Die einfachste Definition des Interviews enthält lediglich zwei Faktoren: Zum einen besteht
es zum größten Teil aus Fragen und Antworten. Zum Zweiten sind die Rollen der
Teilnehmer klar definiert: Der Interviewer stellt die Fragen, der Befragte beantwortet sie.1
Ummantelt wird dieser Frage – Antwort – Prozess durch die soziale Situation des Interviews,
die bei der Untersuchung von Verzerrungen im Interview allgemein auch eine
wichtige Rolle spielt. Primäres Ziel des Forschungsinterviews ist es, „Verhalten und Bewußtsein
der untersuchten Subjekte ausschließlich in seinem gegebenen Zustandt [zu] erfassen
und verändernde Einflüsse im Untersuchungsprozess möglichst [auszuschalten].“2
Das standardisierte Forschungsinterview muss, um ein solches zu sein, weitere Kriterien
erfüllen: das Kriterium der wissenschaftlichen Zielsetzung, welches die Abgrenzung gegenüber
anderen Interviewarten erlaubt, das Kriterium der Planmäßigkeit des Vorgehens
und das Kriterium des implizierten Stimulus-Reaktions-Modells.
Die Planmäßigkeit des Vorgehens bedingt den Grad der Strukturierung des Informationsaustausches
und damit die Verhaltenseinschränkungen auf Seiten des Interviewers. Der
Grad der Strukturierung hängt von den Bedingungen des zu erforschenden Gebietes ab. So
sollen Vergleichbarkeit und intersubjektive Kontrolle sichergestellt werden.
Auf die Frage, den Stimulus, reagiert der Befragte indem er eine Antwort gibt. Um diese
Antworten zu zählen und anschließend Rückschlüsse aus ihnen ziehen zu können, muss
gewährleistet sein, dass die verschiedenen Befragten auf denselben Stimulus reagieren.
Auf Probleme, die dieses Kriterium mit sich bringt, werde ich später, unter der Rolle des
Interviewers, noch explizit eingehen.3
1 vgl. Fowler, Floyd J. Jr.; Mangione, Thomas W., 1990, S. 11
2 Berger, Hartwig, 1974, S. 32
3 vgl. Atteslander, Peter; Kneubühler, Hans-Ulrich, 1975, S. 17ff
Inhaltsverzeichnis
- Das standardisierte Interview
- Definition
- Verzerrungen im Interview
- Verzerrungen durch den Interviewer
- Die Rolle des Interviewers
- Der Interviewstil
- Abweichendes Verhalten
- Vorlesen der Fragen
- Notieren der Antworten
- „Nachhaken\" (Probing)
- Einstellungen und Erwartungshaltungen
- Neutrales Verhalten
- Charakteristiken des Interviewers
- Kritik an interviewerzentrierten Ansätzen und Alternativen dazu
- Soziale Erwünschtheit
- Normensyndrome
- Interaktionszentrierte Ansätze
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit befasst sich mit Verzerrungen im standardisierten Forschungsinterview. Sie analysiert, wie die Rolle des Interviewers und sein Verhalten den Interviewprozess beeinflussen können. Die Arbeit untersucht die Auswirkungen verschiedener Faktoren auf die Validität und Zuverlässigkeit der gewonnenen Daten.
- Die Rolle des Interviewers und die Einhaltung der Standardisierung
- Die Bedeutung des Interviewstils und die Einhaltung von Etikette- und Interaktionsregeln
- Die Auswirkungen von Abweichungen im Interviewverhalten auf die Datenqualität
- Die Kritik an interviewerzentrierten Ansätzen und die Diskussion von Alternativen
- Die Bedeutung der Interaktionsdynamik zwischen Interviewer und Befragtem
Zusammenfassung der Kapitel
Das standardisierte Interview
Dieses Kapitel definiert das standardisierte Interview und beschreibt seine charakteristischen Merkmale. Es werden die Kriterien wissenschaftlicher Zielsetzung, Planmäßigkeit und impliziertes Stimulus-Reaktions-Modell erläutert. Zudem wird der Begriff "Verzerrungen im Interview" eingeführt und die verschiedenen Faktoren diskutiert, die zu Verzerrungen führen können.
Verzerrungen durch den Interviewer
Dieses Kapitel fokussiert auf die Rolle des Interviewers als Quelle von Verzerrungen im Interviewprozess. Es wird die Bedeutung der Einhaltung von Standardisierungsrichtlinien und die Notwendigkeit eines neutralen Verhaltens hervorgehoben. Die Arbeit analysiert, wie der Interviewer durch sein Verhalten, seinen Interviewstil und seine Einstellungen die Antworten des Befragten beeinflussen kann.
Kritik an interviewerzentrierten Ansätzen und Alternativen dazu
Dieses Kapitel beleuchtet die Kritik an interviewerzentrierten Ansätzen, die die Verzerrungspotenziale der Interviewersituation hervorhebt. Es werden die Konzepte der sozialen Erwünschtheit und Normensyndrome als wichtige Einflussfaktoren auf die Interviewergebnisse diskutiert. Schließlich werden interaktionszentrierte Ansätze als alternative Methoden vorgestellt, die die Interaktionsdynamik zwischen Interviewer und Befragtem stärker berücksichtigen.
Schlüsselwörter
Standardisiertes Forschungsinterview, Verzerrungen, Interviewerrolle, Interviewstil, Standardisierung, Interaktion, Reaktivität, Soziale Erwünschtheit, Normensyndrome, Interaktionszentrierte Ansätze.
- Citar trabajo
- Anja Wieben (Autor), 2003, Verzerrungen im standardisierten Forschungsinterview - Interviewerzentrierte Ansätze, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/22456