Staatszerfall und peacebuilding am Beispiel Afghanistans


Thèse de Bachelor, 2013

38 Pages, Note: 2,6


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Das Staatsverständnis

3. Der Staatszerfall
3.1. Ursachen des Staatszerfalls
3.2. Indikatoren zu der Messung eines Staatszerfalls
3.3. Die Phasen des Staatszerfalls

4. Was ist peacebuilding?

5. Staatszerfall und peacebuilding am Beispiel Afghanistans
5.1. Ursachen des Staatszerfalls in Afghanistan
5.2 Die Möglichkeiten von peacebuilding in Afghanistan

6. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Afghanistan war lange Zeit aus dem Blick und den Gedanken der Öffentlichkeit verschwunden. Dies änderte sich schlagartig mit den Terroranschlägen vom 11. September 2001[1] in den USA. Die Taliban, mit ihrem Anführer Osama Bin Laden, welche in Afghanistan zu diesem Zeitpunkt herrschten, wurden für die Terroranschläge verantwortlich gemacht. Kurze Zeit nach den Anschlägen begannen die USA durch Luftangriffe eine Intervention in Afghanistan. Somit stand Afghanistan nun im Mittelpunkt der Berichterstattungen und war wieder in den Köpfen der Menschen präsent.[2]

Die Taliban wurden recht schnell besiegt, allerdings dauert der Militäreinsatz von den USA und einigen Staaten der internationalen Staatengemeinschaft noch bis heute an. Doch wie konnte es zur Machtergreifung und den Terroranschlägen durch die Taliban und das Terrornetzwerk Al Quaida kommen? Afghanistan war bereits seit langer Zeit in den Prozessen eines Staatszerfalls gefangen. Nur so war die Machtergreifung der Taliban möglich. Wie kam es zu dem Staatszerfall in Afghanistan? Wie kann es für Afghanistan nach der Intervention durch die USA und der nun seit 12 Jahren andauernden Militäroperation der internationalen Staatengemeinschaft mit weitergehen? Noch herrscht in dem Land kein Frieden. Doch wie kann ein solcher, nach so langer Zeit eines Militäreinsatzes, endlich erreicht werden?

Aus diesen Gründen beschäftigt sich diese Arbeit mit den Themen des Staatszerfalls und peacebuilding in Afghanistan. Genauer wird der Frage nachgegangen, in wieweit ein Staatszerfall eine Herausforderung für peacebuilding darstellt? Dies wird am Beispiel Afghanistans abgehandelt. Um diese Frage beantworten zu können gehe ich in dieser Arbeit folgendermaßen vor. Zu Beginn werde ich das Staatsverständnis von verschiedenen Autoren beschreiben um somit das für diese Arbeit notwendige Verständnis eines Staates darzulegen.

Anschließend komme ich zu dem Thema des Staatszerfalls. Hierbei beginne ich mit den allgemeinen möglichen Ursachen die zu einem Staatszerfall führen können. Anschließend beschreibe ich die Indikatoren mit denen es möglich ist einen vorhanden oder aber bevorstehenden Staatszerfall in einem Staat zu messen. Als letztes Thema des Staatszerfalls lege ich die Phasen eines solchen Zerfalls dar.

Nachdem nun das Kapitel des Staatszerfalls abgeschlossen ist geht in im folgenden Abschnitt um die Theorie des peacebuildings. Hier wird dargelegt, wie peacebuilding definiert wird, welche Strategien es bei der Theorie des peacebuildings gibt und was diese für Probleme mit sich bringen.

Nachdem nun die theoretische Einführung durch die Theorie des Staates, des Staatszerfalls und des peacebuildings dargelegt wurde ist es nun möglich diese Theorien am Beispiel Afghanistans anzuwenden.

Hierbei wird mit dem Staatszerfall in Afghanistan begonnen. Welche Ursachen und welche Geschehnisse bereits in der Vergangenheit dazu führten, dass es unmöglich war einen Staat nachhaltig in Afghanistan zu implementieren, werden dargelegt.

Als letztes inhaltliches Thema werden final die Möglichkeiten von peacebuilding in Afghanistan betrachtet und mögliche Maßnahmen aufgezeigt, um zu einem langfristigen Frieden und einem gestärkten Staat zu gelangen.

Zum Abschluss dieser Arbeit wird im Fazit versucht die Forschungsfrage, unter Berücksichtigung der vorherigen Abhandlung, ausreichend zu beantworten.

Der Forschungsstand über dieses Thema ist relativ umfangreich. Es gibt einige Literatur in englischer Sprache als auch in deutscher Sprache. Dies gilt für das Thema des Staatszerfalls genauso wie für das Theama des peacebuilding. Dabei handelt es sich um Primär- sowie Sekundärliteratur. Um das Thema meiner Arbeit zu behandeln gehe ich vor allem empirisch-analytisch vor. Ich untersuche vor allem Sekundärliteratur hinsichtlich meiner Fragestellung um somit in der Lage zu sein meine Frage hinreichend und fundiert beantworten zu können Es wird nun damit begonnen das Staatsverständnis für diese Arbeit zu definieren.

2. Das Staatsverständnis

Da im weiteren Verlauf der Arbeit der Staatszerfall betrachtet werden soll, ist es zunächst notwendig auf das Gebilde des ,,Staates’’ genauer einzugehen.

Lexikalisch wird Staat wie folgt definiert: Der Staat kennt viele Begriffsverständnisse. Er umfasst alle öffentlichen Institutionen, die das Zusammenleben in einem Gemeinwesen gewährleisten. Der Staat wird durch drei Elemente definiert. Das Staatsgebiet, das Staatsvolk und die Staatsgewalt. Dabei übt der Staat die Staatsgewalt aus. Die Staatsgewalt ist in eine große Anzahl von Institutionen ausdifferenziert (vgl. Nohlen / Grotz, 2007: 533).

Es existieren bereits viele Versuche einer Staatsdefinition die einen Staat aus vielen verschiedenen Perspektiven betrachten. Im Folgenden werden die Staatsdefinitionen von Max Weber, Georg Jellinek und die funktionalistische Staatsdefinition beschrieben. Für die weiteren Untersuchungen in dieser Arbeit ist vor allem die funktionalistische Staatsdefinition von Bedeutung (vgl. Iro 2008: 12).

Max Weber sieht in einem Staat eine Gemeinschaft, die über ein gewisses Gebiet die physische Gewalt ausübt. Diese Gewalt ist legitimer Natur. Hieraus resultiert die Annahme, dass der Staat ein Herrschaftsverhältnis darstellt, wo Menschen andere Menschen beherrschen. Dieses Herrschaftsverhältnis ist ebenfalls ein legitimer Zustand (ebd. 12).

Somit ist der Staat, nach Weber, über sein Gewaltmonopol definiert. Der Staat hat das Monopol des physischen Zwangs. Dieses Monopol entsteht aus der Zustimmung der Staatsbürger. Die Staatlichkeit entsteht durch dieses Zusammenspiel von Gewaltmonopol und dessen Legitimität durch die Staatsbürger (ebd. 13).

Neben dem legitimen Gewaltmonopol muss der Staat ebenfalls in der Lage sein eine Ordnung, bedingt durch die Verfassung, herzustellen (vgl. Obermaier 2010: 15).

Die Staatslehre von Georg Jellinek steht im Gegensatz zu der von Max Weber. Jellineks Staatslehre besteht aus drei Bereichen und wird auch ,,Drei-Elementen-Lehre’’ genannt. Die drei Bereiche sind das Staatsvolk, das Staatsgebiet und die Staatsgewalt. Diese Bereiche sind grundlegend für die Bildung eines Staates. Unter dem Staatsvolk werden all diejenigen verstanden, die eine gleiche Staatsangehörigkeit besitzen. Hierbei ist eine gemeinsame Rechtsordnung von besonderer Bedeutung. Durch das Staatsgebiet werden die Befugnisse eines Staates territorial begrenzt und ein Staat wird gegen andere Staaten abgegrenzt. Die Staatsgewalt wird in innere und äußere Souveränität aufgeteilt. Nach Innen hat der Staat die Berechtigung eine politische Ordnung auf dem eigenen Staatsgebiet und für seine Bürger zu errichten. Nach außen hat jeder Staat das Recht unabhängig von anderen Staaten zu handeln. Dies muss allerdings im Einvernehmen mit dem Völkerrecht geschehen. Ausschlaggebend ist nicht eine Existenz von Staatlichkeit, sondern ob diese eine Wirkung entfalten kann. Die Staatsgewalt muss sich auf Dauer durchsetzen, damit ein Staat existiert. Die drei beschriebenen Bereiche sind jeweils eigenständig und gelten alle als Voraussetzung um den Status eines Staates zu erreichen (vgl. Iro 2008: 13).

Diese Form der Staatsdefinition entwickelte sich bereits seit dem Westfälischen Frieden 1648[3]. Sie basiert auf der Annahme, dass lediglich ein Souverän in einem Staat existiert, welcher die Führung ausübt und nicht mehrere, die sich überschneiden (vgl. Obermaier 2010: 16).

Die funktionalistische Staatsdefinition stellt den Bürger in den Mittelpunkt ihrer Betrachtung. Laut dieser Definition ist der Staat dafür zuständig gewisse Gemeinschaftsgüter für seine Bürger bereitzustellen und zeichnet sich durch diese Fähigkeit aus. Dies beinhaltet drei Kernfunktionen eines modernen Staates. Unter diesen Kernfunktionen versteht man die Wohlfahrtsfunktion, die Sicherheitsfunktion und die Legitimitäts- und Rechtsstaatsfunktion. Die Wohlfahrtsfunktion umfasst folgende Aufgaben des Staates: Der Staat leistet Dienst- und Transferleistungen an seine Bürger. Dies geschieht durch Investitionen in verschiedene Politikfelder, wie die Wirtschaft, den Arbeitsmarkt und die Bildung. Weiterhin ist der Staat, durch die Wohlfahrtsfunktion, dazu befähigt Steuern und Zölle zu erheben. Schon Hobbes zählte die Funktion eines Staates, seinen Bürgern physische Sicherheit zu garantieren, zu den wichtigsten Aufgaben eines Staates. Der Staat soll seinen Bürgern diese Sicherheit sowohl von innen als auch nach außen garantieren. Um diese Sicherheitsfunktion zu erfüllen, bedient sich der Staat der Polizei sowie der Armee. Der Staat benutzt diese Institutionen um den Frieden zu sichern und Konflikte zu regulieren. Als letzte Kernfunktion eines Staates ist nun die Legitimitäts- und Rechtsstaatsfunktion darzulegen. Hierbei muss der Staat dafür sorgen, dass die Bürger politisch partizipieren können. Dies geschieht durch Wahlen oder durch Parteien. Dies ermöglicht dem Bürger politische Rechte, wie die Meinungsfreiheit. Des Weiteren ist der Staat damit beauftragt, ein funktionierendes Verwaltungssystem aufzubauen und dafür zu sorgen, eine unabhängige Justiz zu installieren. Laut der funktionalistischen Staatsdefinition ist der Staat nur dann stabil, wenn diese drei Kernfunktionen genügend ausgeübt werden (vgl. Iro 2008: 14).

Da der Staat nun für diese Arbeit definiert wurde, ist es nun möglich und für den weiteren verlauf dieser Arbeit notwendig, die Ursachen eines Staatszerfalls darzustellen.

3. Der Staatszerfall

3.1. Ursachen des Staatszerfalls

Da der Staat nun für diese Arbeit definiert wurde ist es nun möglich die Ursachen eines Staatszerfalls darzustellen.

Laut Definition handelt es sich um einen zerfallenen Staat, wenn der Staat seine Funktionen nicht mehr erfüllen kann und nicht mehr in der Lage ist, die Sicherheit seiner Bürger zu gewährleisten und diese mit sozialen Grundleistungen zu versorgen (vgl. Nohlen / Schultze 2005: 234).

Zunächst wird auf die möglichen Ursachen für einen Staatszerfall eingegangen. Was die Ursachen für einen Staatszerfall betrifft, ist sich die Literatur nicht einig. Es gibt keine generelle Erklärung für das Phänomen des Staatszerfalls. Vielmehr ist ein Staatszerfall eine Verknüpfung von verschiedenen Ursachen (vgl. Iro 2008: 19).

Eine Annahme, wie es zu einem Staatszerfall kommen kann, ist die, der ,,ernsten politischen Instabilitäten’’ in einem Land, welche durch Völkermord, ethnische Kriege, Revolutionskriege und gegnerischem Regime-Wechsel ihren Ausdruck finden. Diese Instabilitäten eines Landes können als Auslöser eines Staatszerfalls gelten. Die zuvor genannten Auslöser gehen mit vier Ursachen für einen Staatszerfall einher. Als erste Ursache ist hier die mögliche Ausgestaltung der jeweiligen Form der Regierung zu nennen. Weiterhin sind die wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen der Bevölkerung von Bedeutung. Die Einbindung des Landes in das politische und wirtschaftlich internationale System ist ebenfalls von Bedeutung. Zuletzt ist nun noch der Einfluss, dem ein Land durch seine Nachbarstaaten ausgesetzt ist zu nennen. Hierbei sind besonders das Auftreten von Kriegen in benachbarten Staaten oder aber Bürgerkriege zu nennen (ebd. 20).

Diese Darstellung der Ursachen von Staatszerfall ist einiger Kritik ausgesetzt. Es wird bemängelt, dass die Ursachen eines Staatszerfalls lediglich mit Kriegen und Krisen in einem Land gleichgesetzt werden. Staatszerfall ist hier somit nur eine andere Beschreibung für diese Phänomene (ebd. 20f.).

Eine andere Herangehensweise, die Ursachen eines Staatszerfalls zu erklären, ist die Definition nach Ursachen und Dynamiken. Die Dynamik von wirtschaftlichen und sozialen Krisen, .die Dynamik gewaltsamer Konflikte und die Dynamik von ,,poor’’ oder ,,bad governance’’. Als Beschleuniger für den Staatszerfall wird hier vor allem die ,,bad governance’’ benannt. Bedingt durch Probleme, wie Ressourcenmangel, ausgebliebene Modernisierung, Misswirtschaft, die ungleiche Verteilung von Chancen und gewaltsame Konflikte haben Gewaltakteure, welche nicht staatlicher Natur sind, die Chance sich durchzusetzen und Staatliche Institutionen zu unterwandern. Diese Probleme stellen bei dieser Herangehensweise die Ursachen für einen Staatszerfall dar. Weitere Ursachen können keine Modernisierung und ein niedriges Pro-Kopf Einkommen darstellen. Damit einher geht eine geringe wirtschaftliche Kraft und die damit verbundene Schwäche eines Staates. Unter gewaltsamen Konflikten sind hier Kriege innerhalb eines Staates zu verstehen (vgl. Heiduk 2010: 30).

Andere Ansätze erklären das Phänomen des Staatszerfalls wesentlich ausführlicher mit differenzierten Ursachen. Hier wird zwischen strukturellen, auslösenden und dynamischen Faktoren unterschieden (vgl. Obermaier 2010: 29).

Die Strukturellen Faktoren, auch causing structures genannt sind Grundlage dafür, dass ein Staat anfällig für einen Staatszerfall ist. Die causing structures werden oftmals vernachlässigt. Zu ihnen zählen die Unterentwicklung der Wirtschaft und die Dependenz eines Landes. Ist eine Gesellschaft somit arm und ökonomisch unterentwickelt, ist sie nicht nur anfällig für Kriege zwischen der Bevölkerung sondern auch für einen Staatszerfall. Länder, die unter einem Bürgerkrieg leiden und Symptome eines Staatszerfalls aufweisen, sind oftmals durch Agrarwirtschaft dominiert. Das Pro-Kopf Einkommen dieser Länder ist sehr gering, es herrscht eine geringe Bevölkerungsdichte und es ist eine Besiedelung, die sich meist auf das Land beschränkt, zu beobachten. Damit einher gehen meist schlechte Zukunftsperspektiven und hohe Arbeitslosigkeit. Ist dies der Fall, gibt es ein hohes Potenzial von Konflikten, welche vor allem durch die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit ihrem Leben verursacht werden. Somit gilt die Überwindung dieser Not und die ökonomische Entwicklung als grundlegend für einen stabilen Staat. Eine weitere finanzielle Abhängigkeit ergibt sich aus dem Export von Rohstoffen. Diese Abhängigkeit bringt eine Gefahr bei weltweiten Wirtschaftskrisen mit sich. Besonders bei Preisstürzen kann es ebenfalls zu Konflikten innerhalb eines Staates kommen, die ihrerseits Gründe für einen Staatszerfall sein können (ebd. 30).

Zu den strukturellen Faktoren eines Staatszerfalls zählen auch so genannte Cleavages.

Cleavages sind Brüche und Konfliktlinien oder Trennlinien innerhalb der Gesellschaft, die zu einer Distanzierung von einzelnen Gruppen innerhalb einer Gesellschaft führen und somit zu innergesellschaftlichen Konflikten. Es lassen sich fünf Arten von Cleavages unterscheiden: Die religiösen Cleavages, die ethnischen, die wirtschaftlichen die ideologischen und die sozialen Cleavages. Die ethnischen und religiösen Cleavages gelten als besonders gefährlich für einen Staatszerfall, da hier ein besonders großes Konfliktpotenzial vorhanden ist. Dies begründet sich auf die heterogene Struktur einer Gesellschaft mit solchen Cleavages. Ein Staatszerfall gilt hier als wahrscheinlicher als bei einer homogen gestalteten Gesellschaft. Ebenso können wirtschaftliche und soziale Cleavages für einen Staatszerfall verantwortlich sein. So wird davon ausgegangen, dass je mehr der Wohlstand und die Macht verteilt sind, desto größer ist die Stabilität eines Staates. Die Art der Wirtschaft, die die meisten zerfallenden Staaten aufweisen, ist die der ,,Rentenökonomie’’ (vgl. Troy 2007: 49).

Hierbei entsteht das erforderliche Einkommen nicht durch geleistete Arbeit oder durch Aktivitäten der Unternehmen, sondern durch die politische Beherrschung von den Ressourcen, die fähig sind ein Einkommen für den Staat zu generieren. Die Politik lässt sich die Ausbeutung von Ressourcen durch ausländische Firmen in Form einer Rentenzahlung vergüten. Somit ziehen hier Eliten Vorteile daraus die Ressourcen eines Landes auf eigene Rechnung zu verkaufen. Dies führt zu Unmut innerhalb der Bevölkerung und kann zu einem Staatszerfall führen (vgl. Obermaier 2010: 30f.).

Durch die Rentenökonomie wird der Staat von anderen Staaten abhängig, obwohl eine solche Rentenökonomie eigentlich für Stabilität sorgen soll. Oftmals wird ,,Rentenökonomie’’ als zentrale Ursache für einen Staatszerfall gesehen (vgl. Troy 2007: 49).

Der letzte beschriebene strukturelle Faktor ist die geografische Lage eines Staates. Bei diesem Faktor sind die Ressourcen eines Staates und das regionale Umfeld von Bedeutung. So haben Staaten, die über keinen Meerzugang verfügen es schwerer sich in die internationalen wirtschaftlichen Netze einzugliedern. Dies kann zu ökonomischen Krisen des hiervon betroffenen Staates führen. Auch die klimatische Lage eines Staates ist hier von Bedeutung. Es kommt dabei vor allem darauf an, ob das Land in der Lage ist, durch die gegebenen Umstände, sich mit Hilfe der Agrarwirtschaft selbst zu versorgen. Ebenfalls kann es zu Konflikten innerhalb eines Staates kommen, wenn in den Staaten, die geografisch nah an ihm liegen, bereits Konflikte existieren. Staaten, die ihre Lage in der Peripherie von großen Staaten haben sind ebenfalls besonders anfällig für das Phänomen eines Staatszerfalls. Wie schon beschrieben, kann ein Mangel an Ressourcen zu einem Staatszerfall führen. Dem widersprechend, ist es aber ebenfalls möglich, dass ausgerechnet in einem Staat, der reich an Ressourcen ist, es ebenfalls zu einem Zerfall des Staates kommen kann (vgl. Obermaier 2010: 32).

Nach dem nun die strukturellen Ursachen für einen Staatszerfall beschrieben wurden, werden nun die auslösenden Ursachen dargelegt. Die strukturellen Ursachen alleine führen meist nicht zu einem Staatszerfall. Damit es zu einem Staatszerfall kommt, ist es notwendig, dass eine oder mehrere auslösende Ursachen temporär vorhanden sind. Darunter sind delegitime Formen staatlicher Herrschaft, parallele Herrschaftsstrukturen, private Gewalt, Krisen und Katastrophen sowie Spill-Over von anderen Staaten zu verstehen (ebd. 32).

Delegitime Formen staatlicher Herrschaft wird oftmals als Auslöser für einen Staatzerfall benannt. Eine Regierung bedient sich immer mehr an dem Reichtum eines Staates. Ebenfalls gilt dies, für die durch sie begünstigten Eliten eines Staates. Je mehr und je öfter dies geschieht verliert eine Regierung ihre Macht in einem Staat und damit verbunden auch ihr Legitimität. Aus dieser Tatsache heraus kann es zu einer Rebellion durch die Bevölkerung und einem einhergehenden Sturz der Regierung kommen, was ebenfalls als Ursache für einen Staatszerfall angesehen werden kann (ebd. 32f.).

Parallele Herrschaftsstrukturen zeichnen sich dadurch aus, dass der Staat ausgehöhlt wird. Damit einher geht die mögliche Zuwendung der Bevölkerung zu anderen Autoritäten im Staat, wie beispielsweise den Warlords. Die parallelen Autoritäten zum Staat ersetzen dessen Herrschaft. Dies geschieht dadurch, dass sie die Solidarität der Bevölkerung komplett auf sich beziehen. Weiterhin übernehmen die Autoritäten immer mehr Funktionen des Staates um die Ordnung zu bewahren. Die Strukturen innerhalb einer Gesellschaft zerbrechen und verhärten sich in parallelen Strukturen der Herrschaft. Die Regierung verliert somit die alleinige Stellung, die Macht in dem Staat alleine auszuüben. Stattdessen verteilt sich die Macht auf viele Akteure innerhalb eines Staates (vgl. Obermaier 2010: 33).

Als weitere auslösende Ursache eines Staatszerfalls gilt die private Gewalt innerhalb eines Staates. Der Auslöser für private Gewalt ist meist die Herausbildung von parallelen Herrschaftsstrukturen. Der Staat ist nicht mehr in der Lage die Unversehrtheit seiner Bürger zu garantieren. An seine Stelle treten hier die nun parallelen Autoritäten. Sie schließen die Sicherheitslücke der Bevölkerung durch private Gewalt. Dies kann durch die Warlords, private Sicherheitsunternehmen oder andere Akteure geschehen. Zwischen den nun existierenden Gruppen, die versuchen die Sicherheit aufrecht zu erhalten, kommt es zu einen Wettrüsten, da besonders kleine Waffen leicht zu kaufen und in großer Zahl vorhanden sind. Um dies zu finanzieren erheben die Gruppen in ihrem jeweiligen Herrschaftsgebiet Zölle oder Steuern. Die Sicherheit ist nun nicht mehr in staatlicher Hand, sondern von privaten Gruppen oder Unternehmen abhängig. Somit wird Sicherheit zu einem Produkt, welches sich vor allem die finanziell besser gestellten leisten können. Der Großteil der Bevölkerung veramt und es entwickeln sich neue, unterschwellige Konflikte. Diese Konflikte können auf kurz oder lang einen Staatszerfall auslösen (ebd. 34).

[...]


[1] Bei den Anschlägen starben insgesamt mehr als 3000 Menschen. Die Anschläge wurden mit Passagierflugzeugen verübt (vgl. Süddeutsche.de 2012).

[2] Am 07. 10. 2001 beginnen die USA damit Afghanistan anzugreifen (vgl. DW 2011).

[3] Der Westfälische Frieden beendete einen 30 Jährigen krieg, in den fast alle Mächte in Europa verwickelt waren. Die Aushandlung des Friedensvertrags dauerte mehrere Jahre (vgl. Stollberg-Rillinger 2003).

Fin de l'extrait de 38 pages

Résumé des informations

Titre
Staatszerfall und peacebuilding am Beispiel Afghanistans
Université
University of Kassel
Note
2,6
Auteur
Année
2013
Pages
38
N° de catalogue
V215525
ISBN (ebook)
9783656440024
ISBN (Livre)
9783656440567
Taille d'un fichier
550 KB
Langue
allemand
Mots clés
staatszerfall, beispiel, afghanistans
Citation du texte
Jan Göbel (Auteur), 2013, Staatszerfall und peacebuilding am Beispiel Afghanistans, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/215525

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