Sigmund Freuds Einfluss auf die Gesellschaftstheorie von Herbert Marcuse

Am Beispiel des Freudschen Instanzenmodells: Es, Ich und Über-Ich


Hausarbeit, 2013

22 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

0 Einleitung

1 Herbert Marcuse, die Frankfurter Schule und Freuds Schriften
1.1 Die Frankfurter Schule und Freuds Schriften
1.2 Herbert Marcuses und Freuds Psychoanalyse

2 Sigmund Freuds Psychoanalyse
2.1 Abriss des Freudschen Instanzenmodells: Es, Ich und Über-Ich
2.1.1 Das Es, das Ich und das Über-Ich

3 Die Gesellschaftstheorie Marcuses im Fokus des «Bewusstseins»

4 Einfluss Freuds in Herbert Marcuses Gesellschaftstheorie

5 Veränderungen die aus der Verbindung Marcuse und Freud bis ins 21. Jahrhundert reichen (exemplarisch)

6 Schlusswort

7 Quellenverzeichnis

0 Einleitung

Im Seminar Gesellschafts- und Kulturkritik wurde ich durch die Anfertigung meines Referats zur Person Herbert Marcuse und seinem Buch ,One-Dimensional Man´, auf mein Haus-arbeitsthema aufmerksam. Die Verflechtungen seiner gesellschaftskritischen Auseinander-setzung mit Marx Theorien und Freuds Psychoanalyse fielen mir dabei besonders auf. Ich konnte mir die Verbindung zwischen Marcuse und Freud nicht erklären und fand so das zu Grunde liegende Thema meiner Anfertigung. Ich möchte mich demnach mit dem Einfluss Sigmund Freuds in Herbert Marcuses Gesellschaftstheorie, nach wissenschaftlichen Anforderungen, auseinandersetzen und dabei den Schwerpunkt auf Freuds Instanzenmodell legen.

Herbert Marcuse, ein Philosoph und Mitbegründer des Instituts für Sozialforschung widmete sich 1955 in einem umfangreichen Essay den Theorien Sigmund Freuds und Verknüpft diese mit seiner Gesellschaftstheorie. Fast zehn Jahre später griff er erneut auf Verbindungen zu Freuds Theorien zurück und veröffentlichte 1964 ,The One-Dimensinal Man´. Was waren die Ursachen für diese Freudsche Auseinandersetzung und wie schafften die Theorien eines Neurologen den Weg an das Institut für Sozialforschung? Diesen Fragen wird die vor-liegende Untersuchung unter wissenschaftlichen Kriterien nachgehen und belegen.

Zu Beginn werden die geschichtlich Verbindungen aufgezeigt, die zwischen Herbert Marcuse, dem Institut für Sozialforschung und Sigmund Freud bestehen. Dabei wird die Verbindung der Frankfurter Schule mit Freuds Schriften und in welchem Rahmen Herbert Marcuse mit Freuds Psychoanalyse in Kontakt kam aufgezeigt. Das zweite Kapitel widmet sich der Freudschen Psychoanalyse unter dem Aspekt des Instanzenmodells, Ich, Es und Über-Ich´. Im darauf folgenden dritten Kapitel wird die Gesellschaftstheorie Marcuses im Fokus des «Bewusstseins» untersucht um aufzuzeigen, woher sich das Interesse an Freuds Schriften entwickelte. Das Kapitel 4 setzt sich mit dem Einfluss Freuds in Herbert Marcuses Gesellschaftstheorie auseinander und schließt im Kapitel 5 mit einer exemplarischen Aufführung der Veränderungen die aus der Verbindung Marcuse und Freud bis ins 21. Jahrhundert reichen ab. Im Schlusswort werden die Ergebnisse zusammengefasst.

Zur weiteren Verständigung werden an dieser Stelle zwei Begriffe angeführt, die im vorliegenden Text aufkommen und der Erklärung bedürfen. Zum einen ist das der Begriff des Lustprinzips und zum anderen der des Realitätsprinzips. Jene Begrifflichkeiten stammen von Sigmund Freuds Psychoanalyse und werden in den vereinzelten Kapiteln genannt.

Er hat die frühkindliche Entwicklung mit den beiden Begriffen Lustprinzip- und Realitätsprinzip beschrieben. Mit der Geburt kommt dem Säugling nur das Bedürfnis nach primitiver Triebbefriedigung, wie u.a. nach körperlicher Berührung und Vereinigung, in den Sinn. Damit untersteht, wie im Kapitel 2.1 beschrieben, die Erfüllung des Lustprinzips der unbewussten Instanz Es. Das Lustprinzip ist nach Freud demnach die unbewusste Erfüllung primitiver Bedürfnisse. Diesem Prinzip gegenüber steht das Realitätsprinzip. Damit die Entwicklung des Kindes auch in Erfahrung bringt, dass Bedürfnisse mal nicht befriedigt werden, wird ihm so die Realität, als eine die nicht beliebig, automatisch und grenzenlos entgegenkommt aufgezeigt. Demnach müssen wir, so lernt es das Kind bereits in seiner frühen Entwicklung, auf einen Teil unserer Wünsche und damit unserer Bedürfnis-befriedigung verzichten im Gegensatz dazu einen anderen Teil erfüllen zu können. Hierin sah Freud den Ursprung des Realitätsprinzips, nämlich in der Vernunft[1].

Im Rahmen dieser wissenschaftlichen Arbeit wird exemplarisch, am Beispiel der Verbindung Marcuses zu Freuds Instanzenmodell, ein Einblick gegeben, um aufzeigen zu können, dass sich Herbert Marcuse intensiv mit der Psychoanalyse bzw. deren Teilgebieten[2] auseinander-setzte und jene in seine Gesellschaftstheorie einbezog.

Es soll hierbei bereits angemerkt werden, dass diese Arbeit auf der Grundlage der Komplexität dieses Themas und dem begrenzten Umfang einer Seminararbeit, keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder Absolutheit erhebt.

1 Herbert Marcuse, die Frankfurter Schule und Freuds Schriften

Welche Verbindungen und Begebenheiten ermöglichen es, dass sich Herbert Marcuse mit den Schriften Sigmund Freuds kritisch auseinandersetzte und welche Rolle spielt dabei das Institut für Sozialforschung? Diesen Fragen wird im vorliegenden Kapitel nachgegangen.

Herbert Marcuse trat dem Institut für Sozialforschung[3], welches unter dem Namen „Frankfurter Schule“ weltweit bekannt wurde, bereits Anfang der dreißiger Jahre bei. Neben Erich Fromm und Max Horkheimer wird Marcuse als einer der Mitbegründer des Instituts, mit Sitz in Frankfurt am Main, genannt. Die sozialliberale Prägung Frankfurts ermöglichte u.a. die Errichtung und Einrichtung dieser Lehranstalt.1932 emigriert Marcuse, als Mitarbeiter, an die Außenstelle des Institut nach Genf und anschließend nach Paris, bis er 1934 nach New York auswandert. Hier befindet sich das emigrierte Institut für Sozialforschung, mit Räumlichkeiten an der Columbia-University, mit dem Herbert Marcuse weiterhin ein Arbeits-verhältnis pflegt[4]. Die Gründe für die Emigration der Hochschule lagen im Vorstoß des nationalsozialistischen Regimes. Mittels der Gestapo wurden dem Institut „staatsfeindliche Bestrebungen“ unterstellt. Ihre Tätigkeiten schienen keinen ersichtlichen Beitrag zur völkischen Wissenschaft leisten zu können, was die Schließung des Frankfurter Instituts 1933 zur Folge hatte. Vor allem war jenen politischen Kräften das liberale Konzept der Hochschule und das Leitbild, einer bürgerlichen Gleichberechtigung aller Konfessionen, welches auf Grund ihrer Glaubensrichtung, benachteiligten jüdischen Gelehrten, wie Herbert Marcuse, einen Arbeitsplatz bot, nicht tragbar[5].

Die Aufgabe, die sich das Institut auftrug, bestand mitunter darin, „ in wissenschaftlicher wie in praktischer Absicht um die „Kenntnis und Erkenntnis des sozialen Lebens in seinem ganzen Umfang“, um das Geflecht von „Wechselwirkungen zwischen der wirtschaftlichen Grundlage, den politisch-juristischen Faktoren bis zu den letzten Verästelungen des geistigen Lebens in Gemeinschaft und Gesellschaft (zu forschen)“[6]. Durch die Arbeit u.a. im Bereich der empirischen Sozialforschung und den geführten interdisziplinären Diskursen über jene Ergebnisse, setzte die Fakultät wichtige Akzente in der Sozialforschung[7].

Die Kritische Theorie, die am Institut für Sozialforschung ausgearbeitet wurde, ist dabei als eine Reaktion auf die sich zuspitzenden sozialen Konflikte in den zwanziger und dreißiger Jahren zu sehen[8].

1.1 Die Frankfurter Schule und Freuds Schriften

In der 24. Ausgabe des Jahres 1969 wird in der Zeitschrift ,Der Spiegel´ ein Bericht des Frankfurter Psychotherapeuten Alexander Mitscherlich, mit dem Titel „Geschäfte mit Freud“ veröffentlicht. Als Leiter des Sigmund-Freud-Instituts beschreibt der Autor des Artikels u.a. wie die Schriften Freuds in den Fokus der Frankfurter Schule und in das Interesse der Gesellschaft rückte[9].

Freuds Gesammelte Schriften in Umlauf zu bringen, erwies sich, nach den Ausführungen Mitscherlich, in den Jahren des Zweiten Weltkrieges als erschwert, denn Sonderkommandos der Gestapo beschlagnahmten und vernichteten 1936 alle im Reichsgebiet gelagerten Exemplare und nach dem Anschluss Österreichs, im Jahr 1938, auch die in Wien. Auf dem Büchermarkt wurden somit die Werke Freuds zu einer Rarität. Für Sigmund Freud bedeutete diese Vernichtung jedoch auch die Ausreiseerlaubnis in die Londoner Emigration. Hier fand sich bald ein englischer Verleger, welcher die Werke des Begründers der Psychoanalyse erneut veröffentlichte. Das Interesse an den Schriften Freuds war in Deutschland auch noch nach dem Krieg gering ausgeprägt, sodass die Nachfrage an einer vollständigen deutschen Gesamtausgabe kaum zu verzeichnen war. Dies änderte sich, als Philosophen und Soziologen an den Schriften Freuds Interesse bekundeten. Darunter befanden sich vor allem die Denker der Frankfurter Schule, wie Horkheimer, Adorno und Marcuse. Jenen galt das Interesse daran, Freud für ihre kritische Gesellschaftstheorie zu rezipieren. Damit wuchs auch das gesellschaftliche Interesse an Freud und seinen Schriften. Die Wiederentdeckung der Freudschen Schriften wurde jedoch durch die Veröffentlichung des Philosophen Herbert Marcuse mit seinem Buch ,Eros und Kultur´, welches in deutscher Sprache im Jahr 1957 erschienen ist, maßgeblich begünstigt. Darin setzt sich der Autor mit der Auffassung Freuds auseinander, die angibt, dass Kultur nicht ohne Triebverzicht denkbar sei, wohingegen Marcuse den Standpunkt vertritt, dass der Triebverzicht zu einer öffentlichen Neurose, „einer allgemeinen Zerrüttung"[10] führt. Dabei wendet Marcuse auch Freuds Lehre auf die automatisierte Zivilisation der Gegenwart an[11]. Ein Jahr zuvor setzte sich zudem der Frankfurter Sozialphilosoph Jürgen Habermas mit der gesellschaftskritischen Relevanz der Lehre Freuds auseinander und zwar in seinem Buch ,Erkenntnis und Interesse´: "Dieselben Konstellationen. die den einzelnen in die Neurose treiben, bewegen die Gesellschaft zur Errichtung von Institutionen. Das, was die Institutionen auszeichnet, macht zugleich ihre Ähnlichkeit mit pathologischen Formen aus."[12] Hervorgerufen durch das große Interesse der Frankfurter Schule an den Schriften Freuds und den daraus resultierenden Veröffent-lichungen, verhalf Freud erneut ins Gespräch zu kommen[13].

[...]


[1] Vgl. Spaemann, Robert: Erziehung oder: Lustprinzip und Realitätsprinzip. In: R. Spaemann, Moralische Grundbegriffe, Kap. 2, S.4.

[2] Teilgebiete Freuds Psychoanalyse: Sexualtheorie, Traumarbeit, Massenpsychologie und Ich-Analyse usw.

[3] Das Institut für Sozialforschung sollte ursprünglich den Namen Institut für Marxismus tragen.

[4] Vgl. Goethe Universität Frankfurt am Main (07.11.2011).

[5] Vgl. Friedeburg, Ludwig von (o.J.): Geschichte des Instituts für Sozialforschung.

[6] Friedeburg, Ludwig von (o.J.).

[7] Vgl. Ebd.

[8] Vgl. Schülein, Johann: Jenseits des Leistungsprinzips- Marcuse und Freud, In: Claussen, Detlev (Hrsg.): Spuren der Befreiung. Herbert Marcuse. Ein Materialienbuch zur Einführung in sein politisches Denken, Darmstadt 1981, S.117.

[9] Vgl. DER SPIEGEL, Ausgabe 24/1969: AUTOREN / EDITIONEN. Geschäfte mit Freud. SPIEGEL-Verlag Rudolf Augstein GmbH & Co. KG.; S.176.

[10] Vgl. DER SPIEGEL, Ausgabe 24/1969.; S.176.

[11] Vgl. DER SPIEGEL, Ausgabe 51/1959: FORSCHUNG / SIGMUND FREUD. Steig hinab, Moses. SPIEGEL-Verlag Rudolf Augstein GmbH & Co. KG.; S.62.

[12] DER SPIEGEL, Ausgabe 24/1969: AUTOREN / EDITIONEN. Geschäfte mit Freud. SPIEGEL-Verlag Rudolf Augstein GmbH & Co. KG.; S.176.

[13] vgl. DER SPIEGEL, Ausgabe 24/1969.; S.176.

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Details

Titel
Sigmund Freuds Einfluss auf die Gesellschaftstheorie von Herbert Marcuse
Untertitel
Am Beispiel des Freudschen Instanzenmodells: Es, Ich und Über-Ich
Hochschule
Hochschule Merseburg
Note
1,7
Autor
Jahr
2013
Seiten
22
Katalognummer
V230779
ISBN (eBook)
9783656465522
ISBN (Buch)
9783656468318
Dateigröße
833 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Marcuse, Freud, Gesellschaftstheorie, Psychoanalyse
Arbeit zitieren
B.A. Kultur- und Medienpädagoge Jana Immisch (Autor:in), 2013, Sigmund Freuds Einfluss auf die Gesellschaftstheorie von Herbert Marcuse, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/230779

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