Entwicklung eines nachhaltigen Lebensmodells für ältere Menschen im Gemeinwesen


Diploma Thesis, 2003

145 Pages, Grade: 1


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Altern in der Gesellschaft
1.1. Demographische Entwicklung
1.1.1. Dreifaches Altern
1.1.2. Von der Pyramide zum Pilz
1.2. Altersbilder
1.3. Alter, Krankheit und Pflegebedürftigkeit
1.4. Ökonomische Situation älterer Menschen
1.5. Soziale Netzwerke
1.6. Strukturwandel des Alters
1.6.1. Konzepte des Altersstrukturwandels
1.6.1.1. Verjüngung und Entberuflichung des Alters
1.6.1.2. Feminisierung des Alters
1.6.1.3. Singularisierung im Alter
1.6.1.4. Hochaltrigkeit
1.6.2. Soziale Ungleichheit
1.6.3. Einführung der Pflegeversicherung
1.6.4. Generationenvertrag

2. Elemente einer nachhaltigen Sozialpolitik im Kontext der alternden Gesellschaft
2.1. Sozialstaat im Wandel
2.1.1. Krise des Sozialstaats
2.2. Leitlinien für eine nachhaltige Sozialpolitik mit und für ältere Menschen
2.2.1. Partizipatorische Entscheidungsdiskurse
2.2.2. Gerechter Austausch
2.2.3. Marktbegrenzung
2.2.4. Solidarität
2.2.5. Ethik des Alterns
2.3. Lebensbereiche älterer Menschen
2.3.1. Gesundheit
2.3.2. Bildung und Kultur
2.3.3. Wohnstrukturen
2.3.4. Soziale Netzwerke

3. Neue Ansätze Sozialer Arbeit mit älteren Menschen
3.1. Empowerment als professionelle Grundhaltung
3.1.1. Der Defizitblickwinkel in der Sozialen Arbeit
3.1.2. Die Philosophie der Menschenstärken
3.2. Systemische Soziale Arbeit
3.3. Gemeinwesenarbeit mit älteren Menschen
3.3.1. Sozialräumliche Orientierung
3.3.2. Methodenintegration
3.4. Koordination, Kooperation und Vernetzung als professionelles Arbeitsprinzip
3.4.1. Begriffsklärung von Koordination, Kooperation und Vernetzung
3.4.2. Care- und Case Management
3.4.3. Leitstelle „Älter werden in Augsburg“
3.4.4. „Netzwerk im Alter" Berlin Pankow - Prenzlauer Berg - Weißensee
3.4.5. Die Düsseldorfer Netzwerkstatt
3.4.6. Prinzipien der Netzwerkarbeit
3.5. Soziale Arbeit und bürgerschaftliches Engagement
3.6. Lokale Ökonomie und Gemeinwesenökonomie
3.7. Neuverortung des Sozialen im intermediären Bereich
3.7.1. Intermediärer Sektor
3.7.1.1. Notwendigkeit eines eigenständigen solidarökonomischen Sektors

4. Ansätze zur eigenständigen zivilgesellschaftlichen Organisation sozialer Sicherung
4.1. Bürgerschaftliches Engagement
4.2. Genossenschaftliche Selbsthilfe als Organisationsform der Gemeinwesenökonomie
4.3. Genossenschaftliche Selbsthilfe zur Organisation von Hilfe auf Gegenseitigkeit im Gemeinwesen
4.3.1. Kriterien von gemeinwirtschaftlichen Genossenschaften
4.3.2. Organisationsstrukturen einer Genossenschaft zur Förderung der Hilfe auf Gegenseitigkeit
4.3.2.1. Kommunikative Strukturen
4.3.2.2. Die Genossenschaft als lernende Organisation
4.3.3. Mögliche Leistungsbereiche einer Genossenschaft zur Förderung der Hilfe auf Gegenseitigkeit
4.3.3.1. Ambulante Dienstleistung als Profitcenter der Genossenschaft
4.4. Exkurs: „Zeitdepot“ als Komplementärwährung zur Förderung der Hilfe auf Gegenseitigkeit
4.4.1. Entstehung der „neuen“ Komplementärwährungen
4.4.2. Funktionsweise der Komplementärwährungssysteme
4.4.3. Beispielhafte Zeitdepotsysteme zur Förderung von Hilfeleistungen im Gemeinwesen
4.4.3.1. Time Dollars
4.4.3.2. Seniorengenossenschaften
4.4.3.3. Fureai-Kippu System
4.4.4. Funktionen einer Komplementärwährung in Form von Zeittausch und Zeitdepot
4.4.4.1. Förderung der Solidarität
4.4.4.2. Förderung von Reziprozität
4.4.4.3. Ansparfunktion
4.4.5. Probleme und Erfahrungen mit Zeitdepots
4.5. Organisation eines Zeitdepots durch die Genossenschaft
4.6. Vernetzung, Koordination und Öffentlichkeitsarbeit
4.7. Ziele einer Genossenschaft zur Förderung der Hilfe auf Gegenseitigkeit
4.8. Genossenschaftliche Selbsthilfe und professionelle Soziale Arbeit
4.9. Einige Worte zu Förderung und Finanzierung

Zusammenfassung und Ausblick

Quellenangaben

Einleitung

Es ist ungewiss, wie die zunehmende Zahl älterer Menschen, bei gleichzeitig abnehmender Zahl jüngerer Menschen, gute Lebensbedingungen im Alter haben können. So wird zwar über eine nachhaltige Reform der sozialen Sicherung diskutiert (Rürup-Kommission), aber alleine die Maßnahmen am System der Gesundheits-, Pflege-, und Rentenversicherung werden nicht ausreichen um nachhaltige Lebensmodelle im Alter zu gewährleisten. In einem Artikel im Focus 32/2003 wird dies immerhin klar erörtert und auf die Notwendigkeit des Umdenkens hingewiesen. Es werden Beispiele für eigenständige zivilgesellschaftliche Formen der sozialen Sicherung, wie gemeinschaftliches Wohnen und die Seniorengenossenschaften aufgeführt (Focus Nr. 32/2003).

Die Problematik der wachsenden Altersgruppe und verschiedene Lösungsansätze sind mir auch in meiner persönlichen Biographie auf verschiedenen Ebenen begegnet. Durch meine Arbeit in einem ambulanten Dienst habe ich Möglichkeiten der ganzheitlichen Pflege durch das ressourcenorientierte Handlungskonzept der „Kinästhetik“ kennen gelernt. Ebenso hat sich hier die Wichtigkeit der eigenen Wohnung für ältere Menschen gezeigt. In der ambulanten Pflege steht es auch außer Frage, dass die Wohnung die Privatsphäre der älteren Menschen ist und dementsprechend geachtet werden muss. In der stationären Pflege setzt sich die Notwendigkeit der Achtung der Privatsphäre der BewohnerInnen nur langsam durch. Im Praktikum bei der Heimleitung eines Altenheims hatte ich die Gelegenheit, mich näher mit Personalentwicklung zu beschäftigen. Ich bin der Ansicht, dass diese daran ausgerichtet sein sollte, die Kinästhetik in den Pflegealltag zu integrieren. So kann die Qualität der Pflege durch eine bewohnerInnenorientiertere Kommunikation verbessert werden. Durch diese Erfahrungen wurde aber auch klar, dass organisationsinterne Verbesserungen nicht ausreichen und die ambulante und stationäre Pflege in das Gemeinwesen integriert werden müssen. Auch die Arbeit des ambulanten Dienstes im örtlichen Arbeitskreis für ältere Menschen, zur Verbesserung der Kooperation und Vernetzung kommt schnell an Grenzen. Im Vordergrund für die Träger der ambulanten und stationären Pflege steht hier die Öffentlichkeitsarbeit und der eigene Vorteil und nicht so sehr bedarfsorientiertes Arbeiten. Dies steht in direktem Zusammenhang mit der gängigen „Marktökonomie“, die auch zunehmend in der Sozialen Arbeit Einzug hält. Wichtig ist mir ein ganzheitlicher ökonomischer Lösungsansatz, einer Ökonomie, die in die Lebenswelt eingebettet ist und somit auch das Leben und die Betreuung älterer Menschen mit einbezogen wird. Auf der Basis eines gemeinwesenorientierten ökonomischen Verständnisses könnte die Zivilgesellschaft solidarische Lebensentwürfe als nachhaltige Lebensmodelle im Gemeinwesen entwickeln.

Zum Aufbau dieser Arbeit:

Im ersten Teil der Arbeit geht es um die Darstellung der Lebenssituation älterer Menschen und ihres Umfeldes. Anhand der Prognose der künftigen Bevölkerungsentwicklung zeigt sich, dass das zahlenmäßige Verhältnis der jüngeren zur älteren Generation drastisch zugunsten der Anzahl älterer Menschen ändern wird. Dieser demographische Wandel geht einher mit einem gesellschaftlichen und familiären Wandel. Die familiäre Unterstützung im Alter macht zwar nach wie vor einen Grossteil der Unterstützung aus, jedoch ist hier aufgrund des gesellschaftlichen und demographischen Wandels mit einer Abnahme zu rechnen. Hier stellt sich nun die Frage, wie trotz dieser Entwicklungen weiterhin ein selbstbestimmtes Leben im Alter möglich sein kann? Die Antwort hängt davon ab, inwieweit die Gesellschaft der eb­en­­­­falls vorhandenen Erosion von Solidarität entgegenwirkt.

Im zweiten Kapitel sollen zunächst Ursachen für den Abbau des Sozialstaats aufgezeigt werden. Etwaige Rechtfertigungen der Notwendigkeit der Verlagerung sozialer Risiken ins Private mit der demographischen Entwicklung sollen hierdurch widerlegt werden. Der Sozialstaatsabbau führt zu einer Exklusion eines wachsenden Teils der erwerbsfähigen Bevölkerung aus dem Arbeitsmarkt, was die Gefahr der Entsolidarisierung der Gesellschaft mit sich bringt. Um gerechte Austauschstrukturen zwischen Staat, Wirtschaft und BürgerInnen zu ermöglichen, bedarf es einer Orientierung an Leitlinien zur Sozialpolitik, die ich aus verschiedenen theoretischen Ansätzen zusammengestellt habe. Diese Leitlinien können beispielhaft auf die Lebensbereich Gesundheit, Bildung und Kultur, Wohnstrukturen und soziale Netzwerke angewandt werden. Ziel ist eine stärkere Partizipation der Zivilgesellschaft an der Ausgestaltung und Entwicklung gesellschaftlicher Lebensbereiche auf der Basis einer erstarkenden Zivilgesellschaft.

Im dritten Teil der Arbeit wird die Rolle der Sozialen Arbeit[1] mit älteren Menschen in diesem gesellschaftlichen Entwicklungsprozess näher beleuchtet. Grundlage ist die professionelle Grundhaltung des Empowerments und die systemische Sichtweise. Darauf aufbauend soll mit dem Arbeitsprinzip der Gemeinwesenarbeit deutlich gemacht werden, dass Altern alle Generationen im Gemeinwesen betrifft. Diese gemeinwesenorientierte Arbeit mit älteren Menschen ist im intermediären Bereich verortet. Hier geht es auch um ein symmetrisches Zusammenspiel von Sozialer Arbeit mit bürgerschaftlichem Engagement. Dies soll zu einer gleichberechtigten Zusammenarbeit zwischen Professionellen und bürgerschaftlich Engagierten führen, um gemeinsame Problemlösungen in einem eigenständigen intermediären Sektor zu entwickeln.

Im vierten Teil der Arbeit wird die Möglichkeit der genossenschaftlichen Selbsthilfe zur Entwicklung eigenständiger zivilgesellschaftlicher Formen sozialer Sicherung dargestellt. Diese stehen in direktem Zusammenhang mit bürgerschaftlichem Engagement. Es geht darum, dass die BürgerInnen sich nach dem Prinzip der Hilfe auf Gegenseitigkeit selbst organisieren.

In einem Exkurs zu Komplementärwährungen in Form von Zeitdepots sollen die Erfahrungen mit verschiedenen Systemen vorgestellt werden. Ein besonderer Schwerpunkt liegt hier auf dem japanischen Fureai-Kippu System. Dieses wird in Japan zunehmend von einer breiten Bevölkerungsgruppe angenommen und ergänzt zusehends die Pflegeversicherung. Diese eigenständige Form zivilgesellschaftlicher sozialer Sicherung fördert das solidarische Wirtschaften in der Gemeinwesenökonomie. Da Komplementärwährungen soziales Kapital und Solidarität fördern können, folgt auf Grundlage dieser Informationen der Vorschlag, wie eine Genossenschaft auch ein solches Zeitdepot organisieren kann. Ein Vorbild gibt es in dem Modell der Seniorengenossenschaften in Baden-Württemberg. An dieser Stelle möchte ich auf die Möglichkeit der Verbindung der Hilfe auf Gegenseitigkeit mit der professionellen Hilfe hinweisen, indem die Genossenschaft als Profitcenter einen ambulanten Dienst betreibt. Hierdurch sind Synergien durch die direkte organisationsinterne Verzahnung der formellen mit der informellen Hilfe möglich.

Die Zivilgesellschaft entwickelt eigenständige nachhaltige Lebensmodelle mit und für ältere Menschen im Gemeinwesen. Lebensmodelle deshalb, weil jedes Gemeinwesen die Lösungsansätze für seine örtlichen Notwendigkeiten entwickeln muss. Diese Modelle können für andere lediglich Vorbilder sein. Die Rolle der Sozialen Arbeit ist, diese eigenständigen zivilgesellschaftlichen Formen sozialer Sicherung aktiv und professionell unterstützend zu begleiten.

1 Altern in der Gesellschaft

Altern ist kein einheitlicher Prozess, sondern es gibt eine große Vielfalt intraindividueller und interindividueller Unterschiede in den Altersprozessen. Diese werden in starkem Maße von den davor liegenden Lebensphasen und biographischen Ereignissen geprägt. Aufgrund der demographischen Entwicklung und der zunehmenden Verlagerung sozialer Sicherung ins Private, besteht die Gefahr, dass sich die Lebenslagen älterer Menschen verschlechtern. Eine zunehmende Zahl älterer Menschen könnte an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden. Die Auslese könnte mittels einer Einteilung der älteren Menschen in „Produktive“ und „nicht Produktive“ stattfinden. Das heißt produktive Ältere, die entweder die nötigen finanziellen oder auch gesundheitlichen Ressourcen haben, sind in die Gesellschaft integriert und die Kranken und Hilfsbedürftigen mit mangelnden finanziellen Ressourcen werden ausgeschlossen. Die Problematik der Hilfeleistung wird zunehmend in die Familie verlagert und zum Großteil von den Frauen geleistet. Aufgrund der Zunahme hilfsbedürftiger älterer Menschen bei gleichzeitiger Abnahme jüngerer Menschen, dem strukturellen und sozialen Wandel, kommt es zu vielschichtigen Problemen in der Gesellschaft. Diese steht vor einer völlig neuen Aufgabe, was Konrad Hummel folgendermaßen auf den Punkt bringt: „Kein ... Gemeinwesen musste bisher diese Bevölkerungszusammensetzung, diese Freisetzung vom Erwerbsleben, diese Fortdauer bei Pflegebedürftigkeit und diesen Einstellungswandel bewältigen“ (Hummel; 1991; S. 130).

1.1. Demographische Entwicklung

Die Lebenssituation zukünftiger Altengenerationen ist abhängig von der demographischen Entwicklung. Diese Vorausberechungen beruhen auf unterschiedlichen Annahmen: der Fertilität (Geburtenrate), der Mortalität (Sterberate) und der Migration (Zu- und Abwanderung). Die Bevölkerungsvorausberechnung variiert, in Folge der jeweiligen Annahmen dieser Prozesse (Kruse; 2001; S. 25ff; Tews; 1999; S. 144). Die folgenden Ausführungen beruhen auf der 10. Bevölkerungsvorausberechnungen des Statistischen Bundesamtes. Diese gehen von der Annahme einer Geburtenziffer von durchschnittlich 1,4 Kindern pro Frau aus (Statistisches Bundesamt; 2003; S. 10). Bei den deutschen Staatsangehörigen ist je 1000 Einwohner die Zahl der Lebendgeborenen von 10 im Jahre 1991 auf 9 im Jahre 2000 zurückgegangen. Innerhalb diesen Zeitraumes hat sich ein Geburtendefizit von 1,7 Mio. ergeben (Deutscher Bundestag; 2002; S. 18). Die derzeitige Geburtenziffer beträgt durchschnittlich 1,4 Kinder pro Frau in den alten Bundesländern und 1,2 Kinder pro Frau in den neuen Bundesländern. „Um die gegenwärtige Bevölkerungszahl zu erhalten, müssten im Durchschnitt pro Elternpaar etwas mehr als 2 Kinder geboren werden (zusammengefasste Geburtenziffer von 2,1 pro Frau)“ (Statistisches Bundesamt; 20003; S. 10).

Zur Entwicklung der Lebenserwartung wurden drei unterschiedliche Annahmen der Lebenserwartung angenommen (Statistisches Bundesamt; 20003; S. 19). Die durchschnittliche Lebenserwartung lag laut der Sterbetafel des Jahres 1998/2000 bei den Frauen bei 80,82 Jahren, bei den Männern bei 74,78 Jahren (GeroStat[2] ). Laut der Sterbetafel von 1901/1910 lag diese bei den Frauen noch bei 48,33 Jahren, bei den Männern bei 44,82 Jahren (GeroStat).

Bei der Migration ist „für die künftige Bevölkerungszahl und die Altersstruktur ... der Wanderungssaldo, d.h. die Differenz zwischen Zu- und Fortzügen, ausschlaggebend“ (Statistisches Bundesamt; 20003; S. 20). Bei diesem wurden ebenfalls drei Varianten angenommen (Statistisches Bundesamt; 20003; S. 22f). In den vergangenen fünfzig Jahren war der Wanderungssaldo vorwiegend positiv und betrug im Jahresdurchschnitt 200.000 (Statistisches Bundesamt; 20003; S. 22). So wird auch bei der mittleren Variante mit einem Wanderungsgewinn von 200.000 Personen ausgegangen. Es wird mit einem Verjüngungseffekt gerechnet, da die zuziehenden Personen im Durchschnitt jünger als die Fortziehenden sind (Statistisches Bundesamt; 20003; S. 22). Diese Zuwanderung kann die Abnahme der Bevölkerungszahl und die Alterung der Gesellschaft langfristig nicht aufhalten, sondern nur verlangsamen (Statistisches Bundesamt; 20003; S. 34)

Die bei den Berechnungen angenommene Variante 5, ist die mittlere Variante mit mittlerer Wanderungsannahme und mittlerer Lebenserwartungsannahme (Statistisches Bundesamt; 20003; S. 31).

1.1.1. Dreifaches Altern

Anhand dieser Bevölkerungsvorausberechnung zeigt sich, dass unsere Gesellschaft in dreifacher Hinsicht altert, das heißt erstens absolut in der Gesamtzahl der älteren Menschen, zweitens relativ im Verhältnis der Generationen untereinander, drittens strukturell durch ein höheres Durchschnittsalter und deutlich steigende Hochaltrigkeit (Tews; 1999; S. 138).

1. Die absolute Zahl älterer Menschen steigt stetig an. In Deutschland lebten 1900 7,8% über 60-Jährige (Tews; 1999; S. 138), 2001 waren es 24,1 % und laut der 10. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung werden es laut Variante 5 im Jahre 2050 - 36,7 % sein (Statistisches Bundesamt; 2003; S. 31).

2. Relativ im Verhältnis zu den Jüngeren wächst ebenfalls der Anteil der älteren Menschen. Das Verhältnis der über 60-Jährigen zu den im Erwerbsalter befindlichen wird als Altenquotient, das entsprechende Verhältnis der unter 20-Jährigen als Jugendquotient und die Summe aus beiden wird als Lastenquotient bezeichnet (Tews; 1999; S. 139). Wiederum laut Variante 5 des Statistischen Bundesamtes wird sich der Altenquotient von 44 im Jahre 2001 auf 71 im Jahre 2030 „ emporschnellen und bis 2050 weiter bis auf 78 steigen“ (Statistisches Bundesamt; 2003; S. 31). Das bedeutet auf 100 Personen im Erwerbsalter kommen 78 Personen im Rentenalter, welches derzeit durchschnittlich mit 60 Jahren beginnt (Statistisches Bundesamt; 2003; S. 31). Ein durchschnittliches Renteneinzugsalter mit 65 Jahren ergibt für 2050 nach Variante 5 einen deutlich geringeren Altenquotienten von 55. „Eine weitere Erhöhung auf 67 Jahre[3] würde zu einer weiteren Absenkung des Altenquotienten auf 47 führen (Statistisches Bundesamt; 2003; S. 33).

3. Die Zahl der Hochaltrigen nimmt zu, auch wenn dies eine willkürlich gesetzte Grenze ist. Früher wurden bereits die über 75-Jährigen als hochaltrig bezeichnet, heute wird im Allgemeinen erst bei über 80-Jährigen von Hochaltrigen gesprochen (Tews; 1999; S. 140f). Laut GeroStat gab es im Jahre 2000 von 19.412,174 über 60-Jährige: 84,1% im Alter zwischen 60 und 80 Jahren und 15,9% über 80 Jahre (GeroStat; eigene Berechnungen). Somit zählten bei den Älteren mehr als 3/4 zu den „jungen“ Alten und weniger als 1/4 gehörten zu den Hochaltrigen. Der steigende Anteil Hochaltriger zeigt sich ebenfalls an der Zunahme der 100-Jährigen. Im früheren Bundesgebiet stieg deren Zahl von 158 im Jahre 1996, auf 2501 im Jahre 1998. Im gesamten Bundesgebiet feierten im Jahre 1998 2.948 Personen ihren 100. Geburtstag, davon 2.583 Frauen. Das entspricht einem Frauenanteil von 87,62% (BMFSFJ; 2002; S. 57).

1.1.2. Von der Pyramide zum Pilz

Die nun folgende Grafik verdeutlicht, dass man im Jahre 1910 noch von einer Bevölkerungspyramide reden konnte. Nach dem zweiten Weltkrieg hatte diese Pyramide Kerben, so dass eher von einer „zersausten Wettertanne“ die Rede sein kann. In den folgenden Jahren wird sich dieser Tannenbaum zunehmend zu einem Pilz entwickeln. Das bedeutet die ideale Vorstellung von einer Bevölkerungspyramide, in der die Stärke der Jährgänge von unten nach oben abnimmt (Statistisches Bundesamt; 2003; S. 28), wird sozusagen auf den Kopf gestellt, indem sich die stärksten Jahrgänge langsam nach oben entwickeln und nur noch schwächere Jahrgänge nachrücken.

Schaubild: Altersaufbau der Bevölkerung in Deutschland

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Statistisches Bundesamt; 2003; S. 30

1.2. Altersbilder

Im generalisierten Altersbild dominieren Beschreibungen wie „Passivität“, „Unselbständigkeit“, „Starrsinn“, „Krankheit“ und „Gebrechlichkeit“. Nur im selbstbezogenen Altersbild wird das Altern eher mit positiven Aspekten wie „Ruhe“ und „Kontakte pflegen“ assoziiert (Niederfranke u.a.; 1999; S. 32). Dies zeigt, dass das öffentliche Altersbild eher negativ besetzt ist und es sogenannte Altersstereotype gibt, die alten Menschen bestimmte Eigenschaften und Verhaltensweisen zuschreiben (Niederfranke u.a.; 1999; S. 27). Dies wird gefördert durch die Altersbilder, die in den Medien vermittelt werden. Hier wird eher von den Problemen des Alters gesprochen. Es geht um Altenlast, Rentenlast und Pflegelast. In den Medien werden selten Bilder von älteren Menschen gezeigt, die ein positives Bild von Altern vermitteln (vgl. Niederfranke u.a.; 1999; S. 35ff). Bei dem Anteil der Älteren in der Werbung geht es um die Akquirierung der Kaufkraft der „jungen“ Alten und nicht um ein positives Bild des Alterns (Tews; 1995; S. 81ff). Somit besteht die Gefahr, dass durch diesen einseitigen defizitären Blickwinkel eine Diskriminierung der älteren Generation stattfindet. Diese negative Polarisierung wird noch verstärkt durch das Bild der „alten Frau“. Der „alte Mann“ wird insgesamt positiver gesehen (Niederfranke u.a.; 1999; S. 43ff). Die ersten theoretischen gerontologischen Modelle des Alterns förderten dieses negative Bild. Durch diese Defizitmodelle wurde das Altern generell als ein mit Einbußen und Verlusten verbundener Prozess gesehen. Die in den ersten Jahrzehnten des letzten Jahrhunderts entwickelten Defizitmodelle wurden mit der Zeit durch differenziertere Modelle abgelöst (Kruse/Lehr; 1999; S. 210ff). Aus einer neueren Studie geht hervor, dass sich langsam auch eine differenzierte Sichtweise von dem Altern in der Gesellschaft durchzusetzen scheint (Kruse; 2001; S. 42ff, vgl. unten). Gleichzeitig gibt es nach wie vor eine Diskriminierung der älteren Menschen. Dies zeigt sich an dem Beispiel, dass trotz steigender Lebenserwartung, mit zunehmendem Alter schlechtere Chancen am Arbeitsmarkt bestehen. Dies weist auf die noch immer bestehende Gefahr eines „Ageism“ hin. Dieser Begriff wurde 1969 von Robert Butler gebildet und bezeichnet die Diskriminierung älterer Menschen, because they are old, just as racism and sexism accomplish this for skin colour and gender“. (Butler 1969 zit. nach Davis; 2002).

Die Meinungen darüber, ob es ein negatives Altersbild in der Gesellschaft gibt, sind unterschiedlich. In der Presse wird das Bild der Älteren schwerpunktmäßig einseitig auf betreuungsbedürftige, kranke ältere Menschen bezogen. Diese generell negative Ansicht wird allerdings von Annette Niederfranke, Reinhard Schmitz-Scherzer und Sigrun-Heide Filipp nicht geteilt (Niederfranke u.a.; 1999; S. 40ff). Auch wenn nicht von einem generellen Ageism ausgegangen werden kann, so ist die Gefahr trotzdem gegeben, auch wenn die „aktiven Alten“ vermehrt wahrgenommen werden (Niederfranke u.a.; 1999; S. 40). Es besteht die Gefahr, dass sich Ageism zunehmend auf die „nicht aktiven Älteren“ bezieht. Darüber hinaus wird Altersdiskriminierung in Deutschland nicht strafrechtlich verfolgt und es gibt keinen besonderen Schutz davor (vgl.: Büro gegen Altersdiskriminierung e.V.; Altersdiskriminierung und Justiz). Beim Beschwerdetag zur Altersdiskriminierung kamen die meisten Beschwerden zu den Bereichen Arbeit, Arbeitslosigkeit, Umschulung etc (vgl.: Büro gegen Altersdiskriminierung e.V.; Beschwerdetag). Im Rahmen der „Eurobarometer-Erhebung über die „Diskriminierung in Europa““ (Europäische Kommission; 2003; S. 3) wurde das Alter, noch vor der ethnischen Herkunft, als häufigster Diskriminierungsgrund genannt[4] (Europäische Kommission; 2003; S. 7).

Andreas Kruse berichtet von einer neueren Studie, bei der die Ergebnisse deutlich machen würden, dass bei den 45- bis 75-Jährigen, eine differenzierte Sicht des Alters gegenüber einer rein positiven oder negativen Sicht des Alters überwiegt. Allerdings haben an dieser Studie keine Altersgruppen unter 45 Jahren teilgenommen. Andreas Kruse leitet daraus eine sich in der Gesellschaft durchsetzende differenzierte Sicht des Alterns ab (Kruse; 2001; S. 42ff). Die gesellschaftlich generalisierten Altersbilder beeinflussen auch die individuellen Altersbilder (Niederfranke u.a.; 1999; S. 44ff). Laut einer Studie der Yale Universität hat eine positive Selbstwahrnehmung einen positiven Einfluss auf die Lebenserwartung (Levy u.a.; 2002; 261ff). Somit kann davon ausgegangen werden, dass ein positiver gesellschaftlicher Umgang mit dem Alter, auch einen positiven Einfluss auf die Lebenserwartung und die Lebensqualität älterer Menschen hat.

Weiterhin möchte ich auf die Tatsache hinweisen, dass in unserer Gesellschaft die Jugendlichkeit idealisiert wird, und eine Angst vor dem Älterwerden umgeht. Ein Artikel in der Süddeutschen Zeitung weist darauf hin, dass es laut den New York Times bei Magersucht eine neue Risikogruppe gäbe. Es würden immer mehr 40- bis 50-jährige Frauen erkranken. Ursache wäre, dass in einer jugendfixierten Welt die Angst vor dem Altern wachsen würde (SZ Nr. 62, 15./16. März 2003, Wochenende S. V). Verstärkt wird dies auch durch die Anti-Aging Bewegung, die glauben machen will, den natürlichen Alterungsprozess des Körpers aufhalten zu können.

1.3. Alter, Krankheit und Pflegebedürftigkeit

Laut der Berliner Altersstudie stehen 93% der über 70-Jährigen in der Berliner Bevölkerung in regelmäßiger hausärztlicher Versorgung und davon 60% zusätzlich in fachärztlicher Versorgung. Nahezu 80% der untersuchten 70 bis 104-Jährigen sind zu einer weitgehend selbständigen Lebensführung in der Lage. „8% sind in Anlehnung an die Kriterien der Pflegeversicherung pflegebedürftig“ (Linden u.a.; 1996; S.475ff). Von den über 65-Jährigen sind 12,5 Prozent hilfsbedürftig. Etwa 20 bis 30% im Krankenhaus sind Langzeitpatienten und „60 bis 70 Prozent der Patienten in Akutkrankenhäusern sind ältere Menschen“ (Görres; 1999; S.346). Die Pflegebedürftigkeit steigt bei den Hochaltrigen stark an. Gut ein Fünftel der 80- bis 85-Jährigen, ein Drittel der 85 bis 90-Jährigen und mehr als die Hälfte der über 90-Jährigen sind pflegebedürftig (BMFSFJ; 2001a; S. 83). Diese beispielhaften Zahlen zeigen, dass zum einen im Alter chronische Krankheiten, vorwiegend Schlaganfall, Erkrankungen der inneren Organe und der Bewegungsorgane, Schwerhörigkeit/Taubheit, geistiger Abbau, Multimorbidität (das gleichzeitige Auftreten mehrer Krankheiten – 52% haben vier oder mehr Krankheiten), sowie die Hilfs- und Pflegebedürftigkeit zunehmen (Görres; 1999; S. 341; BMFSFJ; 2001a;S. 86). „Demenzielle Erkrankungen nehmen mit zunehmendem Alter stark zu und erreichen bei den über 90-Jährigen Werte von über 30%“ (BMFSFJ; 2002; S. 163ff). Trotzdem können aber etwa 80% der älteren Menschen selbständig leben. Laut der Berliner Altersstudie nehmen 96% der 70-jährig und älteren mindestens ein Medikament ein, „wobei 87 % mindestens ein chemisch definiertes Präparat auf ärztliche Verordnung hin anwenden“ (Steinhagen-Thiessen/Borchelt; 1996; S. 162). Bei der ärztlichen Behandlung der älteren Menschen hat diese Studie festgestellt, dass 28% der verordneten Medikamente nicht indiziert oder kontraindiziert sind. Weiterhin besteht bei 58% der 70-jährig und älteren in dieser Studie ein Verdacht auf unerwünschte Arzneimittelwirkungen (Steinhagen-Thiessen/Borchelt; 1996; S. 164f). Dies insbesondere im Fall von Multimorbidität, wenn gleichzeitig mehrere Grunderkrankungen isoliert, ohne genaue Kenntnis bzw. Berücksichtigung der Wechselwirkungen, behandelt werden (Langbein/Ehgartner; 2002; S. 187). Laut der Berliner Altersstudie haben unerwünschte Arzneimittelwirkungen einen signifikanten Einfluss auf Funktionseinbußen im Alter (Steinhagen-Thiessen/Borchelt; 1996; S. 16175). In diesem Kontext ist auch zu berücksichtigen, dass die älteren PatientInnen „systematisch von klinischen Arzneimittelprüfungen ausgeschlossen werden (Steinhagen-Thiessen/Borchelt; 1996; S. 178). Kurt Langbein und Bert Ehgartner weisen darauf hin, dass Fehlmedikation die vierthäufigste Todesursache in den USA ist (Langbein/Ehgartner; 2002; S. 189)[5].

1.4. Ökonomische Situation älterer Menschen

Der überwiegende Teil der älteren Menschen ist hinsichtlich seines durchschnittlichen persönlichen Äquivalenzeinkommens mit jüngeren Altersgruppen vergleichbar. Hierbei sind die älteren Frauen deutlich schlechter gestellt als die Männer, was unter anderem auf die durch Kinder unterbrochene Erwerbsbiographie und bei Verwitwung auf die geringere Witwenrente zurückzuführen ist. Etwa 3% haben ein so geringes Einkommen, dass sie nicht am gesellschaftlichen Leben partizipieren können und gelten als arm. Hier sind die geschiedenen Frauen am stärksten betroffen. Diese Ergebnisse beziehen sich auf die Berliner Altersstudie. Die Untersuchung wurde mit über 70-jährigen Einwohnerinnen Westberlins in der Zeit von 1990 bis 1993 durchgeführt (Wagner u.a.; 1996; S.277ff). Laut dem Armutsbericht der Bundesregierung sind die gruppenspezifischen Armutsquoten der über 65-Jährigen in Westdeutschland seit 1973 zunächst bis 1993 gesunken, aber im Zeitraum bis 1998 wieder angestiegen. Laut diesen Zahlen ist die Kinderarmut ständig gestiegen, das heißt sie war zunächst geringer als die Altersarmut, ist aber mittlerweile größer (Deutscher Bundestag; 2001; S. 254f). Trotzdem kommt der dritte und vierte Altenbericht und Schmähl/Fachinger zu dem Ergebnis, dass die Altersarmut ein geringes Problem darstellt. Ebenso wird die verdeckte Armut nicht als Problem der Älteren gesehen. (Schmähl/Fachinger; 1999; S. 186ff; BMFSFJ; 2001a; S. 198ff; BMFSJ; 2002; S.83ff). Lediglich die Armutsquote der allein stehenden Frauen wird als überdurchschnittlich bewertet (BMFSFJ; 2001a; S. 200). Auch die Berliner Altersstudie geht von einem geringen Armutsrisiko aus (3%), kommt aber zu dem Fazit, dass dies ein zu hohes Armutsrisiko sei (Wagner u.a.; 1996; S. 294). Ein Armutsrisiko im Alter ist nach wie vor gegeben und als Folge der steigenden Arbeitslosenzahlen (vgl.: 2.1.) kann von einem zukünftig weiter steigenden Armutsrisiko ausgegangen werden, da die Erwerbsbiographien zunehmend Lücken aufweisen werden.

1.5. Soziale Netzwerke

Eine gute soziale Einbindung älterer Menschen kann einen positiven Einfluss auf deren Lebensqualität haben. Die familiäre Unterstützung im Alter hat in den sozialen Netzwerken eine vorrangige Bedeutung. Laut Forschungsergebnissen sind allerdings etwa ein Viertel der älteren Menschen unzureichend sozial eingebunden. Dies betrifft tendenziell eher kinderlose Ehepaare, in besonderem Maße aber allein wohnende Ledige, Verwitwete und Geschiedene (Fooken; 1999; 236). Für eine gute soziale Einbindung sind differenzierte soziale Netzwerke, bestehend aus familiären und verwandtschaftlichen, freundschaftlichen und nachbarschaftlichen Beziehungen[6], notwendig (Fooken; 1999; 237). Laut der Berliner Altersstudie, haben ältere Menschen mindestens eine Person, der sie Hilfe leisten (86%) bzw. von der sie Hilfe empfangen (87%). Das Leisten von Hilfe nimmt mit zunehmenden Alter ab (Wagner u.a.; 1996; S. 29311ff). Bei Hilfs- und Pflegebedürftigkeit ist in den Privathaushalten zu 80% eine Frau Hauptpflegeperson, wie aus der nachfolgenden Tabelle entnommen werden kann.

Tabelle: Geschlecht, Alter, Wohnort und Verwandtschaftsbeziehung

der privaten Hauptpflegepersonen zu den Pflegebedürftigen

in Privathaushalten, 1998

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: BMFSFJ; 2001a; S. 227

Diese Zahlen zeigen, dass die Familien und hier vorwiegend die Frauen[7], einen Großteil der Hilfe leisten. Jedoch ist aufgrund der wachsenden Erwerbstätigkeit von Frauen und der sich verändernden Familien- und Haushaltsstruktur, mit einer Abnahme dieser informellen Hilfe zu rechnen (Heinze; 1986; S. 26). Studien weisen zwar darauf hin, dass trotz der zunehmenden Mobilität in der Gesellschaft etwa für die Hälfte der Familien „Kontakte und Austauschbeziehungen relativ leicht möglich“ sind (Dallinger/Walter; 1999; S. 55ff). Trotzdem werden die Generationenbeziehungen geringer, da es weniger Kinder gibt (Walter; 1999; S. 35ff). Untersuchungen zeigen, „dass die erlebte Reziprozität in sozialen Beziehungen der wichtigste Prädiktor für Lebenszufriedenheit im Alter ist“ (Minnemann; 1994; S. 30). Hier wird davon ausgegangen, „dass ältere Menschen eine lebenslaufbezogene Norm von Reziprozität annehmen“ (Minnemann; 1994; S. 30). Das heißt bei langandauernden Beziehungen werden die früheren Austauschverhältnisse mit einbezogen (Minnemann; 1994; S. 30). Elisabeth Minnemann kann diese Aussage jedoch durch ihre eigene Untersuchung nicht bestätigen. Sie konstatiert vielmehr, dass Unterstützung und Hilfe als Zeichen von Wertschätzung und Zuneigung interpretiert werden und daher zu einer Vertiefung der Beziehung führen, „die jedoch nicht von dem Eindruck begleitet ist, dem anderen etwas schuldig zu sein, bzw. ein Guthaben bei ihm zu haben“ (Minnemann; 1994; S. 145).

Weiterhin wird darauf hingewiesen, dass zwischen Kontakten mit Kindern „und dem emotionalen Wohlbefinden älterer Menschen kein signifikanter Zusammenhang besteht“ (Minnemann; 1994; S. 54). Dies wird darauf zurückgeführt, dass in familiären Beziehungen eine Erwartungshaltung zu Kontakten und Unterstützung besteht, die es in außerfamiliären Beziehungen nicht gibt. Deshalb wird der Kontakt mit Freunden positiver erlebt (Minnemann; 1994; S. 55).

Über die primären Netzwerke hinaus findet Unterstützung auch über die sekundären oder makrosozialen Netzwerke statt. Hierzu gehören die privaten und öffentlichen Netzwerke wie zum Beispiel Arbeitsplätze, Einzelhandel und die sozialen Dienste (Bullinger/Nowak; 1998; S. 82). Diese haben einen Bedeutungszuwachs erfahren, was aus der quantitativen Zunahme ersichtlich wird (Bullinger/Nowak; 1998; S. 83). Dies steht in direktem Zusammenhang mit dem gesellschaftlichen Individualisierungsprozess (vgl. 1.6. und 2.1.), der „den Entfaltungsspielraum des Einzelnen vergrößert und zugleich die Notwendigkeit der Solidargemeinschaft aus der existentiellen Not heraus abgebaut hat“ (Keupp; 1987; S. 37).

Um die beschriebene Erosion der familiären Netzwerke auszugleichen, braucht es „einen neuen Typus von Solidarität“ (Keupp; 1996; S. 88), der in den primären Netzwerken durch den aktiven Aufbau von Freundschafts-, Bekanntschafts- und Nachbarschaftsbeziehungen stattfindet (Keupp; 1996; S. 88) und in den tertiären oder mesosozialen Selbsthilfenetzwerken (Bullinger/Nowak; 1998; S. 85ff) zu finden ist. Diese stehen in einer unmittelbaren Wechselbeziehung zueinander. Es geht um die Verbindung von Eigensinn und Gemeinsinn zur Initiierung von „kleinräumigen Solidarnetzen“ (Keupp; 1996; S. 86), die zur Bildung von sozialem Kapital[8] beitragen (Keupp; 1987; S. 38ff). Frank Nestmann weist darauf hin, dass „die Diversität der Hilfenetzwerke“ gewachsen sei[9] (Nestmann; 1987; S. 273) und verweist unter anderem auch auf die ergänzende informelle psychosoziale Hilfe von Berufsgruppen wie zum Beispiel LebensmittelverkäuferInnen, TaxifahrerInnen, Friseure und Friseurinnen (Nestmann; 1987; S. 273ff). Ein interessantes Beispiel aus London erwähnt Susanne Elsen. „Der Grocer an der Ecke geriet durch die Supermärkte unter Druck und sicherte sich die Loyalität seiner auf den Stadtteil angewiesenen Kundschaft durch ein außergewöhnliches Angebot: Er garantierte den Alten, Kranken und Behinderten des Stadtteils tägliche Kontaktaufnahme und die zuverlässige Versorgung mit Waren des täglichen Bedarfs und erforderliche Hilfen. In Kooperation mit einer Jugendgruppe nutzte er die täglich gelieferten und ausgetauschten Milchflaschen als Kommunikationsmedium. Bestellungen beim Grocer, in der Apotheke, Besuchs- und Hilfswünsche per Flaschenpost in den leeren Milchflaschen wurden zuverlässig erledigt und die tägliche Kontaktaufnahme garantiert“ (Elsen; 1998; S. 262).

Diese neue Solidarität ist auch notwendig, um dem aus der Netzwerkforschung bekannten „Matthäus-Effekt“[10] entgegenzuwirken, damit auch Menschen mit geringen ökonomischen Ressourcen (hier ist gerade auch die zunehmende Gefahr der Altersarmut zu beachten (vgl. 1.4.) ausreichende soziale Netzwerk Ressourcen entwickeln können (Keupp; 1998; S. 287).

1.6. Strukturwandel des Alters

Der Strukturwandel in unserer Gesellschaft wie Modernisierung, Individualisierung, die „Pluralisierung der Lebensformen“ (Butterwegge; 1999; 56ff) und die demographische Entwicklung beeinflussen die sozialen Netzwerke und die Lebenslagen älterer Menschen. Der Begriff der Lebenslage steht für den Grad sozialer Sicherung genauso wie für Möglichkeiten der Selbstverwirklichung, Aktivität und Interessendurchsetzung. Er umfasst materielle und immaterielle Werte und Bedürfnisse (vgl. Schulz-Nieswandt; 2002; S. 9ff). Die nachfolgend beschriebenen Konzepte des Altersstrukturwandels sind im Kontext des gesellschaftlichen Strukturwandels zu sehen (Naegele; 1991; S. 168). Um die Lebenslagen älterer Menschen zu erfassen sind weiterhin die sozialen Ungleichheiten zu erörtern, die auch durch die Einführung der Pflegeversicherung und die Reformen der Rentenversicherung beeinflusst werden.

1.6.1. Konzepte des Altersstrukturwandels

Hans Peter Tews beschreibt den Altersstrukturwandel im Lebenslauf mit den folgenden Konzepten, die er auf gesellschaftlich-strukturelle Veränderungen bezieht (Tews; 1993; S. 23ff).

1.6.1.1. Verjüngung und Entberuflichung des Alters

Auf der einen Seite fühlen sich die Älteren heute länger jung, gleichzeitig zählen bereits die 40 bis 45-Jährigen zu den älteren Arbeitnehmern (Tews; 1999; S. 147). Von den älteren Arbeitnehmern sind immer weniger erwerbstätig. So verlängert sich, gekoppelt mit der höheren Lebenserwartung, die Altersphase (Tews; 1999; S. 147f). Diese umfasst „mittlerweile die Gruppe der 45/50-100-Jährigen“ und umschließt „damit eine mit anderen Lebensphasen bei weitem nicht zu vergleichende Lebensspanne“ (Schweppe; 1996; S. 13). Cornelia Schweppe spricht hier von der „Konstituierung des Alters als eigenständige Lebensphase“ (Schweppe; 1996; S. 13). Gründe für diese Entberuflichung ist die Frühverentungspolitik. Zwar wurde bereits mit der Rentenreform von 1992 die vorgezogenen Altersgrenzen langfristig aufgehoben (Bäcker/Naegele; 1993; 136ff), aber insbesondere der Umstand, dass die oben erwähnten „älteren Arbeitnehmer“ weniger Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben (Naegele; 2000; 29ff), führt weiterhin zu einem durchschnittlichen Renteneinzugsalter von 60 Jahren (Statistisches Bundesamt; 2003; S. 31). Es steht in Frage, ob etwaige Gedanken zur Flexibilisierung der Regelaltersgrenze (Bäcker/Naegele; 1993; 149ff), oder die jetzt aktuell diskutierte „Heraufsetzung der Regelaltersgrenze von 65 auf 67 Jahre“ (BMGS; 2003; S. 82ff), um Kosten zu sparen, greifen, da ältere Menschen auch in besonderem Maße von Arbeitslosigkeit betroffen sind. So lag 2002 die Arbeitslosenquote der 55- bis 59-jährigen bei 12,8 % (Statistisches Bundesamt; 2003; S. 62). Trotzdem gibt es auch Stimmen, die Stärken der Älteren als Chancen in altersgemischten Teams zu nutzen und lebenslanges Lernen in den Vordergrund zu stellen (vgl.: Siemann/Braun; 2002; Pilgram; 2002; Deckstein; 2002; Lepenies; 2003).

1.6.1.2. Feminisierung des Alters

Zwei Drittel der über 60-Jährigen sind Frauen und bei den über 75-Jährigen sind es drei Viertel. Dies ist auch noch bedingt durch die Kriegsfolgen, aber vor allem durch die höhere Lebenserwartung der Frauen. Mit zunehmendem Alter leben Frauen alleine und können beim Verlust ihrer Selbstständigkeit ihre Unabhängigkeit nur schwer bewahren. Wie unter Punkt 1.4. ausgeführt, sind Frauen auch eher von Armut betroffen (Tews; 1999; S. 148f).

1.6.1.3. Singularisierung im Alter

„Die familiären Strukturen haben sich gravierend verändert“ (Tews; 1995; S. 22). Laut Modellrechnungen wird in allen höheren Altersgruppen der Anteil an Ein-Personen Haushalten zunehmen. Dies steht unter anderem im Kontext der zunehmenden Scheidungsquoten, dem Lebensstil der Singularisierung und dem Verlust eines Partners (Tews; 1999; S. 149f). Im Jahre 2002 waren 17% der Bevölkerung Deutschlands allein lebend. Bei älteren Frauen steigt, im Gegensatz zu den Männern, die Quote Alleinlebender stärker an. Dies zeigt, dass mit zunehmendem Alter die Singularisierung durch die höhere Lebenserwartung der Frauen beeinflusst wird (Statistisches Bundesamt; 2003; S. 29f).

1.6.1.4. Hochaltrigkeit

Die zunehmende Zahl Hochaltriger in unserer Gesellschaft kann, wie bereits erwähnt (vgl. 1.3.), zu steigender Multimorbidität und einer Häufung von Demenz Erkrankungen führen. Dies kann wiederum zu einer zunehmenden Hilfs-, Pflege- und Behandlungsbedürftigkeit sowie zu zunehmender Vereinsamung führen (Tews; 1999; S. 150f). Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) kommt in einer Untersuchung zu folgenden Ergebnissen[11]: „Die Zahl der Pflegebedürftigen [wird] bis zum Jahr 2020 auf 2,94 Millionen zunehmen. Dies ist eine Steigerung um rund eine Million oder - bezogen auf die Pflegebedürftigen von 1999 - um gut 50 %. Die daraus resultierende jährliche Wachstumsrate beträgt im Zeitraum 1999 bis 2020 im Durchschnitt rund 2 %. Von 2020 bis 2050 wird die Zahl Pflegebedürftiger nochmals um 1,8 Millionen zunehmen. Dies entspricht in diesem Zeitraum einem jährlichen Wachstum von 1,6 %. Bis 2050 ist somit insgesamt mit einer Steigerung um 145 % zu rechnen“ (DIW; Wochenbericht 5/01). Bedingt durch die stärkere Zunahme der Schwerstpflegebedürftigen wird im stationären Bereich mit einer Zunahme von 73%, im ambulanten Bereich von 56% gerechnet (DIW; Wochenbericht 5/01).

Ob es zu diesen Szenarien kommt, wird konträr diskutiert. Frank Schulz-Nieswandt möchte diesem demographischen Belastungsdiskurs nicht uneingeschränkt zustimmen, da bei den negativen Szenarien davon ausgegangen wird, dass sich die Gesundheit der Älteren im Vergleich zu heute nicht verbessert. Es wäre aber auch möglich, dass sich die Gesundheitssituation Älterer im Laufe der Jahre verbessert (Nieswandt; 1999; S. 19ff).

1.6.2. Soziale Ungleichheit

Dieses deskriptive Konzept des Altersstrukturwandels reicht nicht aus, um die Lebenslagen im Alter ausreichend zu beschreiben. Unter anderem hat die ökonomische Entwicklung (vgl. 1.4.) Einfluss auf die Lebenslagen im Alter (Backes; 1997; S. 98ff). Soziale Ungleichheit im Erwerbsleben setzt sich auch im Alter fort. Das heißt, wer während des Erwerbslebens häufig von Arbeitslosigkeit betroffen ist, hat auch im Alter ein erhöhtes Armutsrisiko. Die Frauen sind hiervon in besonderem Maße betroffen, unter anderem durch geringere Löhne und der Unterbrechung der Erwerbsbiographie infolge von Kindererziehungszeiten (vgl. Backes; 1993; S. 171ff ). In Folge der Modernisierung und Individualisierung der Gesellschaft (vgl. 2.1.) sind Frauen durch Beruf und Haushalt in einer Doppelbelastung. Kindererziehung verlangt von den Frauen oft die Annahme Teilzeitarbeit[12], da es zu wenig Betreuungsangebote gibt. Dies führt im Alter zu einer geringeren sozialen Sicherung. Wie unter Punkt 1.5. beschrieben, tragen sie auch die Hauptlast bei der Pflege von Angehörigen. Aufgrund dieser unbezahlten Reproduktionsaufgaben sind sie überwiegend in Teilzeit beschäftigt. In der Konsequenz daraus haben sie ein höheres Armutsrisiko (Butterwegge; 1999; S. 56ff). Hans Peter Tews spricht hier von einer Kumulation von Nachteilen, denen zugleich eine Kumulation von Vorteilen gegenübersteht, wie z.B. bei den Doppelrenten-Anwartschaften berufstätiger Ehepaare ohne Kinder (Tews; 1993; S. 36ff).

1.6.3. Einführung der Pflegeversicherung

„Die Pflegeversicherung ist als Teilsicherungsbeitrag zu einem Teilbedarf bei Pflegebedürftigkeit ausgestaltet worden“ (Schmidt/Klie; 2002; S. 7). Deshalb steht diese in direktem Zusammenhang mit der zuvor beschriebenen sozialen Ungleichheit. Verschärft wird dies dadurch, dass sich der Sockelbetrag aufgrund des Mangels einer Dynamisierung nie an erhöhte Entgelte angepasst hat und so ein Stück Kaufkraft verloren geht (Schmidt/Klie; 2002; S. 8). Im ambulanten Bereich wird auf einen „Mix“ von informeller Hilfe, „substanziellen Teilleistungen durch die Pflegeversicherung und eigenen Zukäufen bzw. sozialhilfefinanzierten Ergänzungsleistungen“ gesetzt (Schmidt/Klie; 2002; S. 8). „Gut 70 % der Pflegebedürftigen werden zu Hause“ (Klie/Blaumeister; 2002; S. 136)und vorwiegend von der Familie versorgt. Durch die Pflegeversicherung wird dies verstärkt (Depner/Trube; 2001; S. 221). Dies bedeutet zum einen, dass die Belastung, wie in Abschnitt 1.5. erläutert, den Frauen aufgebürdet wird, zum anderen wird dabei der strukturelle gesellschaftliche Wandel, insbesondere die Singularisierung nicht berücksichtigt. Die finanzielle Verantwortung wird durch die Deckelung der Leistungen und den Verzicht auf eine Bedarfsdeckung ebenfalls teilweise an die Privathaushalte abgegeben. Dies wird durch ein Urteil des Bundessozialgerichts vom 30. Oktober 2001, aufgrund dessen bestimmte Leistungen der Behandlungspflege nicht mehr von der gesetzlichen Krankenkasse gewährt, sondern durch die Pflegekasse übernommen werden müssen, verstärkt. Mittlerweile gibt es einen Gesetzesantrag des Landes Bayern zur Korrektur dieser Leistungsverschiebungen, an den sich der Bundesrat angeschlossen hat, der im Bundestag beraten werden soll[13] (Bundesrat; 2003; AOK-Bundesverband; Pflege-Korrekturgesetz). Christoph Butterwegge weist darauf hin, dass aufgrund der Streichung eines Feiertages, erstmals die Beitragsparität zwischen ArbeitgeberInnen und ArbeitnehmerInnen aufgehoben wurde. Diese Privatisierung des Risikos steigert die soziale Ungleichheit (Brömme; 1999; Depner/Trube; 2001; S. 221f; Butterwegge; 1999; S. 49). Auch die derzeitige in Diskussion stehende Ausgestaltung der Gesundheitsreform geht zu Lasten der Patienten, insbesondere der Älteren, da diese in Folge ihres erhöhten Medikamentenverbrauchs (vgl. 1.3.) von den erhöhten Zuzahlungen besonders betroffen sind[14] (vgl. Graupner; 2003; S. 2). Laut dem Gesetzentwurf sollen auch SozialhilfeempfängerInnen Zuzahlungen bis zur Belastungsgrenze von 2 % des „Bruttoeinkommens“ leisten (Gesetzentwurf; 2003; S. 34), wodurch ebenfalls die soziale Ungleichheit verschärft wird.

Das Deutsche Institut für angewandte Pflegeforschung e.V. kommt nach einer Umfrage zu dem Ergebnis, dass in den Pflegeheimen eine zu geringe Zahl an Pflegfachkräften beschäftigt ist, die einer großen Arbeitsbelastung und einer hohen Zahl von Überstunden ausgesetzt sind. Dieser Entwicklung könne nur mit einer Anpassung der Finanzierungsgrundlage im Rahmen der Pflegeversicherung und einem besseren Ausbildungssystem, entgegengewirkt werden (dip; Pflege – Thermometer 2003). Diese Personalsituation ist mit Ursache für den Einsatz freiheitsentziehender Maßnahmen und Psychopharmaka. So kommen Thomas Klie und Thomas Pfundstein bei einer Untersuchung in Münchner Heimen zu dem Ergebnis, dass 40% der Münchner HeimbewohnerInnen von mechanischen Maßnahmen mit freiheitsentziehender Wirkung betroffen sind. Mehr als die Hälfte der HeimbewohnerInnen erhalten Psychopharmaka, was dem bundesdeutschen Niveau entspricht. Als Gegenmaßnahmen werden unter anderem systematische Fortbildungen zu dem Verhältnis Sicherheit und Freiheit, sowie Sturzprophylaxen[15] angegeben (Klie/ Pfundstein; 2002; S. 8ff). Weitere Defizite in der Pflege sieht der Medizinische Dienst der Spritzenverbände der Krankenkassen (MDS) in der Ernährungs- und Flüssigkeitsversorgung (MDS; Grundsatzstellungnahme Ernährung und Flüssigkeitsversorgung älterer Menschen; 2003).

Baldo Blinkert und Thomas Klie weisen in ihrer Zusammenfassung der Ergebnisse ihrer Studie zu den Auswirkungen der Pflegeversicherung unter anderem auf folgende Sachverhalte hin (Blinkert/Klie; 1999; S.187ff):

- In den familienbezogen-traditionalistischen informellen Unterstützungsnetzwerken wird Hilfe vorwiegend von Kindern und Frauen geleistet. Hingegen delegieren „männliche“ Pflegearrangements eher an berufliche Helfer. Diese Form von Unterstützungsnetzwerken gibt es vorwiegend und in denen sind die Pflegbedürftigen mit der Pflegeversicherung zufrieden.
- Individualisierte Pflegebedürftige haben in geringerem Maße ein informelles Hilfenetzwerk und sind in höherem Maße auf professionelle Hilfe angewiesen. Jene sind auch am ehesten mit der Pflegeversicherung unzufrieden. 42 Prozent ziehen ein Heim als Wohnform in Erwägung.
- Ebenfalls mit der Pflegeversicherung unzufrieden sind Angehörige von Pflegebedürftigen mit Demenz, die in der Pflegeversicherung unzureichend berücksichtigt wurden[16].
- Eine Chance wird in der Zusammenarbeit von professioneller und informeller Hilfe gesehen, um die Pflegequalität zu erhöhen und die informellen Helfer zu entlasten. So werden auch Überforderungskonstellationen, die auch zu Gewalt in der Pflege führen können, vorgebeugt.

Thomas Klie und Heinz Blaumeister weisen auf eine Untersuchung zur pflegekulturellen Orientierung hin, in der die Heimpflege eine größere Zustimmungsrate bekommt als die Pflege zu Hause[17]. (Klie/Blaumeiser; 2002; S. 145ff). Eine Alternative zu diesen beiden Modellen sehen sie in einem „Pflegemix“ aus professioneller Hilfe, familiärer Hilfe und bürgerschaftlichen Engagement. Eine solche kollektive Vorsorge auf kommunaler Ebene wird auch in der Untersuchung von den Befragten als Vorsorgemöglichkeit gesehen (Klie/Blaumeiser; 2002; S. 148ff).

1.6.4. Generationenvertrag

Das derzeitige Rentensystem basiert nach wie vor auf dem Umlageverfahren. Das bedeutet, die jeweils Erwerbstätigen finanzieren die laufenden Renten. Die bereits angeführte demographische Entwicklung, die Entwicklung des Arbeitsmarktes und der gesellschaftliche Wandel (vgl. 2.1.) können die finanziellen Grundlagen des Generationenvertrages[18] gefährden (Rürup; 1999; S.294ff). Aufgrund der zunehmenden Lebenserwartung erhöht sich die durchschnittliche Rentenbezugsdauer (Sturm; 2003; S. 22). Aus diesem Grund wurde 1992 eine erste Reform durchgeführt, die laut Margret Dieck und Gerhard Naegele verschärfend auf die Entstehung von Armut wirkt. Zum anderen reagiert diese nicht auf die neuen Einkommensrisiken, wie die zunehmende Zahl von Scheidungen, die wachsende Zahl Alleinstehender oder die Veränderung der Erwerbsbiographien (Dieck/Naegele; 1993; S53f). Auch die neue Rentenreform ändert nichts daran, sondern geht noch einen Schritt weiter durch die obligatorische Zusatzversorgung. Das heißt die Absicherung für das Alter ist auch abhängig davon, ob sich die Menschen eine solche Privatversicherung leisten können. Die soziale Ungleichheit wird durch eine solche Reform, wie schon bei der Pflegeversicherung erwähnt, gefördert, da ein Teil des Risikos ins Private verlagert wird (BAGSO Nachrichten; 01/2001). Die Rürup – Kommission spricht sich dafür aus, diese kapitalgedeckte Säule zu stärken (BMGS; 2003; S. 128ff). Darüber hinaus schlägt sie eine „Ergänzung der Rentenanpassungsformel um einen Nachhaltigkeitsfaktor vor“ (BMGS; 2003; S. 96). Dieser „soll neben der steigenden Lebenserwartung vor allem auch die rückläufige Entwicklung der Geburten und die Zuwanderung sowie die Veränderungen im Erwerbsverhalten berücksichtigen“ (BMGS; 2003; S. 96). Eine solche Anpassung ist zwar grundsätzlich notwendig, jedoch werden von dieser Kürzung die unteren Einkommensgruppen nicht ausgenommen, somit sind diese existentiell betroffen, was ebenfalls die soziale Ungleichheit begünstigt.

2 Elemente einer nachhaltigen Sozialpolitik ­im Kontext der alternden Gesellschaft

Eine nachhaltige Gesellschaft strukturiert sich so, dass ihre materiellen und sozialen Existenzgrundlagen auch für die folgenden Generationen weiter existieren (Meadows; 1993; S. 250). Nach diesem Verständnis wird bei dem Prozess nachhaltigen Wirtschaftens nicht nur die Produktion sondern auch die Reproduktion als Bestandteil einer vorsorgenden Wirtschaft betrachtet (Hofmeister; 1994; S. 55). Reproduktion hat eine ökologische Dimension zur Erhaltung des Naturhaushaltes und eine soziale Dimension zur Sicherung der sozialen Versorgung (Zahrnt; 1994; S. 41ff). „„Ök­onomische“, „sozio-kulturelle“ und „ökologische“ Reproduktion bedingen sich als Determinanten im vernetzten System von Ökonomie, Ökologie und Gesellschaft wechselseitig“ (Busch-Lüty; 1994; S. 13).

2.1. Sozialstaat im Wandel

Aufgrund der beschriebenen demographischen Entwicklung gibt es die Befürchtung eines drohenden „Krieges der Generationen“[19]. In dieser Debatte führt Peter Gitschmann aus, dass hier die Frage der Verteilung des gesamten Volkswohlstands in einem „neuen Gewande“ daher kommt. Die Diskussion um die zunehmende „Altenlast“, durch die z.B. die Gesundheitskosten erhöht würden, wird zu Lasten der Alten ausgetragen (Gitschmann; 1998; S. 150). So kommt Udo Perina zu dem Schluss, dass es in dieser Debatte unter dem Deckmantel des Generationenkrieges, um den Abbau sozialer Leistungen geht (Perina; 1996; S. 54ff). Auch Christoph Butterwegge kommt zu dem Ergebnis, dass im Rahmen der Diskussion um die Krise des Sozialstaates, die Angst vor der „Vergreisung“ der Gesellschaft genutzt wird, „um den Betroffenen Leistungskürzungen plausibel zu machen (Butterwegge; 1999; S. 47). Zum anderen wird durch diese Debatte, von dem Problem der steigenden Arbeitslosigkeit abgelenkt, welche maßgeblichen Einfluss auf das Rentensystem hat (Perina; 1996; S. 56). Hans-Joachim von Kondratowitz spricht in diesem Zusammenhang von einer möglichen tiefreichenden Solidaritätskrise unserer Gesellschaft und der Angst vor einer tiefgreifenden Legitimationskrise des Sozialstaates (Kondratowitz; 1997; S. 12ff).

2.1.1. Krise des Sozialstaats

Für Christoph Butterwegge ist ein moderner Sozialstaat ein Gemeinwesen, „das die Benachteiligung größerer Gruppen im ökonomischen Reproduktionsprozess (Alte, Kranke, Behinderte, Erwerbslose usw.) durch Geld-, Sach- und/oder personenbezogene Dienstleistungen des Bildungs-, Gesundheits- und Sozialwesens kompensiert, sei es aus öffentlichen Haushalten oder über beitragsfinanzierte Versicherungssysteme, die soziale Teilhabe aller BürgerInnen gewährleistet und – per Rechtsanspruch – sicherstellt, dass niemand von einer allgemeinen Wohlstandsmehrung ausgeschlossen wird (soziale Gerechtigkeit)“ (Butterwegge; 1999; S. 15). Sozialstaatlichkeit ist „ein in Verfassungen, Gesetzen und Verordnungen kodifizierter Vergesellschaftungsmodus, der eine Parteinahme für sozial Schwächere voraussetzt, Eingriffe in das Wirtschaftsleben bedingt und neben Schutz- auch Gestaltungsaufgaben umfasst (Butterwegge; 1999; S. 15). Der so verfasste Sozialstaat wird verantwortlich gemacht für die Wirtschaftskrisen seit Mitte der siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts (Butterwegge; 1999; S. 39ff), für die Massenarbeitslosigkeit und sonstige Missstände. Diese Krisen wurzeln in anderen Gesellschaftsbereichen (Butterwegge; 1999; S. 53). Durch die ökonomisch-technologische Automatisierung, Computerisierung und Digitalisierung werden ganze Gesellschaftsgruppen vom Arbeitsmarkt[20] ausgeschlossen. So ist zunehmend der erste Stützpfeiler des sozialen Sicherungssystems in Deutschland, das „Normalarbeitsverhältnis“ nicht mehr vorhanden. (Butterwegge; 1999; S. 53ff). Soziokulturell führt die Modernisierung und Individualisierung zu einer Pluralisierung der Lebensstile. Die Normalfamilie, der zweiten Stützpfeiler des Sozialstaates, gibt es immer weniger. Laut Ulrich Beck meint Modernisierung: die technologische Rationalisierung, die Veränderung von Arbeit und Organisation und darüber hinaus den „Wandel der Sozialcharaktere und Normalbiographien, der Lebensstile und Liebesformen, der Einfluss- und Machtstrukturen, der politischen Unterdrückungs- und Beteiligungsformen, der Wirklichkeitsauffassungen und Erkenntnisformen“ (Beck; 1986; S. 25). „Individualisierung der Gesellschaft bedeutet, dass sich Klassen und Schichten, soziokulturelle Milieus und Institutionen kollektiver Normengebung, tradierte Sicherungssysteme und überkommene Reproduktionsmuster zugunsten einer „Pluralisierung der Lebensstile“ auflösen“ (Butterwegge; 1999; S. 57). Ebenso wirken die geänderten beruflichen Anforderungen durch Mobilität und Flexibilität auf diese Entwicklung. Diese Modernisierung, Individualisierung und „Pluralisierung der Lebenslagen“ steht in direktem Zusammenhang mit dem, unter Punkt 1.6. beschriebenen Strukturwandel des Alters.

Eine weitere Entwicklungsdeterminante ist die Globalisierung und Standortsicherung. Globalisierung[21] ist ein Prozess, der sowohl eine ökonomische, eine ökologische als auch eine politische Dimension hat. Als politische Aufgabe wird es zunehmend angesehen, die Konkurrenzfähigkeit der Konzerne zu fördern, damit diese nicht in andere Länder abwandern. Mittels Senkung der Lohnnebenkosten und der Steuern, soll die Konkurrenzfähigkeit der transnational agierenden Konzerne erhalten bleiben, da ansonsten die Gefahr der Standortverlagerung ins Ausland besteht. Es wird davon ausgegangen, dass die staatlichen Sozialleistungen, die den Faktor Arbeit belasten, zu der Arbeitslosigkeit führen. Somit werden soziale Errungenschaften zur Disposition gestellt, weil nur noch die angebliche Belastung der Volkswirtschaft betont wird und nicht mehr der Wert des Sozialstaates, der über Humanität und Solidarität einer Gesellschaft entscheidet. Das heißt nicht, dass sich Globalisierung automatisch unter neoliberalen Vorzeichen entwickelt, sondern dies hängt von der gesellschaftlichen Gestaltung der Globalisierung ab. Derzeit gelangt allerdings die bedrohte Wettbewerbsfähigkeit in den Vordergrund, so dass Sozialpolitik die Deregulierung von Arbeits- und Tarifrecht mit verantworten soll, anstatt den Schutz vor sozialen Risiken und die Korrektur der marktvermittelten Einkommenspolarisierungen zu gewährleisten (Butterwegge; 1999; S. 63ff). Der Sozialstaat soll zunehmend nicht mehr die Marktprozesse korrigieren, sondern seinerseits nach neoliberalem Vorbild reorganisiert werden, „durch eine weitgehende Deregulierung, Flexibilisierung der Arbeitsverhältnisse, Liberalisierung des Kapitalverkehrs und Privatisierung weiter Teile des Systems der sozialen Sicherung“ (Butterwegge; 1999; S. 102). Diese Privatisierung sozialer Risiken bedeutet Vorteile für Wenige und Nachteile für die sozial Schwachen. Die gesellschaftliche Solidarität wird somit ausgehöhlt (Butterwegge; 1999; S. 110ff). Andre Gorz stellt im Kontext der Standortdebatte, die Frage, „ob der Druck der internationalen Konkurrenz nicht einfach als Vorwand für derartige Umverteilungen[22] von unten nach oben, von den Ärmsten zu den Reichsten und für die Angriffe gegen den Sozialstaat und die Privilegien der Arbeitnehmer“ dient (Gorz; 2000; S. 28f). Im Kontext der älteren Menschen zeigt sich diese Privatisierung der Risiken in der Reform der Pflegeversicherung (vgl. 1.6.3.) und der Rentenversicherung (vgl. 1.6.4.).

Diese Entwicklung führt zu einer Exklusion eines wachsenden Teils der erwerbsfähigen Bevölkerung aus dem Arbeitsmarkt. Darauf folgt eine steigende Armut eines marginalisierten Teils der Bevölkerung. Im Mittelstand wächst die Angst[23] vor dem sozialen Abstieg und bei einem privilegierten Teil der Bevölkerung nimmt der Reichtum zu (Butterwegge; 1999; S. 121ff). Diese Entwicklung wird begünstigt durch eine Steuerpolitik, die die Reichen reicher und die Armen ärmer macht (Butterwegge; 1999; S. 122ff). In Folge dieser Polarisierung wächst die Gefahr einer Entsolidarisierung der Gesellschaft. Die Ausgrenzung von Minderheiten ist mit einer Gefahr für die Demokratie verbunden (Butterwegge; 1999; S. 139ff). Christoph Butterwegge und Bernard Lietaer weisen darauf hin, dass die Zunahme von Ausgrenzung den Zulauf zu rechtsradikalen bzw. rechtspopulistischen Parteien erhöht und die Gewaltbereitschaft zunimmt (Butterwegge; 1999; S. 86ff; Lietaer; 2002; 245ff).

Hieraus wird klar ersichtlich, dass die Krise des Sozialstaates nicht Folge der alternden Gesellschaft ist. Die alternde Gesellschaft ist viel eher Teil dieser beschriebenen Modernisierung und Individualisierung und eine Herausforderung für einen solidarischen Sozialstaat.

All diese beschriebenen Prozesse sind Tendenzen einer noch nicht abgeschlossenen Entwicklung und können dementsprechend nach wie vor in eine andere Richtung beeinflusst werden. Hierzu noch ein älteres Zitat von Konrad Hummel, das nach wie vor aktuell ist:

„Die Altenphase als Endstation ungleicher Verteilung ökonomischer und kultureller Mittel bedeutet Konflikt, der – je offener und mutiger er gesehen wird – ­­ „Heilungschancen“ in sich birgt“ (Hummel; 1988; S. 52).

2.2. Leitlinien für eine nachhaltige Sozialpolitik mit und für ältere Menschen

Die nachfolgenden Leitlinien sollen eine Grundlage für eine nachhaltige Sozialpolitik bilden. Dies soll als Prozess der Erweiterung realer, den Menschen zukommender Freiheiten verstanden werden, was Amatyra Sen als Entwicklung bezeichnet (Sen; 2000; S. 13). In einem so verstandenen nachhaltigen Sozialstaat können ältere Menschen mit größtmöglicher Selbständigkeit leben.

In den erläuterten Leitlinien geht es um eine Darstellung von Grundlagen für ein nachhaltiges, selbstbestimmtes Leben im Gemeinwesen mit älteren Menschen. Sie geben eine Richtung vor, aus der die Strukturen in einem breiten gesellschaftlichen Diskurs entwickelt werden können. Bei all diesen Diskursen ist es notwendig Machtprobleme zu thematisieren und möglichst Begrenzungsregeln zu entwickeln, die Behinderungsmacht möglichst unterbinden[24]. Grundlegend ist zu beachten, dass diese Diskurse zur Entwicklung der einzelnen Strukturen unter partizipatorischen Kriterien stattfinden sollen. Dies ist ein kontinuierlicher Entwicklungsprozess. Die dargestellten Leitlinien sind nicht getrennt von einander zu sehen, sondern stehen in einem systemischen Zusammenhang. Das heißt, jede Leitlinie hat Einfluss auf die anderen Leitlinien und umgekehrt, somit sind diese immer auch im Gesamtzusammenhang zu sehen. Ziel ist eine egalitäre, solidarische Gesellschaft in der die BürgerInnen ihre Gesetze und Strukturen selbst in einem partizipatorischen Prozess entwickeln.

Die nationalen Strukturen sollten nicht nur unter nationalen Gesellschaftsgesichtspunkten, sondern unter Berücksichtigung der globalen Weltengemeinschaft entwickelt werden. Die Strukturen entwickeln sich von den Gemeinwesen, über die Regionen, die Länder zum Bund, hin zum Globalen. Mit Hilfe der Leitlinien können nachhaltige Lebensmodelle mit älteren Menschen im Gemeinwesen entstehen, die durch ihre vielfältige Vernetzung in die verschiedenen Ebenen auch Einfluss auf andere Gemeinwesen haben und umgekehrt.

2.2.1. Partizipatorische Entscheidungsdiskurse

Amatyra Sen weißt darauf hin, dass „die Ausweitung der Verwirklichungschancen der Menschen ein Instrument des sozialen Wandels[25] ist“ (Sen; 2000; S. 351). Ebenso wirkt sich eine Ausweitung der Verwirklichungschancen unmittelbar auf den Wohlstand und die Freiheit der Menschen aus (Sen; 2000; S. 176f). Eine Ausweitung der Verwirklichungschancen braucht eine Stärkung der politischen Partizipationsmöglichkeiten.

Deshalb sollten die gesellschaftlichen Strukturen in einem breiten gesellschaftlichen Diskurs in diesem Sinne entwickelt werden. In diesem gesellschaftlichen Prozess erhalten die BürgerInnen zunehmend alle Entscheidungskompetenzen im Sinne von Selbstverwaltung und Selbstorganisation, der höchsten Form der Partizipation (Schnurr; 2000; S. 1336). Diese beinhaltet die zunehmende Entscheidung öffentlicher Angelegenheiten durch die BürgerInnen. Das Erarbeiten von konsensfähigen Positionen öffentlicher Angelegenheiten steigert auch die Fähigkeit, Konflikte gemeinwohlverträglich zu lösen. Eine solche Partizipation steigert die Identifikation mit dem Gemeinwesen und fördert die Solidarität (Schnurr; 2000; S. 1331). Diese nicht-verfasste direkte Form der Partizipation sollte in eine verfasste direkte Form umgewandelt werden (Schnurr; 2000; S. 1337). Um die über alle Parteigrenzen hinweg geforderte zukunftsfähige Bürgergesellschaft[26] (Deutscher Bundestag; 2002; S. 2) zu etablieren, braucht es im Sinne eines gerechten Austauschs, für die geforderte verstärkte Verantwortungsübernahme auch eine zunehmende rechtlich gesicherte Entscheidungskompetenz der BürgerInnen. Der gesellschaftliche Diskurs geht, im Sinne eines bottom up Prozesses, von der unteren kommunalen Ebene über die Landesebene zur Bundesebene. Benjamin Barber entwirft in seiner starken Demokratie eine solche partizipatorische Politik, in der die BürgerInnen sich unmittelbar selbst regieren (Barber; 1994; S. 146).

„Starke Demokratie als Bürgerbeteiligung löst Uneinigkeit bei Fehlen eines unabhängigen Grundes durch den partizipatorischen Prozess fortwährender, direkter Selbstgesetzgebung, sowie die Schaffung einer politischen Gemeinschaft, die abhängige private Individuen in freie Bürger und partikularistische wie private Interessen in öffentliche Güter zu transformieren vermag“ (Barber; 1994; S. 147).

2.2.2. Gerechter Austausch

Ethnologische Untersuchungen zeigen, dass es eine unausgesprochene Norm des reziproken oder symmetrischen Austauschs gibt. Das heißt, dass bei einem fairen Tausch sowohl Geben als auch Nehmen in einem ausgewogenen Verhältnis stattfinden. Diese Reziprozität im interpersonellen Bereich kann auch auf Organisationen, Gemeinschaften und die Weltgesellschaft übertragen werden. (Staub-Bernasconi; 1995; S. 203ff). Es ist die Aufgabe des Sozialstaates, gerechte Austauschstrukturen zwischen Staat, Wirtschaft und BügerInnen zu entwickeln (Staub-Bernasconi; 1995; S. 211ff)[27]. Der freie Zugang zu z.B. gesunden Lebensmitteln, Bildung, Wohnraum und Trinkwasser sollte selbstverständlich sein[28]. Darüber hinaus sollte sich das Ziel der Gleichbehandlung von Frauen und Männer stärker in der Praxis niederschlagen. Dies beinhaltet auch, dass die Verantwortung für die Reproduktionsleistungen der Pflege von Kindern, Kranken, Behinderten und älteren Menschen nicht überwiegend den Frauen aufgebürdet wird.

2.2.3. Marktbegrenzung

Peter Ulrich sieht eine Lösung weder in „einer wirtschaftsliberalen („neoliberalen“) Politik, die in der Marktöffnung und Wettbewerbsintensivierung schon das hinreichende Rezept dafür sieht, dass alles gut wird“ noch in „herkömmlicher kompensatorischer Sozialpolitik, die bloß die symptomatischen Folgen der strukturellen Ohnmacht der Bürger mit nachträglicher Umverteilung ein Stück weit zu korrigieren versucht, ohne an den tiefer liegenden Ursachen etwas zu ändern“ (Ulrich; 2002; S. 92). Er sieht in dem republikanisch-liberalen Leitbild einen „dritten Weg“, einen emanzipatorischen Ansatz „einer voll entwickelten Bürger[Innen]gesellschaft“ (Ulrich; 2002; S. 92), „das heißt einer Gesellschaft freier und gleicher Bürger[Innen]“ (Ulrich/Maak; 2000; S. 19).

In seiner „Integrativen Wirtschaftsethik“ geht er davon aus, dass in einem breiten gesellschaftlichen Diskurs die Normen entwickelt werden sollten, in welchen Sphären der Markt begrenzt wird[29]. Dies beinhaltet z.B. die Grenzwerte der Minimal- Maximallöhne, Emissionen, der Lebensmittelbelastung oder die Marktausschaltung, z.B. sollten Gesundheit, Bildung und Kulturgüter nicht von Kaufkraft oder Kaufbereitschaft abhängen[30] (Ulrich; 1997; S. 374ff). Diese Einbettung der Marktwirtschaft in eine höhere Gesamtordnung ist ein fundamentaler Teil der gesellschaftlichen Aushandlungsprozesse.

[...]


[1] Aufgrund des metatheoretischen Hintergrunds ist die Trennung von Sozialpädagogik und Sozialarbeit nicht mehr gegeben, weshalb ich in dieser Arbeit auch grundsätzlich den Terminus Soziale Arbeit verwende (Staub-Bernasconi; 2000; S. 737f; vgl. Punkt 3.2.).

[2] GeroStat – Statistik online frei zugängliche gerontologisches Fachinformationssystem mit statistischen Daten und Informationen zum Thema „Alter(n)“ (http://www.gerostat.de).

[3] Die „Rürup – Kommission“ macht in ihrem Abschlussbericht den Vorschlag einer stufenweisen Anhebung der Regelaltersgrenze auf 67 Jahre im Jahre 2035 (Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherheit (BMGS); 2003; S. 82).

[4] Vergleiche auch den Jahresbericht über die Gleichbehandlung und Antidiskriminierung 2003 der Europäischen Kommission (Europäische Kommission; 2003a).

[5] Kurt Langbein und Bert Ehgartner beschreiben in ihrem Buch „Das Medizinkartell“ die sieben Todsünden der Gesundheitsindustrie, die Verquickung der Medizin mit der pharmazeutischen Industrie. Diese Gesundheitsindustrie lebt überwiegend von Symptombehandlungen. Das heißt, es werden Symptome als Ursachen von Krankheiten gesehen und mittels Medikamenten behandelt. Als Beispiel sei hier die Senkung des Cholesterinspiegels bei herzinfarktgefährdeten Menschen genannt. In einer Studie wurde nachgewiesen, dass eine Änderung der Lebensgewohnheiten, wie z.B. anderes Essen, mehr Bewegung oder ein offener Umgang mit Gefühlen, den Cholesterinspiegel genauso gut senkt wie Medikamente, die Gefäßverengung sogar nur durch die Veränderung der Lebensgewohnheiten rückgängig gemacht werden konnte (Langbein/Ehgartner; 2002; S. 232ff). Das Medizinkartell ist aber nicht an gesunden Menschen interessiert, da an kranken Menschen verdient wird (Langbein/Ehgartner; 2002; S. 361). Die in Punkt 1.1.1. beschriebene höhere Lebenserwartung geht am wenigsten auf die Fortschritte in der Medizin zurück. Veränderungen des Lebensstils haben hierauf einen höheren Einfluss (Langbein/Ehgartner; 2002; S. 185ff). Gleichzeitig wird der natürliche Sterbeprozess durch High-Tech-Medizin verlängert, weil die Ärzte dazu verpflichtet sind, auch in aussichtslosen Fällen, den Kampf gegen den Tod weiterzuführen (Langbein/Ehgartner; 2002; S. 186).

[6] Dies sind die primären oder mikrosoziale Netzwerke (Bullinger/Nowak; 1998; S. 70ff).

[7] Hermann Bullinger und Jürgen Nowak weisen darauf hin, dass Frauen eher Unterstützung leisten, als dass sie Unterstützung empfangen (Bullinger/Nowak; 1998; S. 113f).

[8] Bei der Theorie des sozialen Kapitals wird davon ausgegangen, dass soziale Netzwerke Wirkungen hervorrufen und für die beteiligten Menschen einen Wert darstellen. Über diesen internen Effekt hinaus gibt es einen externen, öffentlichen Effekt, weil durch soziale Netzwerke Vertrauen entsteht, so dass zum Beispiel bei einer hohen Dichte sozialer Beziehungen die Kriminalitätsrate sinkt. Das heißt, auch Menschen, die nicht direkt an den sozialen Netzwerken beteiligt sind, profitieren davon. So wird Sozialkapital zu einem „öffentlichen Gut“ (Putnam; 2001; S. 20f). Zu einem einführenden Überblick zu diesem Begriff, siehe Putnam; 2001; S. 11-43; Wendt; 2002; S. 159-166).

[9] Frank Nestmann bezieht sich hier auf Untersuchungen von 1960 und 1981, das heißt, innerhalb von gut 20 Jahren ist die Bereitschaft, Hilfe außerhalb des Familiekreises zu suchen, von 13% auf 26 % gestiegen (Nestmann; 1987; S. 272f). Die letztere Untersuchung ist demnach wiederum mehr als 20 Jahre alt und es kann davon ausgegangen werden, dass die Bereitschaft weiter gestiegen ist.

[10] „Die empirische Netzwerkforschung bestätigt den berühmten „Matthäus-Effekt“, benannt nach dem Jesuszitat im Matthäus Evangelium: “Denn wer da hat, dem wird gegeben werden, dass er die Fülle habe; wer aber nicht hat, von dem wird auch genommen, was er hat“ (Matthäus 13,12)“ (Keupp; 1998; S. 287).

[11] Die Zahl der ermittelten Pflegebedürftigen unterscheidet sich zu anderen Vorausberechnungen, je nach Annahmen. So kommt der medizinische Dienst der Spitzenverbände der Krankenkassen auf folgende Ergebnisse: Ein Anstieg der Pflegebedürftigen bis 2020 auf 2,4 Millionen, bis 2040 auf 2,9 Millionen (DIW: rund 3,9 Millionen). Rothgang/Vogler kommen je nach Variante auf folgende Ergebnisse: Im Jahre 2020 liegt die Zahl der Pflegebedürftigen zwischen 2 Millionen und 2,2 Millionen, 2040 zwischen 2,3 Millionen und 2,8 Millionen (DIW; Wochenbericht 5/01).

[12] 86 % der Teilzeitbeschäftigten waren im Jahre 2002 Frauen (Statistisches Bundesamt; 2003; S. 55).

[13] Vergleiche auch den Artikel „Pflegediensten droht der Ruin“ von Sven Loerzer in der Süddeutschen Zeitung vom 22.08.2003.

[14] In der Rürup-Kommission wurden grundlegende Konzepte zur langfristigen Reform des Gesundheitssystems entwickelt: die Bürgerversicherung und das Modell pauschaler Gesundheitsprämien. Durch die Bürgerversicherung würden alle Gesellschaftsmitglieder in die Finanzierung einbezogen, um das Solidaritätsprinzip zu erhalten. Dies steht aber bei dem Modell pauschaler Gesundheitsprämien in Frage, da diese zunächst denen nützt, die viel verdienen. Ein Ausgleich soll hier steuerfinanziert geschaffen werden (SZ vom 31.07.2003; BMGS; 2003; S. 148ff).

[15] Hierzu gibt es ein Ulmer Modellvorhaben zur „Verminderung von sturzbedingten Verletzungen bei Alten- und Pflegeheimbewohnern (Becker et al; 2001).

[16] Vergleiche in diesem Kontext das Versorgungskonzept der Deutschen Alzheimer Gesellschaft (Tschainer; 2002; S. 101ff), in dem auch Vorschläge zur Veränderung des Leistungskatalogs der Pflegeversicherung gemacht werden, um Demenzkranke besser zu berücksichtigen (Tschainer; 2002; S. 101ff). Die Rürup-Kommission hat sich in ihren Ausführungen zur Sozialen Pflegeversicherung für eine Leistungsausweitung für Demenzkranke ausgesprochen (BMGS; 2003; S. 197ff).

[17] Das Statistische Bundesamt weist in der Pflegestatistik 2001 auf einen Trend zur professionellen Pflege hin. „So ist die Anzahl, der durch ambulante Dienste Betreuten, [im Vergleich zu 1999], um 4,7 % (19.000) und die in Heimen Versorgten um 5,4 % (31.000) gestiegen“. Der Anteil der zu Hause versorgten ist von 71,6 % auf 70,4 % gesunken (Statistisches Bundesamt; 2003; S. 3f).

[18] Seit der Rentenreform von 1957 ist dies faktisch ein „Zwei-Generationen Vertrag“, zwischen den „Erwerbstätigen“ und den „Nicht-Mehr-Erwerbstätigen“. Ende der fünfziger Jahre gab es einen Vorschlag, der die Ausdehnung auf die „Noch-Nicht-Erwerbstätigen“ beinhaltete, hin zu einem „Drei-Generationenvertrag“. Dieser konnte sich aber nicht durchsetzen, hätte aber durch die Zahlung einer Kindheits- und Jugendrente die notwendige Betreuungsarbeit honoriert und so auch „eine Kompensation von systemimmanenten Begünstigungseffekten Kinderloser“ bedeutet (Kondratowitz; 1997; S. 20ff). In der Rürup-Kommission war im Kontext der „Rentenstaffelung nach der Kinderzahl“ ein „Drei-Generationenvertrag“ in der Diskussion. Kindererziehung komme zwar der gesamten Gesellschaft zu Gute, aber gerade deshalb solle sich der Staat an den Kosten der Kindererziehung über das allgemeine Steuerrecht beteiligen und nicht über die Rentenversicherung (BMGS; 2003; S. 117).

[19] Eine kritische Einführung in diese Debatte siehe die Artikel von Warnfried Dettling, Cora Stephan und Udo Perina, in Zeit Punkte; 1/1996; S. 46-56 und in Gitschmann; 1998; S. 150ff.

[20] Seit 1973 steigt die Arbeitslosigkeit, wenn auch mit Erholungspausen, kontinuierlich an (Statistisches Bundesamt; 2002; S. 86). Vergleiche auch die Ausführungen von Bernard A. Lietaer in Lietaer; 2002; S.235ff.

[21] Einführend zum Thema Globalisierung siehe Ulrich Beck; 1998.

[22] Andre Gorz stellt vor dieser Frage folgenden Sachverhalt dar: „In Deutschland machten die Nettolöhne 1978 einen Anteil von 54% des verfügbaren Nationaleinkommens aus. Die Vermögenseinkommen repräsentierten 22% und die Sozialleistungen und Renten 23%. 1994 war der Anteil der Löhne auf 45 % gefallen (was einem Rückgang von 17% entspricht), der Anteil der entnommenen Unternehmensgewinne und Vermögenseinkommen stieg auf 33% (was einer Steigerung um 50% entspricht). In konstanter Kaufkraft gerechnet, sind die Gewinne zwischen 1979 und 1994 um 9o% gestiegen, die Löhne um 6%, aber der Anteil der Gewinnsteuern am gesamten Steueraufkommen ist während dieser fünfzehn Jahre um die Hälfte zurückgegangen, von 25 auf 13%. 1969, in einer Phase starken wirtschaftlichen Wachstums, lag er bei 35%. Zugleich ist die deutsche Investitionsquote auf das seit Gründung der BRD niedrigste Niveau gefallen“ (Gorz; 2000; S. 28). Vergleiche auch den Artikel „Die große Umverteilung“ von Thomas Öchsner in der Süddeutschen Zeitung Nr. 217 vom 20/21.09.2003; S. 21.

[23] Laut einer Umfrage des Forsa/Instituts im Auftrag der DAK im Jahre 2002, gaben 43% der Befragten an, Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes zu haben (DAK; 2002).

[24] Silvia Staub-Bernasconi geht davon aus, dass „Gesellschaft ohne Machtprozesse und -strukturen nicht denkbar ist“ (Bernasconi; 1995; S. 277). Deshalb problematisiert sie nicht Macht an sich, sondern nur Behinderungsmacht. „Sie ist es dann, wenn Menschen, Mitglieder von gesellschaftlichen Gruppen, Regionen, Nationen, Organisationen usw. vorübergehend oder dauernd auf niedrigem bis tiefstem Ausstattungsniveau festgehalten, (allen) Existenzrisiken ausgesetzt, psychisch oder technisch manipuliert, symbolisch kolonialisiert und sozioökonomisch ausgebeutet werden“ (Bernasconi; 1995; S. 247). Dagegen ist Begrenzungsmacht so „konstruiert, dass sie keine unbehinderte, partikuläre Interessenmaximierung auf Kosten der Bedürfnisbefriedigung anderer Menschen zulassen“ (ebd.; vgl. Staub-Bernasconi; 1998; S. 24ff).

[25] Joachim Raschke definiert sozialen Wandel folgendermaßen: „Unter Sozialem Wandel wird eine Veränderung in grundlegenden Strukturen der Gesellschaft verstanden. Die Veränderungen können im sozioökonomischen, politischen und soziokulturellen Bereich liegen. Sie können z.B. Institutionen, Verhaltensmuster, Wert- und Normensysteme umfassen“ (Raschke; 1987; S. 387).

[26] Bei der Debatte um bürgerschaftliches Engagement darf die Gefahr nicht übersehen werden, dass die BürgerInnen instrumentalisiert werden, um Geld zu sparen (Alinsky; 1999; S. 175f; vgl. 4.1.), und sich so der Staat aus seiner sozialstaatlichen Verantwortung ziehen kann. Im Sinne eines gerechten Austauschs sollte deshalb eine Zunahme von Pflichten auch durch eine Zunahme von Rechten ausgeglichen werden.

[27] Bei der derzeitigen Debatte um den aktivierenden Staat, mit z.B. der „Fördern und Fordern Konzeption“ der Arbeitsmarktpolitik, kann nicht von einem fairen Austausch die Rede sein, weil der Pflicht des Bürgers jedes Arbeits- oder Eingliederungsangebot anzunehmen, nicht die „Pflicht des Staates gegenübersteht, in ausreichendem Maße solche passgenauen Angebote auch tatsächlich vorzuhalten“ (Trube; 2002; S. 619).

[28] Das GATS (Gneral Agreement on Trade with Seervice) Abkommen, welches die Liberalisierung des gesamten Dienstleistungsbereichs auf seiner Agenda stehen hat, stellt dies derzeit in Frage. Auch die Wasserversorgung, das Bildungs- und Gesundheitswesen sollen in diese Liberalisierung einbezogen werden (Crummenerl; S. 2).

[29] Auch Amartya Sen weist in seinem Buch „Ökonomie für den Menschen“ darauf hin, dass der Markt von den politischen und sozialen Rahmenbedingungen abhängt und die gebotenen Chancen einigermaßen gleich verteilt sein sollten (Sen; 2000; S. 176). An anderer Stelle führt er aus: „Die Nutzung demokratischer Vorrechte – sowohl politischer Freiheiten als auch bürgerlicher Rechte – ist, neben anderen Funktionen, ein entscheidender Teil beim Zustandekommen wirtschaftspolitischer Entscheidungen. Ein Ansatz, der Freiheit zum zentralen Anliegen macht, muss die partizipatorischen Freiheiten in den Mittelpunkt der Analyse staatlicher Maßnahmen stellen“ (Sen; 2000; S. 176). Amatyra Sen ist somit ebenfalls der Meinung, dass die sozialen und politischen Rahmenbedingungen des Marktes durch einen hohen Partizipationsgrad der BürgerInnen entwickelt werden sollten.

[30] Vergleiche auch Silvia Staub-Bernasconi; 1995; S.376.

Excerpt out of 145 pages

Details

Title
Entwicklung eines nachhaltigen Lebensmodells für ältere Menschen im Gemeinwesen
College
Munich University of Applied Sciences  (Soziale Arbeit)
Grade
1
Author
Year
2003
Pages
145
Catalog Number
V22648
ISBN (eBook)
9783638259293
ISBN (Book)
9783638713375
File size
1169 KB
Language
German
Keywords
Entwicklung, Lebensmodells, Menschen, Gemeinwesen
Quote paper
Alexander Thomas (Author), 2003, Entwicklung eines nachhaltigen Lebensmodells für ältere Menschen im Gemeinwesen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/22648

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