Hegemoniale Stabilität USA


Studienarbeit, 2012

19 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Theorie der Hegemonialen Stabilität

3. Die Außenpolitik der USA in der Retrospektive
3.1. Der Weg der USA zum Staat – Säulen der amerikanischen Ideale
3.2. Die Geschichte der amerikanischen Außenpolitik – zwischen Idealen und Realität

4. Globale Machtverteilung der Gegenwart
4.1. ökonomische Dimension der Macht
4.2. militärische Dimension der Macht

5. Außenpolitik der Weltmächte im 21. Jh
5.1. abgeschwächte Hegemonialpolitik der USA
5.2. abgeschwächte Balancepolitik der Weltmächte

6. Fazit – USA der Hegemon des 21. Jh. ?

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die Vereinigten Staaten von Amerika blicken auf eine vergleichsweise junge, jedoch intensive Geschichte zurück, gezeichnet von blutigen Kämpfen um Freiheit, Gleichheit und Frieden. Dies ist auch der Grund, weshalb die amerikanische Bevölkerung eine spezielle Bindung zu den Werten ihrer Gründungsväter hegt. Was mit den Unabhängigkeitskriegen begann setzt sich bis in das 21. Jahrhundert fort. Die USA tragen den Stolz über die eigene Freiheit und Unabhängigkeit tief in ihrer Brust und sind gewillt diese bis aufs Äußerste zu verteidigen. Aus der einstigen Sicherung idealistischer Werte ist ein expansives Streben geworden. Die Demokratisierung der Welt nach amerikanischem Vorbild ist nun eines der zentralen Ziele der Außenpolitik. Dabei greifen die USA nicht selten auf ihre militärischen Ressourcen zurück. Die Frage ist nun, in wie weit dieses Hegemonialstreben berechtigt, begründet und gebilligt ist. Doch Hegemonialstreben und machpolitische Ressourcen alleine reichen im Sinne des ökonomischen Realismus nicht aus, um den Status einer Hegemonialmacht zu erlangen. Das entscheidende Kriterium ist die Akzeptanz der nach Führung strebenden Nation durch das internationale Staatensystem. Die vorliegende Arbeit wird sich mit dem hegemonialen Anspruch der USA in der Welt auseinandersetzen und versuchen die folgenden Teilfragen zu klären: Verfügen die USA im globale Vergleich über ausreichende ökonomische und militärische Machtressourcen, um einen Führungsanspruch geltend zu machen? Wie ist der Führungsanspruch der USA historisch begründet und erfüllen die USA die hegemoniale Bedingung der globalen Akzeptanz? Abschließend soll somit die Leitfrage zu beantworten:

Sind die USA die globale Hegemonialmacht zu Beginn des 21. Jahrhunderts?

Um diesen Fragen nachzugehen wird zunächst die Theorie der hegemonialen Stabilität als Schlussfolgerung des ökonomischen Realismus vorgestellt. Anschließend werden die Motivstrukturen der amerikanischen Außenpolitik anhand ihrer Geschichte erläutert. Des Weiteren wird die Machtverteilung zu Beginn des 21. Jh. dargelegt. Anhand dieser Punkte soll die gegenwärtige Außenpolitik der USA begründet werden. Abschließend wird auf die Balancepolitik der verbliebenen Großmächte eingegangen.

2. Theorie der Hegemonialen Stabilität

Für die Untersuchung der alltagsweltlichen Praxis der Politik der internationalen Beziehungen ist es notwendig die Wirklichkeit mit einem Theoriekonstrukt internationaler Beziehungen zu vergleichen, welches die Entstehung hegemonialer Verhältnisse erklären kann. Daher wird in dieser Arbeit die politische Praxis des 21. Jh. und besonders die Stellung der USA dem abstrakten, verallgemeinerten Wissen der Theorie des ökonomischen Realismus gegenüber gestellt.[1]

Ideengeschichtlich gehen alle Theorien des Realismus und Neorealismus zurück auf das Werk des klassischen Realismus „Politics among Nations“ von H.J. Morgenthau.[2] Darin führt er das Handeln der Staaten als einzige Handlungsträger im internationalen System der Anarchie auf ihre existenzielle Unsicherheit zurück. Diese hängt von der Machtverteilung und damit ausschließlich von den militärischen Potentialen der Staaten ab. Daraus folgt, dass Staaten egoistische und zweckorientiert handeln um ihre Macht zu vergrößern. Die sich daraus ergebende Machtkonkurrenz ist das zentrale Element des klassischen Realismus.[3] Die Interaktionsmechanismen Sicherheitsdilemma und Machtgleichgewicht dieser Machtkonkurrenz gilt es nun zu umreisen. Das Sicherheitsdilemma leitet sich aus dem spieltheoretischen Erklärungsansatz ab, welcher besagt, dass Staaten stets versuchen ihren Status-quo zu erhalten oder das Machtverhältnis zu ihrer Seite zu verschieben. Da also aus Sicht eines Staates A die Möglichkeit besteht, dass der gegnerische Staat B sein militärisches Potential steigert, erhöht auch Staat A seine Militärmacht um dem Fall des Machtverlustes vorzubeugen. Daraus ergibt sich ein endloser Prozess des Wettrüstens. Das Machtgleichgewicht stellt den zweiten Interaktionsmechanismus im klassischen Realismus dar. Dieser greift, falls Staaten offensiv nach einer Vormachtstellung streben. Demnach verbünden sich die übrigen Staaten gegen die aufstrebende Hegemonialmacht und betreiben gemeinsame Balancing-Politik, sodass der aufstrebende Staat an Macht einbüßt und sich erneut ein Machtgleichgewicht einstellt.[4] Mit dem wirtschaftlichen Niedergang der USA in der 1970er Jahren stößt der klassische Realismus jedoch an die Grenzen seiner Erklärungskraft, wodurch die Notwendigkeit einer neuen Theorie, welche der ökonomischen Dimension mehr Augenmerk schenkt, offenkundig wird.[5] Damit gilt der „American Decline“ als Geburtsstunde des strukturellen und ökonomischen Realismus.[6] Der strukturelle Realismus, vertreten durch Kenneth Waltz, postuliert, dass Staaten in einem anarchischen System dem Prinzip „Hilf dir selbst!“ folgen, um einem Untergang vorzubeugen. Der entscheidende Unterschied zu anderen realistischen Theorien ist dabei, dass Staaten als einzige handelnde Akteure nicht nach maximaler Macht und Weltveränderung streben, sondern nur versuchen ihre Stellung im Konzert der Mächte zu wahren. Vertreter des ökonomischen Realismus, wie Gilpin und Krasner, greifen dieses Konzept auf und erweitern es um die ökonomische Grundlage der Macht. Demnach seien wirtschaftliche Aspekte eines Staates entscheidend für die Ausprägung der Machtpotentiale, welche dann im klassischen Sinne via Außenpolitik das internationale System strukturieren. Gilpin benennt die drei Kerngedanken des ökonomischen Realismus wie folgt: (1) Internationale Beziehungen sind essentiell und unabänderlich konfliktgeladen. (2) Der Kern der sozialen und politischen Realität ist die (Konflikt-)gruppe - somit in modernen Gesellschaften der Nationalstaat. (3) Der Mensch handelt sicherheits- und machtmotiviert.[7] Sein Konzept fußt somit auf dem Handlungsparadigma der „rational choice“ Logik, bei dem Akteure rational handeln um politischen Gewinn zu erzielen. Politischer Gewinn ist dabei als Gewinn politischer Machtressourcen zu verstehen.[8] Anschließend an dieses geistige Fundament beschreibt Gilpin den Wandel des internationalen Systems anhand der folgenden Thesen zu: (1) Ein internationales System ist dann und nur dann stabil (d.h. in einem Gleichgewichtszustand), wenn kein Staat den Versuch für gewinnversprechend hält, das System zu verändern. (2) Ein Staat wird genau dann versuchen, das internationale System zu verändern, wenn der erwartete individuelle Nutzen dieser Veränderung die kalkulierten Kosten übersteigt. (3) Dieser Staat wird so lange versuchen das internationale System durch territoriale, politische und wirtschaftliche Expansion zu verändern, bis die Grenzkosten weiteren Wandels gleich oder größer dem entsprechenden Grenznutzen sind. (4) Sobald ein Gleichgewicht zwischen dem Nutzen und den Kosten weiteren Wandels erreicht ist, besteht die Tendenz, dass die wirtschaftlichen Kosten für den Erhalt des Status quo schneller ansteigen, als die Wirtschaftskapazität, die nötig ist, um den Status quo zu untermauern. (5) Wenn Ungleichgewicht im internationalen System nicht beseitigt wird, ändert sich das System und ein neuer Gleichgewichtszustand pendelt sich ein, welcher der Umverteilung der Macht zwischen den Staaten entspricht.[9] Der Primat der Politik ist auch hier im Sinne des klassischen Realismus erkennbar, jedoch wird anhand dieser Thesen ersichtlich, dass auch die von den Mächten konstituierte Weltordnung entscheidend für des Verständnis der internationalen Politik ist.[10] Starke Staaten drängen auf eine liberale Weltordnung, wohingegen schwache Staaten auf regulierende Instrumentarien zurückgreifen. Eine liberale ökonomische Ordnung folgt drei Prinzipien: Die Existenz einer hegemonialen Macht, die selbst den Liberalismus postuliert. Die übrigen Staaten besitzen gemeinsame Interessen. Alle Staaten teilen gemeinsame rechtsstaatliche oder sozialstaatliche Werte. Daraus lässt sich ableiten, dass die Weltordnung instabil wird, falls die hegemoniale Stellung schwindet. Somit lassen sich Krisen der gesamtpolitischen Ordnung lösen, indem ein neuer Staat die Stellung der Hegemonialmacht einnimmt bzw. der alte Hegemon wieder erstarkt und so die liberale Ordnung erhält.[11] Stabilität gewährt Frieden, daher ist Frieden abhängig von der Existenz eines Hegemons. Dies kann als geistige Basis für die Theorien der hegemonialen Stabilität verstanden werden. Eine hegemoniale Vormachtstellung im internationalen Anarchiesystem entwickelt sich in Folge wirtschaftlicher, sozialer oder militärischer Innovation, welche dem Staat einen Entwicklungsvorsprung gegenüber anderen Staaten gewährt. Dieser Staat steigert somit seine politisch-wirtschaftlich-militärische Macht soweit, dass die Kosten, welche durch andere Staaten zu seiner Ablösung aufzubringen wären, den Nutzen übersteigen. Der innovative Staat wird zum Hegemon des internationalen Systems und etabliert internationale Institutionen zur Durchsetzung nationaler Interessen. Da er über ausreichende Mittel verfügt, kann er Regelbrecher entsprechend sanktionieren, sodass er das internationale System nach seinen Vorstellungen gestalten kann.[12] Diese Sanktionierung gewährt Stabilität und damit Frieden. Der Verfall einer solchen Hegemonialmacht kann verschieden begründet sein. Zum einen imitieren andere Staaten die Innovation des Hegemons oder entwickeln eigene Neuerungen, wodurch der Machtvorsprung zu schmelzen beginnt. Zum anderen belasten die Kosten zur alleinigen Aufrechterhaltung des internationalen Systems und der globalen Sicherheit die Hegemonialmacht. In diesem Moment der Schwäche versuchen andere Staaten, welche im Windschatten des hegemonialen Friedens ökonomisch und militärisch aufschließen konnten, den Hegemon zu stürzten und selbst diese Rolle einzunehmen. Hegemoniale Stabilität kann daher nicht als absoluter Zustand verstanden werden, sondern als unipolarer Moment innerhalb zyklischer Machtschwankungen.[13] Kaohane beschreibt in seinem Werk „After Hegemony“ die Möglichkeit des Weiterbestehens der hegemonialen Ordnung und somit des internationalen Systems im Falle der Schwächung des Hegemons. Sollte ein hoher Nutzen anderer Staaten an der Existenz dieser internationalen Ordnung gegeben seien, so ist es denkbar, dass diese Staaten im Sinne einer Kollektivhegemonie die Kosten der internationalen Institutionen mittragen.[14]

[...]


[1] Vgl. Schimmelfennig, Frank, Internationale Politik, 2. akt. Aufl., Paderborn 2010, S.40.

[2] Vgl. Menzel, Ulrich, Zwischen Idealismus und Realismus. Die Lehre von den Internationalen Beziehungen, Frankfurt 2001, S.141.

[3] Vgl. Schimmelfennig, Internationale Politik, S.66.

[4] Vgl. ebd., S.78-84.

[5] Vgl. Menzel, Realismus, S. 144f..

[6] Vgl. ebd., S.146.

[7] Vgl. Siedschlag, Alexander, Neorealismus in der Theorie der internationalen Politik, Berlin 2001, S.10.

[8] Vgl. ebd..

[9] Siedschlag, Alexander, Neorealismus, Neoliberalismus und postinternationale Politik. Beispiel internationale Sicherheit – Theoretische Bestandsaufnahme und Evaluation, in: Studien zur Sozialwissenschaft, Bd. 169, Opladen 1997, S.109f..

[10] Vgl. Menzel, Realismus, S.159-162.

[11] Vgl. ebd., S.160-163.

[12] Vgl. Schimmelfennig, Internationale Politik, S.84.

[13] Vgl. Schimmelfennig, Internationale Politik, S.84-86.

[14] Vgl. Robel, Stefan, Hegemonie in den Internationalen Beziehungen. Lehren aus dem Scheitern der Theorie der Hegemonialen Stabilität, in: DAP, 2001, S.9.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Hegemoniale Stabilität USA
Hochschule
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Note
1,7
Autor
Jahr
2012
Seiten
19
Katalognummer
V229531
ISBN (eBook)
9783656454403
ISBN (Buch)
9783656455929
Dateigröße
557 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
USA, Hegemon, Hegemoniale, Stabilität, Außenpolitik
Arbeit zitieren
Christoph Rölke (Autor:in), 2012, Hegemoniale Stabilität USA, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/229531

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