Walter Bagehot und der Britische Parlamentarismus


Seminar Paper, 2000

13 Pages, Grade: 2,0


Excerpt


Inhalt

1. Einführung

2. Walter Bagehot und sein Werk
2.1.Walter Bagehots Analyse des Britischen Verfassungsmodells
2.1.1. Die ehrwürdigen Teile der Verfassung
2.1.1.1. Die Krone
2.1.1.2. Das Oberhaus
2.1.2 Die leistungsfähigen Teile der Verfassung
2.1.2.1. Das Unterhaus
2.1.2.2. Das Kabinett
2.2. Bagehots Werk aus heutiger Sicht

3. Die verfassungspolitische Entwicklung in England nach 1867

4. Walter Bagehot und das heutige politische System Großbritanniens
4.1. Die Monarchie
4.2. Das Oberhaus
4.3. Das Unterhaus
4.4. Das Kabinett

1. Einführung

Walter Bagehots acht Essays über den englischen Parlamentarismus in der Mitte des 19. Jahrhunderts, „The English Constitution“, zählt auch heute noch zu den Standardwerken über die Britische Verfassung. Wenngleich sich die Verfassung seit jener Zeit stark geändert hat, sind wichtige Prinzipien noch heute gültig, zum Teil gelten sie sogar für alle demokratisch verfassten Systeme, bei denen die Regierung von der Legislativversammlung gewählt wird. Eben das Erkennen dieser Verschränkung zwischen Legislative und Exekutive, die auch im bundesdeutschen Regierungssystem herrscht, zählt zu den wichtigsten Leitungen Bagehots. Bis dahin hatte man in Großbritannien noch vom „King in Parlament“ gesprochen, „das Parlament ist die Vereinigung und die Übereinstimmung des Königs, des Oberhauses und des Unterhauses“[1], hieß es in den Reihen der Wissenschaftler.

Die nachfolgende Arbeit stellt das Werk Bagehots vor und zeigt die wesentlichen Entwicklungen der englischen Verfassung von 1862, dem Jahr, in dem „The English Constitution“ erstmals erschien, bis zur Jahrhundertwende, bis in die Zeit also, in der sich die britische Massendemokratie entgültig herausgebildet hatte. Im letzten Teil soll die Brücke zur Gegenwart geschlagen - und untersucht werden, inwieweit sich Bagehots Beobachtungen auf das heutige britische System anwenden lassen.

Noch eine begriffliche Anmerkung zum Schluss: In den folgenden Kapiteln werden die Bezeichnungen „England“ und „Großbritannien“, beziehungsweise die Adjektive „englisch“ und „britisch“ gleichbedeutend benutzt. Dies liegt daran, dass die britische Verfassung aus der englischen hervorgegangen ist. Bagehot selbst sprach ja von der „English Constitution“, denn England war in seiner Regierungsform gleichbedeutend mit zentralistischen Großbritannien. Föderale Ansätze, wie sie zurzeit in Großbritannien getestet werden sind also für diese Arbeit unerheblich, weshalb sich auch eine Trennung der Begriffe erübrigt.

2. Walter Bagehot und sein Werk

Walter Bagehot wurde 1826 als Sohn eines Bankiers in Langport geboren und studierte Rechtswissenschaft. Nach kurzer Zeit avancierte er zum Chefredakteur des Economist und galt als einer der brillantesten Journalisten seiner Zeit. 1867 erschien sein Werk „The English Constitution“; in acht Essays beschreibt Walter Bagehot die politischen Institutionen und Abläufe Großbritanniens in der viktorianischen Epoche.[2]

2.1.Walter Bagehots Analyse des Britischen Verfassungsmodells

Bagehot hatte erkannt, dass sich englische Verfassung nach 1832 in „dignified“, d.h. ehrwürdige, und „efficient“, d.h. leistungsfähige, Komponenten einteilen lässt, wobei für ihn beide Teile eine wichtige Rolle im Gesamtkonzept der Verfassung spielen.[3] Deshalb ist es an dieser Stelle wichtig zu klären, welche Teile des britischen Systems er welcher Rolle zuordnet und welche Aufgaben die einzelnen Organe für Bagehot besitzen.

2.1.1. Die ehrwürdigen Teile der Verfassung

2.1.1.1. Die Krone

Bagehot sieht in der englischen Krone einen außerordentlich wichtigen Bestandteil der britischen Verfassung. Er nennt fünf Gründe, warum seines Erachtens die Monarchie der Republik gegenüber die bessere Staatsform ist:

1. Für Bagehot ist der jeweilige Monarch eine „intelligible government“[4]. Diese Personalisierung des Staates scheint ihm am besten geeignet, das einfache Volk für die Politik zu interessieren. „Royalty is a government in which the attention of the nation is concentrated on one person doing interesting actions. A Republic is a government in which the attention is divided between many, who are all doing uninteresting actions. Accordingly, so long as the human heart is strong and the human reason weak, Royalty will be strong because it appeals to diffused feeling and Republics weak because they appeal to the understanding.”[5]
2. Der Monarch hat für Bagehot weiterhin die Möglichkeit über die Religion die Regierung zu stärken. Als „the Lord’s anointed“[6] folgt in seinen Augen die einfache Bevölkerung dem Wort des Monarchen, der so die Regierung stärken kann. „They [the mass of the English people] agree with the oath of allegiance; they say it is their duty to obey the ‘Queen’; and they have but hazy notions as to obeying laws without a queen.”[7]
3. Für Bagehot ist der Monarch unangefochtenes Oberhaupt Englands. Seiner Meinung nach wäre es für ein so philosophisches Volk, wie die Engländer es sind, eine ernste Sache, das Staatsoberhaupt alle vier oder fünf Jahre zu wechseln.[8]
4. Bagehot sieht in der Krone den Kopf der englischen Moral. Die Tugend der Queen, so schreibt er, sei tief in das Herz der Bevölkerung gesunken.[9]
5. Die konstitutionelle Monarchie garantiert einen reibungslosen Regierungswechsel. „The masses of Englishmen are not fit for an elective government; if they knew how near they were to it, they would be surprised, and almost tremble.”[10]

Für Bagehot legitimieren also in erster Linie traditionalistische und stabilitätspolitische Aspekte den Fortbestand der britischen Monarchie. Er hält es der einfachen Denkweise des Volkes gegenüber für angemessen, Politik durch einen Monarchen zu personalisieren. Im politischen Alltag beschränken sich die königlichen Rechte aber auf drei Bereiche: „The right to be consulted, the right to encourage, the right to warn.“[11] Aus diesen repräsentativen und beratenden Rechte und Aufgaben schließt Bagehot, dass der Monarch in der englischen Verfassung von 1832 zu deren dignified part gehört.

2.1.1.2. Das Oberhaus

Wie bereits erwähnt, hatte das Oberhaus nach der Reform von 1832 noch immer weitreichende Kompetenzen.

Ähnlich wie bei der Argumentation für die Monarchie verteidigt Bagehot in seinem Essay über das Oberhaus die aristokratischen Elemente der Verfassung.

Auch in diesem Essay argumentiert er zunächst aus der stabilitätspolitischer Sicht unter Berücksichtigung durchschnittlichen Bevölkerung: „Nobility is the symbol of mind. [...] The common peasantry will listen to his nonsense more submissively than to the new man’s [gemeint sind Neureiche, d. Verf.] sense.”[12]

[...]


[1] Friedrich Glum, Das parlamentarische Regierungssystem in Deutschland, Großbritannien und Frankreich, 2165, S. 10

[2] Vgl. Udo Bermbach in: Fetscher/Münkler (Hrsg.), Pipers Handbuch der politischen Ideen, Band 4, München, 1986

[3] Walter Bagehot, The English Constitution, Oxford 51939., S. 4

[4] ebenda, S. 30

[5] ebenda, S. 35

[6] ebenda, S. 36

[7] ebenda, S. 35

[8] vgl. ebenda, S. 41

[9] vgl. ebenda, S. 47

[10] ebenda, S. 48

[11] ebenda, S. 67

[12] ebenda, S. 79f

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Details

Title
Walter Bagehot und der Britische Parlamentarismus
College
http://www.uni-jena.de/  (Institut für Politikwissenschaft)
Course
Einführung in die Politikwissenschaft
Grade
2,0
Author
Year
2000
Pages
13
Catalog Number
V21821
ISBN (eBook)
9783638253451
File size
470 KB
Language
German
Notes
Vollständige Zitierung über Fußnoten, daher kein extra ausgewiesenes Literaturverzeichnis.
Keywords
Walter, Bagehot, Britische, Parlamentarismus, Einführung, Politikwissenschaft
Quote paper
Matthias Thiele (Author), 2000, Walter Bagehot und der Britische Parlamentarismus, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/21821

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