'Das Heideprinzeßchen' von Eugenie Marlitt. Poetischer Realismus oder Trivialliteratur?


Wissenschaftlicher Aufsatz, 2013

12 Seiten


Leseprobe


Poetischer Realismus oder Trivialliteratur:

"Das Heideprinzeßchen" von Eugenie Marlitt

Leben und Werk der Autorin im Überblick

* 15. Dezember 1825 in Arnstadt / Thüringen t 22. Juni 1887 in Arnstadt / Thüringen

- Eugenie Marlitt (eigentlich Eugenie John) wächst in bescheidenen Verhältnissen als zweites von fünf Kindern des Kaufmanns und Leihbibliothekars Ernst John und seiner Frau Johanna, geb. Böhm, auf.
- Die Eltern erkennen und fördern ihr frühes musikalisches Talent.
- Im Jahre 1841 erhält sie am Hofe der kunst- und musikliebenden Fürstin Mathilde von Schwarzburg-Sondershausen eine Gesangsausbildung, die sie - unterstützt von der Fürstin - 1844-1846 in Wien mit dem Ziel, Opernsängerin zu werden, fortsetzt. Die Jahre in Wien bezeichnet sie als die schönste Zeit ihres Lebens.
- Nach Beendigung ihrer Ausbildung wird sie in Sondershausen zur fürstlichen Kammersängerin ernannt.
- 1847 versagt ihr bei ihrem Debüt in Leipzig vor Aufregung die Stimme.
- Im folgenden Jahr hat sie auch an der Wiener Hofoper keinen Erfolg.
- Einige Jahre tingelt sie durch Süddeutschland und Österreich auf der Suche nach Rollenangeboten, bis sich ein Gehörleiden bemerkbar macht und sie wegen ihrer angegriffenen Gesundheit ihre Karrierepläne aufgeben muss.
- 1853 engagiert die inzwischen geschiedene Fürstin Eugenie Marlitt als Gesellschafterin. Die beiden Frauen leben zehn Jahre gemeinsam in der Heimat der inzwischen nach Süddeutschland zurückgekehrten Fürstin und unternehmen zahlreiche Reisen. In dieser Zeit schreibt Marlitt elegische Gedichte im Stil der Spätromantik nach dem Vorbild Ludwig Uhlands, Friedrich Rückerts und Eduard Mörikes. In ihnen artikulieren sich Schmerz und Trauer über Jugendträume, Sehnsüchte, Hoffnungen und Ideale, die sich nicht erfüllt haben und die - im Wortlaut ihres Gedichts "Beim Wiederfinden alter Gedichte" - "alle still und leis' begraben" wurden. Das berufliche Scheitern und der mangelnde familiäre Halt erzeugen Gefühle der Verzweiflung und der Bitterkeit. So entseht durchgängig das Bild eines lyrischen Ichs, das die Seelenlage einer sensiblen jungen Frau widerspiegelt, die einen inneren Frieden sucht, der nur noch in fiktiven Fluchträumen (in der Natur, vor allem im Wald) erlebt werden kann.
- !863 wird sie in beiderseitigem Einvernehmen von der Fürstin entlassen. Sie kehrt ins Haus ihres Bruders nach Arnstadt zurück und beginnt Novellen und Romane zu schreiben.
- 1865 schickt sie unter dem Pseudonym E. Marlitt (möglicherweise eine Zusammenziehung von Meine ARnstädter LITTeratur) an Ernst Keil, den Herausgeber der "Gartenlaube", Proben ihrer Texte, u. a. die Novelle "Die zwölf Apostel". Keil, der hinter dem Pseudonym zunächst einen Mann vermutet, erkennt nach seiner Lektüre das schriftstellerische Pontenzial der Autorin. Er ist begeistert und bietet ihr einen Vertrag an.
- Eugenie Marlitt wird zur begehrten Mitarbeiterin des meistgelesenen Wochenblatts deutscher Sprache. Sie veröffentlicht weitere Texte (Novellen und Romane), teils als gekürzte Fortsetzungsgeschichten, die anschließend ungekürzt in Buchform erscheinen. Der Erfolg des von Januar bis Juni 1866 in neunzehn Teilen veröffentlichte Roman "Goldelse" ist so enorm, dass die Autorin ein zweifach erhöhtes Honorar erhält. Dank ihrer Texte steigt die Auflagenhöhe der "Gartenlaube" kontinuierlich an und verdoppelt sich innerhalb weniger Jahre. Zwischen 1866 und 1885 veröffentlicht sie in der "Gartenlaube" acht Romane und einige Erzählungen. 1871 erscheint "Das Heideprinzeßchen" in zweiundzwanzig Folgen (Nr. 31 bis 52) und ein Jahr später als Buch bei Ernst Keil in Leipzig.
- Die Romane werden in fast alle europäischen Sprachen übersetzt. Sie erscheinen in hohen Auflagen und werden im zwanzigsten Jahrhundert mehrfach verfilmt. Eugenie Marlitt wird im ausgehenden 19. Jahrhundert zur ersten Bestsellerautorin deutscher Sprache. Ihre "Gesammelten Romane und Novellen" erscheinen 1888-1890 in zehn Bänden.
- Nach jahrelanger Krankheit (wegen einer arthritischen Lähmung kann sie sich schließlich nur noch im Rollstuhl fortbewegen) stirbt sie am 22. Juni 1887 in ihrem Geburtsort Arnstadt in Thüringen.

Merkmale der Romane und Erzählungen

Im Hinblick auf ihre Prosa wird Eugenie Marlitt von einigen Literaturkritikern als eine Autorin desbürgerlichen Realismusbetrachtet. Dies ist z. B. der einhellige Tenor einer internationalen Konferenz im Jahre 2002 in Arnstadt zum Werk und Wirken der Autorin. (Vgl. Konferenzband des Internationalen Symposiums der Interessengemeinschgaft Marlitt e. V., Arnstadt 2002) Nach der Auffassung Cornelia Hobohms, die sich an den von Fritz Martini in seinem Werk "Deutsche Literatur im bürgerlichen Realismus" entwickelten Kriterien orientiert, ist sie als Darstellerin einer begrenzten, kleinräumigen bürgerlichen Welt, deren (weibliche) Protagonisten ihr bescheidenes privates Glück suchen, dempoetischen Realismus[1]zuzuordnen,. (Vgl. Hobohm, S. 116)

Im Mittelpunkt der Marlittschen Romane stehen Frauen, die dem von der Frauenbewegung dieser Jahre favorisierten Bild einer gebildeten, selbstständig denkenden und handelnden, berufstätigen und materiell unabhängigen Frau in mancher Hinsicht entsprechen. Dennoch dominiert sowohl bei den männlichen als auch denweiblichen Protagonistendie Auffassung, dass sich weibliches Karrierestreben und Familienleben grundsätzlich ausschließen. Das bedeutet, dass nach wie vor die Ehe als eigentliche Bestimmung und Erfüllung weiblichen Strebens angesehen wird. Nach dieser Auffassung geben die bis dahin engagierten Frauen ihre berufliche Tätigkeit (als Erzieherin, Gouvernante, Lehrerin, Gesellschafterin, Schauspielerin, Musikerin, Haushälterin, Krankenpflegerin oder Buchhalterin) freudig auf und überlassen dem Ehemann willig und dankbar die Versorgung der Familie. Die prinzipielle Gültigkeit dieser offensichtlich festgefügten bürgerlichen Ordnung wird nicht in Frage gestellt.

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Details

Titel
'Das Heideprinzeßchen' von Eugenie Marlitt. Poetischer Realismus oder Trivialliteratur?
Hochschule
Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover  (Philosophische Fakultät)
Autor
Jahr
2013
Seiten
12
Katalognummer
V215815
ISBN (eBook)
9783656444763
ISBN (Buch)
9783656445227
Dateigröße
479 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
heideprinzeßchen, eugenie, marlitt, poetischer, realismus, trivialliteratur
Arbeit zitieren
Hans-Georg Wendland (Autor:in), 2013, 'Das Heideprinzeßchen' von Eugenie Marlitt. Poetischer Realismus oder Trivialliteratur?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/215815

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