Die phänomenologische Pädagogik


Referat (Ausarbeitung), 1998

16 Seiten, Note: 1,0

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

0. Vorbemerkung

1. Einleitung

2. Phänomenologie - ein Überblick

3. Die phänomenologische Methode Edmund Husserls

4. Phänomenologie in der Pädagogik
4.1 Von der Transzendentalität zur Lebenswelt
4.2 Die phänomenologische Methode in der Pädagogik

5. Thematische Reflexion über den Seminarverlauf
5.1 Die Grenzen und Möglichkeiten der phänomenologischen Methode in der Pädagogik

6. Persönlicher Schluß

Literaturverzeichnis:

0. Vorbemerkung

Die vorliegende Arbeit versteht sich als begleitendes und vertiefendes Reflektieren über den Inhalt und den Verlauf der Sitzungsgestaltung vom 29.05.1998 innerhalb des Proseminars "Hermeneutik - Empirie - Ideologiekritik. Einführung in die Methoden der Erziehungswissenschaft" zu dem Thema: "Die Wahrnehmung der Lebenswelt. Phänomenologie und Pädagogik" Daraus folgt, daß die Gliederung der Referatsbeiträge beibehalten wird, bei gleichzeitiger Einarbeitung zusätzlichen Materials, um eine etwas umfassendere Darstellung des Themenkomplexes geben zu können, als dies im Verlauf einer Seminarsitzung möglich ist. Im Mittelpunkt dieser Arbeit steht demnach das Kapitel "Phänomenologie" aus HELMUT DANNERs "Methoden geisteswissenschaftlicher Pädagogik" (1994).

1. Einleitung

"Die Wahrnehmung der Lebenswelt. Phänomenologie und Pädagogik."

Der Titel dieser Arbeit, wie auch des Seminars, ist zugleich als gliederndes Programm zu verstehen. "Phänomenologie und Pädagogik", diese Zusammenstellung sagt aus, daß eine Verbindung zwischen ihnen herrschen muß die es gilt, herauszuarbeiten und darzustellen. Doch wird ebenso deutlich, daß, bevor von einer pädagogischen Phänomenologie oder einer phänomenologischen Pädagogik die Rede sein kann, jeder Begriff für sich geklärt werden muß. In unserem Kontext bedeutet dies insbesondere, daß zunächst die Grundvoraussetzungen der Phänomenologie dargestellt werden, um dann anschließend eine Verbindung derselben zur Pädagogik herstellen zu können. Des weiteren impliziert der angeführte Titel, daß die "Lebenswelt" bei dieser Zusammenführung eine Rolle spielt.

Hieraus folgt, daß zuerst die Phänomenologie in groben Zügen gekennzeichnet wird, wie sie EDMUND HUSSERL, als Begründer dessen, was heute unter Phänomenologie verstanden wird, entwickelt hat, um dann die methodologischen Schritte zu kennzeichnen, die ihn zum Ziel seiner Phänomenologie führen sollen, der Wesenserfassung aller Phänomene.

Um den Übergang zur Phänomenologie innerhalb der Pädagogik zu erleichtern, wird kurz der "Lebenswelt"- Begriff MERLEAU- PONTYs eingeführt, auf den die heutige phänomenologisch orientierte Pädagogik zum großen Teil aufbaut.

Anschließend wird auf den Ausgangstext dieser Seminarsitzung eingegangen: "Die phänomenologische Pädagogik in der geisteswissenschaftlichen Pädagogik" (DANNER 1994). Besonderes Augenmerk finden die methodischen Schritte der phänomenologischen Pädagogik als eine Veränderung von denjenigen der Husserl´schen Phänomenologie.

Eine Betrachtung über den Verlauf der Seminarsitzung führt zu einem Nachdenken über Grenzen und Möglichkeiten der phänomenologischen Methode als adäquate Methode der Erziehungswissenschaften, indem auf besondere von KommilitonInnen geäußerte Probleme eingegangen wird. Diese Arbeit abschließen wird eine persönliche Stellungnahme über die Auseinandersetzung mit der Phänomenologie.

2. Phänomenologie - ein Überblick

Zunächst einige Worte zur Biographie des Begründers der Phänomenologie: (vgl. PRECHTL 1991, S.11- 17) Edmund Husserl wurde an 8. April 1859 in Preßnitz, Mähren, in der heutigen Tschechischen Republik geboren. Er war jüdischer Abstammung. 1876 nahm er das Studium der Physik, Astronomie und vor allem Mathematik in Leipzig auf und wechselte zwei Jahre später nach Berlin. Seine Dissertation behandelte die Theorie der Variationsrechnung. Doch in den Jahren 1884- 1886 zeigte sich ein zunehmendes Interesse an der Philosophie, da er nach Wien ging um bei Franz Brentano zu studieren. In dessen "Psychologie vom empirischen Standpunkt" findet man wichtige Anregungen für die von Husserl entwickelte Phänomenologie. Sein erstes großes Hauptwerk, die "Logischen Untersuchungen", bildet den Ausgangspunkt für ein lebenslanges Ringen um die Weiterentwicklung der Phänomenologie, die er mit dem Anspruch verband, eine Grundlegung für alle Wissenschaften zu legen. Weitere Werke sind vor allem die 1913 erschienenen "Ideen zu einer reinen Phänomenologie und phänomenologischen Philosophie" sowie sein letztes Werk "Die Krisis der europäischen Wissenschaften und die transzendentale Phänomenologie" (1935).

1906 erhielt Husserl eine Professur in Göttingen und wechselte 1916 nach Freiburg, wo er bis zu seiner Emeritierung 1928 verblieb. U.a. Martin Heidegger war dort sein Schüler und Lehrstuhlnachfolger.

1935 wurde ihm Lehrverbot erteilt, wobei gerade Heidegger eine unrühmliche Rolle gespielt haben soll. Edmund Husserl starb am 27. April 1938.

Neben Heidegger sind insbesondere die französischen Existentialisten, allen voran Jean Paul Sartre, zu nennen, die durch die Husserl´sche Phänomenologie stark beeinflußt worden sind. Heute wird Husserl mehr zergliedert; verschiedene Teildisziplinen wie die Pädagogik greifen sich einzelne Aspekte aus dem Husserl´schen Ansatz heraus. Bei uns Pädagogen ist die Lebenswelt von großer Bedeutung, die zuvor von anderen Philosophen wie Merleau- Ponty aufgegriffen wurde.

Zu den Sachen selbst lautet die oberste Maxime, die Parole der Phänomenologie, unter welcher, der Wortbedeutung nach, einstweilen die Lehre von den Erscheinungen zu verstehen ist. Die Sachen selbst, die reinen Phänomene, alles Gegebene ist der Gegenstand der Husserl´schen Phänomenologie, die sich als eine, zunächst objektgebunden scheinende, weil auf Gegebenheiten, auf Erscheinungen, auf Phänomene bezogen, Erkenntnistheorie darstellt mit dem Anspruch, eine Grundlegung für alle Wissenschaften geben zu können. Um diesem Anspruch genüge zu leisten, muß ihr Gegenstand universal, darf nicht eingeschränkt sein; alle Erscheinungen, alle Phänomene, alles Seiende gilt es zu erfassen, um, so DANNER, zu der letzten Gewißheit vordringen zu können, auf der alle Wissenschaften aufbauen können und müssen; mit einem Wort: "Welt" ist ihr Gegenstand (vgl. 1994, S123).

Im wesentlichen zwei Grundannahmen lassen Husserl überzeugt sein, daß er sein Ziel, Grundlegung eines Fundamentes für alle Wissenschaften, erreichen kann. Zum einen nimmt er Bezug auf die platonische Methode der Ideenschau, welche besagt, daß allem Seienden eine Idee, eine letzte Gewißheit zugrundeliegt, welche sich im Verlauf der Ideation herauskristallisieren kann als das Unbewegliche in der Bewegung, das Allgemeine im Besonderen, das Invariante in Varianten (vgl. LOCH 1983, S.158).

Neben dieser Annahme, daß "formale und wesentliche Regelstrukturen als solche" (ORTH 1989, S.246) existieren, stellt sich die zweite Grundbedingung Ohne, so betont ORTH; die Existenz einer äußeren, absoluten Existenz zu leugnen (vgl. ebd., S.247), fragte Husserl nicht, was "Welt" sei, vielmehr interessierte er sich für das wie uns Menschen das Seiende, die Phänomene, wie uns "Welt" gegeben sei.

Ebenso wie "Welt" wird auch der Mensch als etwas an sich gegebenes betrachtet, d.h. er besitzt eine Leiblichkeit, welche allein durch ihr existieren "Welt" wahrnimmt. Über die wahrnehmende Leiblichkeit gelangt Husserl zu der Aussage, daß "Welt" für uns Menschen nur in unserem wahrnehmenden Bewußtsein als Bewußtseins- Gegebenheit vorhanden ist.

"Denn" so schreibt DANNER, diesen Sachverhalt ausdrückend, "eine andere Welt als sie für uns ist, gibt es [für uns] nicht" (S.123).

Diese zwei Voraussetzungen, also die Annahme regelhaft wesentlicher Formen und die ursprünglich leibliche Gegebenheit des Menschen, führen Husserl dazu, seine Phänomenologie als eine Transzendental- oder Konstitutionsphilosophie darzulegen. Transzendental deshalb, weil der Ort der Phänomen- Warnehmung von Husserl als vor- psychologisches Bewußtsein bezeichnet wird, womit er ausdrückt, daß allein die Tatsache des a priorischen leiblich Gegeben- Seins für die Wahrnehmung verantwortlich ist, noch vor dem, was man mit Wach- oder Selbst- Bewußtsein bezeichnen könnte. Diesen «Ort» der Wahrnehmung meinend spricht Husserl von transzendentaler Subjektivität. Konstitutiv ist dieser Ansatz deshalb, da "Welt" (für uns) nur in unserem Bewußtsein entsteht, also konstituiert wird, und andersherum wir uns als Subjekt nur über die Wahrnehmung der Phänomene selbst- bewußt werden. HUSSERL bezeichnet diesen Tatbestand als "vor- weltliche Transcendentalität der seins- konstituierenden Subjektivität" (zitiert nach DANNER 1994, S.233, Anm. 21.).

Der Prozeß der wechselseitigen Konstitution von "Welt" bzw. Ich wird von DANNER in folgendem Schema (Abb. Ähnlich) ausgedrückt:

Bewusstsein <- - Intentionalität - - > Gegenstand.

Die Intentionalität drückt das gegenseitige Gerichtet- Sein aufeinander aus, anhand dessen eine Wechselbeziehung zwischen Subjekt und Phänomen deutlich wird.

Seine Hoffnung, dem eigenen Anspruch genüge zu leisten und mit der Phänomenologie zu den Sachen selbst zu gelangen, das Seiende bis zur letzten Gewißheit erkennen zu können, zieht Husserl aus der von ihm als gegeben betrachteten Möglichkeit, diesen Ort der Welt- Konstitution innerhalb der transzendentalen Subjektivität erreichen zu können, um dort "in ausdrücklicher Anlehnung an Platon [mit]"ideierende[r] Abstraktion" oder...Ideation" (LOCH 1983, S.159) das Wesen der als intentionale Bewußtseins- Gegebenheiten vorhandenen Phänomene zu erkennen . Wie deutlich zu sehen, gibt es einen wichtigen Unterschied zwischen der platonischen und der Husserl´schen Wesensauffassung. Jener propagierte eine metaphysische Herkunft der Ideen außerhalb der weltlichen Existenz, während die Transzendentalität Husserls eine Form ins äußerste getriebene Abstraktion darstellt und der Ort der Konstitution von Welt ins menschliche Bewußtsein gelegt wird. Somit erklärt sich das Ziel Husserls, allen Wissenschaften ein sicheres Fundament geben zu können (zum methodischen Vorgehen Husserls siehe Kap. 3 dieser Arbeit). Die angeführte Unterscheidung zwischen der platonischen Idee und dem Husserl´schen Wesen weist auf einen Unterschied hin zwischen tranzendent und transzendental: Husserls Begriff Wesen, als im menschlichen Bewußtsein zu erkennendes, ist ein bloß transzendentaler Begriff, wohingegen die Idee Platons als metaphysische Größe transzendent zu nennen ist.

Den Abschluß dieses Überblicks über Husserls als Transzendentalphilosophie dargestellte Phänomenologie soll eine Definition des Begriffs "Phänomen" bilden, welche DANNER im Sinne Husserls anführt:

"Phänomene sind die intentionalen Gegenstände (sofern Bewußtsein auf sie gerichtet ist), und sie sind die intentionalen Bewußtseinsakte (sofern dem Bewußtsein Gegenstände gegeben sind, auf die es sich richtet)" (S.125; Hervorhebungen durch den Autor).

3. Die phänomenologische Methode Edmund Husserls

(vgl. DANNER 1994; Kap.1, S.122- 135)

Nachdem jetzt einige zentrale Begriffe der Husserl´schen Phänomenologie für das Thema dieser Arbeit geklärt sind, widmet sich dieses Kapitel der Frage, welche methodischen Schritte zu vollziehen sind, um zu dem Ort zu gelangen, an dem das Wesenhafte aller Phänomene erkannt werden kann, an welchem Erkenntnis bis zur letzten Gewißheit möglich ist. Dieser Ort ist die oben beschriebene transzendentale Subjektivität als Endpunkt der methodischen Schritte der Phänomenologie Husserls nach DANNER.

Bewusstsein <- - Intentionalität - - > Gegenstand.

Um dieses Schema richtig zu verstehen ist es notwendig noch einmal zu betonen, daß die vier unterschiedenen Ebenen als Bewußtseinsebenen zu verstehen sind. Wie oben dargestellt, führte Husserls «Faustisches» Erkenntnisinteresse dessen, was die Welt im innersten zusammenhält, zur Etablierung der transzendentalen Subjektivität als vor- psychologische Bewußtseinsebene, auf welcher, durch abstrahierende Reflexion, das Wesen der als Bewußtseins- Inhalte verstandenen Phänomene erkannt oder geschaut werden kann (s. obige Abbildung).

[...]

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Die phänomenologische Pädagogik
Hochschule
Eberhard-Karls-Universität Tübingen  (Erziehungswissenschaften)
Veranstaltung
Seminar: Geisteswissenschaftliche Methoden der Erziehungswissenschaft
Note
1,0
Jahr
1998
Seiten
16
Katalognummer
V22945
ISBN (eBook)
9783638261661
Dateigröße
527 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Pädagogik, Seminar, Geisteswissenschaftliche, Methoden, Erziehungswissenschaft
Arbeit zitieren
Anonym, 1998, Die phänomenologische Pädagogik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/22945

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