Wann kann mich mein Kind verstehen? Wann fängt es an zu sprechen? Läuft bei meinem Kind alles normal? Das sind wichtige Fragen besorgter Eltern und die Antworten darauf sind schwierig.
Allerdings gibt es Theorien und wissenschaftliche Ansätze, die den Spracherwerb bei Kindern erklären und Tendenzen beschreiben.
Dieses Buch stellt Theorien zum Spracherwerbsprozess vor, erklärt, wie sich die Wortbedeutung bei Kindern entwickelt, und diskutiert die Relevanz des Gedankenlesens für den Spracherwerb.
Aus dem Inhalt: Spracherwerbsprozess, Wortbedeutungsentwicklung, Piaget, Fast-mapping, Ein- und Zweiwortsätze, Gedankenlesen, Patchwork-Theorie.
Inhaltsverzeichnis
Simone Kaletsch (2001): Spracherwerb im Kleinkindalter
Einleitung
Theorien zum Spracherwerbsprozess
Angewandte Theorie
Anmerkungen
Literatur
Julia Zelonczewski (2008): Wortbedeutungsentwicklung bei Kindern
Einleitung
Unterscheidung zwischen „Begriff“, „Wort“ und „Bedeutung“
Theoretische Modelle zur Begriffs- und Bedeutungsentwicklung
Voraussetzungen für den Spracherwerb - Die Entwicklungstheorie von Piaget
Die ersten Worte
Der Fast-mapping Prozess
Erweiterung des kindlichen Wortschatzes
Die lexikalische Entwicklung – die Entstehung der Einwortsätze, Zweiwortsätze und Drei- und Mehrwortäußerungen
Schluss
Literaturverzeichnis
Yasmine Liebhart (2008): Relevanz von Kommunikation & Gedankenlesen für den L1 Spracherwerb bei Kindern
Zur Einleitung
Modelle des kindlichen Bedeutungserwerb
Relevanz des Gedankenlesens
Fazit & Ausblick: Die Patchwork-Theorie
Bibliografie
Einzelpublikationen
Simone Kaletsch (2001): Spracherwerb im Kleinkindalter
Einleitung
Wenn man sich mit dem Spracherwerb beim Kleinkind auseinandersetzt, so stellt man fest, dass es sich dabei um einen komplexen Themenbereich handelt. Aus diesem Grunde konnten wir uns natürlich nicht mit allen interessanten Punkten dieses Bereiches auseinandersetzen. Letztendlich einigten wir uns darauf, einen theoretischen Teil und einen eher praktisch orientierten Teil zu verfassen. Im ersten Teil der Arbeit haben wir uns der Theorie zugewandt. Wir befanden es als wichtig, erst einmal zu klären, was Sprache überhaupt ist. Danach haben wir uns mit dem Verlauf und den Theorien des Spracherwerbs befasst. Nach einer Einführung, die nur kurz den Zeitpunkt des Spracherwerbs darstellt, haben wir uns den verschiedenen Theorien der Spracherwerbsforschung gewidmet. An die Erläuterung der verschiedenen Ansätze schließt sich dann ein Kapitel über die Phasen des Spracherwerbs an. In diesem Teil tauchen dann noch einmal etwas ausführlicher die relevanten zeitlichen Abläufe auf. Während sich die Theorien und die Phasen des Spracherwerbs mit Aspekten befassen, die bei allen Kindern gleich sind, liegt bei der Erforschung von Spracherwerbsstilen der Schwerpunkt auf den Unterschieden zwischen individuellen Kindern. Wir haben dieses Thema als Abschluss für unser zweites Kapitel gewählt. Die Existenz einer an das Kind gerichteten Sprache kommt im letzten Kapitel zur Darstellung. Im zweiten Teil unserer Arbeit kommen wir noch einmal auf die Spracherwerbsstile zurück. Wir haben einen kleinen Jungen beobachtet und versucht herauszufinden, ob er auf solche verschiedenen Strategien zurückgreift. Anschließend finden sich einige Anmerkungen sowie das Literaturverzeichnis.
Theorien zum Spracherwerbsprozess
Was ist Sprache?
Der Spracherwerb im Kleinkindalter gilt als eine der bemerkenswertesten Leistungen des Menschen. Obwohl sie nur wenig systematische Anleitung und oft sogar falsche Informationen erhalten, erwerben gesunde Kinder innerhalb weniger Jahre ausgezeichnete Sprachkenntnisse. (vgl. Zimbardo 19956: 67)
Um sich aber mit diesem Thema näher auseinanderzusetzen, ist es durchaus sinnvoll, sich vorab Gedanken über den Begriff Sprache zu machen. Allgemein gesehen kann man einen Gegenstand sowohl nach seiner Beschaffenheit als auch nach seiner Funktion bestimmen. Auch die menschliche Sprache lässt sich erstens nach ihrer Beschaffenheit bzw. ihrer Struktur und zweitens nach ihrer Funktion definieren. Im ersten Fall kann man sagen, dass menschliche Sprechorgane wie Lippen und Zunge, Sprache als Sequenz von sinusförmigen Schwingungen erzeugen. (vgl. Vater 19962: 12) Die Sprechwerkzeuge dienen aber nur „nebenbei“ zur Spracherzeugung, denn in erster Linie sollen sie ihren Zweck als Werkzeug zum Atmen, Kauen, Schmecken usw. erfüllen. Zum Artikulieren wird vorwiegend ausgeatmete Luft benutzt, in einigen Fällen auch die Einatmungsluft. Beim Atmen weiten sich die Lungen, wenn das Zwerchfell gesenkt wird und die Rippen heben sich. Durch diese Volumenvergrößerung der Lungen kommt es zu einer Druckabnahme der Luft in den Lungen, was wiederum Luftzufuhr durch Mund- und Nasenhöhe über die Luftröhre bewirkt. Hebung des Zwerchfells und Senkung der Rippen erhöhen den Druck auf die Lunge, was zu einer Volumenverkleinerung und zum Ausstoß der Luft aus den Lungen führt. Von den Lungen gelangt die Luft durch die Luftröhre in den Kehlkopf, an dem die Stimmbänder befestigt sind. Die Stimmbänder können verschiedene Positionen einnehmen. Einige dieser Positionen sind relevant für die Lautproduktion. Beispielsweise werden bei geöffneten Stimmbändern stimmlose Laute erzeugt während z.B. Flüsterlaute erzeugt werden können, wenn die Stimmbänder nur am hinteren Ende geöffnet sind. (vgl. Vater 19962: 33) Auf diese Weise kann ein Mensch ohne Missbildungen oder Schäden an den Sprechwerkzeugen Geräusche bzw. Laute erzeugen. Diese Laute können nach einem bestimmten Regelsystem zu Wörtern zusammengesetzt werden. Jedes zusammengesetzte Lautbild ist zwar willkürlich, aber unlösbar mit einem Begriff verbunden. Der Sprecher einer Sprache weiß um die Bedeutung dieses Lautbildes, er ist eingeweiht in das System. Er beherrscht es normalerweise, Wörter nach den grammatikalischen Regeln einer Sprache zu Sätzen mit einer bestimmten Bedeutung zusammenzusetzen. (vgl. Vater 19962: 11-18) Auf diese Art und Weise kann er mit anderen in sein Sprachsystem eingeweihten Menschen kommunizieren. An dieser Stelle wird deutlich, dass man Sprache nicht nur nach ihrer Beschaffenheit bzw. Struktur beurteilen kann, sondern auch in ihrer Funktion als Kommunikationsmittel. Denn Sprache ist sowohl Erzeugung von Schallwellen als auch Kommunikation in sozialen Gruppen. (vgl. Vater 19962: 12) Eine soziale Gruppe, die über dieselbe Sprache verfügt, nennt man Sprachgemeinschaft. Ein normal entwickelter und sozialisierter Mensch, der in dieser Gemeinschaft aufwächst, ist in der frühen Kindheit in der Lage, sich das gesamte syntaktische, morphologische und semantische Regelsystem einer Sprache anzueignen. Er muss sich folglich nicht nur durch häufig unzulängliche Gesten und Zeichen mit seinen Mitmenschen verständigen, sondern er kann durch sprachliche Äußerungen mit Ihnen kommunizieren. Diese sprachlichen Grundfähigkeiten sind nicht von den Sprachgewohnheiten und –normen bestimmter Schichten oder Gruppen abhängig, sie stehen noch nicht einmal im direkten Zusammenhang mit über- oder unterdurchschnittlicher Intelligenz. (vgl. Volmert 19993: 208f)
Wenn wir von Sprache als Gegenstand wissenschaftlicher Forschung reden, dürfen wir nicht vergessen, dass der Begriff mehrdeutig ist. Sprache kann sowohl die (allgemeine) menschliche Kommunikationsfähigkeit als auch ein spezielles menschliches Kommunikationssystem einer Sprachgemeinschaft meinen. Auch die Gesamtheit der Ausdrucksmittel einer Sprache sowie die Art und Weise, wie man von ihr Gebrauch macht, sind von Bedeutung. Zusätzlich kann Sprache noch im metaphorischem Sinne gebraucht werden. Von Metaphorik spricht man, wenn ein sprachlicher Ausdruck nicht im „wörtlichen“ Sinne verwendet wird, so dass nur einige Merkmale des Ausdrucks erhalten bleiben. Die letzte Bedeutung von Sprache kommt aber nicht als Gegenstand der Sprachwissenschaft in Frage. Es ist ebenfalls noch wichtig zu erwähnen, dass zur Beschreibung der natürlichen Sprache (Objektsprache) einer Gemeinschaft eine Sprache zweiter Stufe (Beschreibungssprache) benutzt wird, die sogenannte Metasprache. (vgl. Vater 19962: 12ff)
Nachdem wir uns näher mit dem Sprachbegriff auseinandergesetzt haben, werden wir uns in den nächsten Kapiteln mit unserem Hauptthema beschäftigen, nämlich dem Spracherwerb beim Kind. Der Ausdruck Spracherwerb suggeriert, dass ein kleiner Mensch allmählich ein Instrument bzw. eine spezielle Fertigkeit der Gesellschaft, nämlich die Sprache und ihren Gebrauch, übernimmt. (vgl. Volmert 19993: 207)
Verlauf und Theorien des Spracherwerbs
Zeitpunkt des Spracherwerbs
Wann, aber vor allem wie, erwirbt ein kleines Kind die Sprache seiner Sprachgemeinschaft? Lange Zeit hat man den Beginn des Spracherwerbs mit dem Zeitpunkt der ersten verständlichen Wörter gleichgesetzt. (vgl. Volmert 19993: 20) Heute ist man der Meinung, dass dieser Zeitpunkt schon kurz nach der Geburt gekommen ist. Untersuchungen seit den 70er Jahren haben nämlich ergeben, dass ein Säugling bereits wenige Tage nach der Geburt ein emotionales und bald auch kognitives Verhalten gegenüber Sprachdaten zeigt, das von Reaktionen auf andere akustische Wahrnehmungen qualitativ abweicht. Versuche ergaben, dass Babys wenige Tage nach der Geburt die Stimmen ihrer wichtigsten Bezugspersonen erkennen. Manches spricht sogar dafür, dass es eine entsprechende akustisch-sensorische Prägung bereits im Mutterleib gibt. (vgl. Volmert 19993: 219) Optimale Bedingungen für den Spracherwerbsprozess hat ein Mensch zwischen den ersten Monaten und dem fünften Lebensjahr. Bereits um das siebte/achte Lebensjahr herum wird es schwierig, Defizite beim Erstspracherwerb wieder auszugleichen. Nach der Pubertät wird es fast unmöglich, eine andere Sprache grammatisch und phonetisch perfekt zu erwerben. Betrachtet man die syntaktisch-morphologischen Regeln, also die Grammatik, dann ist jedes Kind mit dem Eintritt ins Schulalter im Besitz dieses Regelapparats, der allerdings noch bis ins achte bzw. neunte Lebensjahr erweitert und verfeinert wird. Spätestens mit Vollendung des sechsten Lebensjahres verfügt ein Kind auch über die semantischen Regeln und die Regeln der Wortbildung. Durch diese grammatische Basiskompetenz kann es unbegrenzt viele neue Wörter und Wortbildungen dekodieren und verstehen. Neue Wörter und neue Wortbedeutungen wird ein Mensch sich aber sein Leben lang aneignen. (vgl. Volmert 19993: 209f)
Die Frage nach dem „Wie“ des Spracherwerbs ist schwieriger zu beantworten. Im folgenden Abschnitt wollen wir die vier Hauptpositionen in der Spracherwerbstheorie darstellen.
Positionen in der Spracherwerbstheorie
Wie bereits erwähnt, ist das „Wie“ des Spracherwerbs nicht ganz einfach zu erklären. Seit sich die Forschung mit diesem Thema befasst, haben sich verschiedene Theorien herausgebildet. Die Hauptströmungen in der Sprachentwicklungsforschung gingen von völlig entgegengesetzten Grundannahmen aus, die wir noch einmal genauer skizzieren möchten. Diese verschiedenen Theorien legten ihre Schwerpunkte auf sehr unterschiedliche Ebenen der Sprache. Sie drangen –wissenschaftshistorisch betrachtet – Zug um Zug in immer frühere ontogenetische Entwicklungsphasen vor. Konkret heißt das, dass die nativistische Theorie die syntaktische Ebene erschloss, die das Kind vom Ende des zweiten Lebensjahres bis zum Schulalter erwirbt, während die kognitivistische Theorie sich der semantischen Ebene zuwandte, die für das Kind zu Beginn des ersten Lebensjahres relevant wird. Die Interaktionisten erschlossen die pragmatische Ebene, deren bedeutsame Vorläufer in den letzten Monaten des ersten Lebensjahres auftauchen und die Entwicklungspsychobiologen die kommunikative Ebene, die mit den Anfängen der vorsprachlichen Interaktion beginnt und deren Wurzeln sich in der Phylogenese der Arten weit zurückverfolgen lassen. (vgl. Papoušek 1994: 21f) Wenn man also die vier Haupttheorien des Spracherwerbs betrachtet, sollte man diese Aspekte immer im Hinterkopf behalten und die verschiedenen Theorien durchaus auch kritisch betrachten.
Nativistischer Ansatz
Mit nativistisch ist in diesem Fall gemeint, dass man von angeborenen Fähigkeiten ausgeht. Der Mensch bringt eine genetische Ausstattung zum Spracherwerb mit. Diese wird durch die soziale Umwelt entfaltet und in eine bestimmte Richtung gelenkt. Einige Fakten sprechen dafür, dass es ein spezielles angeborenes Sprachvermögen des Menschen gibt: Vögel zum Beispiel imitieren die Lautketten von Menschen ziemlich gut, aber man kann davon ausgehen, dass sie den Sinn nicht verstehen. Vor einigen Jahren hat man auch versucht, Schimpansen Sprachlaute zu lernen. Dieser Versuch ist gescheitert, da der Bau des menschlichen Kehlkopfes sich vom Kehlkopf der Affen unterscheidet.
Im Bereich des optischen und akustischen Kanals verfügt der Mensch über eine unvergleichliche Differenzierungs- und Verarbeitungsfähigkeit. Durch den Bau des Gehirns stehen dem Menschen eine ungeheure Speicherkapazität und viele Möglichkeiten der informationellen Vernetzung zur Verfügung. Er ist mit Instrumenten ausgestattet, mit denen er komplexe sprachliche Daten verarbeiten, strukturieren und interpretieren kann. Die meisten Vertreter der nativistischen Theorie beziehen sich auf Chomsky und gehen davon aus, dass es einen angeborenen Apparat für die Sprachentwicklung gibt. Dieser ist der sogenannte Language acquisition device (LAD). (vgl. Volmert 19993: 210/211)
Der LAD enthält folgende Grundfähigkeiten: ein Hypothesenbildungsverfahren, sprachliche Universalien (substantielle und formale Universalien) sowie ein Hypothesenbewertungsverfahren. Diese drei Grundfähigkeiten müssen näher erläutert werden: Unter dem Begriff Hypothesenbildungsverfahren versteht man die Fähigkeit, Hypothesen über Laute zu bilden, die anderen folgen können oder nicht. Hypothesen über Lautketten zu bilden, die immer in Verbindung mit anderen auftreten können oder nicht, und Hypothesen über Lautketten zu bilden, die nur nach bestimmten anderen stehen oder nicht. Mit dem Begriff substantielle Universalien meint Chomsky, dass dem Kind ungefähr klar ist, wie und was zur Ausstattung der Sprache gehört. Damit ist gemeint, dass zur Sprache Vokale und Konsonanten sowie Nomen und Verben gehören. Unter dem Begriff formale Universalien versteht Chomsky „Vorkenntnisse und Annahmen“. Damit ist gemeint, dass Sätze sprachliche Aussagen beinhalten und dass Sätze aus Subjekt, Prädikat und Objekt bestehen. Unter dem Hypothesenbewertungsverfahren ist Folgendes zu verstehen:
„Das Kind müsse über Prozeduren verfügen, um die aufgestellten Hypothesen bewerten zu können, sie evtl. zu verwerfen bzw. durch andere mit größerer Erklärungskapazität ersetzen zu können. Nur so gelange das Kind zu einer angemessenen und vollständigen Beschreibung (=Grammatik) seiner Muttersprache. Chomskys Argumente werden u.a. empirisch begründet: Der sprachliche Input aus der Erwachsenensprache sei voller „Fehler“, lückenhaft und z.T. widersprüchlich. Außerdem sei das angebotene sprachliche Material in der fraglichen Zeit (zwischen dem 1. und 5. Lebensjahr) bei weitem nicht ausreichend, um den Aufbau dieses umfangreichen Regelsystems zu ermöglichen.“(Volmert 19993: 211)
Ein weiterer Vertreter der nativistischen Theorie ist Lenneberg. Nach seiner biologischen Argumentation gehört die Sprache zur Ausstattung des Menschen. Er ist der Meinung, dass von spezifischen physiologisch gesteuerten Reifungsprozessen das Wirken des Sprachverhaltens abhängt.
Die Sprachbereitschaft, ein Zustand aus kognitiven Strukturen, entwickelt sich im Verlauf der biologischen Reifung des Babys. Der Organismus wird mit Hilfe von Reifungsprozessen in diesen Zustand versetzt.
Allgemein gehen die Nativisten von einer kritischen Periode aus. In dieser Zeit kann und muss der Spracherwerb stattfinden. Dies bestätigt sich einerseits durch die Kenntnis, dass Sprachstörungen bei Kindern in der Regel leichter und schneller zu beheben sind als bei Erwachsenen und andererseits, dass bei geistig und sprachlich retardierten Kindern die Sprachentwicklung in der Pubertät „einfriert“. (vgl. Volmert 19993: 212)
Lenneberg ist der Auffassung, dass Sprache und Kognition eng zusammenhängen. Er meint, die kognitive Entwicklung eile der sprachlichen teilweise voraus.
Mit Hilfe von Kategorisierungsprozessen wird die Entfaltung sowohl der kognitiven als auch der sprachlichen Fähigkeit charakterisiert, d. h. auf dem Erkennen von Ähnlichkeiten und Unterschieden. Der Mensch ist hierdurch in der Lage, auf verschiedene Stimuli verschieden zu reagieren. Durch die Kategorisierung können innerhalb bestimmter Grenzen Ähnlichkeiten erkannt werden. Über diese Fähigkeit verfügen alle höheren Lebewesen, aber nur der Mensch kann diese Ähnlichkeiten benennen.
„Nach Lenneberg findet – in einer parallelen Entwicklung der sprachlichen und kognitiven Strukturen- eine fortschreitende Differenzierung der Kategorien statt. Der Prozess verläuft in zwei Richtungen:
-Differenzierung umfassender Kategorien in spezifischere, differenziertere;
-Integration von engen, spezifischen Kategorien in allgemeinere, umfassendere.“(Volmert 19993: 213)
Lerntheoretischer Ansatz
Die Anhänger dieser Theorie gehen davon aus, dass das Sprachlernen aufgrund von Imitation erfolgt. Laute, Wörter und Sätze der Bezugspersonen werden von Kindern nachgeahmt. Von den Erwachsenen werden diese dann bestätigt oder korrigiert und so wird der Nachahmungsprozess gesteuert.
Man kann die Sprache als eine Form des erlernten Verhaltens betrachten. Wenn man dies so sieht, dann sind für dieses Lernen die allgemeinen Bedingungen eines Konditionierungsprozesses gültig. In Bezug auf den lerntheoretischen Ansatz wird meist B. F. Skinner genannt. Er hat mit seiner Theorie des Lernens am Erfolg die Reiz-Reaktionsprozesse untersucht. Sie weisen keine Bindung mehr an natürliche Reflexe auf. Nach Skinner beruht das Lernen am Erfolg auf eine bestimmte strukturierte Konditionierung. Der Erfolg tritt nur unter bestimmten Bedingungen ein. Besonders wichtig sind für das Erfolgslernen die positive und negative Verstärkung nach einem zufällig erfolgreichen Akt. Sollte ein Verhalten durch Belohnung verstärkt werden, dann wird es anschließend wahrscheinlich erneut auftreten. Ein Beispiel soll diesen Prozess verdeutlichen: Ein Kind, welches mit einem Ball spielt, artikuliert die Lautkette „Balla“. Der Erwachsene hört dies, nimmt den Ball, streichelt das Kind und wiederholt die Lautkette. Die positive Verstärkung entsteht durch das Streicheln. Das Kind wiederholt wahrscheinlich die Lautkette, damit es erneut zu dieser positiven Verstärkung gelangt.
Das Lernmodell, welches Skinner auf den Sprachlernprozess übertragen hat, ist kritisiert worden. Dieses Modell ist für die Erklärung des Grammatikerwerbs unzureichend. Für den Erwerb einzelner Sprachsymbole kann Skinners Theorie einige plausible Erklärungen liefern. Zur Ausbildung der komplexen Regelsysteme kann die Akkumulation von Reiz-Reaktions-Ketten nicht führen. Dafür sind weitere Fähigkeiten seitens des Kindes notwendig. Man muss eine ständig wirksame, kreative Eigentätigkeit des Kindes annehmen, damit es zur selbständigen Regelbildung, Regelbewertung und Regelkontrolle kommt. Aus der Sicht von Chomsky würde man sagen:
„ Die Lerntheorie (auch die Theorie des Erfolgslernens) kann nicht erklären, warum das Kind mit einer beschränkten Menge grammatisch-syntaktischer Regeln unendlich viele Sätze bilden und verstehen kann, auch solche, die es vorher noch nicht gehört hat.“
(Volmert 19993: 215)
Kognitivistischer Ansatz
Bei den kognitivistischen Ansätzen wird davon ausgegangen, dass der Spracherwerb mit der Ausbildung kognitiver Fähigkeiten zusammenhängt. Lenneberg kann man auch zu den Kognitivisten zählen. Er betrachtet Kognition als eine Funktion biologischer Reifung und Entfaltung angeborener Fähigkeit.
Der kognitivistische Ansatz geht der Frage nach, wie die sprachlichen und kognitiven Stufen und deren Entwicklung voneinander abhängen. Innerhalb des kognitivistischen Ansatzes herrschen zwei Positionen vor. Die erste Position geht davon aus, dass vor dem Spracherwerb bestimmte kognitive Strukturen vorhanden sein müssen. Das heißt, dass bestimmte kognitive Strukturen als Voraussetzung für den Spracherwerb angesehen werden. Die zweite Position geht jedoch davon aus, dass zunächst eine differenzierte Sprachstruktur vorhanden sein muss, um auch die kognitiven Erfahrungen weiterzubilden. In diesem Zusammenhang ist die Sapir-Whorf-Hypothese nennenswert. Sie besagt, dass man sich nur das sprachlich Vorgeformte und Strukturierte vorstellen und danach denken und planend handeln kann. (vgl. Volmert 19993: 214-216)
Piaget hat in den 20er Jahren eine Theorie zum Erwerb kognitiver Strukturen ausgearbeitet. Nach ihm verläuft die Entwicklung nicht kontinuierlich, sondern er unterscheidet zwischen verschiedenen Stadien der Entwicklung, die jedes Kind zur etwa gleichen Zeit durchläuft. Piaget nennt dazu vier Phasen. Bei diesem Modell ist zu beachten, dass die Übergänge zwischen den einzelnen Stufen nicht abrupt sind, sondern fließend. So ist es z. B. möglich, dass ein Kind in einigen Bereichen noch präoperational denkt und in anderen Bereichen denkt es logisch.
Erste Stufe: die sensomotorische Stufe (0-2 Jahre)
Diese Stufe ist dadurch gekennzeichnet, dass das Kind einfache Wahrnehmungs- und motorische Tätigkeiten durchführen kann. In dieser Zeit verlässt das Kind die Reflexaktivität des Neugeborenen. Es nimmt sich selbst von den Objekten seiner Umwelt getrennt wahr und wendet sich der Stimulation durch Licht und Geräusche zu. Das Kind lernt, Dinge durch Manipulation zu bestimmen. Ebenfalls betrachtet es ein Objekt trotz der Ortsveränderung oder der Veränderung des eigenen Blickwinkels als konstant. In dieser Phase ist das Denken an praktisches Handeln gebunden. (vgl. Gage/ Berliner 19965: 104)
Zweite Stufe: die präoperationale Stufe (2-7 Jahre)
In dieser Zeit gebraucht das Kind eifrig seine Sprache. So kommt es selbst zur Entwicklung von Konzepten. Damit das Kind sprachliche Formen erlernen kann, ist die Erfahrung sehr wichtig. In dieser Entwicklungsstufe ist das Kind selbstbezogen. Es nimmt dabei die physische Welt wahr und kann den Standpunkt eines anderen Menschen nicht einnehmen. Ebenfalls kann das Kind nicht feststellen, dass sich Objekte ähnlich sein und unterscheiden können. Auf dieser Stufe kommt es zur Bildung von Vorbegriffen, die jedoch nicht verbalisiert werden. Das Kind kann keine logischen Begründungen liefern. Es liegt eine Irreversibilität des Denkens vor. (vgl. Gage/ Berliner 19965: 106)
Dritte Stufe: die Stufe der konkreten Operationen (7-12 Jahre)
In dieser Zeit entwickelt das Kind die Fähigkeit, verschiedene logische Operationen durchzuführen. Dies ist nur mit konkreten Dingen möglich. Das logische Denken ist bis dahin an Anschauungen gebunden. Der Invarianzbegriff wird gebildet. Ebenfalls kommt es zur Bildung einer Reversibilität des Denkens. (vgl. Gage/ Berliner 19965: 110-112)
Vierte Stufe: die Stufe der formalen Operationen (ab dem 12. Lebensjahr)
Hier kann das Kind logisches Denken mit Abstraktionen durchführen. Wissenschaftliches Denken ist möglich. Es können Schlüsse gezogen, Interpretationen vorgeschlagen und Hypothesen entwickelt werden. Das Kind kann nun flexibel und wirkungsvoll denken. Durch die Anwendung aller Sinne kommt es zu einer grundlegenden Neuorganisation der bisherigen Konstruktion und Interpretation der Welt. (vgl. Gage/ Berliner 19965: 112-114)
Interaktionistischer Ansatz
Diese Ansätze gehen von wechselseitig aufeinander bezogenen Tätigkeiten zum Spracherwerb und zur Sprachentwicklung aus, die zwischen der primären Bezugsperson und dem Kind stattfindet. Demnach ist Voraussetzung und Motor jeder sprachlichen Entwicklung das kommunikative Handeln des Kindes. Die Interaktion des vorsprachlichen Kindes mit Bezugspersonen ist anders. Es entstehen schon früh rhythmische und reziproke Muster. Damit ist das Aufbauen und Vermeiden des Blickkontakts gemeint sowie das Vokalisieren und Nicht-Vokalisieren. Nach diesem Ansatz lernt das Kind seine Muttersprache, indem es in konkreten Interaktionssituationen entsprechend handelt. (vgl. Volmert 19993: 218-219)
Phasen des Spracherwerbs
Wenn man die menschliche Sprache betrachtet, so ist es hoch interessant zu erfahren, wie sich der Mensch von der Nicht-Sprachlichkeit zur sprachlichen Kompetenz entwickelt.
Vorstufen des Spracherwerbs
Der Spracherwerb des Kindes beginnt mit der Geburt und nicht mit dem Hervorbringen des ersten gesprochenen Wortes. Dies ist so, da von der Geburt an Beziehungen zu Bezugspersonen aufgebaut werden. Bereits wenige Tage nach der Geburt erkennen Säuglinge die Stimme der wichtigsten Bezugspersonen. (vgl. Volmert 19993: 219)
Schon ab dem 2. bzw. 3. Lebensmonat kann man bei Säuglingen artikulatorische Aktivitäten beobachten. Diese Aktivitäten lassen sich vom spontanen, instinktgesteuerten Schreien klar unterscheiden. Zuerst sind es vokalische Laute wie öh öh oder äh äh. Nach einiger Zeit entstehen dann Gurrlaute wie gng oder rhö rhö. Dieses Erproben der Artikulation nennt man auch Gurrphase. Sie entwickelt sich bis etwa zum 6. bzw. 7. Lebensmonat. Mit ungefähr sechs Monaten kann man bei Säuglingen beobachten, wie sie auf verbale Äußerungen der Bezugspersonen versuchen mit Lauten zu „antworten“. Manche Forscher bezeichnen dies als interaktive Verhaltensform. Sie soll mit späterem dialogischen Verhalten zusammenhängen. (vgl. Volmert 19993: 220)
Im Zeitraum vom 6./7. und 10./12 Lebensmonat kommt es zur Lallphase. Der Säugling imitiert auf der einen Seite und auf der anderen Seite bekommt er eine ständige positive Rückkoppelung. Er beginnt mit Äußerungen von einfachen silbigen Lautgebilden. In der Zeit der Lallphase hat der Säugling die Möglichkeit, seine Artikulationsorgane zu erproben. So kommt es dann nach einiger Zeit zur Produktion von vielen unterschiedlichen Lauten und Lautkombinationen. Ist das Baby entspannt und zufrieden, dann kann es ganze Ketten von silbigen Lall-Lauten produzieren.
„Schon bis zu diesen Zeitpunkt lässt sich feststellen, dass das Sprachverstehen dem eigenen Sprechvermögen beträchtlich vorauseilt. Schon wenige Wochen nach der Geburt können Babys die unterschiedlichen emotionalen „Gehalte“ in der Stimmlage, Lautstärke usw. ihre Bezugspersonen recht gut unterscheiden; sie zeigen jeweils spezifische Reaktionen darauf.“ (Volmert 19993: 220)
Zwischen dem 8. und 10. Monat beginnen Säuglinge langsam die Sprachäußerungen der Bezugspersonen zu verstehen. Wenn man z.B. Körperteile benennt, dann richten sie den Blick in diese Richtung. (vgl. Volmert 19993: 220-221)
Einwortäußerungen und erste Wortkombinationen
Zwischen dem 11. und 13. Monat beginnen die Kinder, Silben und Silbenkombinationen bewusst als sinntragende Äußerungen zu verwenden. In vielen Sprachen auf der Welt ist das erste Wort Mama/Mamm/Momm. Dies kommt häufig vor, da das Aussprechen dieser Laute an Hautkontakt erinnert und den Lippenbewegungen beim Saugreflex ähnelt. Das Wort wird auch als Artikulationsübung schon vor dem ersten Sprechen verwendet. Ebenfalls ist bei dieser Äußerung von besonderer Bedeutung, dass sie von der Bezugsperson positiv bestätigt wird.
In der Einwortphase verwendet das Kind gezielt Wörter aus verschiedenen Wortklassen der Erwachsenensprache. Die Äußerungen versteht man als Ganzheiten sprachlicher Handlungen. Zwischen dem 12. und 18. Monat unterscheidet man bei Einwortäußerungen zwischen den folgenden unterschiedlichen „Sprechakten“.
a.)„Repräsentative“ Akte
Eine Feststellung, die überraschend oder freudig ist. Ein bestimmtes Objekt oder ein bestimmtes Ereignis wird wahrgenommen.
b.) „Direktive“ Akte
Durch energische Äußerungen mit Hilfe eines Signalwortes kommt es zu Bitten und Aufforderungen.
c.) „Erotetische“ Akte
Das Kind äußert ein Signalwort, das als eine Entscheidungsfrage verstanden wird.
d.) „Vokative“ Akte
Darunter versteht man Äußerungen, die Schmerz, Freude oder Überraschungen ausdrücken möchten. (vgl. Volmert 19993: 221-222)
Zwischen dem 16. und 20. Monat kommt das Kind in die Zweiwortphase. Die sprachlichen Möglichkeiten werden nun differenzierter, in dem die Kinder einzelne Wörter kombinieren. Beim Kombinieren lassen die Kinder die „Angelpunkt-Struktur“ (Pivot-Grammatik) erkennen. Bei dieser Struktur unterscheidet man zwei verschiedene Kategorien von Wörtern. In der ersten Kategorie gibt es nur wenige Wörter wie z.B. da, auf, rein, ab, auch, mehr, will, kein, haben. Es sind hauptsächlich Präpositionen, Adverbien und Hilfsverben. In der Sprache der Kinder haben sie eine andere Funktion. Man nennt sie Angelpunktwörter (Pivots). Sie sind die Dreh- und Fixpunkte der Zweiwortkonstruktion.
„ Die Klasse der Pivots lässt sich noch unterteilen in drei Gruppen; a) Wörter, die nur in Anfangsposition stehen; b) Wörter, die nur in Endstellung stehen; c) Wörter, die beide Positionen einnehmen können.“ (vgl. Volmert 19993: 222)
In der zweiten Kategorie gibt es eine sogenannte offene Klasse. Sie wird mit den Angelpunktwörtern kombiniert. Diese Klasse enthält mehr Wörter und es kommen ständig neue hinzu. Auf diese Art und Weise können die Kinder aktiver und differenzierter kommunizieren. (vgl. Volmert 19993: 222-223)
Diese Angelpunkt-Struktur ist schon häufig kritisiert worden. Darauf möchten wir aber an dieser Stelle nicht eingehen.
Ausbau des Systems: die Drei- und Mehrwortphase
Wie bereits erwähnt, ist das Kind mit Hilfe des Einwortsatzes in der Lage, seine Umwelt zu beeinflussen. Es bedarf jedoch dafür immer noch der Interpretationsleistung (Wort-Situation-Intention) seitens des Erwachsenen. Nach der Einwortphase beginnt ungefähr mit Erreichen des 18. Monats das Bilden von Zweiwortsätzen und im weiteren Entwicklungsstadium kommt es zur Bildung von Dreiwortsätzen. (vgl. Volmert 19993: 225)
In der Drei- und Mehrwortphase lernt das Kind die meisten Flexionsmorpheme. Ebenfalls wird die Syntax des Kindes komplexer. Dies ist die Zeit zwischen dem zweiten und dem vierten Lebensjahr. Das Kind ist dann in der Lage, auf eine Person, einen Gegenstand und einen Ort klar hinzuweisen. Damit ist die Intention der sprachlichen Äußerung eindeutiger zuzuordnen. Diese Phase ist gekennzeichnet durch das Auslassen von Artikeln, Hilfsverben, Konjunktionen und Präpositionen. Sehr früh treten die Infinitivformen von Verben in der Sprachentwicklung des Kindes auf. Besonders häufig vertreten sind Verben, mit denen das Kind Wünsche, Bitten oder Aufforderungen äußern kann.
Zu Beginn der Dreiwortphase erscheint als nächste Verbform das Part. Perfekt in einer zunächst noch phonetisch defekten Form. Als Beispiele sind zu nennen: puttemacht, dekauft, aufemacht,... .
Bei schwachen Verben wird das Part. Perfekt schnell von den Kindern erlernt. Bis die Partizipien der starken Verben sicher beherrscht werden, kann es Jahre dauern.
Im Laufe des dritten Lebensjahres werden die übrigen Personalformen erworben. Dies gilt ebenfalls für das Erlernen der 2. Person Singular und Plural. Keine eindeutigen Regeln kann man beim Erwerb der Tempusformen erkennen. Das Kind beherrscht recht früh den Imperativ Singular. Dieser ersetzt den in der Zweiwortphase benutzten Infinitiv. Besonders große Schwierigkeiten hat das Kind beim Erwerb der Formen für den Konjunktiv I und den Konjunktiv II. Dies ist so, da das Kind Probleme hat, komplizierte Wirklichkeits- und Möglichkeitsverhältnisse auszudrücken. Das Erlernen des Konjunktiv I macht dem Kind meist bis zum Ende der Grundschulzeit Schwierigkeiten. (vgl. Volmert 19993: 228)
In der Kinderforschung erscheint auch der Erwerb der Nominalflexion wichtig. Man versteht unter Nominalflexion die Deklination der Substantive, Artikel, Pronomen und Adjektive. In der Zweiwortphase können schon Äußerungen mit Pluralformen auftreten. Diese sind meist noch fehlerhaft. Für das Erlernen der Pluralformen ist eine lange Zeitspanne nötig, die weit bis in die Schulzeit hineinreichen kann. Man kann insgesamt sagen, dass das grammatische Geschlecht der Substantive schnell und weitgehend fehlerlos erworben wird. Das Gleiche gilt auch für die Verbkonjugationen. Dagegen verläuft der Erwerb der Kasusmarkierungen langsam. Man findet dort noch viele Fehler. Es kommt dabei häufig zu einer Übergeneralisierung von Nominativ und Akkusativ. Ebenfalls gibt es häufig eine Übergeneralisierung bei der Plural- und Vergangenheitsform.
In der Dreiwortphase werden neben den Vergangenheits- und Zukunftsformen auch die wesentlichen Verbstellungen des Deutschen erworben. Verneinungen und Fragen werden korrekt geäußert. (vgl. Volmert 19993: 228-230)
Das Kind baut im Verlauf seiner weiteren Entwicklung sein sprachliches System weiter aus. So ist das Kind dann nach einiger Zeit in der Lage, seine Wünsche und Intentionen mit Hilfe der Sprache zu formulieren. Die grammatikalischen Fähigkeiten wachsen und hängen stark von der jeweiligen Sprache ab.
Spracherwerbsstile
Wenn wir uns die Theorien und die verschiedenen Phasen des Spracherwerbs anschauen, fällt auf, dass dieser Vorgang immer so dargestellt wird, als wenn er für alle Kinder gleich verläuft. Neuere Untersuchungen haben aber herausgefunden, dass es beim Spracherwerb individuelle Unterschiede gibt, die sich nicht nur darauf beschränken, dass einzelne Kinder die grammatischen Strukturen schneller oder langsamer erwerben als angenommen. (vgl. Szagun 19966: 235) Man hat festgestellt, dass Kinder auch unterschiedliche Strategien zum Spracherwerb anwenden. Diese individuellen Unterschiede können als Spracherwerbsstile verstanden werden. (vgl. Szagun 19966: 247ff)
Schon 1973 wiesen erste Untersuchungen der Sprachwissenschaftlerin Nelson darauf hin, dass Kinder offensichtlich auf unterschiedlichen Wegen in die Sprache finden, d.h. dass sie verschiedene Spracherwerbsstrategien bevorzugen. Gleichzeitig hat sie festgestellt, dass auch bei den Müttern bestimmte Interaktionsstile zu finden sind. Aufgrund der Untersuchungsergebnisse teilte Nelson die Kinder in zwei verschiedene Gruppen ein, nämlich in die sogenannte „referentielle“ Gruppe bzw. in die „expressive Gruppe“. Bei der referentiellen Gruppe fiel ihr auf, dass sich die Kinder in ihren Handlungen und verbalen Äußerungen überwiegend auf Objekte in ihrer Umwelt bezogen. Diese Kinder lernten zu fünfzig Prozent Nomen, während die andere Gruppe von Kindern mehr Pronomen und viele stereotype Ausdrücke wie „stop it“ benutzte. Diese expressive Gruppe nahm vorwiegend Bezug auf Menschen, sich selbst und andere. (1)
Nelson wollte nicht nur herausfinden, ob Kinder unterschiedliche Strategien anwenden, sondern auch, ob sich maternale Interaktionsstile auf das Sprachelernen auswirken. Am Ende der Untersuchung unterschied sie bei den Müttern nach zwei verschiedenen Interaktionsstilen. Zum einen gab es einen verbalen maternalen Stil, den sie einen direktiven, am Verhalten des Kindes orientierten Stil nannte. Bei diesem Stil wurden viele Befehle, Instruktionen und Aufforderungen, aber nur wenige Fragen an das Kind gerichtet. Auffällig war, dass diese Kinder wenig Kontakt mit anderen Erwachsenen hatten und wenig ausgingen. Nelson kam zu dem Schluss, dass dieser aufdringliche Stil sich negativ auf die Sprachentwicklung auswirkt. Der akzeptierende, objektorientierte Stil dagegen wirkt sich ihrer Meinung nach positiv auf die Sprachentwicklung des Kindes aus. Mütter die diesen Stil praktizierten, richteten in der Untersuchung viele Fragen und akzeptierende Äußerungen an das Kind. Akzeptierend war der Stil auch insofern, als er dem Thema des Kindes folgte. Inhaltlich bezogen sich Äußerungen auf eine Sache, nicht auf das Verhalten des Kindes. (vgl. Szagun 19966: 234ff)
Eine spätere Studie von Bloom et al. im Jahre 1975 kam zu ähnlichen Ergebnissen, allerdings wurden die Interaktionsformen der Mütter außer Acht gelassen. Die untersuchten vier Kinder wurden am Ende der Untersuchung ebenfalls in zwei verschiedene Gruppen eingeteilt. Die sogenannten pronominalen Kinder fanden ihren Einstieg in die Grammatik über den Gebrauch von pronominalen Formen und Funktionswörtern, während die sogenannten nominalen Kinder den Einstieg über den Gebrauch von Nomen und anderen Inhaltswörtern schafften. Diese unterschiedlichen Strategien waren aber nur während der Zeit des ganz frühen Spracherwerbs zu beobachten. Als sich das MLU 2,5 näherte, traten diese unterschiedlichen Herangehensweisen nicht mehr auf und die Kinder holten auf der jeweils weniger präferierten Strategie auf. (2) (vgl. Szagun 19966: 239)
Die eben dargestellten Untersuchungen gehören zu den bekanntesten ihrer Art. Szagun fasst noch eine Reihe weiterer Untersuchungen zusammen, um die Herangehensweisen bzw. Strategien genauer zu charakterisieren. (vgl. Szagun 19966: 240f) Sie weist darauf hin, dass diese Untersuchungen vielfach ähnliche oder sich ergänzende Ergebnisse gebracht haben, wenn auch die Benennung für die Charakterisierung der Unterschiede teilweise unterschiedlich sei. In den Untersuchungen von Nelson und Bloom beispielsweise sind die Bezeichnungen für die zwei unterschiedlichen Herangehensweisen an den Spacherwerb „referentiell“ bei Nelson bzw. „nominal“ bei Bloom auf der einen Seite. Auf der anderen Seite stehen „expressiv“ bei Nelson und „pronominal“ bei Bloom. Allerdings entsprechen sich „referentiell“ und „nominal“ sowie „expressiv“ und „pronominal“ nicht exakt. Bates et al. fassen dagegen die jeweiligen Charakteristika neutraler als „Strang 1“ und „Strang 2“ zusammen. (vgl. Szagun 19966: 240f) Szagun ist den neutralen Bezeichnungen von Bates gefolgt und hat die Charakteristika der individuellen Unterschiede im Spracherwerb in tabellarischer Form zusammengestellt. Sie trennt dabei nach semantischen, grammatischen, pragmatischen und phonologischen Aspekten der Sprache. (vgl. Szagun 19966: 245)
Zusammenstellung individueller Unterschiede im Spracherwerb (nach Bates et al., 1988)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Zusammenfassend kann man sagen, dass die Kinder aus der Gruppe des ersten Stranges eher analysierend und informationsverarbeitend an die Sprache herangehen. Das bedeutet, dass die Kinder Elemente zerlegen und hinterher wieder zusammensetzen. Diese analytische Strategie gilt als der schnellere Weg in die Sprache. Die Herangehensweise der Gruppe des zweiten Stranges ist keine analytische, sondern auf allen Ebenen eine ganzheitliche oder auch holistische Strategie. Auf jedem Strang liegt somit eine bestimmte Qualität zugrunde, aber es ist wichtig zu betonen, dass jeder Weg in die Sprache die gleiche Qualität hat. Diese verschiedenen Strategien kann man auch als Spracherwerbsstile bezeichnen. Um von einem Stil zu sprechen, müssen bestimmte Faktoren vorliegen. Szagun weist auf Shore hin, der meint, dass ein Stil zunächst einmal eine bestimmte Qualität hat, die ihn von einem anderen Stil unterscheidet und alternativ dazu ist. Weiterhin muss ein Stil sowohl dauerhaft als auch ein generalisiertes Verhalten sein, das über viele Einzelverhaltensweisen und Bereiche zu finden ist. Verschiedene Untersuchungen von Bates et al. haben gezeigt, dass man bei den Strategien des Spracherwerbs durchaus von Verhaltensstilen sprechen kann. Man muss allerdings beachten, dass man Verhaltensstile auf keinen Fall mit Entwicklungsniveau verwechseln darf. Kinder, deren Spracherwerbsstile man untersucht, sollten daher in ihrer Sprachentwicklung immer auf dem gleichen Niveau sein. (vgl. Szagun 19966: 247-251)
Da individuelle Kinder offenbar unterschiedlich an den Spracherwerb herangehen, kann man sagen, dass sie unterschiedliche Spracherwerbsstile praktizieren. Trotzdem darf man den Spracherwerbsstil eines Kindes nicht als ausschließlich analytisch oder ausschließlich holistisch sehen. Kinder bewegen sich in der Regel auf der analytischen und auf der holistischen Dimension, lediglich der Umfang variiert. Es ist aber nicht von der Intelligenz abhängig, welche Strategie ein Kind als dominierenden Stil wählt. Weiterführende Untersuchungen weisen darauf hin, dass analytische bzw. holistische Herangehensweisen nicht nur im Spracherwerb zu finden sind, sondern auch in anderen kognitiven Bereichen. Sie haben weiterhin ergeben, dass Geschlecht, Geschwisterrang und soziale Schicht ebenfalls in keiner Beziehung zum gewählten Stil stehen. Lediglich beim Temperament konnte man eine schwache Beziehung zwischen sozialer Ansprechbarkeit und dem expressiven Stil erkennen. (vgl. Szagun 19966: 251ff) Wie schon Nelson vermutete, hat allerdings die soziale Interaktion einen Einfluss auf die Spracherwerbsstile. Verschiedene Untersuchungen zeigen, dass es offenbar einen Zusammenhang zwischen maternalen Interaktionsstilen und kindlichen Sprachstilen gibt. Leider geben sie aber keinerlei Auskunft über die Richtung des Einflusses. So könnte es beispielsweise sein, dass nicht der Sprachstil der Mutter den des Kindes beeinflusst, sondern umgekehrt. Möglich wäre auch, dass sich Mutter und Kind gegenseitig beeinflussen. An dieser Stelle lösen wir uns von den Spracherwerbsstilen der Kinder sowie den maternalen Interaktionsstilen und wenden uns der Sprache zu, die Kinder ganz zu Anfang ihrer Sprachentwicklung hören. Diese Sprache nennt man „die an das Kind gerichtete Sprache“, kurz: KGS.
Die an das Kind gerichtete Sprache (KGS)
Viele Untersuchungen haben sich in der Vergangenheit mit der Frage beschäftigt, welchen Einfluss der sprachliche Input aus der Umwelt auf Kinder während des Spracherwerbsprozesses hat. Kleine Kinder im Alter zwischen ca. 1;0 und 3;0 hören zu Beginn dieser Zeit überwiegend die Sprache Erwachsener oder auch älterer Kinder. Es wurde festgestellt, dass diese an das Kind gerichtete Sprache (KGS) einige Besonderheiten aufweist. (vgl. Szagun 19966: 206ff) Wir konzentrieren uns in diesem Kapitel wirklich ausschließlich auf die KGS und nicht auf die Aspekte spezieller Sprache, die an Babys gerichtet wird.
Ein wichtiger Punkt ist, dass KGS nicht nur von Müttern bzw. engen Bezugspersonen von Kindern angewandt wird, sondern auch von Menschen, die keine oder nur wenig Erfahrung mit kleinen Kindern haben. Unterschiede gibt es allerdings in kultureller Hinsicht und zwar hauptsächlich in der Art der an das Kind gerichteten Sprache. Man hat beispielsweise festgestellt, dass amerikanisch sprechende Mütter und spanisch sprechende Mütter unterschiedliche prosodische Merkmale in ihrer Sprache bevorzugen, wenn sie mit ihrem Kind reden. Weiterhin gibt es auch Kulturen in denen KGS überhaupt nicht gebraucht wird. In diesen Kulturen richten Erwachsene selten ihre Sprache direkt an kleine Kinder, denn sie gelten nicht als angemessene Gesprächspartner. Trotzdem hat man bei den jeweiligen Untersuchungen herausgefunden, dass die Kinder dieser Gesellschaften ihre jeweilige Muttersprache ebenso erwerben, wie die Kinder die KGS hören. Das führt man darauf zurück, dass die Kinder der Kulturen ohne KGS in das Leben der Familie integriert sind und sehr viele Gespräche der anderen Familienmitglieder hören. (vgl. Szagun 19966: 206ff)
Neben den kulturellen Unterschieden wurde auch der Gebrauch von KGS in Abhängigkeit von sozialer Schichtzugehörigkeit untersucht. In einigen Untersuchungen wurden keine schichtabhängigen Unterschiede entdeckt, während z.B. Kaye & Charney (1981) wohl unterschiedliche individuelle Sprachstile entdeckten, die aber in keiner regelmäßigen Beziehung zur sozialen Schicht standen. Eine andere Untersuchung fand zwar bei Mittelschicht-Müttern mehr Erweiterungen und deiktische Ausdrücke, aber weniger Imperative und Modalverben als bei Unterschicht-Müttern, allerdings lagen hauptsächlich Daten zur KGS bei Mittelschicht-Müttern vor. Man kann also festhalten, dass die Frage nach der Abhängigkeit zur Schichtzughörigkeit, zumindest zu diesem Zeitpunkt, nicht eindeutig beantwortet werden kann. (vgl. Szagun 19966: 214f)
Eindeutiger sind die Ergebnisse von Untersuchungen, wenn es um die Tatsache geht, dass die Ausprägung der KGS situationsabhängig ist. Aufgrund der Situationsabhängigkeit warnt Szagun davor, KGS uneingeschränkt als Gesamtpaket der „Sprache, die man kleinen Kindern gegenüber anwendet“, zu betrachten. Sie ist vielmehr der Ansicht, dass diese Ergebnisse darauf hinweisen könnten, dass KGS das Produkt spezifischer Interaktionen zwischen Mutter und Kind ist und gebraucht wird, wenn die kommunikative Situation einen solchen Code im Interesse der besseren Kommunikation erfordert. Sicher ist, dass in Situationen wie „freies Spiel“, „sich unterhalten“ und „Bücher lesen“ die Sprache komplexer ist als in Situationen wie „anziehen“, „baden“ und „essen“. Bei den letztgenannten Situationen kommt es darauf an, dass das Kind Instruktionen zu Handlungen möglichst schnell und eindeutig versteht, d.h. eine besondere Komplexität der Sprache wäre vermutlich eher hinderlich. Beim freien Spiel, in der Unterhaltung oder beim Bücherlesen sind dagegen Zeit und Spielraum zu vielerlei Vorstellungen gegeben. (vgl. Szagun 19966: 214)
Was sind nun aber die sprachlichen Besonderheiten der KGS? Szagun fasst die Charakteristika sehr schön in der folgenden Tabelle zusammen. (Szagun 19966: 209)
Merkmale der Prosodie:
langsamere Sprechgeschwindigkeit
Erkennbarkeit der Segmentation
größere Flüssigkeit im Sprechen
Sprechen in höherer Tonlage
größerer Frequenzbereich der Tonhöhe
Komplexitätsmerkmale:
erhöhte Anzahl der Äußerungen
geringere durchschnittliche Äußerungslänge (MLU)
weniger komplexe Sätze
weniger Modifikationen
weniger Vergangenheitsformen der Verben
weniger Wörter vor dem Hauptverb
Teile von Äußerungen
weniger Konjunktionen
viele Imperative
viele Fragen
Einwortäußerungen
weniger Funktionswörter
viele Inhaltswörter
mehr starke als schwache Verben
Charakteristika der Redunanz
geringerer Abstraktheitsgrad der Normen
Wiederholungen von Satzteilen und ganzen Sätzen
inhaltliche Wiederholungen
Zusammenfassend kann man sagen, dass Erwachsene eine systematisch vereinfachte Sprache an kleine Kinder richten. Warum wird aber diese vereinfachte Sprache produziert und wodurch wird sie hervorgerufen. Einige Untersuchungen heben die syntaxlehrende Funktion dieser Sprache hervor, während andere sich gegen diese Funktion wenden. Weitgehend einig ist man sich allerdings darüber, dass die vereinfachte Sprache sicherstellen soll, dass die Kommunikation zwischen (erwachsenem) Sprecher und dem kleinen Kind klappt. Durch eine gelungene Kommunikation soll gleichzeitig Zuneigung ausgedrückt werden, außerdem wird das Kind in seiner noch unvollkommenen sprachlichen Kommunikationsfähigkeit ernst genommen. Zusätzlich müssen auch noch momentane Interaktionsprozesse als auslösend für die Produktion von KGS angesehen werden. Sicherlich wird sie aber nicht mit der Absicht zu lehren gesprochen, auch scheint sie nicht zwingend notwendig für den Spracherwerb zu sein. Ob KGS überhaupt eine lehrende Form hat, bleibt umstritten. Trotzdem gibt es bestimmte Aspekte dieser Sprache, die in Zusammenhang mit Aspekten der kindlichen Sprachentwicklung stehen, auch wenn es für die Erklärung der Zusammenhänge unterschiedliche Meinungen gibt. So scheinen insbesondere Fragen und Erweiterungen den Spracherwerb günstig zu beeinflussen, ebenso wie die Häufigkeit grammatischer Strukturen. Auch das Aufgreifen des Themas des Kindes ist förderlich. Man muss allerdings auch betonen, dass neben den positiven Effekten der KGS auf kleine Kinder und deren Sprachentwicklung auch mangelnde Effekte beobachtet wurden. (vgl. Szagun 19966: 216ff)
In diesem Kapitel war von einer besonderen Sprache die Rede, die sich an kleine Kinder richtet. Im zweiten Teil unserer Arbeit werden wir uns aber noch einmal mit der Sprache befassen, die Kinder im Spracherwerbsprozess verwenden bzw. mit deren Spracherwerbsstilen.
Angewandte Theorie
Beobachtungen zu Spracherwerbsstilen
Nachdem wir uns im ersten Teil unserer Arbeit eher theoretisch mit dem Thema Spracherwerb befasst haben, möchten wir uns im zweiten Teil der praktischen Seite nähern. Unser „Bobachtungsobjekt“ Marian ist fünfzehn Monate alt und demnach mitten in der kindlichen Spracherwerbsphase.
Vorab war es natürlich wichtig, zu klären, was wir überhaupt beobachten wollen. Besonders interessant beim Verfassen des theoretisch orientierten Teils fanden wir die Theorien über die Spracherwerbsstile (vgl. Teil I, Kapitel 2.4.). Aus diesem Grund wollten wir herausfinden, ob Marian einem bestimmten Spracherwerbsstil zuzuordnen ist. Wir nahmen uns vor, die Tabelle zur Zusammenstellung individueller Unterschiede im Spracherwerb nach Bates et al. (siehe Seite 19) systematisch abzuarbeiten. Sollte man Marian eher dem Strang 1 zuordnen können, so könnte man davon ausgehen, dass er eher analytisch an den Spracherwerb herangeht. Wenn er allerdings eher in das Schema des zweiten Stranges passen würde, hätte er vermutlich eine holistische Herangehensweise. Wie wir bereits gehört haben, muss man aber beachten, dass in der Regel kein Kind streng analytische oder streng holistische Strategien bevorzugt. Wir mussten also von Anfang an davon ausgehen, dass er einen Spracherwerbsstil dominierend nutzt, während der andere weniger dominierend ist. Den Interaktionsstil der Bezugsperson(en) wollten wir außer Acht lassen.
Im ersten Schritt haben wir uns angesehen, welche Wörter Marian aktiv gebraucht und wie er sie benutzt. Zum Beobachtungszeitpunkt ist er in der Einwortphase und sagt ca. 30 Wörter (zum Teil Vokalisierungen), allerdings versteht er erwartungsgemäß mehr. Wie wir wissen, ist immer wieder beobachtet worden, dass Kinder sehr viel früher Wörter verstehen, als sie sie produzieren. Studien haben ergeben, dass Kinder im Alter von elf Monaten durchschnittlich um die 50 Wörter verstehen, während es mit sechzehn Monaten schon mehr als 169 Wörter sein sollen.(Szagun 19966: 101) Wir empfanden es aber als sehr schwierig, den Umfang des passiven Wortschatzes festzustellen. Oftmals erschließt Marian den Sinn eines Satzes nämlich nicht nur über die Bedeutung der Wörter. Wenn man sich mit ihm beschäftigt, benutzt man unwillkürlich Hilfssysteme, wie z.B. Gesten. Zum Beispiel sagt man Zieh mal deine Schuhe an in Kombination mit einem Fingerzeig auf seinen Fuß. Marian kennt das Wort Schuh und weiß auch, dass diese an die Füße gehören. Wir konnten aber nicht feststellen, ob er genau weiß, was anziehen bedeutet. Er bringt Schuhe bzw. das Anziehen von Schuhen mit Spazierengehen in Verbindung. Das bedeutet, wenn man das Wort Schuhe erwähnt, ist er schon von vorneherein daran interessiert, sie anzuziehen, damit er nach draußen gehen kann. Die Frage nach dem aktiven Wortschatz war zum Glück leichter zu beantworten. Wie bereits erwähnt, konnten wir zum Beobachtungszeitpunkt ca. 30 Wörter zu Marians aktivem Wortschatz zählen. In erster Linie handelt es sich bei diesen Wörtern um Nomen, er benutzt lediglich ein einziges Verb (baden) und nur zwei Adjektive (warm und bäh). Untersuchungen haben bestätigt, dass das frühe Vokabular von Kindern zu einem großen Teil aus Nomen besteht, während Adjektive, Präpositionen, Fragewörter und Artikel erst allmählich erworben werden. Bei den Verben werden in der Regel Aktionswörter relativ früh benutzt. Das heißt Kinder gebrauchen zuerst Verben, die eigene Bewegungen ausdrücken, und erst danach solche Verben, die involvieren, dass man kausale Wirkung versteht, wie etwa geben oder öffnen. Das Verb baden symbolisiert für Marian eine bekannte Aktion. Er badet offensichtlich sehr gerne und häufig, ganz egal ob im Schwimmbad, im Meer oder in der Badewanne. Aber auch Zähneputzen, die Gießkanne oder das Badezimmer werden als baden bezeichnet. Auch die Adjektive, die von Kindern schon recht früh im zweiten Lebensjahr benutzt werden, stammen meistens aus dem unmittelbaren Erfahrungsbereich der Kinder. Sie beschreiben meistens Zustände wie nass, kalt oder heiß. Erst im dritten Lebensjahr werden auch innere Zustände benannt. (vgl. Szagun 19966: 100) Marian benutzt das Adjektiv warm, wenn z.B. der Kachelofen oder die Wärmflasche warm sind und er sie berührt. Er scheint auch den Unterschied zwischen warm und heiß zu kennen. Berührt er den Kachelofen wenn er nicht mehr warm, sondern schon heiß ist, hebt er den Zeigefinger zur Warnung. Das Wort heiß gebraucht er zum Beobachtungszeitpunkt allerdings nicht. Auch in anderen Bereichen drückt er sich durch Gesten aus. Zum einen deutet Marian natürlich auf Gegenstände, zum anderen benutzt er Mimik oder Zeichensprache. Wenn er Musik hören möchte, wackelt er rhythmisch mit dem Kopf und zeigt auf die Stereoanlage. Das Nomen Mu für Musik ist leider wieder aus seinem Sprachschatz verschwunden.
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