rauschens
- Literatur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit dem produktiven Potenzial von Störungen in der Kommunikation und der Bedeutung von Information und Unfällen. Sie zielt darauf ab, Differenzen aufzuzeigen, die etwas erzeugen, sowie Materialitäten von Kommunikation, die etwas bedeuten.
- Der Einfluss des Zweiten Weltkriegs auf die Entwicklung von Informationstheorie und technologischem Fortschritt
- Die Bedeutung von Störungen und "weißem Rauschen" für Kommunikation und Kreativität
- Das Verhältnis von Mensch und Maschine im Kontext von Informationstheorie und technologischer Entwicklung
- Die Rolle von "audioellen Künsten" in der Entwicklung von Kommunikation und Kultur
- Die Verlagerung des Fokus von "communication in the presence of noise" zu "communication because of the presence of noise"
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung stellt den Ausgangspunkt der Arbeit dar, indem sie die Rolle von Differenzen und Materialitäten in der Kommunikation hervorhebt. Sie verweist auf den Einfluss des Zweiten Weltkriegs auf die Entwicklung von Informationstheorie und technologischem Fortschritt.
- Kommunikation als kriegsentscheidende Waffe: Dieses Kapitel analysiert die Rolle von Kommunikation im Zweiten Weltkrieg und stellt die Bedeutung von Kommunikationssystemen für die Kriegsführung heraus. Es diskutiert die Entwicklung der mathematischen Informationstheorie im Kontext der militärischen Herausforderungen und die Verlagerung des Fokus von menschlichen Faktoren hin zu maschinellen Kommunikationssystemen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Themen Informationstheorie, Kommunikation, Störungen, Unfälle, "weißes Rauschen", technologischer Fortschritt, Mensch-Maschine-Beziehung, Kriegsführung und "audioelle Künste".
- Quote paper
- Caspar Borkowsky (Author), 2002, Produktivität der Störung - Über Information, Unfälle und weißes Rauschen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/21544