„Pokhran-II tests fulfilled all objectives“, titelte der indische „Hindu“ am 21. Juli 2001. Der zweite Anlauf zur Entwicklung von Kernwaffen war ein voller Erfolg. “Pokhran-II nuclear tests in May 1998 were ‘completely successful’ in meeting the objectives for which they were carried out, according to Dr. R. Chidambaram, ex- chairman of the Atomic Energy Commission.”1 Aus der Perspektive des Spezialisten für „nuclear devices“, Dr. R. Chidambaram, endete mit diesen Tests nach einigen Jahrzehnten Wartezeit das Projekt „Nuklearmacht Indien“ mit einem Arsenal eigener Atomwaffen. Für die Politik – insbesondere die internationalen Beziehungen – fangen die Probleme an dieser Stelle erst an. Denn die „objectives for which they were carried out“ bedeuten für den Atomphysiker etwas ganz anderes als für den Politiker.
Um Pokhran-II zu verstehen, bedarf es nicht nur einer genauen, äußeren Betrachtung des indischen Status in der Welt. Diese Betrachtung wird uns an späterer Stelle viele aufschlussreiche Fakten zur Einschätzung Indiens innerhalb des Staatengefüges geben. Zusätzlich muss abseits dieser Fakten aber noch eine andere Ebene Beachtung finden: die Differenz zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung des indischen Staates.
Der Einfluss eines Staates und auch seine Macht hat in gravierendem Ausmaß mit der Wahrnehmung desselben von außerhalb zu tun. Die äußere Einschätzung der militärischen Fähigkeiten, der politischen Legitimation und des wirtschaftlichen Potentials entscheidet darüber, ob sich ein Staat (auf friedlichem Wege) Gehör verschaffen kann. Aus diesem Grund ist die beschriebene Perzeptionsdifferenz in hohem Maße relevant für die Fragestellung dieses Essays. Ist Indien also – zugespitzt formuliert – ein kaum transparentes und zu groß geratenes
Entwicklungsland oder gebührt ihm als eine der ältesten Kulturnationen der Erde mit der zweitgrößten Bevölkerung und beachtlichen technologischen Leistungen in bestimmten Sektoren nicht vielmehr eine exponierte Stellung in der Welt - mit ständigem Sitz im Sicherheitsrat der VN?
Inhaltsverzeichnis
- Indien. Emerging Power?
- Pokhran-II auf Drängen der Staatengemeinschaft
- Außenpolitik nach Pokhran-II
- Einfluss als messbare Größe
- Indiens Einfluss auf einzelne Staaten der Region Südasiens
- Die Akzeptanz Indiens als Weltmacht
- Der Status-quo Indiens
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Dieser Essay analysiert, inwieweit Indien seit den Nukleartests von 1998 eine einflussreiche Rolle in der internationalen und regionalen Politik einnehmen konnte.
- Indiens Selbstwahrnehmung als aufstrebende Weltmacht im Vergleich zur Wahrnehmung Indiens durch andere Staaten
- Die Rolle der Nukleartests von 1998 (Pokhran-II) in der indischen Außenpolitik
- Die Auswirkungen der Nuklearisierung auf Indiens Einfluss in Südasiens und global
- Die Herausforderungen und Chancen für Indien, eine führende Rolle in der internationalen Politik einzunehmen
- Indiens Positionierung im internationalen System und seine Beziehung zu anderen Großmächten
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel untersucht die Frage, ob Indien als „Emerging Power“ betrachtet werden kann und analysiert die unterschiedlichen Perspektiven auf Indiens Rolle in der Welt. Das zweite Kapitel beleuchtet die Hintergründe und Folgen der Nukleartests von Pokhran-II, die Indiens Nuklearisierung einleiteten. Im dritten Kapitel werden die Auswirkungen dieser Nuklearisierung auf die indische Außenpolitik und Indiens Einfluss in der Region und global beleuchtet.
Schlüsselwörter
Indiens Außenpolitik, Pokhran-II, Nukleartests, Nuklearisierung, Emerging Power, Weltmacht, Südasiens, Internationale Beziehungen, Staatengemeinschaft, Selbst- und Fremdwahrnehmung, Einfluss, Macht, Status quo.
- Arbeit zitieren
- Christof Niemann (Autor:in), 2004, How successful has india been in achieving a role of influence in international and regional politics since the nuclear tests of 1998?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/22859