Petrarcas Bewunderung für Cicero ist ein wichtiges Moment seiner Begeisterung für die Antike, denn für ihn ist jener neben Vergil das größte Vorbild. Ein anschauliches Beispiel bildet der zitierte Ausschnitt, der aus seinen Altersbriefen, den Seniles, stammt und die Verbrennung seiner lateinischen Lieblingsbücher durch den Vater referiert. Nicht nur weil die Niederschrift erst Jahre nach dem Erlebnis erfolgte, sondern auch weil es sich bei der väterlichen Verachtung scheinbar nutzloser Bücher um einen beliebten (antiken) Topos handelt , darf an dem historischen Wahrheitsgehalt sicherlich gezweifelt werden. Dennoch gibt es Gründe, weshalb Petrarca dieses Erlebnis fingiert und seinen Lesern präsentiert. Die Erzählung gilt nämlich als Symbol seiner leidenschaftlichen, fast sinnlichen Hingabe (zumindest während der Jugendjahre) und Rezeption der antiken Literatur, insbesondere Cicero und Vergil.
Diese umfassende Begeisterung steht in einem krassen Widerspruch zu der kritischen Haltung, die Petrarca in seinen Briefen an Cicero vertritt. In den Familares XXIV, 3 und XXIV, 4 betont Petrarca zwar stets die stilistische Brillanz und den Intellekt Ciceros, zugleich liefert er aber ein vernichtendes, in Teilen sehr modern anmutendes Urteil über Cicero. Dieser habe sein Leben nicht an seinen eigenen idealistischen Maßstäben orientiert und sich im höchsten Maße unphilosophisch verhalten. Sowohl seine politische Tätigkeit als auch sein Verhalten gegenüber Vertrauten wäre bestimmt gewesen von emotionalen Schwankungen ohne Rücksicht auf Rationalität.
Wo liegen die Gründe für diesen Sinneswandel und die vernichtende Kritik Petrarcas an seinem großen Vorbild?
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Textgrundlage
- Textausschnitt
- Übersetzung
- Analyse der Textgrundlage
- Einordnung in das Œuvre Petrarcas
- Die Sprache und der Stil Petrarcas
- Petrarca als Vertrauter Ciceros
- Petrarcas Vorwürfe an Cicero
- Die emotionale Empörung Petrarcas
- Die Intention des Briefes
- historische Bewertung der Persönlichkeit
- Persönliche Auseinandersetzung mit Cicero
- Die Funktion der Briefform
- Petrarca und die Briefe Ciceros
- Der Brief als Ausdruck von Individualität
- Fazit
- Literaturverzeichnis
- Primärliteratur
- Hilfsmittel
- Sekundärliteratur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht Petrarcas Brief an Cicero (Familiares XXIV, 3) und beleuchtet die komplexe Beziehung zwischen dem italienischen Dichter und seinem römischen Vorbild. Die Analyse konzentriert sich auf Petrarcas Kritik an Ciceros Lebensführung und beleuchtet die Gründe für diesen Sinneswandel. Dabei werden insbesondere Petrarcas Rezeption von Ciceros privaten Briefen und die Rolle der Briefform in dieser Auseinandersetzung beleuchtet.
- Petrarcas Rezeption von Ciceros Briefen
- Die Funktion der Briefform als literarische Selbstdarstellung
- Die Kritik an Ciceros Lebensführung und seine Abweichung von den stoischen Idealen
- Petrarcas Vermenschlichung Ciceros und die Herausstellung seiner Widersprüchlichkeit
- Die Bedeutung von Petrarcas Briefen für die Entwicklung des humanistischen Menschenbildes
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel führt in die Thematik ein und stellt den Hintergrund der Arbeit vor. Es werden die wichtigsten Punkte von Petrarcas Bewunderung für Cicero und der kritischen Betrachtung seines Lebens dargestellt. Im zweiten Kapitel wird die Textgrundlage, bestehend aus einem Textausschnitt aus Petrarcas Brief an Cicero und dessen Übersetzung, präsentiert. Das dritte Kapitel analysiert die Textgrundlage, wobei die Einordnung in das Œuvre Petrarcas, die Sprache und der Stil sowie die Kritik an Ciceros Verhalten im Fokus stehen. Das vierte Kapitel befasst sich mit der Intention des Briefes, insbesondere mit der historischen Bewertung Ciceros und der persönlichen Auseinandersetzung Petrarcas mit ihm. Im fünften Kapitel wird die Funktion der Briefform beleuchtet, wobei die Rezeption der Briefe Ciceros und die Rolle der Briefform als Ausdruck von Individualität im Mittelpunkt stehen. Abschließend bietet das sechste Kapitel ein Fazit und fasst die wichtigsten Erkenntnisse der Arbeit zusammen.
Schlüsselwörter
Petrarca, Cicero, Familiares, Briefform, Humanismus, Antike, stoische Ideale, Rezeption, Individualität, literarische Selbstdarstellung, historische Bewertung.
- Quote paper
- Sören Witt (Author), 2012, Petrarcas Begegnung mit einem Ideal der Antike in seinem Brief an Cicero (Familiares XXIV, 3) , Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/230531