Der Nahostkonflikt von 1947-1963


Term Paper (Advanced seminar), 2012

21 Pages, Grade: 1,3


Excerpt


1.Einleitung

“The tragedy of the people of Palestine is that their country was “given” by a foreign power to another people for the creation of a new state.”[1] So äußerte sich der britische Philosoph Bertrand Russel wenige Tage vor seinem Tod in seiner letzten offiziellen Erklärung zum Nahostkonflikt, indem er versuchte den Konflikt in möglichst wenige Worte zu fassen. Aber ist es wirklich möglich, den Nahostkonflikt, den Rolf Steininger als „den Dauerkonflikt“ und den „Nahen Osten als die Krisenregion schlechthin“[2] bezeichnet, in einer solch kurzen Losung zusammen zu fassen? Die klare Antwort muss „Nein“ lauten.

Der Nahostkonflikt in der heutigen Form ist über ein Jahrhundert durch verschiedenste Faktoren begründet und beeinflusst worden, der Grundstein wurde bereits vor circa 2000 Jahren gelegt, als die Juden aus Palästina vertrieben wurden und die sogenannte Diaspora ihren Anfang nahm. Erst der unter Theodor Herzl entflammte Zionismus schaffte es, die Juden, die über die ganze Welt verteilt waren, wieder in Palästina zu vereinen. Die Einwanderung in die frühere Heimat begann Ende des 19. Jahrhunderts. Und bereits damals ergaben sich die ersten Probleme, denn Palästina war ein durchaus besiedeltes Gebiet. Die arabischstämmigen Palästinenser lebten seit mehr als 2000 Jahren in der Region und waren nicht bereit, ihre Heimat ohne weiteres zu räumen. So fand der Konflikt kürzest möglich zusammengefasst in der heutigen Form seinen Ursprung.

In der nun folgenden Arbeit werden vor allem die ersten Jahre des 1948 neu gegründeten Staates Israel als Heimstatt der Juden untersucht und analysiert. Zunächst soll ein kurzer Überblick über die Voraussetzungen, die als maßgeblich für die weitere Entwicklung des Konfliktes von 1947-1963 gesehen werden müssen, erlangt werden. Anschließend soll die Geschichte der zu beleuchtenden Zeit selbst im Mittelpunkt stehen, ehe sie am Ende der Arbeit analysiert werden wird.

2. Die Geschichte des Staates Israel von 1947-1963:

2.1. Die Voraussetzungen für die Schaffung des Staates Israel

Bis zur Proklamation des Staates Israel am 14. Mai 1948 durch David Ben Gurion waren mehrere Ereignisse notwendig, die den Weg bereiteten. Diese sollen nun kurz beleuchtet werden.

Als unumgänglich für die Staatsgründung Israels muss das Basler Programm der Zionistischen Weltorganisation unter Theodor Herzl von 1897 gesehen werden. Bereits 1896 hatte Herzl seine Denkschrift „Der Judenstaat“ veröffentlicht, welche jedoch auf geringe Resonanz stieß. Vom 29. -31. August 1897 sollte jedoch der erste Zionistenkongress in Basel stattfinden.[3] Die dort anwesenden Abgeordneten verabschiedeten schließlich das Baseler Programm, dessen Kernsatz folgender war: „ Der Zionismus erstrebt für das jüdische Volk die Schaffung einer öffentlich-rechtlich gesicherten Heimstätte in Palästina.“[4] Obwohl seine Denkschrift von 1896 kaum auf Resonanz stieß, hat es Herzl mit dem Zionisitischen Weltkongress und der Veröffentlichung des Basler Programms geschafft, die Diskussion um den Zionismus neu zu entfachen. Die Bedeutung jener Ereignisse vorherahnend, notierte er in sein Tagebuch: „ Fasse ich den Basler Congress in ein Wort zusammen – das ich mich hüten werde, öffentlich auszusprechen -, so ist es dieses: in Basel habe ich den Judenstaat gegründet. Wenn ich das heute laut sagte, würde mir ein universelles Gelächter antworten. Vielleicht in fünf Jahren, jedenfalls in fünfzig, wird es jeder einsehen.“[5]

Doch verdeutlichen weitere Einträge in Herzls Tagebuch die damalige Position der Zionisten auch hinsichtlich der arabischen Bewohner Palästinas: „Die arme Bevölkerung trachten wir unbemerkt über die Grenze zu schaffen, indem wir ihr in den Durchzugsländern Arbeit verschaffen, aber in unserem eigenen Lande jederlei Arbeit verweigern. Die besitzende Bevölkerung wird zu uns übergehen. Das Expropriationswerk muss – ebenso wie die Fortschaffung der Armen – mit Zartheit und Behutsamkeit erfolgen. Die Immobilienbesitzer sollen glauben, uns zu prellen, uns über den Wert zu verkaufen, aber zurückverkauft wird ihnen nichts.“[6]

In Folge des Basler Kongresses und des wiederaufkommenden Zionismus innerhalb der weltweit verstreuten Juden, begann der Zionistische Weltkongress eigene Fonds und gar eine eigene Bank zu errichten, die einzig den Zweck hatten, Gelder für den Rückkauf von Land zu generieren.[7] Erste Einwanderungswellen von Juden nach Palästina setzten ein und mit ihnen entstanden die ersten Konflikte. Die Tatsache, dass sich beide Bevölkerungsgruppen für die rechtmäßigen Bewohner Palästinas hielten und noch heute halten, bot schon damals genügend Raum für kleinere Konfrontationen.[8]

Dies sollte sich durch die - nach dem britischen Außenminister James Balfour benannte - Balfour Erklärung nicht verbessern. Die Kernaussage des Schriftstücks, dass von Balfour nach einer Abstimmung im britischen Parlament an den bekannten britischen Zionisten Lord Rothschild versandt wurde, lautete: „ Seiner Majestät Regierung betrachtet die Schaffung einer nationalen Heimstätte in Palästina für das jüdische Volk mit Wohlwollen und wird die größten Anstrengungen machen, um die Erreichung dieses Zieles zu erleichtern, wobei klar verstanden werde, dass nichts getan werden soll, was die bürgerlichen und religiösen Rechte bestehender nichtjüdischer Gemeinschaften in Palästina oder die Rechte und die politische Stellung der Juden in irgendeinem anderen Lande beeinträchtigen könnte.“[9]

Doch Großbritannien suchte lediglich nach Verbündeten und versuchte so jede Partei in der Region Palästinas durch Zusagen auf seine Seite zu ziehen. Hintergrund der undurchsichtigen Politik Großbritanniens war der erste Weltkrieg, im Zuge dessen sich der bisherige Besatzer Palästina, das Osmanische Reich, auf die Seite des Deutschen Reiches unter Wilhelm II. geschlagen hatte. Großbritannien versuchte seine Ansprüche in der Region so früh wie möglich geltend zu machen und verhandelte bereits vor Kriegsende mit den relevanten Parteien. So auch mit den arabischen Vertretern. Ein erst 1939 bekannt gewordener Brief zwischen dem britischen Hochkommissar in Ägypten und dem Scherifen von Mekka aus dem Jahr 1915 belegt dies. Der Hochkommissar McMahon sichert Scherif Hussein zu, „die Unabhängigkeit der Araber […] anzuerkennen und zu unterstützen.“[10]

Weitere Zusagen machte Großbritannien an Frankreich. Im sogenannten Sykes-Picot Abkommen vom 16. Mai 1916 wurde deutlich, dass Großbritannien auch nicht beabsichtigte, die Zusicherungen an den Scherifen von Mekka einzuhalten. Der britische Nahostexperte und der französische Generalkonsul verabredeten im Auftrag ihrer Regierungen eine Aufteilung der Region, die den Interessen beider Regierungen entsprechen sollte. Die Aufteilung ist der folgenden Abbildung zu entnehmen:

Abbildung 1[11]:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Großbritannien, das nach dem ersten Weltkrieg und der damit verbundenen Niederlage des Osmanischen Reiches, das Mandat über Palästina übernehmen sollte, hatte also mehrere Zusagen gemacht, die es unmöglich einhalten konnte.

Die Situation, in der sich Großbritannien 1922 bei der offiziellen Übernahme des Mandats vom Völkerbund befand, ist als kompliziert zu bezeichnen.[12] In der Völkerrechtsdeklaration wurden die Balfour-Erklärung und die damit verbundene Zusage der Errichtung einer jüdischen Heimstatt übernommen.[13]

Im Zeitraum von 1919-1931 wanderten ca. 120 000 Juden nach Palästina ein, wodurch es immer wieder zu gewaltsamen Konflikten zwischen Arabern und Juden kam. Einen deutlichen Anstieg der jüdischen Immigranten gab es ab 1932, verursacht durch die bevorstehende Machtergreifung der Nationalsozialisten in der Weimarer Republik. Zwischen 1932 und 1938 wanderten weitere 198 000 Juden nach Israel ein.[14] Unter dem Eindruck der immer größer werdenden Spannungen veröffentlichte der britische Mandatsträger am 17. Mai 1939 das Weißbuch für die Region Palästina. Dieses stellte einen radikalen Bruch in der britischen Politik gegenüber den Zionisten dar. So wird dort festgehalten:

„I/4: Die Regierung Seiner Majestät verkündet jetzt unzweideutig, daß es nicht ihre Politik ist, aus Palästina einen jüdischen Staat werden zu lassen. […]

I/10/1: Das Ziel der Regierung Seiner Majestät ist die Errichtung eines unabhängigen Palästina-Staates innerhalb von zehn Jahre, der Vertragsbeziehungen mit dem Vereinigten Königreich in der Weise hat, daß die wirtschaftlichen und strategischen Interessen beider Länder berücksichtigt werden.

I/10/2: In dem unabhängigen Staat sollen Araber und Juden gemeinsam in der Weise regieren, daß die wesentlichen Interessen jeder Gemeinschaft gesichert sind.“[15]

Großbritannien will nun also einen Staat für beide Gruppierungen schaffen und bricht mit der bisherigen Politik, zwei Staaten zu errichten. Bemerkenswert ist dies vor allem durch die Tatsache, dass der sogenannte Peel-Bericht von 1937, den die britische Regierung in Auftrag gegeben hatte, noch zu dem eindeutigen Ergebnis kam, dass nur eine Zwei-Staaten-Lösung infrage kommt.[16]

Weiter will Großbritannien die Einwanderung zunächst begrenzen und schließlich gänzlich untersagen:

[...]


[1] http://www.connexions.org/CxLibrary/Docs/CX5576-RussellMidEast.htm.

[2] Steininger, Rolf: Der Nahostkonflikt, Frankfurt am Main 2003, S. 2.

[3] Steininger, Rolf: Der Nahostkonflikt, Frankfurt am Main 2003, S. 6 f. .

[4] Tophoven, Rolf: Der israelisch-arabische Konflikt, Bonn 1990, S. 20.

[5] Nadel, Valeria: Die Gründung des Staates Israel, Osnabrück 2008, S. 17.

[6] Steininger, Rolf: Der Nahostkonflikt, Frankfurt am Main 2003, S. 8.

[7] Steininger, Rolf: Der Nahostkonflikt, Frankfurt am Main 2003, S. 9.

[8] Tophoven, Rolf: Der israelisch-arabische Konflikt, Bonn 1990, S. 21.

[9] Jaeger, Kinan/Tophoven, Rolf: Der Nahost-Konflikt – Dokumente, Kommentare, Meinungen, Bonn 2011, S. 46.

[10] http://www.bpb.de/internationales/asien/israel/45184/quellen?p=all.

[11] http://www.passia.org/palestine_facts/MAPS/1916-sykes-picot-agreement.html.

[12] Steininger, Rolf: Der Nahostkonflikt, Frankfurt am Main 2003, S. 11.

[13] Tophoven, Rolf: Der israelisch-arabische Konflikt, Bonn 1990, S. 24 f. .

[14] Steininger, Rolf: Der Nahostkonflikt, Frankfurt am Main 2003, S. 19 f. .

[15] Tophoven, Rolf: Der israelisch-arabische Konflikt, Bonn 1990, S. 27.

[16] Siehe hierzu: The Peel Comission Report (1937) in: http://www.jewishvirtuallibrary.org/jsource/History/peel1.html.

Excerpt out of 21 pages

Details

Title
Der Nahostkonflikt von 1947-1963
College
Friedrich-Alexander University Erlangen-Nuremberg
Grade
1,3
Author
Year
2012
Pages
21
Catalog Number
V230745
ISBN (eBook)
9783656469834
ISBN (Book)
9783656470250
File size
1382 KB
Language
German
Keywords
Israel, Palästina, Resolution 181, Arabische Liga, Teilungsplan, Unabhängigkeitskrieg, Suezkrise
Quote paper
Stefan Schmidt (Author), 2012, Der Nahostkonflikt von 1947-1963, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/230745

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