Einleitung
Bildlich dargestellte Gewalt in den Massenmedien ist längst Teil unseres täglichen Lebens und der täglich konsumierten Eindrücke geworden. Der Anblick von physischen Schäden hervorgerufen durch direkte Gewalt bewirkt bei den meisten von uns nur in extremen Ausprägungen starke Emotionen, wie Erschrecken oder mehr als kurzzeitige Betroffenheit. Die Vorstellung, daß die Fülle von Gewaltdarstellungen somit Veränderungen bei den Rezipienten hervorruft, in welcher Form auch immer, liegt also nahe. Oftmals wird in diesem Zusammenhang von Verrohung oder Abstumpfung gesprochen. Laut dem Psychiater und Familientherapeut Horst-Eberhard Richter „ist unsere Gesellschaft emotional derart verroht, daß wir die eigene Brutalität nicht mehr erkennen“.
Gehen wir einen Schritt weiter, wäre zu erforschen, ob ein hohes Maß an Gewaltkonfrontation nicht nur die direkte Reaktion auf dargestellte Gewalt im Moment der Konfrontation beeinflußt, indem sie individuelle Reaktionen abschwächt oder sogar ganz aussetzt, sondern auch nachhaltigen Einfluß auf das Verhalten des Individuums außerhalb der „Konfrontationssituation“ nimmt. Mit anderen Worten würde das heißen, daß der Moment der Konfrontation einen Domino-Effekt auslöst, der andere Bereiche außerhalb des aktiven Medienkonsums, wie Entscheidungen, Entwicklungen und spontane Handlungen des betroffenen Individuums tangiert.
Weiterhin wäre herauszufinden, ob das Individuum jene Manipulation eigener Entscheidungen und Handlungsabläufe bewußt wahrnimmt, und diesen dann gegebenenfalls entgegenwirken kann oder ob es sich um eine weitestgehend versteckte Manipulation handelt, welche der individuellen Kontrolle entsagt.
1992 ereignete sich in Liverpool ein besonders grausamer Fall von Kinderkriminalität, welcher insbesondere von der Öffentlichkeit und einigen Politikern mit der Konsumierung von Mediengewalt begründet wurde.
Die elf-jährigen Jungen Robert Thompson und Jon Venables entführten den zwei-jährigen James Bulgar aus einem Supermarkt, folterten ihn, steinigten ihn und ließen ihn anschließend von einem Zug überfahren. Besonders auffällig erwies sich die Ähnlichkeit des Tatherganges mit dargestellten Gewaltszenen des Horrorvideos „Child´s Play 3“, welches die Kinder offenbar kurz vor ihrer Handlung konsumiert hatten.
Inhaltsverzeichnis
- Vorbemerkung
- 1. Einleitung
- 2. Was ist Gewalt? Wann liegt gewalttätige Handlung vor?
- 3. Die klassischen Ansätze zur Wirkung der Mediengewalt
- 3.1 Immitationsansatz – soziales Lernen
- 3.2 Katharsis-Hypothese
- 3.3 Frustrations-Aggressions-Ansatz
- 3.4 Inhibitionsebene
- 3.5 Theorie der „ängstlichen Weltbilder“
- 4. Ansätze zur Untersuchung medialer Gewalt und die Problematik einer plausiblen Interpretation der Ergebnisse
- 5. Fazit und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit befasst sich mit dem Thema Gewalt im Fernsehen und deren möglichen Auswirkungen auf den Rezipienten. Ziel ist es, einen umfassenden Überblick über die verschiedenen Ansätze und Theorien zur Wirkung von Mediengewalt zu geben und die Problematik einer objektiven Interpretation der Ergebnisse zu beleuchten.
- Definition von Gewalt und die Schwierigkeiten bei der Einordnung von gewalttätigen Handlungen
- Klassische Ansätze zur Wirkung der Mediengewalt, wie der Immitationsansatz, die Katharsis-Hypothese und der Frustrations-Aggressions-Ansatz
- Die Problematik der Interpretation von Studien zur Mediengewalt
- Die Rolle der Quantität des Fernsehkonsums bei der Wirkung von Gewalt
- Die Frage nach der Bewusstheit und Kontrolle von Manipulation durch Mediengewalt
Zusammenfassung der Kapitel
Die Vorbemerkung beleuchtet die kontroverse Debatte um die Wirkung von Gewalt im Fernsehen und die Schwierigkeiten bei der Interpretation von Studien. Die Einleitung führt in das Thema ein und stellt die Relevanz der Forschungsfrage dar. Kapitel 2 definiert den Begriff „Gewalt“ und erörtert die Herausforderungen bei der Einordnung von gewalttätigen Handlungen. Kapitel 3 präsentiert die klassischen Ansätze zur Wirkung von Mediengewalt, wie den Immitationsansatz, die Katharsis-Hypothese und den Frustrations-Aggressions-Ansatz. Die Problematik der Interpretation von Studien zur Mediengewalt wird in Kapitel 4 behandelt.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Themen Gewalt, Medien, Fernsehen, Rezipienten, Mediengewalt, Wirkung, Interpretation, Immitationsansatz, Katharsis-Hypothese, Frustrations-Aggressions-Ansatz, Inhibitionsebene, Theorie der „ängstlichen Weltbilder“. Die Untersuchung befasst sich mit der Frage, wie Gewalt im Fernsehen den Rezipienten beeinflusst und welche Faktoren bei der Interpretation von Studien zur Mediengewalt berücksichtigt werden müssen.
- Arbeit zitieren
- Thomas Sauermann (Autor:in), 2000, Gewalt im Fernsehen und ihre Auswirkungen auf den Rezipienten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/2219