Eros-/Amor-Darstellungen in der klassizistischen Plastik


Hausarbeit (Hauptseminar), 2003

21 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Hintergründe zum Verständnis der Eros-/Amor- Darstellungen in der klassizistischen Plastik
2.1 Kunsttheoretische Voraussetzungen für die klassizistische Plastik
2.2 Eros und seine Einbettung in die griechische Mythologie
2.3 Der Mythos um Amor und Psyche

3. Beispiele für Eros-/Amor-Darstellungen in der klassizistischen Plastik
3.1 Bertel Thorvaldsen
3.2 Antonio Canova
3.3 Johann Heinrich Dannecker
3.4 Johann Gottfried Schadow

4. Abschließende Betrachtungen

5. Literaturangaben

6. Bildverzeichnis

1. Einleitung

Die Antike war für den Klassizismus von entscheidender Bedeutung. Um aber ihren Einfluss richtig einordnen zu können, ist ein Blick auf ihre Bedeutung in den verschiedenen vorangegangenen Kunstströmungen nötig:

Im Humanismus und in der Renaissance wurde die Antike historisch erkannt und als goldenes Zeitalter präsentiert. Die Werke orientierten sich am neuen Vorbild, blieben jedoch größtenteils Ausdruck ihrer Zeit, und bewahrten damit ihren eigenen Stil.

Im Barock dienten antike Skulpturen und Gestalten vorrangig als Dekoration und wirkten im öffentlichen Leben, insbesondere in dem des Hofes.

In der Mitte des 18. Jahrhunderts erfuhr die Bedeutung der Antike jedoch eine entscheidende Wende: Johann Joachim Winckelmann forderte ihre bedingungslose Nachahmung.

2. Hintergründe zum Verständnis der Eros-/Amor-Darstellungen in der klassizistischen Plastik

2.1 Kunsttheoretische Vorraussetzungen für die klassizistische Plastik

Der Archäologe und Kunstgelehrte Johann Joachim Winckelmann wurde am 9. Dezember 1717 in der altmärkischen Stadt Stendal geboren. Er studierte Theologie, Naturwissenschaft und Philosophie. In den Jahren 1743 bis 1748 übte er den Lehrerberuf in Seehausen aus. Als Bibliothekar des Grafen von Bünau in Nöthnitz bei Dresden entwickelte er seine Auffassung von der antiken Kunst. So verfasste er 1755 die programmatische Schrift „Gedanken über die Nachahmung der griechischen Werke in der Malerei und Bildhauerkunst“, welche für den Klassizismus in Deutschland wegweisend wurde. Im gleichen Jahr reiste er nach Rom, wo er zunächst im Dienst des Kardinals Albani stand. Seit 1763 oblag ihm die Aufsicht über die Altertümer in und um Rom. 1764 erschien sein Hauptwerk „Geschichte der Kunst des Altertums“, mit der er die klassische Archäologie und neuere Kunstwissenschaft begründete. Sein Hauptaugenmerk in dieser Schrift galt der griechischen Antike. Mit seinem Griechenlandbild wurde Winckelmann zum Schöpfer des Schönheitsideals der deutschen Klassik, wie es Goethe, Schiller, Herder und Hegel in Literatur und Philosophie vertraten.

In seinen kunsttheoretische Schriften konzentrierte sich der Kunstgelehrte „auf die Bildende Kunst und die Darstellung des Menschen, da nur in der Menschengestalt das Edelste gezeigt werden könne. Winckelmann stellt die Antike – er meint das klassische Griechentum - als das ewig Gültige, als das Vollkommene vor. Die griechische Skulptur gibt er vor allem als Beispiel an, in ihm scheint ihm die Natur als Idee in höchstem Maße erfasst, einzig in ihr sucht er die moralische Kraft des Menschen zu zeigen. Darum sein Eifer, wieder so zu schaffen wie die Antike.“[1] Winckelmann legte mit diesen Gedanken und seinen Schriften also den Grundstein für die klassizistischen Bildhauer seiner Zeit.

Johann Joachim Winckelmann wurde am 8. Juni 1768 in Triest von Räubern ermordet.

2.2 Eros und seine Einbettung in die griechische Mythologie

Eros, Sohn der Aphrodite[2] und des Ares[3] und Gatte der Psyche, ist in der griechischen Mythologie der Gott der Liebe, wobei er aber wie die Mutter Symbol der lustbetonten Liebe ist. Eros war ursprünglich ein hübscher, junger Mann, der oft blumenbekränzt dargestellt wurde. Erst später begann er, Pfeile in die Herzen der Leute zu schießen, sodass sie sich verliebten, und noch später wurde er als Engelskind abgebildet. Seine Attribute sind also Pfeil, Köcher, Bogen.

Eros ist mit dem römischen Amor gleichzusetzen, der im Kindesalter auch als Cupido bekannt ist.

2.3 Der Mythos um Amor und Psyche

Da der Mythos um den griechischen Liebesgott und seine Gemahlin Psyche von entscheidender Bedeutung für die Eros-/Amor-Darstellungen in der klassizistischen Plastik war, möchte ich hier kurz auf diesen eingehen.

Der römische Schriftsteller Lucius Apuleius[4] schrieb den Roman „Metamorphosen“[5], in dessen Handlung zahlreiche Novellen eingeflochten sind, darunter auch das Märchen von „Amor und Psyche“.

Die Königstochter Psyche war so schön, dass die Menschen ihr und nicht mehr der Liebesgöttin Aphrodite huldigten. So befahl die Göttin ihrem Sohn Eros, die Nebenbuhlerin in ein hässliches Geschöpf zu verwandeln. Eros jedoch verliebte sich beim Anblick Psyches sofort und konnte dem Befehl seiner Mutter nicht mehr folgen. Als Psyches Vater dem Apoll ein Opfer darbrachte, ließ ihn Eros durch einen Orakelspruch wissen, die Tochter müsse sich, zur Hochzeit bereitet, allein

auf eine einsame Bergspitze begeben. Von dort aber wurde Psyche durch eine sanfte Brise des Zephiros, des Westwindes, in ein verzaubertes Tal getragen, wo ein herrliches Schloss stand. Als Psyche dort nachts im Bett lag, legte sich Eros in menschlicher Gestalt zu ihr und liebte sie. Er versprach ihr, jede Nacht wiederzukommen, doch sie dürfe nie versuchen herauszufinden, wer er sei. Psyche liebte den Unbekannten, wünschte sich aber nach einiger Zeit, ihre beiden Schwestern wiederzusehen, da sie sich tagsüber langweilte. Widerwillig gab Eros ihrer Bitte nach und ließ die Schwestern vom Westwind herbeitragen. Diese waren jedoch voller Neid auf den schönen Palast. Sie drängten Psyche, endlich herauszufinden, wer ihr Geliebter sei. So ging sie in der folgenden Nacht mit einer Lampe und einem Dolch ins Bett. Als Eros eingeschlafen war, entzündete sie die Lampe und hielt den Dolch stoßbereit in der Hand für den Fall, dass der ihr Unbekannte ein Untier war, wie die Schwestern vermutet hatten. Doch Psyche wurde von der Schönheit des Geliebten so ergriffen, dass ihre Hand zu zittern begann und etwas vom Öl der Lampe auf Eros’ Körper tropfte. Der Gott erwachte und flog davon. Psyche suchte den Geliebten lange Zeit überall auf der Welt. Sie kam sogar in die Gewalt Aphrodites, für die sie gefährliche und schwierige Arbeiten ausführen musste, bei denen ihr aber Eros half, der sie immer noch liebte. So vereinte Zeus schließlich die beiden Liebenden, und Hermes geleitete Psyche zum Olymp, wo sie die Gattin des Liebesgottes wurde, und durch einen Trank die Unsterblichkeit erlangte.

3. Beispiele für Eros-/Amor-Darstellungen in der klassizistischen Plastik

3.1 Bertel Thorvaldsen

Der einflussreiche dänische Bildhauer Thorvaldsen wurde am 19. November 1770 in Kopenhagen geboren. Er studierte an der dortigen Kunstakademie, und reiste 1796 als Stipendiat nach Rom, wo er - mit Unterbrechungen - bis 1838 blieb. Bertel Thorvaldsen starb am 24.03.1844 in Kopenhagen.

Sein Aufenthalt in der Hauptstadt Rom war insofern von großer Bedeutung für sein Schaffen, da Winckelmann hier seine Kunsttheorie entwickelte und Rom zu dieser Zeit neben Paris zum Zentrum der neuen Kunst geworden war. Thorvaldsen setzte sich also mit Winckelmanns Kunsttheorien und natürlich der Antike auseinander. „Vor allem für ihn als Bildhauer galten die Forderungen, dass die menschliche Gestalt in Stein oder Metall gebildet, nach dem Beispiel der Antike Würde und innere Größe ausdrücken solle und ihr schönes Ebenmaß als sittliches Vorbild dienen, ein ruhiges Standmotiv den Charakter der Seele schildern müsse.“[6] In seinem Schaffen war die Antike alleiniges Vorbild und einzige Inspirationsquelle. Seine Marmorplastiken behandelten zumeist Themen aus der antiken Mythologie. Diese Plastiken zeichneten sich vor allem durch klare Umrissformen und eine idealisierte Gesichtsbildung aus.

Mit seiner um 1814 entstandenen Plastik „Amor triumphans“[7] lieferte Thorvaldsen ein Meisterwerk des Klassizismus. Der 137 cm große Amor ist hier auf einem rechteckigen Sockel und aus weißem Marmor dargestellt. Die erhaben, ja nahezu majestätisch wirkende Statue wurde von Fürst Nicolaus Esterhazy bei Thorvaldsen bestellt und war bei diesem von 1819 bis 1922 in Arbeit. Amor ist bei diesem Werk als Jüngling mit einem Kranz im lockigen Haar und mit Flügeln dargestellt. Seine erhabene Haltung ergibt sich aus der Situation: Der Liebesgott blickt auf seine rechte erhobene Hand, in der er einen Pfeil hält. Dieser Pfeil wird so zum Mittelpunkt der Skulptur und zieht die Blicke des Betrachters auf sich.

In seiner rechten, nach unten gestreckten Hand hält Amor die Lyra – ein Attribut des Apollo. Weiterhin liegen ihm der Donnerkeil des Jupiter und der Helm des Mars wie Trophäen zu Füßen.

An diesem Exemplar ist der Versuch der Umsetzung der von Winckelmann geforderten Nachahmung der „Alten“ besonders gut zu erkennen: die edle Kopf- wie auch gesamte Körperhaltung, der weiße Marmor und die Erhabenheit der dargestellten Figur. Interessant ist auch die gut gelungene Umsetzung der Forderung Winckelmanns, eine gewisse ‚Glattheit’ in der Skulptur zu erreichen. In seinen Gedanken über die Nachahmung der griechischen Werke schrieb der Kunsttheoretiker über die Skulpturen der alten Griechen: „Diese Meisterstücke zeigen uns eine Haut, die nicht angespannt, sondern sanft gezogen ist über ein gesundes Fleisch, welches dieselbe ohne schwülstige Ausdehnung füllet, und bei allen Beugungen der fleischigten Theile der Richtung derselben folget. Die Haut wirft niemahls, wie an unsern Körpern, besondere und von dem Fleisch getrennte kleine Falten.“[8] In diesem Punkt ist Thorvaldsen die Nachahmung der sogenannten Alten also sehr gut gelungen.

[...]


[1] Thorvaldsen/Bott: Bertel Thorvaldsen/Katalog Kunsthalle Köln 1977, S. 17

[2] griechische Göttin der Liebe, Schönheit und Fruchtbarkeit (lat. Venus)

[3] griechischer Gott des Krieges, Sohn des Zeus und der Hera (lat. Mars)

[4] um 125–180 n. Chr.

[5] auch unter dem Titel „Der goldene Esel“

[6] Thorvaldsen/Bott: Bertel Thorvaldsen/Katalog Kunsthalle Köln 1977, S.18/19

[7] siehe Anhang Abb. 1

[8] Johann Joachim Winckelmann: Gedancken über die Nachahmung der Griechischen Wercke, Vereinigung der Künstlerfreunde in Dresden: Jahresgabe, 1927, S.10

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Details

Titel
Eros-/Amor-Darstellungen in der klassizistischen Plastik
Hochschule
Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald  (Caspar-David-Friedrich Institut)
Veranstaltung
Ikonografie
Note
1,5
Autor
Jahr
2003
Seiten
21
Katalognummer
V23055
ISBN (eBook)
9783638262545
ISBN (Buch)
9783638759731
Dateigröße
1327 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Eros-/Amor-Darstellungen, Plastik, Ikonografie
Arbeit zitieren
Lysann Hofmann (Autor:in), 2003, Eros-/Amor-Darstellungen in der klassizistischen Plastik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/23055

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