Spätestens mit der Veröffentlichung seines ungewöhnlichen Prosawerkes Frost im Mai 1963 gilt Thomas Bernhard „ als eine der größten literarischen Begabungen der deutschsprachigen Literatur“ 1 . Doch zugleich ist Thomas Bernhard auch einer der streitbarsten und umstrittensten Schriftsteller unserer Zeit. Sein nur fünf Jahre nach Frost entstandenes Werk An der Baumgrenze, erschienen 1969 in dem Band Erzählungen, bildet den Mittelpunkt dieser Hausarbeit. In dem protokollarisch geschriebenen Text wird ein „ Gesetzesbruch“ suggeriert. Durch zahlreiche intertextuelle Verweise wird der Leser auf eine verbotene Geschwisterliebe hingewiesen, ohne jedoch jemals völlige Klarheit darüber zu erhalten. Vielmehr wird das Herausgefundene nur oberflächlich geschildert und weist bei näherer Betrachtung doch starke Ungereimtheiten auf. Dennoch ist der Spürsinn des Lesers auf der Suche nach Beweisen, um den Verdacht zu erhärten, die ganze Zeit gefordert.
In dieser Ausarbeitung soll vor allem die Frage der verschiedenartigen Gegensätze in dem Text behandelt werden. Diese Gegensätze innerhalb des Textes, und die offensichtlichen Widersprüche die dadurch erzeugt werden, spielen eine zentrale Rolle. Denn gerade sie machen die Löchrigkeit des vermeintlichen Berichts deutlich. Somit lassen sie den Erzähler zunehmend unglaubwürdig erscheinen und konfrontieren den Leser mit weiteren Fragen, die aber aufgrund der Oberflächlichkeit unbeantwortet bleiben müssen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Autobiographische Momente im Text
- Der Begriff Heimat
- Suggestion von Exaktheit
- Der Brief an die Verlobte
- Die Rede des Geschwisterpaares
- Krankheit
- Mutmaßungen und Bewertungen beim Beobachten
- Die Grenze im Allgemeinen
- Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit befasst sich mit Thomas Bernhards Werk „An der Baumgrenze“ und untersucht insbesondere die im Text präsenten Gegensätze und Widersprüche. Ziel ist es, die Bedeutung dieser Gegensätze für das Verständnis des Textes und die Glaubwürdigkeit des Erzählers zu analysieren.
- Autobiographische Einflüsse in der Erzählung
- Der Begriff „Heimat“ und dessen Ambivalenz
- Die Rolle von Krankheit und Tod im Text
- Die Konstruktion von Wahrheit und die Frage der Glaubwürdigkeit
- Der Spannungsbogen zwischen Nähe und Distanz
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Werk „An der Baumgrenze“ ein und stellt die zentralen Themen des Textes vor. Im Anschluss werden autobiographische Momente im Text beleuchtet, die durch Parallelen zu Bernhards eigenem Leben deutlich werden.
Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Analyse des Begriffs „Heimat“ und dessen Ambivalenz im Werk. Der Abschnitt über die „Suggestion von Exaktheit“ beleuchtet, wie der Text durch protokollarische Schreibweise eine scheinbare Objektivität erzeugt, die jedoch durch die im Text präsenten Widersprüche brüchig wird.
Des Weiteren werden die Rede des Geschwisterpaares und die Krankheit als wichtige Elemente der Erzählung behandelt. Der Text zeigt, wie Mutmaßungen und Bewertungen im Prozess des Beobachten den Leser an der Konstruktion der „Wahrheit“ beteiligen, jedoch gleichzeitig Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Erzählers aufkommen lassen.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter des Textes sind: Autobiographie, „Heimat“, Krankheit, Tod, Wahrheit, Glaubwürdigkeit, Widersprüche, Gegensätze, Beobachtung, Erzählperspektive, Protokoll, Intertextualität, „An der Baumgrenze“, Thomas Bernhard.
- Quote paper
- Timo Mauelshagen (Author), 2003, Gegensätze und Widersprüche in Thomas Bernhards Werk 'An der Baumgrenze', Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/22524