Methodik und Didaktik des Zweitsprachenunterrichts Deutsch


Dossier / Travail de Séminaire, 2002

27 Pages, Note: 1


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Einführung

I. Theoretische Grundlagen
1. Forschungslage der Zweitsprachenerwerbsforschung
1. 1. Die wichtigsten Hypothesen der Zweitsprachenerwerbsforschung
1. 1. 1. Die Kontrastivhypothese 6
1. 1. 2.. Die Identitätshypothese
1. 1. 3. Die Interlanguale- Hypothese
2. Deutsch als Zweitsprache
3. Die Entwicklung des Zweitsprachenunterrichts Deutsch
3. 1. Der Erwachsenenunterricht
3. 2. Zweitsprachenunterricht Deutsch für Kinder und Jugendliche
4. Lehrerausbildung im Fach Deutsch als Fremdsprache

II. Praktische Beispiele für den Unterricht in Deutsch als Zweitsprache
1. Didaktisch- methodische Aspekte für den Unterricht mit Sprachanfängern in Deutsch als Zweitsprache
2.Didaktitisch - methodische Aspekte für den Unterricht mit Erwachsenen in Deutsch als Zweitsprache
3. Situation des Zweitsprachenunterrichts Deutsch in Hannover anhand einiger Beispiele
3. 1. Zweitsprachenunterricht Deutsch in der Grundschule
3. 2. Zweitsprachenunterricht für Jugendliche

Schlussbemerkung

Literaturangabe

Einführung

Sprache ist eine, nur Menschen vorbehaltene, Ausdrucksform, daß sich von allen anderen Verständigungsmöglichkeiten (Tiersprachen, künstliche Programmiersprachen) durch ihre Kreativität und Fähigkeit zur begrifflicher Abstraktion unterscheidet. Sie dient dem Austausch von Gedanken, Vorstellungen und Informationen. Sie ermöglicht das Erfassen und Verstehen der Welt und die Herausbildung der individuellen Identität, so wie die Aufnahe und Mitteilung wichtiger Erfahrungen.

Die Erforschung des Spracherwerbs fing mit dem Beginn des 20. Jahrhunderts an und wurde in den vierziger Jahren intensiviert. Die Untersuchungen haben ergeben, daß menschliche Sprache ein sehr komplexes Zeichensystem ist. Ihr Erwerb verläuft nicht durch Erlernen einzelner Vokabeln und Sätze, sondern ganzer Strukturen. Heute konzentriert sich die Forschung auf zwei Bereiche: auf der Untersuchung der natürlichen Erstsprachigkeit (Kindersprache) und der gesteuerten Zweit- oder Mehrsprachigkeit ( v. a. Entwicklung von Lehrverfahren).

In der vorliegenden Arbeit möchten wir uns mit dem Erwerb des Deutschen als Zweitsprache befassen. Nach dem Überblick über die Forschunslage und die Hypothesen der Zweitsprachenerwerbsforschung werden wir auf die Situation des Zweitsprachenunterrichts in Deutschland näher eingehen (Unterricht für unterschiedliche Altersgruppen). Mit praktischen Hinweisen versuchen wir einen Verlauf der Unterrichtsstunde zu gestalten. Anschließend stellen wir Ausbildungsmöglichkeiten im Fach Deutsch als Fremdund Zweitsprache dar. Zum Schluß befassen wir uns anhand einiger Beispiele mit der Lage des Zweitsprachenunterrichts Deutsch für Kinder und Jugendliche in Hannover.

I.Theoretische Grundlagen

1. Forschungslage der Zweitsprachenerwerbsforschung

In den sechziger und siebziger Jahren wurde die Spracherwerbsforschung, eine Teildisziplin der Sprachwissenschaft, die sich mit solchen Fragen wie z. B. wann die Spracherwerbsprozesse beginnen, unter welchen Voraussetzungen sie verlaufen und wie lange sie dauern beschäftigt, sehr intensiviert. Die Gründe für die rasche Entwicklung waren: die Arbeitsmigration und die Flüchtlingsbewegungen, die in diesen Jahren aus wirtschaftlichen und politischen Gründen in Europa und in den USA stark zugenommen haben. Beobachtung der Erwachsenen und der Kinder von Gastarbeitern, Immigranten, die die Sprache des Ziellandes oft ohne der schulischen Maßnahmen erworben haben, hat die Untersuchung der Prozesse, die zum Erwerb der Mutter- und Zweitsprache führten, beschleunigt (Zweitsprachenerwerbsforschung). Zu den wichtigsten Sprachforschern gehört unter anderen S. D. Krashen, der die Unterscheidung zwischen Lernen und Erwerb einer Sprache eingeführt hat. Der Erwerb bezeichnet naturgegebene Sprachentwicklung, ohne Regelkenntnis und Regelbewußtsein. Das Lernen dagegen ist an formale Lehrverfahren gebunden, an den Unterricht1.

Die Zweitsprachenerwerbsforschung hat zahlreiche Begriffe herausgebildet, um die unterschiedlichen Spracherwerbstypen zu definieren. Zu den bedeutsamen Begriffen gehören: Erstsprache, Zweitsprache, Bilingualismus und Fremdsprache. Unter dem Begriff der Erstsprache, auch Muttersprache genannt, versteht man den frühkindlichen Erwerb der Sprache, der bald nach der Geburt einsetzt, wobei der zeitliche Aspekt eine entscheidende Rolle spielt. Als Zweitsprache wird dagegen die Sprache bezeichnet, die erworben wird, nachdem die Muttersprache bereits ganz oder teilweise erlernt wurde. Es ist die Sprache der Immigranten in ihrem Einwanderungsland, die sie im Kontakt mit der dominierenden Bevölkerung lernen. Die Zweitsprache kann aber auch als eine gemeinsame Verkehrssprache zwischen Kommunikationspartnern mit unterschiedlichen Muttersprachen verstanden werden (lingua franca z. B. Englisch oder Französisch). Bilingualismus liegt vor, wenn im frühkindlichen Alter gleichzeitig zwei oder mehrere Sprachen erworben werden (z. B. Mutter- Engländerin, Vater- Deutsche, Kind spricht fließend Englisch und Deutsch). Die Fremdsprache ist eine Sprache, die im eigenen Land durch Unterricht in der Schule oder im Privatunterricht vermittelt wird, um die Kommunikation mit den Sprechern dieser Sprache zu ermöglichen.

Die Zweitsprachenerwerbsforschung unterscheidet drei Erwerbsarten: natürlichen (ungesteuerten) Spracherwerb, vermittelten (gesteuerten) Spracherwerb und Wiedererwerb2. Der natürliche Spracherwerb bezeichnet den Erwerb der Muttersprache. Er verläuft ungesteuert d. h. nicht in der Schule, ohne Einsatz von Unterricht. In einem nicht organisierten und nicht planmäßigen Prozess lernen Kinder eine Sprache von der Mutter und danach von anderen Kindern auf dem Spielplatz. Wenn eine Sprache durch gezielte, didaktische Maßnahmen in der Schule gelernt wird, spricht man von dem gesteuerten, vermittelten Spracherwerb. Auf diese Weise wird vorwiegend Fremdsprache gelernt. Wiedererwerb bedeutet das erneute Erlernen einer Sprache, nachdem sie bereits einmal mehr oder minder beherrscht, dann aber verlernt wurde. Der Zweitsprachenerwerb verläuft meistens zum Teil gesteuert, zum Teil ungesteuert.

1. 1. Die wichtigsten Hypothesen der ZSEF

Das Ziel der Zweitsprachenerwerbsforschung ist die Entwicklung einer Spracherwerbstheorie, die sowohl die Prozesse des Erstsprachenerwerbs als auch des natürlichen und gesteuerten Zweitsprachenerwerbs beschreibt und erklärt. Es wurde festgestellt, daß ein Lernende, wenn er mit der Zielsprache konfrontiert ist, nicht alle sprachlichen Informationen aufnehmen kann. Er speichert nur betonte Elemente eines Textes oder Gesprächs. Die weniger betonten Elemente wie z. B. Vorsilben, Nachsilben und Artikel werden häufig nicht berücksichtigt. Diesen Prozeß nennt man Dekomposition. Aus den gespeicherten Elementen werden danach sprachliche Produktionen, die nicht immer korrekt sind, gebildet. Der Prozess wird Reintegration genannt3. Die Zweitsprachenerwerbsforschung untersucht, wie die Muttersprache und die Zweitsprache erworben werden und wie sie aufeinander wirken. Es wurden zahlreiche Hypothesen aufgestellt, die diese Fragen beantworten sollten. Zu den drei wichtigsten gehören: die Kontrastivhypothese, die Indentitätshypothese und die Interlanguale- Hypothese4.

1. 1. 1. Die Kontrastivhypothese

Die Kontrastivhypothese wurde auf den behavioristischen Grundlagen entwickelt und betont die Abhängigkeit des Zweitsprachenerwerbs von der Muttersprache. Je ähnlicher sich die Erst- und Zweitsprache sind, desto leichter ist das Erlernen der Zielsprache. Jedoch ein großer Kontrast zwischen den beiden Sprachen muß nicht immer zu Schwierigkeiten führen z. B. ein Deutscher, der Türkisch lernt, empfindet türkische Pluralbildung als eine große Erleichterung.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten5 6

A) Pluralbildung im Deutschen: B)Pluralbildung im

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Übertragung der Regel eigener Sprache auf die Zielsprache kann auch zu Fehlern führen, die als negativer Transfer, Interferenz oder interlinguale Interferenz bezeichnet werden (das Koreanische und das Deutsche).

(A ) Im Koreanischen stehen die Pronomen immer am Ende des Satzes
(B) Ein von Koreaner gebildeter, deutscher Satz lautet: “Warum nicht kommst du”

Fehler können auch entstehen, wenn eine bereits erlernte Regel innerhalb derselben Sprache fehlerhaft angewendet wird (Übergeneralisierung oder intralinguale Interferenz).

(A) Die schwachen Verben im Deutschen: spielen- spielte- gespielt
(B)Die Übertragung der Regel der schwachen Konjunktion auf die starken Verben: gehen- gehte- gegeht

Wenn die Übertragung der Regel zu keinen Fehlern führt, weil die Regel der Muttersprache und der Zielsprache übereinstimmen, wird vom positiven Transfer gesprochen.

1. 1. 2. Die Identitätshypothese

Diese Hypothese betont die Rolle der angeborenen Prozesse, die der Lerner schon beim Erwerb der Muttersprache einsetzt. Lerner mit unterschiedlichen Muttersprachen und im unterschiedlichen Alter erwerben die Zweitsprache alle auf die gleiche Weise, in gleichen Entwicklungssequnenzen. Fehler der Lernenden gleichen sich sehr stark. Es gibt ein bestimmtes System, wonach die Fehler entstehen. Sie gehören zu den notwendigen Entwicklungsstadien im Lernprozeß.

Der Erwerb der Negation verläuft bei allen Lernern in den gleichen Entwicklungssequenzen:

1. Satzexterne Negation, der Negator steht am Satzanfang:

-nein kaputt, nein spielen Katze

2. Satzinterne Negation, der Negator steht in der Mitte

- ich nicht essen, ich nicht bleibe hier

1. 1. 3. Die Interlanguage- Hypothese

In dieser Hypothese wird angenommen, daß Lerner ein bestimmtes Sprachsystem bilden, interlanguage, Interimsprache oder Lernersprache genannt, um eine Zweitsprache zu erwerben. Die Lernersprache bezeichnet eine Zwischenstufe zwischen Mutterund Zielsprache (Gastarbeiterdeutsch). Sie hat einen vorübergehenden Charakter, erweitert sich ständig und nähert der Zielsprache.

2. Deutsch als Zweitsprache

Der Begriff “Deutsch als Zweitsprache” entstand Mitte der siebziger Jahre, um den spezifischen Spracherwerb von Arbeitsmigranten (Gastarbeitern), Flüchtlingen, Aussiedler, Umsiedler und deren Kindern von dem Erwerb des Deutschen als Mutter- oder Fremdsprache abzugrenzen7. Die Arbeitsmigration seit Beginn der sechziger Jahre (aus solchen Ländern wie: Italien, Spanien und der Türkei), die Flüchtlingsbewegungen seit den siebziger Jahren ( aus Afghanistan, Vietnam, Sri Lanka, Polen, dem Iran und einigen afrikanischen Staaten) und die Aussiedlerpolitik (aus Rußland und ehemaligen russischen Republiken) haben zu dem steigenden Bedarf an Zweitsprachenunterricht Deutsch beigetragen. Der Anteil der ausländischen Wohnbevölkerung in Deutschland beträgt 7,5%.8 Diese Menschen leben in einer Zweisprachigkeitssituation. Die deutsche Sprache wird vorwiegend außerhalb der Familie, in der Schule und im Beruf gesprochen. Im Verwandtenkreis und mit den Freunden aus demselben Herkunftsland wird die Muttersprache bevorzugt.

Es gibt keinen direkten Zusammenhang zwischen Dauer des Aufenthaltes oder sogar Geburt in Deutschland und dem Niveau der Deutschkenntnisse. Es hängt oft von Einstellung der Eltern, wie ihre Kinder sprachlich erzogen werden (eigene Sprachlernerfahrungen, Stärke der religiösen und ethnischen Bindung an dem Herkunftsland und vieles mehr). Die Muttersprache der Kinder, die einer multikulturellen Lebenssituation ausgesetzt sind, spielt eine wichtige Rolle in ihrer psychischen Entwicklung. Nur durch die enge Bindung an die Muttersprache verläuft der Prozess störungsfrei. Nur die Muttersprache ermöglicht die Herausbildung der Identität des Kindes und die Aufnahe und Mitteilung wichtiger Erfahrungen. Sie ist ein gruppen- und familieninternes Kommunikationsmittel, stellt ein starkes Band zum Heimatland dar und ist eine wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Reintegration im Fall der Rückkehr. Die Unterbrechung der sprachlichen Entwicklung der Muttersprache führt zur Störungen der bereits erworbenen Fähigkeiten. Die Erziehung soll in beiden Sprachen stattfinden, weil sie in enger Beziehung zueinander stehen und für das Schulerfolg und die Sozialisationsprozesse notwendig sind.

[...]


1 Digeser, Andreas: Fremdsprachendidaktik und ihre Bezugswissenschaften. Einführung, Darstellung, Kritik, Unterrichtsmodelle, Stuttgart 1988, S. 373

2 Klein, Eberhardt: Zweitsprachenerwerbsforschung, Sprachlehr- und Sprachlernforschung und Fremdsprachenunterricht in: Papiere zur Linguistik, Nr. 37, Tübingen 1987, S. 28

3 Hölscher, Petra, Rabitsch, Erich: Methoden- Baukasten Deutsch als Fremd- und Zweitsprache, Frankfurt am Main 1993, S. 19

4 Henrici, Gert: Studienbuch: Grundlagen für den Unterricht im Fach Deutsch als Fremd- und Zweitsprache, Padeborn 1986, S. 97-100

5 el- Hand

6 okul- Schule

7 Bausch, Karl- Richard: Handbuch Fremdsprachenunterricht, Tübingen 1995, S. 360

8 8 Bausch, Karl- Richard, Christ, Herbert: Handbuch Fremdsprachenunterricht, Tübingen 1989, S. 69

Fin de l'extrait de 27 pages

Résumé des informations

Titre
Methodik und Didaktik des Zweitsprachenunterrichts Deutsch
Université
University of Hannover  (Seminar für deutsche Literatur und Sprachwissenschaft)
Cours
Hauptseminar
Note
1
Auteur
Année
2002
Pages
27
N° de catalogue
V22048
ISBN (ebook)
9783638254908
ISBN (Livre)
9783638717380
Taille d'un fichier
648 KB
Langue
allemand
Mots clés
Methodik, Didaktik, Zweitsprachenunterrichts, Deutsch, Hauptseminar
Citation du texte
Bozena Esskali (Auteur), 2002, Methodik und Didaktik des Zweitsprachenunterrichts Deutsch, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/22048

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