Zu Beginn der 1990er Jahre war eine heftige Debatte in den USA entbrannt, die eine neue Entwicklung im politischen Wortstreit markiert. Der aus den Universitäten und akademischen Kreisen herrührende Streit um die so genannte Political Correctness ergriff
die amerikanische Gesellschaft. Dabei ging es um keine geringere Auseinandersetzung als um das Selbst- und Werteverständnis der USA. Ganz entgegen demokratisch legitimierten Prozessen hat sich die Gesellschaft vermittels politischer Sprache über die Zustimmungsbereitschaft zu Veränderungen qua Sprachregelung
verständigt.
Ähnliche Prozesse sind auch in Deutschland zu beobachten. Allerdings ist der exemplarische Nachweis einer sprachpolitischen Konsensfindung anhand der Debatte um Political Correctness weitaus schwieriger zu erbringen. Während in den USA der PC-Streit
fundamentale Verfassungsprinzipien wie Rede- und Meinungsfreiheit berührte, war der Begriff PC hierzulande schon negativ besetzt. In Deutschland stellte er sich weniger als ein semantischer Kampf um Teilhabe, sondern vielmehr als Sprachkritik und sprachliche Auseinandersetzung über das Selbstverständnis dar (HOFFMANN
1996: 57) – vom Zurückerobern politischer Begriffe durch die Konservativen in den 1960er/70er Jahre bis zum Antisemitismusstreit 1998. Die jüngste Diskussion um die Reformbedürftigkeit der Bundesrepublik zeigt, wie stark politische Sprache als symbolische
Politik tatsächliches Handeln ersetzt (vgl. SARCINELLI 1987, 1989). Auch hier geht es noch vor jeglicher Umsetzung von Politik um das Selbstverständnis als Sozialstaat, um Verteilungskämpfe, die zuerst sprachlich ausgetragen werden, bevor überhaupt etwas verteilt wird. Sprachregelungen und Sprachstreit indizieren dabei die Issues, welche sich als moralisch und kulturell aufgeladene Konfliktfelder darstellen –
für Deutschland sind dies Zuwanderung und Ausländerpolitik und damit das nationale historische Selbstverständnis sowie Sozialstaatlichkeit. Ziel dieser Arbeit ist es, anhand des Phänomens Political Correctness die Bedeutung politischer Sprache exemplarisch herauszuarbeiten und zugleich das Konzept einer Political korrectness für einen Analyse aus der Perspektive der politischen Kultur fruchtbar zu machen. Zwar wird der politischen Sprache inzwischen u.a. durch Luhmann die gesellschaftliche integrative und überzeugende Kraft bgesprochen und lediglich die Sicherung des selbstreferentiellen Systems „Politik“ als Aufgabe zugestanden (BARDMANN 1996). [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Political Correctness
- Grundlagen und Hintergründe – die Radikalisierung
- Von der Bürgerrechtsbewegung zu identity politics
- Von der Pluralisierung der 1960er zum konservativen backlash
- PC in der Praxis
- Die PC-Debatte
- Political Correctness in Deutschland
- Vorläufer der PC
- Konformitätsdruck im Meinungsstreit
- Politische Blockade oder Stabilisierungfunktion
- Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert das Phänomen der Political Correctness (PC) und untersucht seine Bedeutung für politische Sprache. Dabei wird der Fokus auf die ideengeschichtliche Entwicklung der PC-Bewegung gelegt und die Rolle von Sprachkontrolle und Sprachkritik im politischen Diskurs beleuchtet. Die Arbeit zeigt, dass PC-Debatten nicht nur sprachliche Auseinandersetzungen sind, sondern auch zentrale politische Themen in den USA und Deutschland spiegeln.
- Die Bedeutung von Sprache in politischen Auseinandersetzungen
- Die ideengeschichtliche Entwicklung der PC-Bewegung
- Die Rolle von Sprachkontrolle und Sprachkritik im politischen Diskurs
- Zentrale politische Themen in den USA und Deutschland im Kontext von PC-Debatten
- Der Einfluss von PC-Debatten auf Einstellungen und Handlungen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema ein und stellt die Relevanz von Sprache in politischen Auseinandersetzungen dar. Das erste Kapitel befasst sich mit dem Begriff der Political Correctness und zeichnet die ideengeschichtliche Entwicklung der PC-Bewegung in den USA nach, wobei der Fokus auf den Einfluss der Bürgerrechtsbewegung und den konservativen backlash liegt. Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit der PC-Debatte in den USA und beleuchtet die Praxis der PC-Bewegung sowie die Kritik an ihr. Das dritte Kapitel widmet sich der PC-Debatte in Deutschland und untersucht die Vorläufer der PC, den Einfluss von Konformitätsdruck auf den Meinungsstreit sowie die Frage nach der Stabilisierungsfunktion von PC.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Themen Political Correctness, Sprachkritik, Sprachkontrolle, politische Sprache, ideengeschichtliche Entwicklung, Bürgerrechtsbewegung, konservativer backlash, Identität, politische Kultur, und den USA sowie Deutschland. Die Analyse der PC-Debatten beleuchtet zentrale politische Themen und verdeutlicht die Bedeutung von Sprache im politischen Diskurs.
- Citar trabajo
- Alexander Fröhlich (Autor), 2003, Political Correctness - Die symbolische Austragung politischer Konflikte, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/21548