Einfluß der Oberflächenspannung auf das Schäumen von Getränken


Epreuve d'examen, 1999

142 Pages, Note: 1,3


Extrait


Inhaltsverzeichnis

II. Definitionen

III. Symbole und Formelzeichen

I. Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung und Problemstellung

2. Theoretische Untersuchungen zum Schaumphänomen
2.1. Schäume in der Getränkeindustrie
2.1.1. Erwünschte Schäume in der Getränkeindustrie
2.1.2. Unerwünschte Schäume in der Getränkeindustrie
2.2. Allgemeine Erklärung des Schaumphänomens
2.2.1. Entstehung von Schäumen
2.2.2. Schaumhaltbarkeit
2.2.3. Schaumstabilität
2.2.4. Schaumzerfall
2.3. Untersuchung spezieller Schaumphänomene
2.3.1. Der Bierschaum
2.3.2. Mousseux
2.3.3. Gushing
2.3.4. Schäume in alkoholfreien Getränken
2.3.5. Feste Schäume
2.4. Methoden zur Messung der Schaumeigenschaften
2.4.1. Ross & Clark-Methode
2.4.2. NIBEM-Methode
2.4.3. Einschenkmethode nach Ullmann und Pfenninger
2.4.4. Neue Methode zur Messung der Schaumhaltbarkeit von Bier
2.5. Methoden zur Messung der Oberflächenspannung
2.5.1. Methode des maximalen Blasendruckes
2.5.2. Steighöhenmethode
2.5.3. Tropfengewichtsmethode
2.5.4. Abreißmethode
2.6. Schaumbeeinflussende Substanzen
2.6.1. Kohlendioxid
2.6.2. Schaumpositive Inhaltsstoffe
2.6.3. Schaumnegative Inhaltsstoffe
2.6.4. Schaummittel
2.7. Technologische Einflußfaktoren auf die verschiedenen Schaumformationen
2.7.1. Bierschaum
2.7.2. Mousseux
2.7.3. Gushing
2.7.4. Schäume in alkoholfreien Getränken
2.8. Schlußfolgerungen aus der Theorie

3. Praktische Untersuchungen zum Einfluß der Oberflächenspannung auf das Schäumen von Getränken
3.1. Aufgabenstellung
3.2. Material und Methoden
3.2.1. Geräte und Chemikalien für die Schaummessungen
3.2.2. Geräte und Chemikalien für die Messung der Oberflächen- spannung
3.2.3. Methode zur Durchführung der Schaummessungen
3.2.3.1. Versuchseinrichtung
3.2.3.2. Versuchsdurchführung
3.2.3.3. Vorversuche
3.2.3.4. Hauptversuche
3.2.4. Methode zur Durchführung der Oberflächenspannungs- messung
3.2.4.1. Versuchseinrichtung
3.2.4.2. Versuchsdurchführung
3.2.4.3. Vorversuche
3.2.4.4. Hauptversuche
3.3. Versuchsergebnisse
3.3.1. Versuchsergebnisse der Schaummessungen
3.3.1.1 Phänomenologische Ergebnisse
3.3.1.2. Meßergebnisse der einzelnen Schaummessungen
3.3.1.3. Fehleranalyse
3.3.2. Versuchsergebnisse der Oberflächenspannungsmessung
3.3.2.1. Meßergebnisse der Oberflächenspannungs- messung
3.3.2.2. Fehleranalyse
3.4. Diskussion der Versuchsergebnisse

4. Schlußfolgerungen
4.1. Verwendete Versuchsanlage und -methode zur Messung des Schaumes
4.2. Verwendete Versuchsanlage und -methode zur Messung der Oberflächenspannung
4.3. Ansatzpunkte für weiterführende Untersuchungen
4.4. Anwendungsgebiet Berufsschule
4.5. Umsetzung der Versuchsergebnisse in der Praxis

5. Zusammenfassung

6. Literaturverzeichnis

7. Anhang
7.1. Meßergebnisse der einzelnen Schaumversuche
(Tabellen 9 bis 76)
7.2. Meßergebnisse der Oberflächenspannungsmessung
(Tabellen 77 und 78)
7.3. Meßergebnisse der Halbwertszeit
(Tabellen 79 und 80)

II. Definitionen

Grenzfläche: Die Berührungsfläche zwischen zwei unterschiedlichen Aggregatzuständen, z.B. zwischen einer Flüssigkeit und einem Gas, wird als Grenzfläche bezeichnet. Der Flüssigkeitsspiegel der Versuchsflüssigkeit stellt eine Grenzfläche dar. Aber auch an allen anderen Stellen, an denen eine Flüssigkeit mit einem Gas in Berührung kommt, wie z.B. bei Luft-, Gas- oder Mikroblasen, entsteht eine Grenzfläche.

Meßzeit: Die Meßzeit ist die Zeit, die vom Zeitpunkt des Abschaltens der Versuchsanlage bis zum jeweiligen Meßzeitpunkt vergeht.

Mittlere Halbwertszeit tH: Die mittlere Halbwertszeit bezeichnet den Durchschnittswert, der sich aus den Meßwerten dreier Zeitmessungen bei konstanten Versuchsbedingungen ergibt. Gemessen wird die Zeit, in der die Hälfte des entstandenen Schaumes zerfallen ist. Die mittlere Halbwertszeit wird in Sekunden angegeben.

Mittlere Oberflächenspannung s m: Die mittlere Oberflächenspannung ist der Mittelwert aus drei Vergleichsmessungen der Oberflächenspannung unter gleichen Versuchsbedingungen. Die mittlere Oberflächenspannung wird in mN/m angegeben.

Mittleres Schaumvolumen VS: Das mittlere Schaumvolumen ist das Volumen an Schaum, welches mittels Versuchsanlage 1 bzw. 2 in einer festgelegten Zeit entstanden ist. Das mittlere Schaumvolumen ist der Mittelwert aus drei Vergleichsmessungen unter gleichen Versuchsbedingungen, es wird in ml gemessen.

Schaum: Schaum stellt eine Dispersion von kleinen, einander berührenden Blasen in einer Flüssigkeit dar. Die einzelnen Gasblasen werden von einer doppelwandigen Schaumlamelle umschlossen.

Schaumhaltbarkeit: Die Schaumhaltbarkeit beschreibt die Lebensdauer des Schaums.

Schaumstabilität: Die Konstanz der Schaumhaltbarkeit über mehrere Monate (in Abhängigkeit von der Mindesthaltbarkeit) wird Schaumstabilität genannt.

Schaumzahl S1: Ist der Quotient aus dem mittleren Schaumvolumen und der Oberflächenzahl O1.

Schaumzahl S2: Ist das Produkt aus der mittleren Halbwertszeit tH und der Wurzel des mittleren Schaumvolumen VS.

Oberflächenelastizität: Die Oberflächenelastizität beschreibt die Fähigkeit einer Schaumlamelle, der örtlichen Kraftwirkung standzuhalten.

Oberflächenspannung s : Die Oberflächenspannung ist jene Arbeit, die notwendig ist, die Oberfläche einer Flüssigkeit um 1 m2 zu vergrößern.

Oberflächenviskosität: Die Oberflächenviskosität beschreibt die Stärke der Kohäsion zwischen den absorbierten Molekülen auf dem Oberflächenfilm.

Oberflächenzahl O1: Ist die Differenz zwischen dem gemessenen Wasserwert der Oberflächenspannung (72 mN/m) und der mittleren Oberflächenspannung der jeweiligen Versuchslösung.

III. Symbole und Formelzeichen

Tabelle 1 Darstellung der verwendeten Symbole und Formelzeichen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung und Problemstellung

In der Lebensmittel- und Getränkeindustrie spielen Schäume bei der Herstellung der Erzeugnisse eine entscheidende Rolle. In der Getränkeindustrie sind es vor allem die Hersteller von Bier und Schaumweinen, die ein Interesse an der Voraussage der Eigenschaften des Schaumes haben. Seit Jahrzehnten wird versucht, die schaumpositiven bzw. schaumnegativen Inhaltsstoffe zu analysieren und zu beeinflussen. Aber auch technologische Faktoren sind für ein gutes Schaumverhalten eines Getränkes zu berücksichtigen.

Bei der Herstellung von alkoholischen bzw. alkoholfreien Getränken führt eine unerwünschte Schaumentwicklung im Herstellungsprozeß zu Umsatzverlusten. Trotz intensiver Forschung kann die unerwünschte Schaumentwicklung oft nicht vorausgesehen (Gushing) bzw. unterdrückt werden. Im alkoholfreien Getränkebereich sind die Angaben in der Literatur diesbezüglich bis heute noch ungenügend.

Ausgehend von den Forschungsergebnissen in der Bier- und Sektherstellung zum Thema "Schaum" soll im Rahmen dieser Arbeit eine Untersuchungsmethode vorgestellt werden, die es erlaubt, mit einfachen Mitteln das Schaumverhalten von alkoholfreien Getränken zu messen. Darüber hinaus wird versucht, die mittlere Oberflächenspannung als Indikator für das Schaumverhalten von alkoholfreien Getränken einzuführen.

Es wird zu prüfen sein, ob diese Untersuchungsmethode im Rahmen des Berufsschul-unterrichts für Mälzer, Brauer bzw. Restaurantfachfrauen- und -männer Anwendung finden kann.

2. Theoretische Untersuchungen zum Schaumphänomen

2.1. Schäume in der Getränkeindustrie

2.1.1. Erwünschte Schäume in der Getränkeindustrie

Das Spektrum der Schäume, das im Herstellungsprozeß bzw. beim Konsumenten in Erscheinung tritt, ist groß. Die Schaumeigenschaften sind sowohl in der Getränke- als auch in der Lebensmittelindustrie entscheidende Kriterien für die Beurteilung des Erscheinungsbildes des jeweiligen Erzeugnisses. Bei der Herstellung von Bieren wird besonders großer Wert auf die Ausprägung der Schaumeigenschaften gelegt. Schaumbildung und eine gute Schaumhaltbarkeit sind Kennzeichen eines Qualitätsbieres. Ein Bierglas (0,5 l) verfügt über einen Kopfraum von ca. 100 ml, der für den aufsteigenden Schaum vorgesehen ist. Die Schaumschicht auf der Oberfläche des Bieres ist jedoch nicht nur ein wichtiger Indikator für die Güte eines Bieres, sondern auch ein ästhetisches Merkmal. Der Konsument wünscht, daß sich die Kohlensäure im ausgeschenkten Bier möglichst langsam entbindet.

Eine langsame und gleichmäßige Entbindung des CO2-Gases wird auch in der Schaumweinherstellung, insbesondere in der Champagnerbereitung, gefordert. Das richtige Moussieren eines Schaumweines ist Voraussetzung für den hohen Genußwert des alkoholischen Getränks. Der Begriff "Mousseux" stammt vom französischen "mousse" ab und steht sowohl für "Moos" als auch für "Schaum". Das abgeleitete Eigenschaftswort "mousseux" bedeutet "schäumend" und findet im französischen als "vin mousseux" (schäumender Wein oder Schaumwein) Verwendung. Das "Mousseux" bezeichnet das Erscheinungsbild der feinen Kohlensäureblasen im Sektglas.

Steifer Eischnee oder geschlagene steife Sahne sind Beispiele von festen Schäumen in der Lebensmittelindustrie. Sie entstehen durch die Verfestigung der flüssigen Phase. Diese Schaumart kann im Rahmen dieser Arbeit nicht weiter untersucht werden und wird nur der Vollständigkeit halber genannt.

2.1.2. Unerwünschte Schäume in der Getränkeindustrie

Die Ausprägung von unerwünschten Schäumen in Folge des Entweichens von CO2 kann sowohl während des Herstellungsprozesses als auch beim Öffnen der Flasche beim Konsumenten beobachtet werden. Am häufigsten tritt die Schaumentstehung beim Abfüllvorgang von CO2-haltigen alkoholischen bzw. alkoholfreien Getränken in Erscheinung. Beim Kauf einer Abfüllanlage wird dem Käufer vom Hersteller das Abfüllen und Verschließen einer bestimmte Flaschenanzahl pro Stunde garantiert. Der geschwindigkeits-bestimmende Schritt der Anlage ist die Druckentlastung der Flasche nach der Abfüllung. Durch ein unerwartetes heftiges Aufschäumen des Getränkes treten jedoch Füllverluste auf. Für die Füllung einer 0,75 l Flasche mit einem stark zu Schäumen neigendem Getränk werden bei einer Umlaufzeit von 13 s allein 4 s für die Entlastungsphase benötigt [1]. Eine Steigerung der Stundenleistung an Flaschen kann im Idealfall durch die Verkürzung dieser Abfüllphase auf 0 s erfolgen. Nur durch eine Verhinderung der Schaumentstehung kann die garantierte Leistung der Abfüllmaschine gewährleistet werden. Je geringer die Zahl der Schaumblasen, ist um so weniger Entlastungszeit wird benötigt. Es ist also notwendig, die Ursachen der Entstehung der potentiellen Blasenkeime zu ergründen.

Auch während des Gärprozesses kann eine unerwünschte Schaumbildung auftreten. Wein kann durch den Prozeß der offenen, d.h. drucklosen Gärung, hergestellt werden. Das Kohlendioxidgas entweicht in der Phase der Gärung ungehindert aus dem System. Um Flüssigkeitsverluste durch das Auftreten der Schaumbildung zu vermeiden, werden im Gärgefäß ca. 3 bis 10 % des Tank- oder Faßvolumens als sog. "Steigraum" freigehalten. In der Schaumweinherstellung hingegen ist dieser Steigraum nicht notwendig, da die Gärung in einem geschlossenen Gefäß durchgeführt wird. Es entsteht kein Schaum durch entweichendes Kohlendioxidgas in der Gärphase. Der Steigraum bei der Hauptgärung des Bieres beträgt bis zu 25 %.

Neben Bier und Schaumweinen neigen vor allem die alkoholfreien Getränke Cola- oder Bitterlimonaden zu erhöhter Schaumbildung. Durch diese Störung kann die jeweilige Abfüllanlage ihre Nennleistung nicht erreichen. Es kommt zu erheblichen Getränke- bzw. Umsatzverlusten [2].

2.2. Allgemeine Erklärung des Schaumphänomens

2.2.1. Entstehung von Schäumen

Schäume können durch chemische Reaktionen, durch das Einleiten eines Gases in eine Flüssigkeit oder durch heftige Bewegungen an der Flüssigkeitsoberfläche erzeugt werden. Durch ausreichend hohe Scher- oder Zugkräfte wird die kontinuierliche Phase aufgerissen und das Gas kann eindringen. Bei alkoholischen Getränken, wie z.B. Bier und einigen Schaumweinen, erfolgt das Einbringen des für die Schaumentstehung notwendigen Gases durch die chemische Reaktion der Gärung. In der alkoholfreien Getränkeindustrie und bei vielen Schaumweinen wird das CO2 durch das Imprägnierverfahren zugeführt. Bei diesem Verfahren wird der notwendige CO2-Überdruck durch den Zusatz von Kohlendioxid erreicht.

Aber auch eine hohe Oberflächenturbulenz beim Begasen oder beim Befüll- bzw. Rührvorgang führt zu einem Einschluß von Luft in die Suspension und unter Umständen zum Entstehen von Schaumblasen.

Schäume finden auch in der Lebensmittelherstellung Verwendung. In Abhängigkeit von der Konsistenz der viskosen oder viskoplastischen flüssigen Phase wird das zu dispergierende Gas durch Injektion, Einschlagen, Rühren, Kneten oder Ziehen eingebracht [3]. Die Schaumstruktur entsteht durch die feine Verteilung eines Gases in einem Lebensmittel oder in einem Halbfabrikat.

Schäume in der Getränkeindustrie bestehen in der Regel aus einer Gasphase und einer Flüssigkeitsphase. Diese bezeichnet man als Zweiphasensysteme. Bei der Kühltrubabtrennung in der Bierherstellung mittels Flotation enthält der Schaum noch zusätzlich eine Feststoffkomponente. In diesem Fall handelt es sich um einen Drei-Phasen-Schaum [4].

Schaum stellt eine Dispersion von kleinen, einander berührenden Blasen in einer Flüssigkeit dar. Ist bei homodisperser Verteilung die Volumenkonzentration des Gases kleiner als 74%, so haben die Gasblasen ein kugelförmiges Aussehen. Dieser Kugelschaum ist jedoch sehr instabil. Die kugelförmigen Blasen verändern ihre Form beim Zusammenstoß mit anderen Blasen. Es entstehen Polyeder verschiedener Flächenform und Größe. Die einzelnen Gasblasen werden von einer doppelwandigen Schaumlamelle umschlossen. Dieses Häutchen ist ca. 4-600 nm dünn. Das Innere der Doppelwand ist mit Flüssigkeit ausgefüllt. Der entstandene polyederförmige Schaum ist wesentlich stabiler. Damit die Blase durch den Normaldruck nicht zusammenfällt, herrscht in der Blase gegenüber der Umgebung ein Überdruck.

Die Teilchengröße bei feinen Schäumen liegt bei 0,1 bis 2,0 mm. Die Teilchen von groben Schäumen können bis zu 10 mal größer sein [3]. Das Volumen des Schaumes hängt u.a. vom Flüssigkeitsvolumen, den mechanischen Bedingungen und der Temperatur ab. Schäume sind thermodynamisch instabil [5]. Voraussetzung für das Schaumvermögen einer Flüssigkeit ist die Beschaffenheit des Oberflächenfilms, der die Gasblasen umgibt. Einzelne Inhaltsstoffe, insbesondere oberflächenaktive Substanzen, haben diesbezüglich großen Einfluß auf die Schaumeigenschaften (siehe 2.6.: Schaumbeeinflussende Substanzen).

Die oberflächenaktiven Substanzen bestehen aus hydrophilen und hydrophoben Zonen. Dabei sind die hydrophoben Zonen für die Oberflächenaktivität der Stoffe verantwortlich. Durch die geringe Anziehungskraft der hydrophoben Enden der Moleküle wird die Oberflächenspannung der Flüssigkeit herabgesetzt. Es ist nun weniger Energie für die Bildung neuer Oberflächen, d. h. für neuen Schaum, erforderlich. Für die Stabilität der Blasen ist bei geringerer Oberflächenspannung auch nur ein verminderter Blaseninnendruck notwendig. Eine theoretische Abschätzung des Schaumvermögens kann mittels der Gibb`schen Gleichung (1) erfolgen [6]:

q = - (C/RT) * ( dg/dC) (1)

q = Konzentrationsunterschied des oberflächenaktiven Stoffes auf der Lamelle der Gasblase

C = Konzentration des oberflächenaktiven Stoffes

T = absolute Temperatur

g = Oberflächenspannung in der Lösung

R = Gaskonstante

2.2.2. Schaumhaltbarkeit

Die Schaumhaltbarkeit wird von vielen unterschiedlichen Faktoren beeinflußt. Bestimmte Zusätze, aber auch technologische Faktoren, vermögen die Schaumhaltbarkeit erheblich zu verlängern. Die Oberflächenelastizität ist das wichtigste Merkmal der Schaumhaltbarkeit. Die Oberflächenelastizität beschreibt die Fähigkeit einer Schaumlamelle, der örtlichen Kraftwirkung standzuhalten. Bei der Dehnung der Lamelle steigt die Oberflächenviskosität durch die Verminderung der Konzentration der lokalen oberflächenaktiven Stoffe. Dieser Konzentrationsunterschied bewirkt, daß oberflächenaktive Substanzen aus der Flüssigkeit in den Film gelangen und ein Reißen der Filmschicht verhindern.

Die Schaumstabilität ist abhängig von der Geschwindigkeit, mit der die oberflächenaktiven Substanzen in den Film eindringen bzw. ihn wieder verlassen. Je schneller sie in den Film eintreten, desto besser kann Schaum entstehen. Die Lebensdauer des Schaums wird um so länger, je langsamer die oberflächenaktiven Substanzen die Filmschicht verlassen.

Die Oberflächenviskosität ist eine andere wichtige Größe, die Einfluß auf die Schaumhaltbarkeit besitzt. Sie beschreibt die Stärke der Kohäsion zwischen den absorbierten Molekülen auf dem Oberflächenfilm. Hochmolekulare Substanzen erhöhen z.B. die Viskosität der Flüssigkeit und verzögern den Rückfluß derselben aus den Blasenzwischenräumen. In nichtstabilisierten, niederviskosen Flüssigkeiten, wie z. B. Selterswasser, nähern sich die aufgestiegenen Gasblasen an und fließen durch zwischenpartikulare Wechselwirkungen schnell zusammen. Ein dauerhafter Schaum kann nicht entstehen. Je größer die Viskosität ist, desto weniger Moleküle können aus dem Oberflächenfilm ausbrechen. Es werden drei verschiedenen Gründe für diese Erklärung angegeben [7]:

a) Der geringe Diffusionskoeffizient größerer Moleküle unterstützt die Bildung eines stabilen
Schaumes.
b) Die Wechselbeziehung der Moleküle untereinander.
c) Die Struktur des Films wird durch eine zweite Substanz, die in den Film eintritt und in

einer Wechselbeziehung zu den Häutchenbildnern steht, verändert. Metallionen oder a-

Säuren können mit Proteinen Verbindungen eingehen und die Struktur des Oberflächen-

films so verändern, daß die Schaumhaltbarkeit verlängert wird.

2.2.3. Schaumstabilität

Die Konstanz der Schaumhaltbarkeit über mehrere Monate (in Abhängigkeit von der Mindesthaltbarkeit) wird Schaumstabilität genannt. Die Schaumziffern beim Bier werden nach der NIBEM-Methode bzw. nach der Ross & Clark-Methode ermittelt (siehe 2.4.: Methoden der Messung der Schaumeigenschaften). Bei thermisch belasteten Bieren konnte mit zunehmender Lagerdauer eine Abnahme der Schaumziffern (nach NIBEM ) unter 200 s festgestellt werden [8]. Lagertemperaturen von 25 bis 30 oC hatten eine Verschlechterung der Sigma-Werte (nach Ross & Clark) zur Folge. Bei einer Untersuchung von bis zu drei Monate alten untergärigen Bieren konnte eine Verschlechterung der NIBEM- und Sigma-Werte in Bezug auf frische Biere festgestellt werden [9].

Bei der Bestimmung der Schaumstabilität hat jedoch die Art des Meß- bzw. Aufschäumverfahrens wesentlichen Einfluß auf die Meßwerte. Die mittels freien Falls gemessenen Werte der Schaumhaltbarkeit von abgefülltem Bier nahmen während der Lagerung, wenn überhaupt, weniger stark ab, als jene, die mittels der NIBEM- bzw. Ross & Clark-Methode erzeugt wurden.

2.2.4. Schaumzerfall

Beim Bier wird ein rasch zusammenfallender Schaum vom Konsumenten meist mit ungenügender Frische und dem Vorhandensein von Geschmacksfehlern verbunden. Ist der Schaum zerfallen, können die Kohlensäureblasen ungehindert die Grenzschicht passieren, das Bier verliert an Vollmundigkeit und an Rezenz. Der Schaum stellt ein System dar, bei dem durch Energiezufuhr eine große Oberfläche in Form der Schaumblasen geschaffen wird. Das System ist nun bestrebt, die freie Energie so gering wie möglich zu halten und die Oberfläche wieder zu minimieren.

Für den Schaumzerfall sind zwei Effekte verantwortlich:

a) Die Flüssigkeit, die eine Blase umgibt, kann an der Grenzfläche zwischen Schaum und

Umgebung verdunsten. Je höher die Partialdruckdifferenz zwischen der Flüssigkeit und der Umgebung ist, um so größer ist die Verdunstung. Ist der Flüssigkeitsfilm zu dünn, um die Blase zu stabilisieren, zerplatzt diese.

b) In der geschlossenen Schaumformation besitzen die Schaumblasen gemeinsame Lamellen

mit anderen. Bei der Schaumentstehung sind die Schaumlamellen noch von erheblicher Dicke. Durch die Schwerkraft fließt die im Schaum enthaltene Flüssigkeit aus den Lamellen der oberen Blasenschichten nach unten ab. Diesen Vorgang bezeichnet man als Schaumdrainage [4]. Die Schichtdicke der oberen Lamellen vermindert sich durch das Abfließen der Flüssigkeit. Wenn eine bestimmte Lamellendicke unterschritten ist, zerplatzen die Blasen an der Oberfläche. Bevor die Lamelle reißt, wird ihre Oberfläche eingebuchtet. Die Oberfläche wächst durch diesen Vorgang lokal an. Enthält die Flüssigkeit oberflächenaktive Inhaltsstoffe, verringert sich deren Konzentration an der eingebuchteten Stelle. Die als Folge entstandene Oberflächenspannungdifferenz bewirkt einen Flüssigkeitstransport an die oben bezeichnete Stelle. Die Lamelle wird wieder dichter und der Schaumzerfall verzögert sich. Diesen Vorgang bezeichnet man als Marangonieffekt [10].

Generell hat die unterschiedliche Blasengröße Einfluß auf die Zerfallsgeschwindigkeit des Schaumes. Innerhalb zweier Blasen stellen sich, abgeleitet von den unterschiedlichen Durchmessern, jeweils verschiedene Drücke ein. Beide Blasen können einzeln gesehen als stabile Systeme bezeichnet werden. Berühren sich jedoch beide Blasen, entsteht durch den unterschiedlichen Blaseninnendruck ein instabiles System. Das Gas der kleineren Blase diffundiert durch die Kontaktfläche in die größere Blase. Die kleinere Blase verschwindet und das Schaumvolumen wird mit der Zeit geringer. Dünnere Wände der Kontaktflächen erleichtern die Diffusion und beschleunigen den Schaumzerfall.

Entstehen bei der Schaumbildung nur Blasen mit ähnlicher Blasengröße, kann der Schaumzerfall verzögert werden. Der Schaumzerfall wird auch durch die Erhöhung der Oberflächenviskosität bzw. durch das Auftreten kleinerer Schaumblasendurchmesser behindert. Spezifische ungeladene Moleküle können sich an der Phasengrenze einer Blase einlagern und die Viskosität der Flüssigkeit erhöhen.

Im industriellen Herstellungsprozeß sind Schäume häufig nicht erwünscht, da sie diesen Prozeß oft stören und die Nennleistung der Abfüllmaschinen herabsetzen. Bei der Verarbeitung von schäumenden Flüssigkeiten kommt es in der Industrie durch die Schaumentstehung zu erheblichen wirtschaftlichen Verlusten. Daher ist man in der Getränkeindustrie bemüht, eine Schaumbildung bei der Herstellung zu verhindern bzw. die Zerfallsgeschwindigkeit zu erhöhen. Vor allem in der alkoholfreien Getränkeherstellung gibt es diesbezüglich bisher nur unzureichende Forschungsergebnisse.

Eine mechanische Schaumzerstörung gelingt durch Schaumzentrifugen, Schaumzerstörer oder Schaumabsauger. Der Schaum wird nach dem Zentrifugalprinzip zwischen stehenden und rotierenden Streckmetalleinbauten zerrieben. Diese rotierenden Sonderkonstruktionen trennen die relativ stabilen Schäume in ihre beiden Komponenten Flüssigkeit und Gas. Das Ziel der Lebensmittel- und Getränkeindustrie ist es, den Behälterraum ohne störende Schaumentstehung maximal nutzen zu können [3].

Es gibt jedoch auch Substanzen, die der Schaumhaltbarkeit entgegenwirken. Schaumverhüter sind Substanzen, die schäumenden Flüssigkeiten zugesetzt werden, um deren Schaumbildung zu verhindern oder zu minimieren.

2.3. Untersuchung spezieller Schaumphänomene

Im Folgenden werden Schaumphänomene aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet. Es läßt sich daher nicht vermeiden, daß einzelne wissenschaftliche Grundlagen mehrfach angeführt werden.

2.3.1. Der Bierschaum

Vor allem bei der Bierherstellung wird großer Wert auf die Gegebenheiten des Schaums gelegt. Ein Glas Bier sollte eine geschlossene Schaumdecke aufweisen, die sich möglichst lange hält. Beim Konsumenten wird mit diesen Schaumeigenschaften ein Gefühl der Frische und der Rezenz vermittelt.

Der Bierschaum ist ein Zwei-Phasen-Schaum und in seiner Struktur sehr komplex. Er gehört jedoch zu den Schaumformen, die bisher am ausführlichsten beschrieben worden sind. Der Schaum beim Bier entsteht durch die entweichenden CO2-Blasen beim Einschenken. Aber auch die mitgerissene Luft spielt bei der Schaumbildung eine Rolle. Die Beurteilung des Bierschaumes erfolgt nach zwei Kriterien:

a) nach der Menge und b) nach der Haltbarkeit des Schaumes.

Die Menge des Bierschaumes hängt in erster Linie von der Menge des gelösten Kohlendioxids ab. Aber auch die Art des Einschenkens hat Einfluß auf die Menge des Bierschaumes.

Verantwortlich für die Haltbarkeit des Schaumes sind die Eigenschaften der Flüssigkeitsoberfläche. Proteine, Isohumulone, höhere Alkohole und Bitterstoffe sind die wichtigsten oberflächenaktiven Stoffe, die Einfluß auf die Ausprägung des Bierschaums und dessen Haltbarkeit besitzen. Diese Substanzen lagern sich an der Flüssigkeitsoberfläche an und setzen die Oberflächenspannung herab. Durch diesen Vorgang wird die Bildung weiterer Gasblasen und neuer Grenzflächen begünstigt. Die Proteine können sich untereinander so verknüpfen, daß an der Grenzfläche ein Film entsteht. Je stärker die Quervernetzung ist, um so stabiler ist der Film. Durch die Bildung dieses flexiblen, kohäsiven Filmes um die Gasblasen stabilisieren Proteine den Schaum [11]. Auch durch die Bindungskräfte zwischen den Polypeptidketten kommt es zur Verfestigung der Schaumlamellen. Der gleiche Vorgang kann auch durch Brückenbildungen, z.B. durch Metalle und Melanoine, zustande kommen [12].

Die Schaumausprägung ist eng mit der Oberflächenspannung des Bieres gekoppelt. Je niedriger die Oberflächenspannung des Bieres, bis zu einem Grenzwert, um so kleiner sind die aufsteigenden CO2-Blasen. Es können sich nun mehr oberflächenaktive Substanzen beim Aufsteigen an der spezifischen Oberfläche der Blasen ansammeln. Auch durch Oxidationsvorgänge kann sich die Oberflächenspannung des Bieres verringern. Die Dispersität dieser Stoffe wird vergröbert und die Schaumhaltbarkeit wird durch diese Reaktion verbessert. Es können sich jedoch durch eine Koagulation auch Niederschläge bilden, die zu einer Verschlechterung der Schaumeigenschaften führen [13].

Die Flüssigkeit in den Räumen zwischen den Gasblasen besteht hauptsächlich aus nichtionischen, hydrophilen Stoffen, wie z.B. a- und ß-Glucane. Sind diese Substanzen hochmolekular, erhöhen sie die Viskosität der Flüssigkeit und tragen zu einer Verbesserung der Schaumhaltbarkeit bei. Die Haltbarkeit der Gasblasen im Schaum hängt neben der Temperatur auch von dem Gas ab, das in der Flüssigkeit eingeschlossen ist. Die Löslichkeit der Gase ist unterschiedlich. Das durch den Gärvorgang eingebrachte CO2 hat in Wasser ein sehr gutes Lösungsvermögen. Bei normalem Luftdruck und einer Temperatur von 0 oC beträgt die Löslichkeit von CO2 3,42 g/l. Es besteht jedoch kein Zusammenhang zwischen der Schaummenge und der Haltbarkeit des Bierschaums.

2.3.2. Mousseux

Auch bei Getränken, wie Sekt bzw. Champagner, können Schaumphänomene beobachtet werden. Das Mousseux in Schaumweinen wird durch die aus der Flüssigkeit entweichenden Kohlensäureblasen als Schaum vom menschlichen Auge wahrgenommen. Das Entweichen der Blasen kann grobblasig oder feinblasig erfolgen. Die Mousseuxdauer kann einige Minuten bis zu einer halben Stunde betragen. Dabei erreicht das Schaumpolster am Rand des Glases eine Dicke von1 bis 3 mm Dicke.

Auch bei den Kriterien der amtlichen Prüfung für Qualitätsschaumweine spielen die Eigenschaften des Mousseux eine Rolle. Mit bestandener Prüfung wird dem Schaumwein eine bestimmte Mindestqualität attestiert. Das amtliche Prüfungsschema für Qualitätsschaumwein (Fassung vom 22. Dezember 1981) legt fest, daß das Mousseux nicht grobperlig und nur kurz, sondern eher feinperlig und lang anhaltend in Erscheinung treten sollte. Auch innerhalb der Sinnesprüfung (nach dem 5-Punkte-Schema des LMBG) wird ein feinperliges Mousseux für die gute Bewertung eines Qualitätsschaumweins vorausgesetzt [14].

Neben dem optischen Erlebnis kann man das Moussieren des Schaumweines aber auch akustisch als Knistern wahrnehmen. Flüchtige Geruchs- und Aromastoffe aus dem Schaumwein werden während des Aufsteigens der Gasblasen an die Oberfläche transportiert. Nach dem Zerplatzen der Kohlendioxidblasen werden die flüchtigen Stoffe frei und das jeweils charakteristische Weinaroma kann mit Hilfe des Geruchssinns viel intensiver als beim stillen Wein wahrgenommen werden. Da das Mousseux der Schaumweine jedoch sehr unterschiedlich ist, stellt sich die Frage nach den Ursachen dieses Phänomens, die bis heute nur unzureichend erforscht wurden.

2.3.3. Gushing

Eine unerwünschte Gushingbildung tritt sowohl bei alkoholischen Getränken, wie Schaumwein oder Bieren, als auch bei imprägnierten alkoholfreien Getränken, wie CO2-haltigem Mineralwasser, in Erscheinung. Das Phänomen des Gushing unterscheidet sich nur auf den ersten Blick von den oben beschriebenen Schaumphänomenen. Viele Erklärungsversuche des Gushing können auch für Schäume in anderen Bereichen Verwendung finden. Sowohl bei der Herstellung von Getränken als auch beim Verbraucher selbst kann das Gushing beobachtet werden.

Beim Öffnen von Flaschen mit CO2-haltigen Getränken kommt es gelegentlich zu einem plötzlichen und anhaltenden Überschäumen der Flüssigkeit. Die CO2-Entbindung erfolgt gleichzeitig über den ganzen Flüssigkeitskörper. Diese heftige Reaktion bei kohlensäurehaltigen Getränken nennt man Gushing (engl.: gushing = überschäumend). Am bekanntesten ist diese Erscheinung bei schäumenden Weinen und bei Bier. Auch nach sachgemäßem Öffnen des Sektes/ Champagners kann die unerwünschte Schaumfahne über 100 cm hoch aus der Flasche herausschießen. Für Erklärungsversuche dieses Phänomens ist die Kenntnis der Gleichgewichtsverhältnisse in der geschlossenen Flasche bzw. der Einflußmöglichkeiten notwendig:

a) Gleichgewichtszustand

Bei der alkoholischen Gärung entsteht neben dem Alkohol und den flüchtigen Gärungsnebenprodukten auch das Kohlensäuregas. Wenn die Gärung in einem geschlossenem Gefäß stattfindet (Flaschengärung), kann das CO2 nicht entweichen. Der CO2 Druck steigt bis zum Ende der Gärung an. In der geschlossenen Flasche befindet sich das Kohlendioxid im Gasraum und jenes in der Flasche in einem Gleichgewicht. Dieser Zustand ist metastabil, d.h. nur Blasen mit einem bestimmten Radius können bei einem bestimmten Druck und einer entsprechenden Oberflächenspannung für längere Zeit in der Flüssigkeit existieren. Übersteigt der Blasenradius einen kritischen Wert, dann kann die Blase durch den Innendruck wachsen und steigt auf. Ist der Radius jedoch kleiner, überwiegt die Oberflächenspannung und die Blase kollabiert [15].

Beim Öffnen der Getränkeflasche wird der Inhalt drucklos und ein Ungleichgewicht tritt ein. Vor allem bei Schaumweinen wird nun die Flüssigkeit mit Kohlensäure stark übersättigt. Obwohl der Schaumwein mit CO2 stark angereichert ist, ist das gelöste CO2 allein nicht in der Lage, sich zu Blasen zusammenzulagern und ein Überschäumen hervorzurufen. Die Oberflächenspannung des Weins ist gegenüber der Energie der Kohlendioxidmoleküle erheblich größer. Die Ursachen des Gushings sind bis heute noch nicht hinreichend erforscht. Es gibt aber bereits einige Erklärungsmodelle für das Phänomen.

Das Vorhandensein von Desorptionskeimen (Gasentwicklungskeime) in der Flüssigkeit ist nach verschiedenen Darstellungen Voraussetzung für eine Gushingbildung [16]. In der Literatur werden vor allem Mikroblasen und Verunreinigungen in der Flüssigkeit als Desorptionskeime genannt. Je mehr diese Desorptionskeime in einem Getränk vorhanden sind, desto stärker neigt es zu einer unerwünschten Entgasung.

b) Mikroblasen

Die Gefahr der Bildung von Mikroblasen ist beim Karbonisierungsprozeß im Strahlapparat bzw. bei allen Pump- und Mischvorgängen während des Herstellungsprozesses gegeben. Mikroblasen sind kleine Luftblasen (oder Stickstoffblasen beim Prozeß des Vorspannens der Flaschen in der Bierabfüllung), die als Keime für eine unerwünschte Blasenbildung dienen können. Der Durchmesser der Mikroblasen schwankt zwischen 0,1 und 50 µm. Je mehr solche Keime in der Flüssigkeit vorhanden sind, desto höher ist die Gushingwahrscheinlichkeit. So unterscheidet sich ein Gushing-gefährdetes Bier von einem normalen Bier durch die Anzahl der stabilen Blasenkeime in der Flüssigkeit. Bei einem Bier, welches nicht zum Gushing neigt, existieren ca. 2500 Keime pro 1 ml [17].

Gelangt durch eine mechanische Einwirkung Luft in die Flüssigkeit, sinkt der Sauerstoff- und der Kohlendioxidanteil in den eingewirbelten Luftblasen relativ schnell. Diese Gase werden in der Flüssigkeit gelöst oder treten in den Gasraum des Behältnisses. Der Stickstoffanteil verbleibt in den Blasen. Die mit Stickstoff abgesättigte Flüssigkeit ist nicht in der Lage, die Kleinstblasen aufzunehmen, weil die Löslichkeit von N2 sehr niedrig ist. Die hauptsächlich aus Luftstickstoff bestehenden Blasen haben allein zu wenig Auftrieb, um den Reibungswiderstand der Flüssigkeit zu überwinden und an die Oberfläche zu gelangen. Sie bleiben in der Flüssigkeit in einem Schwebezustand, bis sich die Randbedingungen ändern. Die Bedingungen, die die Mikroblasen aus ihrem Gleichgewicht bringen können, unterscheiden sich beim offenen System gegenüber dem geschlossenen.

Ist die Flüssigkeit ausschließlich von festen Wänden umgeben, handelt es sich um ein geschlossenes System. Nach außen kann kein Stofftransport erfolgen. Ist dagegen eine stoffdurchlässige Phasengrenze vorhanden, liegt ein offenes System vor. Eine teilgefüllte Flasche besitzt eine Phasengrenze, über die ein Stofftransport stattfinden kann. Trotzdem wird die teilgefüllte Flasche eher dem geschlossenen System zugeordnet, da die durch den Stofftransport über die Phasengrenze der Mikroblasen verursachten Konzentrations-änderungen in der Flüssigkeit lokal begrenzt bleiben [18]. Ähnliche Randbedingungen herrschen auch bei der Lagerung von CO2-haltigen Getränken in teilgefüllten, druckgeregelten Tanks vor. Auf Grund des stabilen Gleichgewichtszustandes in geschlossenen Systemen können Mikroblasen dort sehr lange existieren.

Die vorhandenen ca. 1 µm großen Mikroblasen dehnen sich, auf Grund des Druckabfalls nach dem Öffnen der Flasche, aus. Die Mikroblasen sprengen die Haut. Durch die mit CO2 stark übersättigte Flüssigkeit entsteht ein Ungleichgewichtszustand, der einen Stofftransport initiiert. Gasmoleküle diffundieren aus dem übersättigten Getränk in die Mikroblasen. Der Reibungswiderstand kann nun durch die größere Auftriebskraft der Blasen überwunden werden. Die Mikroblasen steigen auf und bilden sichtbaren Schaum.

Der entstandene Schaum dehnt sich über das Fassungsvermögen der geöffneten Flasche aus. Bei Sekt wird eine milchig-weiße Trübung sichtbar. Das Getränk schießt aus der Flasche heraus. Mikroblasen müssen jedoch nicht unweigerlich zum Gushing führen.

c) Gushingfördernde Substanzen und Verbindungen

Bei Rotsekt ist das Gushing häufiger zu beobachten als bei weißem Sekt [19]. Als Verursacher für diese Phänomen werden u. a. Feststoffpartikel, z.B. Kondensate aus Rotweinfarbstoffen, in der Flüssigkeit, die sich an der Innenseite der Flasche festgesetzt haben, benannt. Auch die Verunreinigungen dienen als Blasenkeime. Aus der mit Kohlendioxid übersättigten Flüssigkeit diffundieren weitere Gasmoleküle in die kleine Blase. Ist der Auftrieb groß genug, reißt die Blase ab und eine weitere entsteht an gleicher Stelle. Eine Blasenkette bildet sich.

In der ungeöffneten Flasche lagern sich oberflächenaktive Stoffe, wie z.B. hochmolekulare Eiweißabbauprodukte im Bier, an der Grenzfläche an und bilden unter Umständen eine zusammenhängende, unlösliche Haut. Auch jede Mikroblase wird von einer Grenzfläche umschlossen. Vermutlich sind phenolische Verbindungen, Proteine, Enzyme, Eisenionen und Sauerstoff für diesen Vorgang mit verantwortlich. Zwischen den Mikroblasen werden durch die grenzflächenaktiven Substanzen an der Phasengrenze elektrostatische Abstoßungskräfte erzeugt. Diese Kräfte heben die van der Waals´sche Wechselwirkung (Anziehungskräfte) auf. Die so verhinderten Blasenkoaleszenzen gewährleisten auch nach längeren Ruhezeiten noch das Vorhandensein einer größeren Blasenanzahl.

Forschungen auf dem Gebiet des Gushing haben ergeben, daß Calcium in Verbindung mit Oxalsäure ein Calciumoxalat bilden kann, welches für das Gushing beim Bier mitverantwortlich gemacht wird. Der Calciumgehalt des Bieres wird durch die Wasserqualität bestimmt und liegt zwischen 10 und 50 mg/l. Die Oxalsäure wird im Wesentlichen vom Malz geliefert und ist abhängig von Sorte, Jahrgang und Aufwuchsbedingungen. Gerstenmalze (10-20 mg/100g Trs.) besitzen niedrigere Oxalsäureanteile als Weizenmalze (30-60 mg/100g Trs.). Calcium reagiert mit der Oxalsäure unter Bildung eines Calciumniederschlages.

2.3.4. Schäume in alkoholfreien Getränken

Vor allem aus wirtschaftlichen Gründen ist es in der alkoholfreien Getränkeindustrie notwendig, die Vorgänge bei der Entstehung des Schaumes zu erforschen. Einige Getränke zeigen während des Abfüllvorgangs eine hohe Schaumneigung. Die Ursachen und Einflußmöglichkeiten sind diesbezüglich noch weitgehend ungeklärt. Destilliertes Wasser ist nicht in der Lage, Schäume zu bilden. Erst durch Zusätze (Tenside, Eiweiße) wird die Oberflächenspannung so weit heruntergesetzt, daß ein Schaumfilm entstehen kann. Eine Abhängigkeit des Schaumverhaltens beim Abfüllvorgang in Bezug auf die jeweilige Oberflächenspannung der verschiedenen Limonaden konnte bisher nicht nachgewiesen werden [20].

Es ist bekannt, daß CO2-haltige Getränke, wie Cola- oder Bitterlimonaden, ein großes Schaumvermögen besitzen. Aber auch bei roten Schorlen (z.B. Apfel-Kirsch-Schorle) wird der Abfüllvorgang durch die Schaumbildung erschwert [21]. Es ist wahrscheinlich, daß hier der erhöhte Polyphenolgehalt als schaumverursachender bzw. schaumfördernder Faktor eine Rolle spielt. Auch bei der Zugabe von bestimmten Zitronenessenzen kann das Phänomen beobachtet werden, daß das Getränk mehr schäumt als bei grundstoffhaltigen Flüssigkeiten [16]. Als Ursache werden u.a. die unpolaren Aromastoffe genannt. Die bisherigen Forschungsergebnisse sind auf diesem Gebiet jedoch noch unzureichend. Um die Probleme bei der Herstellung alkoholfreier Getränke lösen zu können, wird noch ein erheblicher Forschungsaufwand zu leisten sein.

2.3.5. Feste Schäume

Zu dieser Gruppe gehören Schäume, die aus einer Gasphase und einer Feststoffphase bestehen, wie z.B. Brot. Aber auch verschiedene Polyederschäume, wie z.B. steifer Eischnee oder geschlagene steife Sahne, sind feste Schäume, die jedoch nur in Gegenwart von Stabilisatoren, wie Makromoleküle oder grenzflächenaktive Stoffe mit langen Kohlenwasserstoffketten, stabil bleiben. Feste Schäume besitzen elastische Eigenschaften. Diese Schaumart kann hier jedoch nicht näher untersucht werden und sollte nur der Vollständigkeit halber aufgeführt werden [3].

2.4. Methoden zur Messung der Schaumeigenschaften

In der Literatur werden eine Reihe von Untersuchungsmethoden für die Messung der Schaumeigenschaften beschrieben. Die Haltbarkeit des Schaumes wird in der Regel nach der NIBEM-Methode bzw. nach der Ross & Clark-Methode bestimmt. Die so ermittelten Schaumzahlen sind für die Bewertung im Rahmen der DLG-Qualitätsprüfung ausschlaggebend. Das Schaumvermögen bzw. die Schaumbeständigkeit von Bier wird im Herstellungsbetrieb auch nach dem Einschenken in ein Glas visuell beurteilt. Die Art des Meß- bzw. Aufschäumverfahrens hat wesentlichen Einfluß auf das Schaumbildungsvermögen bzw. auf die Meßwerte. Die mittels NIBEM- bzw. Ross & Clark-Methode gemessenen Werte der Schaumhaltbarkeit von abgefülltem Bier nehmen z.B. während der Lagerung stark ab. Meßwerte, die dagegen durch den freien Fall erzeugt wurden, nahmen, wenn überhaupt, dann weniger stark ab [9].

Neben dem Kohlendioxidgehalt des Bieres sind es vor allem die äußeren Einflußfaktoren, die zu unterschiedlichen Stabilitätsmessungen führen. Hier sind z.B. die Biertemperatur, die Maße des Aufschäumgefäßes und die verwendete Menge des aufgeschäumten Bieres zu nennen. Die Ergebnisse der unterschiedlichen Methoden für die Schaummessung sind daher kaum zu vergleichen.

2.4.1. Ross & Clark-Methode

Bei dieser Methode der Schaummessung wird CO2 unter standardisierten Bedingungen mittels einer Fritte in das Bier bei 20 oC eingeleitet. Der entstandene grobblasige Schaum fällt in der Meßapparatur nach einer monomolekularen Reaktion zusammen. Unter der Annahme, daß die Zerfallsgeschwindigkeit des Schaumes der vorhandenen Schaummenge zu jeder Zeit proportional ist, wird in bestimmten Zeitintervallen die zurückgebliebene Biermenge gemessen. Das Resultat wird als Sigma-Wert bzw. Schaumzahl angegeben. Bei Bieren mit schlechten Schaumeigenschaften können Werte unter 110 gemessen werden. Werte über 140 sind Meßergebnisse, die auf ein gutes Schaumvermögen zurückzuführen sind. Bei Bieren mit Werten unter 100 ist die Reproduzierbarkeit der Ross & Clark-Methode jedoch schlecht [22].

2.4.2. NIBEM-Methode

Durch die einfache Handhabung und der besseren Reproduzierbarkeit der Meßwerte hat sich in der Praxis die NIBEM-Methode gegenüber der Ross & Clark-Methode durchgesetzt. Bei der Methode nach NIBEM wird bei 20 oC ein sehr feinblasiger Schaum erzeugt. Das Bier wird unter CO2-Druck nach dem Passieren einer Blende in einem Steigrohr zerschäumt. Danach erfolgt ein linearer Schaumzerfall vom 2. bis 4. Schaumzentimeter. Mit dem NIBEM Foam Stability Tester erfolgt die Messung der Zeit, innerhalb derer sich die Oberfläche um 10, 20 und 30 mm absenkt. Ein bewegliches Elektrodensystem registriert das Schaumniveau. Als Ergebnis der Messung erhält man die Zerfallszeiten des Schaumes für die entsprechenden Strecken (10, 20 und 30 mm). Werte von 250 bis 300 Sekunden entsprechen guten Schaumzerfallszeiten für 3 mm [23].

Der Vergleich der gemessenen Werte nach der NIBEM-Methode erfolgt meist innerbetrieblich. Überbetriebliche Vergleiche sind nur mit Einschränkungen möglich. Darüber hinaus erlaubt die Auswertung der Meßwerte nur Aussagen über die Schaumhaltbarkeit zum Zeitpunkt der Untersuchung. Gute Meßergebnisse nach der Ross & Clark- bzw. der NIBEM-Methode müssen nicht auf ein gutes Schaumverhalten des Bieres im Glas hinweisen [9].

2.4.3. Einschenkmethode nach Ullmann und Pfenninger

Nach Einschätzung von Weyh und Hagen liefert die Einschenkmethode gegenüber den anderen Meßmethoden (Ross & Clark-Methode und NIBEM-Methode) hinsichtlich der Schaumhaltbarkeit und der Schaumstabilität realistischere Meßergebnisse. Bei der Einschenkmethode nach Ullmann und Pfenninger wird das Bier bei 12 oC mittels einer motorbetriebenen Einschenkapparatur in einen genormten Glaszylinder gegossen [23]. Die entstandenen Schaumblasen sind bei dieser Methode größer als bei der NIBEM-Methode. Für die Beurteilung der Schaumhaltbarkeit wird die Zeit gemessen, die vergeht, bis die Bieroberfläche zu sehen ist. Bei Bieren mit guter Schaumhaltbarkeit kann ein Ergebnis von 5 min gemessen werden. Eine Meßtemperatur von unter 12 oC und die verwendete standardisierte Einschenkmethode kommen den Bedingungen, unter denen der Konsument das Bier beurteilt, am nächsten.

Aber auch bei dieser Meßmethode schwanken die Meßergebnisse stark. Bei einer Untersuchung zum Einfluß der Aufbewahrungsdauer von Bier auf die Schaumstabilität konnte gezeigt werden, daß die Streuung der Meßwerte mit zunehmender Aufbewahrungsdauer tendenziell größer wird.

2.4.4. Neue Methode zur Messung der Schaumhaltbarkeit von Bier

Nach einer standardisierten Methode wird das Bier bei 22 oC durch freien Fall in einem zylindrischem Gefäß aufgeschäumt. Die Anfangshöhe des Bierschaumes wird gemessen. In regelmäßigen Zeitintervallen wird mittels eines Leitfähigkeitsmeßgerätes die Höhenabnahme des aufgeschäumten Bieres durch das natürliche Entweichen des Kohlendioxids aus dem gesättigten Getränk, gemessen. Die Messung wird in der 5. Minute des Schaumzerfalls beendet. Als Maß für die Stabilität des Bierschaumes gilt die Fläche unter dieser Zerfallskurve. Die Stabilität des 1 mm hohen Schaumes innerhalb von 1 Minute entspricht eine Schaumhaltbarkeitseinheit (FU). Werte über 100 FU beschreiben eine ausgezeichnete Schaumhaltbarkeit. Eine schlechte Schaumhaltbarkeit weisen Biere von unter 50 FU auf [24].

2.5. Methoden zur Messung der Oberflächenspannung

Für die Voraussage des Schaumverhaltens einer Flüssigkeit sind, wie noch zu zeigen sein wird, u.a. die verschiedenen chemischen Inhaltsstoffe verantwortlich. Der qualitative und quantitative Nachweis der schaumpositiven bzw. - negativen Substanzen ist jedoch oft sehr aufwendig. Die aus den Inhaltsstoffen resultierende Oberflächenspannung einer Flüssigkeit läßt sich dagegen relativ leicht messen.

Die Oberflächenspannung ist jene Arbeit, die notwendig ist, die Oberfläche einer Flüssigkeit um 1 m2 zu vergrößern. Diese Kraft in Flüssigkeiten wirkt parallel zur Grenzfläche und hat das Bestreben, deren Oberfläche auf ein Minimum zu reduzieren. Bidestilliertes Wasser besitzt eine Oberflächenspannung von 72,8 mN/m. Dieser Wert dient den unterschiedlichen Meßeinrichtungen als Richtwert.

Die verschiedenen Meßverfahren, mit deren Hilfe die Oberflächenspannung bestimmt werden kann, können prinzipiell in zwei Hauptgruppen unterteilt werden [25]: Die Methode des maximalen Blasendruckes und die Steighöhenmethode. Sie sind statische Verfahren, bei denen Gleichgewichtsformen von Oberflächen für die Messung zugrundegelegt werden. Bei den dynamischen Meßmethoden werden dagegen Bewegungsvorgänge an Oberflächen beobachtet und für die Berechnung der Oberflächenspannung benutzt. Zu den dynamischen Verfahren zählen u. a. die Tropfengewichtsmethode und die Abreißmethode.

2.5.1. Methode des maximalen Blasendruckes

Bei diesem dynamischen Verfahren wird aus einer senkrecht in einer Flüssigkeit eingetauchten Kapillare langsam eine Luft- oder Gasblase gedrückt. Für die Überwindung der Oberflächenspannung der Flüssigkeit ist ein entsprechender Druck notwendig. Dieser erreicht bei einer bestimmten Form der Blase (Halbkugelform) einen Maximalwert. Danach reißt die Blase von der Kapillare ab und steigt in der Flüssigkeit auf. Mit Hilfe des gut meßbaren Blasendruckes kann die Oberflächenspannung bestimmt werden. Je enger die verwendete Kapillare ist, um so genauer ist die Blasendruckmethode. Veränderungen der oben beschriebenen Methode wurde u.a. von Umstätter durch die Verwendung eines Glockenmanometers vorgenommen [26].

Bisher war die Handhabung von Oberflächenspannungsmeßgeräten recht umständlich und die benötigte Auswerteelektronik sehr umfangreich. Für die Messung von dynamischen Oberflächenspannungen von Flüssigkeiten ist auf der Hannover Messe 1999 ein neues Handmeßgerät vorgestellt worden, welches mit Hilfe der Blasendruckmethode die Oberflächenspannung von Flüssigkeiten ermittelt [27]. Das Blasendrucktensiometer "Sita online f 10" ist ein handliches und bedienerfreundliches Meßgerät. Es ist in der Lage, Oberflächenspannungen von Flüssigkeiten bis zu 80 mN/m mit einer Genauigkeit von 0,5 mN/m zu messen

2.5.2. Steighöhenmethode

Das spezifische Verhalten von Flüssigkeiten beim Eintauchen von Kapillaren bietet die Möglichkeit, die jeweilige Oberflächenspannung der entsprechenden Flüssigkeit abzuleiten. Benetzende Flüssigkeiten bewirken in gut gereinigten Kapillaren infolge ihrer Oberflächenspannung ein Ansteigen der Flüssigkeit. Dieser Anstieg ist durch den hydrostatischen Druck begrenzt. Mit Hilfe der Gauß-Laplaceschen Gleichung kann bei vollständiger Benetzung bzw. Nichtbenetzung die Oberflächenspannung berechnet werden [25].

Bei einer Meßgenauigkeit von 3 % ist die Steighöhenmethode jedoch für präzise Messungen untauglich. Darüber hinaus ist die notwendige Bedingung der vollständigen Benetzung bzw. Nichtbenetzung nur selten gegeben. Flüssigkeiten mit viskosen Eigenschaften können mit der vorgestellten Steighöhenmethode nicht gemessen werden. Problematisch ist auch die Bestimmung der Oberflächenspannung von Flüssigkeiten mit grenzflächenaktiven Inhaltsstoffen. Die Ursachen sind bis heute noch nicht ausreichend erklärt.

2.5.3. Tropfengewichtsmethode

Tritt ein Tropfen langsam aus einer Kapillare aus, so steht er sowohl unter dem Einfluß der Schwerkraft als auch der entsprechenden Oberflächenspannung. Wächst der Tropfen auf eine bestimmte Größe an, kann die Oberflächenspannung die Wirkung der Schwerkraft nicht mehr kompensieren. Der Tropfen reißt von der Kapillare ab. Die Kraft, durch die der größtmögliche Tropfen gehalten wird, kann gemessen werden. Die Oberflächenspannung läßt sich u.a. aus dieser Kraft und dem Volumen einer Eichflüssigkeit mit bekannter Oberflächenspannung und Dichte berechnen. Für die Berechnung ist die Anzahl der austretenden Tropfen der zu untersuchenden Flüssigkeit bei gleichem Volumen ausschlaggebend. Die Messung der Tropfenzahl erfolgt mittels eines Stalagmometers. Die Meßgenauigkeit der Tropfengewichtsmethode liegt bei ca. 10 %. Diese Methode wurde u. a. von Dunken präzisiert [28].

2.5.4. Abreißmethode

Die Abreißmethode zählt zu den dynamischen Meßmethoden. Hier wird die Oberflächen-spannung von Flüssigkeiten mit Hilfe der Kraftmessung bestimmt. Ein weit verbreitetes Meßgerät, welches nach dieser Methode arbeitet, ist das Tensiometer. Es gibt zwei Möglichkeiten, die Oberflächenspannung von Flüssigkeiten mit einem Tensiometer zu messen:

a) Ringmethode

Bei der Ringmethode dient ein horizontal aufgehängter Platinring als Meßkörper. Der Ring besitzt sowohl einen bekannten Drahtquerschnitt als auch einen bekannten Radius. Beim Meßvorgang wird der Ring in die Versuchsflüssigkeit eingetaucht und anschließend wieder herausgezogen. Es wird die Kraft gemessen, bei deren Überschreiten die Flüssigkeitslamelle zerreißt. Bei dieser Methode ist zu beachten, daß die Gestalt der Lamelle die Zugkraft beeinflußt.

Neben der Kraft, die durch die Oberflächenspannung auf den Ring wirkt, geht in den Meßwert zusätzlich noch das hydrostatisch wirksame Flüssigkeitsvolumen der unter dem Ring hängenden Flüssigkeitslamelle ein. Aus diesem Grund wird der gemessene Wert mit einem Faktor korrigiert. Die Ableseeinrichtung des Tensiometers ermöglicht die einfache Bestimmung des korrigierten Meßwertes. Die Oberflächenspannung wird in mN/m angegeben [20].

b) Plattenmethode

Auch diese Meßmethode wird mit dem Tensiometer durchgeführt und basiert auf einer Kraftmessung. Als Meßkörper dient jedoch kein Ring, sondern eine Platinplatte. Die an der Oberfläche aufgerauhte Platte ist senkrecht im Tensiometer arretiert. Die Unterkante dieser Platte wird mit der Flüssigkeitsoberfläche der zu untersuchenden Probelösung in Kontakt gebracht. Bei der Berührung wird die Platte ein Stück in die Flüssigkeit hineingezogen. Die aus dieser Benetzung resultierende Kraft kann mit Hilfe des Tensiometers gemessen werden. Zuvor muß jedoch die Platinplatte wieder auf das Niveau der Oberfläche zurückgehoben werden. Die gemessenen Werte bedürfen keiner hydrostatischen Korrektur.

2.6. Schaumbeeinflussende Substanzen

Die Beurteilung eines alkoholischen Getränks wie Bier oder Champagner erfolgt vom Konsumenten zuerst optisch. Ausgehend von diesen Informationen schließt er oft auf die Qualität des Erzeugnisses bzw. auf die sensorischen Eigenschaften. Aus diesem Grunde bemüht man sich in der Forschung, die Schaumgegebenheiten zu untersuchen.

Für das Schaumverhalten von Getränken sind grundsätzlich zwei Flüssigkeitseigenschaften ausschlaggebend. Auf der einen Seite ist die Größe des Schaumbildungsvermögens einer Flüssigkeit für die Schaumausprägung verantwortlich. Das Schaumbildungsvermögen wird im Wesentlichen von den Inhaltsstoffen des jeweiligen Getränks bestimmt. Hier üben schaumpositive bzw. -negative Substanzen einen unterschiedlichen Einfluß aus. Je besser die an der Oberfläche angereicherten Stoffe in der Lage sind, elastische Häutchen zu bilden und diese aufrecht zu erhalten, um so länger wird der Schaum seine Stabilität bewahren. Auf der anderen Seite ist das Bindungsvermögen der Flüssigkeit für das CO2-Gas entscheidend für die Schaumausprägung.

Es ist zu prüfen, ob noch eine dritte Komponente einen vorhersagbaren Einfluß auf den Schaum von Getränken besitzt. Bisher wurde der Oberflächenspannung von Getränken mit hoher Schaumneigung bisher zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Ein Zusammenhang zwischen der Oberflächenspannung der untersuchten Flüssigkeit und der Schaumausprägung konnte bisher nicht festgestellt werden. Es ist anzumerken, daß die Auswirkungen der schaumpositiven bzw. schaumnegativen Substanzen auf den Schaum im Bereich der Bierherstellung bisher am differenziertesten erforscht wurden. Alkoholfreie Getränke sind diesbezüglich noch unzureichend untersucht worden. Aus diesem Grunde beziehen sich die folgenden Aussagen mehrheitlich auf die im Bier befindlichen Inhaltsstoffe.

2.6.1. Kohlendioxid

a) Möglichkeiten der Einbringung von CO2

Grundsätzlich kann das Kohlendioxid durch die Gärung oder mit Hilfe des Imprägnierverfahrens in die Flüssigkeit eingebracht werden. Beim Bier gelangt das CO2 durch den Gärprozeß in die Flüssigkeit. Schaumweine können entweder durch nur e i n e Gärung, also vom Traubenmost ausgehend, oder durch zwei Gärprozesse hergestellt werden. "Asti spumante" aus Italien und "Clairette de Die" aus Frankreich sind zwei bekannte Beispiele von aromatischen Qualitätsschaumweinen, die durch nur eine Gärung hergestellt werden. Der entstandene Alkoholgehalt und der benötigte CO2- Überdruck resultieren vollständig aus diesem Gärprozeß. Bei der Schaumweinherstellung durch zwei Gärungen dient als Basis des Prozesses ein Wein, dessen Gärung schon abgeschlossen ist. Durch den Zusatz einer "Fülldosage" wird die zweite Gärung eingeleitet.

In der Getränkeherstellung kann der notwendige CO2-Überdruck auch durch den Zusatz von Kohlendioxid erreicht werden. Dieses Verfahren wird als Imprägnierverfahren bezeichnet. Schaumweine bzw. Perlweine, die durch dieses Verfahren hergestellt werden, müssen mit dem Zusatz "Perlwein/ Schaumwein mit zugesetzter Kohlensäure" gekennzeichnet werden [14]. Der CO2-Überdruck in der Flasche ist abhängig von der Flaschengröße und der Art des Getränkes (Qualitätsschaumwein bzw. Perlwein).

Auch in alkoholfreien Erfrischungsgetränken ist das CO2 wegen seiner belebenden, erfrischenden und prickelnden Eigenschaften erwünscht. Darüber hinaus nutzt man die keimhemmende Wirkung des Gases. Im Gegensatz zur Herstellung von alkoholischen Getränken wird das CO2 ausschließlich durch das Imprägnierverfahren eingebracht. Dabei erreicht man eine Sättigung der verwendeten Flüssigkeit mit Kohlendioxid. Fruchtsaftgetränke werden etwa mit 4 g/l imprägniert. Der CO2-Gehalt von Limonaden und Cola-Limonaden beträgt 7 g bzw. 10 g CO2/l (siehe Tabelle 2). In der Praxis liegt die Höchstgrenze an gelöstem CO2 bei ca.10 g/l.

Tabelle 2

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

b) CO2-Löslichkeit

Um eine gute Schaumausprägung des jeweiligen Getränkes zu erreichen, wird in der Getränkeherstellung auf Bedingungen geachtet, die eine hohe CO2-Löslichkeit gewährleisten. Die Erhöhung der Löslichkeit des Kohlendioxidgehaltes trägt sowohl zu einem höheren Schaumvolumen beim Bier als auch zur Verbesserung des Mousseux bei Schaumweinen bei.

Der Lösungsvorgang eines Gases in einer Flüssigkeit ist ein sehr komplizierter Vorgang. Die Karbonisierung von Getränken ist im physikalischen Sinne der Transport von CO2 aus der Gasphase in die Flüssigkeitsphase. Nach der Zwei-Film-Theorie besteht zwischen der Gas- und der Flüssigkeitsphase eine Grenzschicht, in der der Stofftransport stattfindet. Die Grenzschicht setzt sich aus einer Gas- und einer Flüssigkeitsfilmschicht zusammen. An der Oberfläche zwischen den beiden Phasen stellt sich eine Gleichgewichtssättigung nach dem Dalton´schen Gesetz ein [16].

Die dipoligen Wassermoleküle umgeben das CO2-Molekül mit einer Solvathülle, die eine feste Bindung der einzelnen Moleküle untereinander gewährleistet. Bei der Auflösung von CO2 in Wasser tritt eine starke Hydratation auf. Bei Mineralwässern wird ca. 99,9 % des eingesetzten Gases hydratisiert. Nur 0,1 % CO2-Gas reagiert mit dem Wasser unter Bildung der Kohlensäure. Die CO2-Löslichkeit beträgt bei 15 oC und etwa 1 Liter chemisch reinem Wasser 2 g Kohlensäure. Mineralwässer besitzen ein um 0,5 bis 1 % schlechteres Lösungsverhältnis. Auch zuckerhaltige Getränke haben ein geringeres Löslichkeitsverhältnis gegenüber chemisch reinem Wasser. Bei Lösungen mit 1 % Saccharose (1oBx) wird der Wert um 0,5, bei 10 % Saccharose um 8 % (entspricht der Orangenlimonade) gegenüber Wasser minimiert. Die veröffentlichten Meßdaten diesbezüglich schwanken jedoch erheblich [20].

c) Einflußmöglichkeiten auf die CO2-Löslichkeit

Folgt man der Zwei-Film-Theorie, so sind es vor allem die geometrischen Größen "Oberfläche" und "Filmschicht", die Einfluß auf den Stofftransport von CO2 ausüben. Darüber hinaus ist aber auch die physikalische Größe "Temperatur" ein wichtiger Einflußfaktor für die Löslichkeit von CO2 in einer Flüssigkeit. Der Stoffübergang ist umgekehrt proportional der Grenzschicht. Je kleiner die Grenzschicht, um so größer ist der Stoffübergang. Die Größe der Grenzschicht wird im Wesentlichen von der Geschwindigkeit und der Turbulenz an der Phasengrenze bestimmt. Je mehr Turbulenzen an der Phasengrenze vorherrschen, desto kleiner wird die Grenzschicht. Der CO2-Übergang in das zu karbonisierende Getränk ist proportional zur vorhandenen Oberfläche. Je größer die Oberfläche zwischen der CO2 - bzw. der Flüssigkeitsphase ist, um so mehr CO2 kann gelöst werden [2]. Verschiedene Rührsysteme und konstruktive Maßnahmen, wie z.B. Raschigringe und Strahldüsen, gewährleisten sowohl große Geschwindigkeiten und Turbulenzen als auch eine große Reaktionsoberfläche.

Nach dem Dalton´schen Absorptionsgesetz ist die Löslichkeit eines Gases in der Flüssigkeit proportional seinem Druck in der Gasphase. Die Löslichkeit für CO2 kann aus dem Absorptionskoeffizienten von Kohlendioxid (l=0,851 Ncm3/g*bar) und dem Partialdruck (1 bar) berechnet werden [16]:

c = lt=const*p (2)

c= Löslichkeit von CO2

l=Absorptionskoeffizient

p= Partialdruck

Die Partialdrücke von Sauerstoff und Stickstoff sind im Verhältnis zum Kohlensäurepartialdruck gering. Die im Wasser gelöste Luft wird durch das Imprägnierverfahren teilweise verdrängt. Ein erhöhter Druck wirkt sich positiv auf die CO2-Löslichkeit aus. In der Industrie werden bei der Karbonisierung Kohlendioxiddrücke von bis zu 6 bar verwendet, um einen CO2-Gehalt der Flüssigkeit von 12 g/l zu gewährleisten. Das Dalton´sche Absorptionsgesetz kann jedoch nur auf ideale Gase, d.h. für kleine Drücke, angewendet werden. Werden jedoch in der Getränkeherstellung geringe Imprägnierdrücke gewährleist, so sind nur kurze Druckentlastungszeiten und Vorspannzeiten bei der Herstellung bzw. Abfüllung der Getränke notwendig. Durch diese Maßnahme kann die Abfülleistung in der Getränkeindustrie erheblich gesteigert werden.

Der Absorptionskoeffizient stellt eine Funktion der Temperatur dar. Je niedriger die Temperatur ist, desto größer ist der Absorptionskoeffizient und somit die Löslichkeit des Gases. In Tabelle 3 sind die unterschiedlichen Löslichkeiten von CO2 in Abhängigkeit von der Temperatur bei normalem Luftdruck dargestellt. Da die Löslichkeit von CO2 bei sehr niedrigen Temperaturen besonders hoch ist, wird in der Schaumweinherstellung vor dem Imprägniervorgang die Flüssigkeit stark gekühlt. Auch während des Abfüllvorgangs von Schaumwein ist eine entsprechende Kühlung des Erzeugnisses von Vorteil. Kann eine Kühlung nicht erfolgen, so muß beim Anstieg der Temperatur auf die Flüssigkeit ein höherer Druck ausgeübt werden.

[...]

Fin de l'extrait de 142 pages

Résumé des informations

Titre
Einfluß der Oberflächenspannung auf das Schäumen von Getränken
Université
Technical University of Berlin  (Lebensmittelwissenschaft/ Biotechnologie)
Note
1,3
Auteur
Année
1999
Pages
142
N° de catalogue
V217
ISBN (ebook)
9783638101639
ISBN (Livre)
9783656239130
Taille d'un fichier
802 KB
Langue
allemand
Annotations
Mots clés
Einfluß, Oberflächenspannung, Schäumen, Getränken
Citation du texte
Sebastian Loitsch (Auteur), 1999, Einfluß der Oberflächenspannung auf das Schäumen von Getränken, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/217

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