Dialektaler Sprachgebrauch in den Medien


Hausarbeit, 2008

17 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


0. Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Definition: Standardsprache – Umgangssprache – Dialekt

3. Untersuchung der einzelnen Medien
3.1 Presse
3.2 Hörfunk
3.3 Fernsehen
3.4 Internet

4. Exkurs: Dialekt in der Werbung

5. Fazit

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die Mediensprache hat genauso wie die Gegenwartssprache viele verschiedene Variationsmöglichkeiten. Eine Variante dieser Sprache ist der Dialekt in den Medien. In den folgenden Seiten wird dieser dialektale Gebrauch aus historischer Sicht erläutert. Mit den Medien sind in diesem Zusammenhang die Presse, der Hörfunk, das Fernsehen und das Internet gemeint, welche in der Arbeit betrachtet werden. Doch zuerst erfolgt eine Definition der Standardsprache, der Umgangssprache und des Dialekts, um Unterschiede aufzuzeigen, die für das jeweilige Medium konstitutiv sein könnten. Die Ausführungen nehmen vor allem Bezug auf die Arbeit von Erich Straßner aus dem Jahre 1983, da er die geschichtliche Entwicklung des Mediendialekts zumindest bis in die 1980er Jahre gut dargestellt hat. Auf die heutige Situation dieser Sprachform in den Medien wird jeweils kurz eingegangen. Zudem wird die Ausarbeitung angereichert mit anderen Texten, die zum größten Teil spezifische Beispiele darstellen. Die Arbeit beschränkt sich hierbei auf den deutschsprachigen Raum (also Deutschland, teilweise Österreich und die Schweiz).

2. Definition: Standardsprache – Umgangssprache – Dialekt

Die deutsche Sprache ist keine einheitliche Sprache. Sie ist geprägt von vielen verschiedenen Sprachformen, die offenbar nebeneinander und miteinander existieren. Jedoch zeichnet sich eine gewisse Hierarchie dieser Sprachformen ab. Ulrich Ammon bezeichnete diese Hierarchie als dialektale Stufenleiter. Als höchste Sprachebene gilt die Standardsprache, welche „sich durch Überregionalität auszeichnet“[1] und eher in öffentlichen, offiziellen oder institutionellen Gesprächen zu finden ist. Die Standardsprache ist sehr komplex und wird deshalb auch als Hochsprache, Schriftsprache, Literatursprache, Kultursprache und Einheitssprache bezeichnet. Diese Bezeichnungen sind, wie auch Lohmann dies bemerkt, zum Teil sehr umstritten. Zwar ist die Standardsprache stark kodifiziert, das heißt sie ist ein „Ergebnis der schriftlichen Niederlegung […] in Regelsammlungen, Wörterbüchern und/oder Grammatiken.“[2] Allerdings kann man sie neben der schriftlichen Kommunikationssituation auch in mündlichen Interaktionen finden. Außerdem kann nicht vereinheitlicht werden, dass die Literatursprache nur durch die Standardsprache dargestellt wird, denn auch Gedichte und Geschichten können in Dialekt oder Umgangssprache verfasst sein[3]. Neben dem Definitionsproblem gibt es noch ein weiteres; das Problem der Sprechergruppenzuordnung. Viele gehen davon aus, dass die Standardsprache vor allem von „Angehörigen der oberen sozialen Schichten gesprochen“[4] wird. Ich allerdings glaube, dass wie oben schon erwähnt die Standardsprache vor allem in der Sprachöffentlichkeit (damit meine ich öffentliche Anlässe wie Reden, Vorträge oder auch in Institutionen wie vor Gericht) verwendet wird und so nicht ausschließlich mit einer bestimmten sozialen Schicht gleichzusetzen ist. Außerdem kann nicht davon ausgegangen werden, dass jeder der Ober- und Mittelschicht ausschließlich die Standardsprache spricht, denn auch diese Personen können aus Regionen mit dialektaler Sprachprägung stammen.

Der Dialekt stellt die niedrigste Sprachebene dar. Seine Lautung und der Wortschatz weichen meist von der Standardsprache ab, wobei diese Bereiche nicht zwangsläufig die einzigen sein müssen. Auch in der Syntax oder der Semantik können Unterschiede zur Hochsprache auftreten. Deshalb beschreibt man den Dialekt als eine „besondere Sprech- (und z.T. auch Schreib-)weise innerhalb einer National- oder Standardsprache“[5]. Er ist in der Regel räumlich sehr begrenzt. Obwohl alle Dialekte eine sprachliche Besonderheit darstellen, gehört jeder dieser Dialekte zu den kulturellen Grunderfahrungen in einer Nation. Damit will ich sagen, dass es in jeder Region Deutschlands bestimmte Sprechweisen gibt, die die deutsche Sprache in gewisser Weise prägen und stützen. Es gibt Hessisch, Friesisch, Schwäbisch, Tirolerisch, Berlinerisch, Plattdeutsch und viele andere Dialekte, die zu einer gewissen Herkunftsidentifizierung einer Person beitragen.

Die Umgangssprache letztendlich stellt den Bereich zwischen den Dialekten und der Hochsprache dar. Diese Sprachform ist überwiegend mündlich, also „[keine] schriftlich fixierte Sprachform“[6] Zudem steht sie in einem Spannungsfeld zwischen Standardsprache und Dialekt. Denn sie ist wie der Dialekt nicht kodifiziert, weist aber im Allgemeinen die Sprachkonventionen der Standardsprache auf. Zu finden ist sie vor allem in alltäglichen, privaten und ungezwungenen Situationen des Alltags[7]. Sie wird deshalb auch oft als Alltagssprache bezeichnet. Somit stellt die Umgangssprache die Basis für jede Unterhaltung, sei sie geschäftlich oder privat, dar. Sprecher greifen dann je nach Situation mehr auf einen Dialekt oder die Standardsprache zurück.

3. Untersuchung der einzelnen Medien

Auf den folgenden Seiten wird versucht, die vorangegangenen Überlegungen zur Standardsprache, Umgangssprache und dem Dialekt mit den Medien Presse, Hörfunk, Fernsehen und Internet in Verbindung zu bringen. Dabei wird aufgezeigt, welche dieser Medienarten standardsprachlich oder dialektal geprägt sind und ob es eine eher überwiegende Verwendung des Mediendialekts oder der Standardsprache gibt.

3.1 Presse

Druckmedien, vor allem Zeitungen, Zeitschriften und Flugblätter, sind seit dem 16. Jahrhundert überliefert worden[8]. So zum Beispiel Annus Christi, die erste periodische Monatsschrift der Schweiz in deutscher Sprache, die im schweizerischen Rorschach im Jahre 1597 das erste Mal gedruckt wurde, oder die Wochenzeitschrift Aviso, eine der ersten deutschen periodischen Zeitungen, welche in Wolfenbüttel das erste Mal 1604 gedruckt wurde. Da die Herausgeber der Druckmedien auf ständige Aktualität und regelmäßiges Erscheinen dieser Zeitungen bestanden, konnten viele Texte nicht oder nur unzureichend auf sprachliche Richtigkeit sowie dialektale Gebrauchsformen hin überprüft werden. Aufgrund der immer weiter steigenden Schreib- und Verlegertätigkeiten in Deutschland gab es bis zum Ende des 17. Jahrhunderts viele Tages- und Wochenzeitschriften sowie Zeitungen, die Erzählungen und Briefe mit persönlichem und „beinahe literarischem Anspruch“[9] druckten. Neben dieser Schreibweise zeigte sich allerdings auch, dass der Stil geprägt war von vielen Regionalismen (regionalbedingte Abweichungen in der Sprache, vor allem bezogen auf den Wortschatz, die in standardsprachlichen Texten vorkommen[10] ). Grund dafür waren die vielen Schreiber, die ihre Texte oftmals im Sprachstil ihrer Heimatlandschaft verfassten. Trotz des vermehrten Aufkommens des Dialekts „geraten die 'Provincialismen' aber in den Bereich der Kritik“[11]. Denn das beginnende 18. Jahrhundert war geprägt von einem Versuch der Wiederaufwertung der deutschen Sprache gegenüber dem Französischem und den Dialekten. So sagte schon Johann Christoph Gottsched, der die deutsche Sprache zugunsten der Hochsprache reformieren wollte, dass der Dialekt die Wichtigkeit des Gesagten herabsetze und forderte deshalb aufgrund der Leseschwäche vieler Adressaten, dass der mundartliche Sprachgebrauch vermieden werden müsse. Meiner Meinung nach ist diese Aussage etwas zu kurz gegriffen. Zwar gab es in dieser Zeit noch immer noch viele Analphabeten. Jedoch wird es für diese Menschen auch schwierig gewesen sein, Zeitungen oder Zeitschriften in Hochdeutsch zu lesen. Neben dieser offenen Kritik gab es vor allem in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts Diskussionen in einigen Zeitschriften über das Ansehen und die legitime Daseinsberechtigung der Mundarten in der Presse[12]. Schon hier wurde deutlich, dass es verschiedene Meinungen zu diesem Thema gab. Ich denke, dass viele Autoren einerseits den Dialekt pflegen wollten, damit eine Sprachvielfalt in Deutschland vorhanden war. Aber andererseits gab es wahrscheinlich einige, die glaubten, man müsse die Standardsprache fördern, damit es nicht zu einem Sprach- und damit auch Niveauverfall in der Gesellschaft komme. Doch all die Beschäftigung mit dem Thema Dialekt in der Presse konnten nicht verhindern, dass „sich im 18. Jahrhundert die Schriftsprache“ und somit die Standardsprache „den gesamten Pressebereich“[13] eroberte. Mit dieser Errungenschaft sowie mit der Alphabetisierung in dieser Zeit konnte nun ein breiteres/größeres Publikum erreicht und beeinflusst werden. Deshalb wurde die Standardsprache als gültige Sprachform anerkannt und verbreitet, was den Dialekt in den Zeitungen weitgehend zurückdrängte. Jedoch starb diese Form des Textverfassens nicht aus. Wiederentdeckt und neu verwendet wurde der Dialekt im 19. Jahrhundert. Jetzt trat er vor allem in Feuilletons und dem Lokalteil auf. Lokale Nachrichten, „Glossen, Satiren, Anekdoten, Besprechungen, Kulturberichte“[14] wurden nun vermehrt in Dialekt geschrieben, um dadurch die Distanz zwischen Presse und Leser zu verkleinern oder gar zu überwinden. Neben diesen verschiedenen Textsorten arbeiteten die Journalisten nun auch mit „stehenden lokalen Figuren“[15]. So gibt es in Köln den Tünnes, in Berlin den Schöneberger Asphaltbauer oder in Wien den Herrn von Nigerl. All diese Figuren sind auf der einen Seite geprägt durch einen bestimmten, der Stadt oder Region typischen Dialekt, auf der anderen Seite zeigen sie auch deutlich die Eigenarten der Bevölkerung der jeweiligen Stadt oder Region. Somit können sich die Bewohner mit ihrer Figur identifizieren. Dies wirkt sich auch positiv auf die Zeitungen aus. Denn je mehr Menschen das Verhalten und den Charakter der Figuren auch als ihre eigenen bezeichnen und anerkennen, desto häufiger lesen sie die unterhaltsamen Beiträge. Meines Erachtens, ergänzend zu Straßner, fördern diese Figuren außerdem die Interaktion zwischen den Menschen. Dies kann durch das alltägliche Diskutieren über das „Verhalten dieser Figur“ geschehen. Untersuchungen in den 80er Jahren zeigten allerdings, dass die Bereiche in Zeitungen oder Zeitschriften, in denen Dialekt eingesetzt wird, im Wesentlichen die gleichen blieben wie zuvor im 19. Jahrhundert. Man fand den Dialekt vor allem in Wochenendausgaben von regionalen Zeitungen oder im Teil Kommunales. Außerdem konnte man Dialekt in Geschichten, Berichten, Büttenreden, witzigen Beiträgen während der Faschingszeit, Interviews, Besprechungen, Kommentaren und Comics finden. In der heutigen Zeit hingegen scheint der Anteil des Dialekts in der Presse immer geringer zu werden. Nur einige wenige regionale Zeitungen setzen auf die Möglichkeit des dialektalen Gebrauchs. Viele Journalisten und Autoren, die sich mit Pressedialekt beschäftigten, sind dazu übergegangen, Mundartliteratur und Mundartdichtung zu schreiben oder zusammen zu tragen. Sie wollen damit vor allem das „Interesse an älterer, zeitweise fast ganz vergessener Mundartliteratur“[16] wieder wecken. Ich denke außerdem, dass die Autoren versuchen, den Dialekt vor der um sich greifenden hochdeutschen Sprache zu retten und plädieren auf diese Weise für ein bisschen Anerkennung dem Dialekt gegenüber. Auch Bücher zu bestimmten Mundarten kann man heute in vielen Buchhandlungen finden. Darunter sind zahlreiche Wörterbücher wie zum Beispiel „Hessisch-Deutsch. Deutsch-Hessisch“. Aber auch Geschichten oder Kalenderbücher wie die Beitragssammlung „Voß und Has“ (von vielen Autoren geschrieben und zusammengetragen) eignen sich gut, um deutsche Dialekte zu pflegen und zu verhindern, dass sie aus dem nationalen Bewusstsein komplett verschwinden.

[...]


[1] Linke, Angelika/Nussbaumer, Markus/Portmann, Paul R. (2004): Studienbuch Linguistik. 5., erw. Aufl. Tübingen. S.347.

[2] Glück, Helmut: Metzler Lexikon Sprache. 1993 Stuttgart/Weimar.

[3] vgl. Lohmann, Oliver (1998): Regionaler Sprachgebrauch in regionalen Tageszeitungen. In: MATEO-Monographien, Nr.5. Universität Mannheim. URL: www.uni-mannheim.de/mateo/verlag/dipl/lohmann/lohmann.html

[4] Linke: Linguistik, S.347.

[5] Metzler Lexikon Sprache, S.151.

[6] Metzler Lexikon Sprache, S.757.

[7] vgl. Linke: Linguistik, S.347.

[8] vgl. Straßner, Erich (1983): Rolle und Ausmaß dialektalen Sprachgebrauchs in den Massenmedien und in der Werbung. In: Besch, Werner u.a. (Hrsg.): Dialektologie. Ein zur deutschen und allgemeinen Dialektforschung. Vol.2. S.1509-1525. Berlin, New York (Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft). S.1509.

[9] Burger, Harald (1990): Sprache der Massenmedien. 2.durchges. u. erw. Aufl. Berlin. S.8.

[10] vgl. Lohmann: Regionale Tageszeitungen.

[11] Straßner: Dialektaler Sprachgebrauch, S.1510.

[12] vgl. Straßner: Dialektaler Sprachgebrauch, S.1511.

[13] Straßner: Dialektaler Sprachgebrauch, S.1511.

[14] Lohmann: Regionale Tageszeitungen.

[15] Straßner: Dialektaler Sprachgebrauch, S.1512.

[16] Metzner, Ernst Erich/Kuhn, Peter/Stieniczka, Norbert (2007): Die alten Mitten und die neuen Medien. Zur Rolle der Mundart und Hochkultur in der Moderne. Darmstadt. S.26.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Dialektaler Sprachgebrauch in den Medien
Hochschule
Technische Universität Darmstadt  (Institut für Sprach- und Literaturwissenschaft)
Veranstaltung
Medienlinguistik
Note
2,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
17
Katalognummer
V215757
ISBN (eBook)
9783656442998
ISBN (Buch)
9783656443582
Dateigröße
504 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Medien, Dialekt, Presse, Gegenwart, Sprachwissenschaft, Linguistik, Internet, Fernsehen, Werbung
Arbeit zitieren
Anja Hetebrüg (Autor:in), 2008, Dialektaler Sprachgebrauch in den Medien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/215757

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Dialektaler Sprachgebrauch in den Medien



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden