Die Beziehungen der Europäischen Union (EU) zu Drittstaaten und internationalen Organisationen erschöpfen sich nicht in den medial prominent vertretenen sicherheits- und verteidigungspolitischen Aspekten und Bestrebungen zu einer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP). Von entscheidender Bedeutung im Mosaik der EU-Außenbeziehungen sind die wirtschaftlichen Außenbeziehungen. Spätestens seit der Osterweiterung im Jahr 2004 wurde die EU zum wichtigsten Handelsblock der Welt, bedingt durch die Größe ihres Binnenmarktes und ihrer Rolle im Welthandel (vgl. Meunier/ Nicolaïdis 2006: 908). Im Jahr 2011 war die EU mit einem Anteil von 16 Prozent am Weltexport und von 17 Prozent am Weltimport die bedeutendste Handelsmacht. Der Wert der Warenein- sowie Warenausfuhren steigt kontinuierlich an (vgl. Eurostat 2013). Aber auch die Vergemeinschaftung der Außenhandelspolitik trug zur Verhandlungsstärke der Union im bi- und multilateralen Handelsrahmen bei (vgl. Meunier/ Nicolaïdis 2006: 908f.). Erst durch sie kann die Union mit einer Stimme in der Außenhandelspolitik sprechen.
Einzigartig ist dabei, inwiefern im Bereich der bi- und multilateralen Handelspolitik Delegationsakte auf mehreren Ebenen stattfinden. Die Struktur dieser Delegationskette wurde mit dem Vertrag von Lissabon entscheidend verändert, indem dem Europäischen Parlament als Akteur in den Prozess ein faktisches Veto-Recht eingeräumt wurde. Ziel dieser Arbeit ist die Analyse der Veränderungen der Beziehungen im Akteursgefüge der vertraglichen EU-Außenhandelspolitik. Mithilfe des Prinzipal-Agenten-Ansatzes sollen die qualitativ unterschiedlichen Delegationsakte in diesem Politikbereich und Neuerungen durch den Lissabon-Vertrag beschrieben werden und diese Neuerungen am Beispiel des konkreten Freihandelsabkommens zwischen der EU und Kolumbien sowie Peru aufgezeigt werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Akteure in der Gemeinsamen EU-Außenhandelspolitik
- Theoretischer Ansatz: Prinzipal-Agenten-Modell
- Motivationen zu einer GHP
- Prinzipale und Agenten in der GHP nach Lissabon
- Makro-Delegationsketten in der GHP
- Verhältnis zwischen Kommission und Rat
- Stärkung des Europäischen Parlaments in der GHP
- Delegationsakte im Rahmen des EU-Peru/Kolumbien-Freihandelsabkommens
- Kontext: „Global Europe“-Strategie
- Mandatierung, Verhandlungen und Unterzeichnung
- Ratifikation durch das Europäische Parlament
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert die Veränderungen der Beziehungen im Akteursgefüge der vertraglichen EU-Außenhandelspolitik im Kontext des Vertrags von Lissabon. Mithilfe des Prinzipal-Agenten-Ansatzes werden die Delegationsakte in diesem Politikbereich und Neuerungen durch den Lissabon-Vertrag beschrieben. Diese Neuerungen werden am Beispiel eines konkreten Freihandelsabkommens aufgezeigt.
- Die Analyse des Prinzipal-Agenten-Modells im Kontext der EU-Außenhandelspolitik
- Die Rolle des Europäischen Parlaments als neu hinzugekommener Akteur im Verhandlungsprozess
- Die Auswirkungen des Vertrags von Lissabon auf die Delegationsakte in der EU-Außenhandelspolitik
- Die Beschreibung und Analyse der Delegationsakte im Rahmen eines konkreten Freihandelsabkommens (EU-Peru/Kolumbien)
- Die Untersuchung der Beziehungen zwischen Prinzipal und Agent im Kontext des Freihandelsabkommens
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Das Kapitel führt in die Thematik der EU-Außenhandelspolitik ein und beschreibt die Bedeutung des Themas im Kontext der EU-Außenbeziehungen. Die Arbeit stellt den Fokus auf die vertragliche EU-Außenhandelspolitik und das Prinzipal-Agenten-Modell als analytisches Instrument.
- Akteure in der Gemeinsamen EU-Außenhandelspolitik: Dieses Kapitel beschreibt die Akteure, die an der Gestaltung der EU-Außenhandelspolitik beteiligt sind, und stellt den theoretischen Ansatz des Prinzipal-Agenten-Modells vor. Es erläutert die Funktionsweise und Anwendung dieses Modells zur Analyse der Beziehungen zwischen Prinzipal und Agent in der EU-Außenhandelspolitik.
- Delegationsakte im Rahmen des EU-Peru/Kolumbien-Freihandelsabkommens: Dieses Kapitel untersucht die konkreten Delegationsakte im Rahmen des Freihandelsabkommens zwischen der EU, Peru und Kolumbien. Es beleuchtet den Kontext der "Global Europe"-Strategie, den Prozess der Mandatierung, Verhandlungen und Unterzeichnung sowie die Ratifikation durch das Europäische Parlament.
Schlüsselwörter
Die zentralen Schlüsselwörter dieser Arbeit umfassen: EU-Außenhandelspolitik, Prinzipal-Agenten-Modell, Delegationsakte, Vertrag von Lissabon, Freihandelsabkommen, Europäisches Parlament, Gemeinsame Handelspolitik, Global Europe-Strategie, EU-Peru/Kolumbien-Freihandelsabkommen.
- Citation du texte
- Enrico Günther (Auteur), 2013, Prinzipale und Agenten in der EU-Außenhandelspolitik nach Lissabon, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/230875