Die hinter der Diskussion des Imports embryonaler Stammzellen stehende wissenschaftliche Meinung, menschliches Leben verbessern zu können und Krankheiten und Behinderung grundsätzlich vermeidbar zu machen, stellt eine Möglichkeit dar, die erst bei näherer Befragung ihre ethischen Konsequenzen zeigt. Jedoch offenbart schon das rapide Wachstum der Biotechnologiebranche und der wachsende ökonomische Einfluss deutlich, dass nicht allein Heilung und medizinisches Handeln auf Grundlage des hippokratischen Eides die Triebfeder biotechnologischen Fortschritts darstellen können. Im transportierten biologisch-pragmatischen Menschenbild zeigt sich eine neue Qualität zwischenmenschlicher Beziehung, welches schon darin ihren Ausdruck findet, dass die biotechnologische Forschung horrende staatlich ökonomische Zuwendung erfährt, während die sozialen Sicherungssysteme, zu Lasten der Menschenwürde, einer rigiden Sparpolitik unterworfen werden. Utilitaristisch-ökonomische Argumente hinsichtlich der gesellschaftlichen Verwertbarkeit von Menschen die eine, unterschiedlich definierte, Norm nicht erfüllen, erschweren vor dem Hintergrund der globalen sozioökonomischen Krise eine kritische Haltung und eine klare Aussage gegenüber jeder Form menschlichen Lebens zusätzlich. Die deutliche Herausforderung liegt daher darin, klare ethische Grundlinien aufzeigen, die über tägliches moralisches Handeln hinausgehen und eine stabile längerfristige Basis für Handeln aufzeigen. Der Sonder- und Heilpädagogik kommt daher eine besondere Aufgabe zu sich mit ethischen Themen auseinander zu setzen, die grundlegend für die tägliche Arbeit sind und aufgrund dessen besonders reflektiert werden sollten. Die vorliegende Arbeit soll ihren kleinen Teil zu dieser Aufgabe beitragen, in dem sie weitere anthropologische Antworten aus einer anderen, nämlich der anthroposophischen Perspektive, auf ethische Fragestellungen aufzeigt. Eine solche Perspektive vermag in einem Menschenbild, welches nicht nur den biologischen, sondern auch den biographischen Anteil menschlicher Existenz konsequent betrachtet, den Menschen nicht nur rational als biologisches Verstandwesen zu erfassen, sondern als Einheit aus biologischer Körperlichkeit und geistig-seelischem Ich-Wesen.
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort
- Einleitung
- Methodische Vorgehensweise – Hermeneutik
- Begriffsfindung
- Gesellschaftliche Überlegungen und der Begriff der Wissenschaft
- Prägende Aspekte des Denkens im angehenden 21.Jahrhundert: Individualisierung, Flexibilität und Utilitarismus
- Zum Begriff der Geisteswissenschaft aus anthroposophischer Sichtweise
- Anthroposophisches Menschenbild als Grundlage pädagogischen Handelns
- Der Mensch aus Sicht der Anthroposophie
- Viergliederung des menschlichen Organismus
- Menschliche Entwicklung in Jahrsiebten
- Die Idee der Reinkarnation in der anthroposophischen Erkenntnistheorie
- Zum Zusammenhang von Reinkarnation und Karma
- Die zwölf Sinne
- Begabung und Behinderung aus Sicht der Anthroposophie
- Anthroposophische Erklärungsansätze für ausgesuchte Behinderungsformen
- Basis für ethische Begründungen im Kontext aktueller Diskussionen der Biogenetik und Implikation rechtlicher Rahmenbedingungen:
- Pränataldiagnostik
- Präimplantationsdiagnostik
- Leidargumentation und gesellschaftlicher Einfluss
- Pränataldiagnostik und Schwangerschaftsabbruch: Der Paragraph 218 und die medizinische Indikation als Möglichkeit selektiven Aborts.
- Zum Zusammenhang aktueller medizinischer Haltung und Eugenik:
- Exkurs: Zum Person-Begriff der Bioethik: Peter Singer
- Zur Problematik des Person-Begriffs
- Begründung einer Ethik aus anthroposophischem Menschenbild
- Schnittstellen zu einer Ethik aus sonderpädagogischer Sicht. Ein kritisches Resumée
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht, wie die anthroposophische Heilpädagogik ethische Fragestellungen im Kontext medizinischen und gesellschaftlichen Handelns aus utilitaristischer Sichtweise beantwortet.
- Das anthroposophische Menschenbild und seine Implikationen für die Pädagogik
- Ethische Herausforderungen im Kontext der Biogenetik, insbesondere Pränataldiagnostik und Präimplantationsdiagnostik
- Die Rolle des Utilitarismus in der Bewertung ethischer Fragestellungen
- Der Zusammenhang zwischen Anthroposophie, Sonderpädagogik und ethischem Handeln
- Die Relevanz der anthroposophischen Heilpädagogik für die Inklusion und das Verständnis von Behinderung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die die Relevanz der anthroposophischen Heilpädagogik im Kontext der Sonderpädagogik beleuchtet. Anschließend werden die methodischen Grundlagen der Untersuchung erläutert, wobei die Hermeneutik als methodisches Werkzeug vorgestellt wird. Im weiteren Verlauf werden zentrale Begriffe geklärt, die für das Verständnis der Untersuchung relevant sind, wie beispielsweise die Begriffe „Utilitarismus“ und „Geisteswissenschaft“.
Die Arbeit setzt sich intensiv mit dem anthroposophischen Menschenbild auseinander. Es werden die Viergliederung des Menschen, die Idee der Reinkarnation und des Karmas, sowie die Bedeutung der zwölf Sinne im Kontext der anthroposophischen Pädagogik erläutert.
In den folgenden Kapiteln werden die ethischen Herausforderungen der Pränataldiagnostik und der Präimplantationsdiagnostik aus anthroposophischer Sichtweise betrachtet. Dabei wird auch die Problematik des Person-Begriffs in der Bioethik beleuchtet.
Schlüsselwörter
Anthroposophische Heilpädagogik, Utilitarismus, Biogenetik, Pränataldiagnostik, Präimplantationsdiagnostik, Person-Begriff, Sonderpädagogik, Behinderung, Inklusion, ethische Fragestellungen, Menschenbild, Reinkarnation, Karma, Geisteswissenschaft.
- Arbeit zitieren
- Carsten Meyer (Autor:in), 2003, Antworten anthroposophischer Heilpädagogik auf ethische Fragestellungen im Kontext medizinischen und gesellschaftlichen Handelns aus utilitaristischer Sichtweise, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/21969