Gustav Schwabs „Penthesilea“. Rollenbilder, Hierarchien und Mythen


Trabajo Escrito, 2012

30 Páginas, Calificación: 2,0


Extracto


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Gustav Schwab

3. Gustav Schwabs „Die schönsten Sagen des klassischen Altertums“
3.1 Gliederung des Buches
3.2 Mythologisches Vorwissen der Leser
3.3 Die Absichten Schwabs
3.4 Die Methoden Schwabs bei der Bearbeitung der antiken Texte

4. Der Penthesilea-Mythos
4.1 Inhalt
4.2 Überlieferungs- und Rezeptionsgeschichte

5. Gustav Schwabs Erzählung „Penthesilea“
5.1 Unterschiede zu bisherigen Rezeptionen
5.2 Die gesellschaftspolitischen Standpunkte Schwabs
5.2.1.„Frauen sind dem Mann nicht gleichgestellt“
5.2.2.„Gesellschaftliche Hierarchien müssen eingehalten werden“
5.2.3.„Die antiken heidnischen Mythen besitzen keinen Wahrheitsanspruch“
5.2.4.„Die bürgerliche Republik stellt die zu bevorzugende Staatsform dar“
5.2.5.Schematische Übersicht

6. Zusammenfassung

7. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Das Motto einer Veranstaltung des deutschen Dramatikers Rolf Hochhuth auf der Leipziger Buchmesse 2011 lautete: „Als Dichter bist du auch ein Brandstifter.“ Diese Aussage verdeutlicht, dass Autoren in ihren Werken oftmals Meinungen transportieren und Standpunkte präsentieren. Dies gilt auch für Gustav Schwab und sein Buch „Die schönsten Sagen des klassischen Altertums.“ Da der Philologe einer der meistgelesenen Kinder- und Jugendbuchautoren des 19. und 20. Jahrhunderts ist, prägen seine Darstellungen der antiken Mythologie ganze Generationen. Umso interessanter ist es, die von Schwab in seinem Werk vertretenen gesellschaftspolitischen Standpunkten zu evaluieren und die zur Vermittlung derselben genutzten Methoden zu analysieren.

Damit die Positionen des Autors umfassend erörtert werden können, wird Schwab zu Beginn kurz vorgestellt und sich anschließend auf sein Werk „Die schönsten Sagen des klassischen Altertums“ konzentriert. Dabei wird zunächst die Gliederung des Werkes erläutert und anschließend das mytho- logische Vorwissen der Leser während der Veröffentlichung des Buches skizziert. Das anschließen- de Kapitel widmet sich den in den Vorworten formulierten Absichten von Schwab. Da zudem die Methoden des Philologen bei der Bearbeitung der antiken Texte bereits wesentliche Voraussetzun- gen für die Vermittlung seiner Standpunkte darstellen, werden diese ausführlich erläutert.

Damit die Positionen Schwabs konkretisiert werden können, wird eine Erzählung aus „Die schönsten Sagen des klassischen Altertums“ intensiv analysiert. Dafür wurde der Text „Penthesilea“ gewählt, da dieser exemplarisch für das Werk zahlreiche Standpunkte und Methoden widerspiegelt. Um ein umfassendes Verständnis zu gewährleisten, wird zunächst der Penthesilea-Mythos und anschließend dessen Rezeptions- und Überlieferungsgeschichte dargelegt. Daraufhin wird sich auf Schwabs Bearbeitung des Textes konzentriert, indem die Unterschiede zu den bisherigen Rezeptionen und die Veränderungen des Philologen detailliert erläutert werden. Darauf folgt die ausführliche Evaluation und Erörterung der gesellschaftspolitischen Standpunkte Gustav Schwabs sowie der angewendeten Methoden. Eine zusammenfassende schematische Übersicht schließt die Darstellung ab.

Damit ein größtmögliches Verständnis der Erörterungen gewährleistet werden kann, wird während der gesamten Abhandlung eine intensive Nähe zum Text gesucht und die Argumente stets mit Zitaten belegt.

Um die Darstellung so verständlich wie möglich zu gestalten, wird die moderne Schreibweise „Troja“ statt „Troia“ genutzt sowie die von Schwab gebrauchte Form „Penthesilea“ verwendet. Weiter- hin wurde auf den ursprünglichen Titel von Schwabs Werk „Die schönsten Sagen des klassischen Altertums nach seinen Dichtern und Erzählern“ verzichtet und lediglich die bekanntere Kurzform genutzt.

Um Missverständnissen vorzubeugen sei zudem erwähnt, dass der Begriff Mythos, der keinen historisch konstanten sondern sich verändernden Begriff darstellt,1 in dieser Abhandlung stets die antiken griechischen und römischen Sagen bezeichnet.

2. Gustav Schwab

Da in Gustav Schwabs Erzählung „Penthesilea“ den gesellschaftspolitischen Standpunkten des Au- tors große Bedeutung zukommt, soll dieser zunächst kurz vorgestellt werden. Gustav Schwab wurde am 19. Juni 1792 in Stuttgart geboren. Da sein Vater das Amt eines Geheimen Hofrates bekleidete und seine Mutter aus einer wohlhabenden Kaufmannsfamilie entstammt, wuchs Schwab in bildungsbürgerlichen Verhältnissen auf. Er besuchte das Gymnasium und studierte anschließend von 1809 bis 1814 in Tübingen Philosophie, Philologie und evangelische Theologie.

Nach seinem Studium wurde Schwab zunächst Vikar in Bernhausen auf den Fildern. Doch bereits im Jahr 1817 folgte Schwabs Ernennung zum Professor für alte Sprachen am Stuttgarter Gymnasi - um. Anschließend war der Philologe sehr aktiv im Literaturbetrieb tätig. So engagierte er sich seit 1825 für zwanzig Jahre bei den „Blätter[n] für literarische Unterhaltung“ des Verlages „F.A. Brock- haus Leipzig“. 1828 wird Schwab für zehn Jahre „in der Nachfolge von Wilhelm Hauff […] Redak- teur des poetischen Teils von Cottas 'Morgenblatt'.“2 Zudem gibt der Philologe von 1832 bis 1837 gemeinsam mit Adelbert von Chamisso den „Deutschen Muselalmanach“ heraus. 1837 übernahm Schwab dann eine Pfarrstelle im Dorf Gomaringen, 1841 wurde er Pfarrer und Amtsdekan in Stutt- gart und 1845 zum Oberkonsistorialrat und Oberstudienrat der höheren Schulen in Württemberg er- nannt. Aufgrund seiner Leistungen wurde dem Philologen im gleichen Jahr zudem die Ehrendoktor- würde der Universität Tübingen verliehen. Am 4. Juni 1850 verstarb Gustav Schwab in Stuttgart „um drei Uhr morgens an einem Herzanfall.“3

Große Bedeutung für die Literatur erlangte Schwab nicht nur durch seine Arbeit für verschiedene Zeitschriften, sondern auch als Förderer bis dahin unbekannter Schriftsteller wie Eduard Mörike, Wilhelm Hauff oder August von Platen.4 Darüber hinaus wurde Schwab selbst als Autor tätig und schrieb Gedichte und Romanzyklen und wird deshalb zur „schwäbischen Dichterschule“ gerechnet.5

Dabei warer überaus produktiv, „die bisher nachgewiesenen Beiträge in Taschenbüchern, Alma- nachen, Zeitschriften und Anthologien nehmen in Schwabs Schriftenverzeichnis allein mehrere Sei- ten ein.“6

Am prägendsten waren jedoch Schwabs Bearbeitungen antiker Erzählungen. Der Philologe hatte bereits 1836/1837 deutsche Sagen gesammelt und unter dem Titel „Buch der schönsten Geschichten und Sagen für Alt und Jung wieder erzählt“ veröffentlicht. Am erfolgreichsten war jedoch das drei- teilige, in den Jahren 1838 bis1840 erscheinende Werk „Die schönsten Sagen des klassischen Alter- tums“, mit dem Schwab seinen Lesern die zahlreichen antiken Sagen näher bringt und er sich den Ruf „eines liebenswürdigen Erzählers“7 erwarb. Die Darstellung des mythischen Stoffes war dabei so gelungen, dass Schwab bis weit in das 20. Jahrhundert der am meisten gelesene Autor antiker Sagen blieb.

3. Gustav Schwabs „Die schönsten Sagen des klassischen Altertums“

Damit beispielhaft am Text „Penthesilea“ gezeigt werden kann, dass Gustav Schwab in seinem Buch „Die schönsten Sagen des klassischen Altertums“ gesellschaftliche Positionen vermittelt, ist es zunächst nötig, dass die für das gesamte Werk geltenden Aussagen dargestellt werden. Dafür wird als erstes der Aufbau des Werkes kurz aufgeführt. Anschließend werden die bisherige Verbreitung mythologischer Inhalte im 19. Jahrhundert sowie die Absichten, die der Autor mit seiner Veröffentlichung antiker Sagen verfolgt, genannt. Da die vom Philologen bei der Bearbeitung der Originale angewendeten Methoden eine wesentliche Grundlage für die Analyse des konkreten Textes darstellen, werden diese abschließend ausführlich erläutert.

3.1 Gliederung des Buches

„Die schönsten Sagen des klassischen Altertums“ veröffentlicht Gustav Schwab in den Jahren 1838 bis 1840. Damit ist der Philologe einer der Ersten, der die zahlreichen, von verschiedenen antiken Autoren verfassten und deshalb zerstreuten Sagen sammelte und zu einer zusammenhängenden Geschichte verbindet. So verwendet Schwab nach eigenen Angaben Texte von Homer, Vergil sowie von den „berühmtesten Dichter[n] des griechischen und römischen Altertums, Sophokles, Euripides, Horaz, Ovid u.a.“8. Außerdem nennt der Philologe noch die Autoren Pindar, Quintus, Dictys Cretensis und Dares Phrygius als Quellen. Damit gelingt ihm nicht nur eine der frühesten Sammlungen und Übersetzungen antiker Mythen, sondern auch eine der umfassendsten. Die große Leistung Schwabs ist zudem darin begründet, dass es ihm gelingt, die gesamten Sagen in einem einheitlichen Erzählstil wiederzugeben und dennoch zugleich eine größtmögliche Nähe zum griechischen oder lateinischen Original zu bewahren. Der Philologe ist bestrebt, „den allgemeinen Ton der Darstellung abzulauschen und dessen Färbung […] beizubehalten.“9

Dabei traf Schwab bei der Präsentation der antiken Texte eine Grundsatzentscheidung hinsichtlich der Anordnung der antiken Sagen. So geht der Philologe bei der Abfolge der antiken Texte nach dem Prinzip der inhaltlichen Chronologie vor. Das heißt, dass er die literarische Historizität zugunsten einer aufeinander aufbauenden Gesamtgeschichte vernachlässigt. Aus diesem Grund beginnen „Die schönsten Sagen des klassischen Altertums“ mit der Entstehung der Welt, die im PrometheusMythos beschrieben ist, und orientieren sich „in vorgeschichtlicher Zeit an der fiktionalen Generationenabfolge der Sagengestalten […] bis zum Eintritt in die Geschichte“10, der mit der mythischen Gründung Roms durch Aeneis erreicht ist. Dass die zusammengefügten Original-Texte nicht in dieser Reihenfolge entstanden sind, wird von Schwab nicht berücksichtigt.

Aufgrund der beabsichtigten inhaltlichen Chronologie gliedert der Philologe „Die schönsten Sagen des klassischen Altertums“ in drei Teile. Der erste Teil besteht aus sechs Büchern und enthält Sagen, die vor dem Trojanischen Krieg spielen. Der zweite Teil, gegliedert in fünf Bücher, gibt unter dem gleichnamigen Titel die „Sagen Trojas von seiner Erbauung bis zu seinem Untergang“ wieder. Der dritte und abschließende Teil besteht wiederum aus sechs Büchern und beschreibt, wie die Helden des Trojanischen Krieges in ihre Heimat zurückgelangen.

3.2 Mythologisches Vorwissen der Leser

Als Gustav Schwab „Die schönsten Sagen des klassischen Altertums“ von 1838 bis 1840 veröffentlicht, war das deutsche Leserpublikum bereits an die Lektüre mythologischer Inhalte gewöhnt, da die Literatur ebenso wie die bildenden Künste, die Malerei und die Architektur nachhaltig vom Neohellenismus geprägt war. Dieser wurde Mitte des 18. Jahrhunderts von Winckelmann initiiert und proklamierte das Ideal von griechischer Schönheit und Sittlichkeit.

Ihren Höhepunkt fand die literarische Verwendung mythologischer Inhalte in der Weimarer Klassik.

Damit die Leser die Werke Goethes und Schillers aber auch verstehen konnten, benötigten sie mythologisches Hintergrundwissen. Dieses wurde durch zahlreiche im 18. und frühen 19. Jahrhundert publizierte mythologische Lexika vermittelt. Als bedeutendes Nachschlagewerk, besonders für die Autoren, kann dabei das bereits im Barock veröffentlichte und 1770 als Nachdruck publizierte „Gründliche Mythologische Lexikon“ von Benjamin Hederich genannt werden. Darüber hinaus existierten bereits mehrere Sammlungen antiker Sagen durch die Veröffentlichungen unter anderem von Karl Friedrich Becker, den Gebrüder Grimm oder Amalie Schoppe.11 Die mythologischen Inhalte waren demnach bereits bekannt, als Gustav Schwab „Die schönsten Sagen des klassischen Altertums“ herausgab. Dennoch schuf der Philologe ein Werk, dass „wegweisend für die weitere Rezeption antiker Mythologie in der deutschen Kinder- und Jugendliteratur“12 wurde und das „zu Recht als Klassiker der Kinder- und Jugendliteratur bezeichnet“13 wird.

3.3 Absichten von Schwab

Mit der Veröffentlichung von „Die schönsten Sagen des klassischen Altertums“ verfolgt Gustav Schwab konkrete Absichten, die er in den Vorworten zu seinem Werk benennt. So will der Philologe die antiken Schriften nahe bringen, betont dabei aber, dass diese Texte nicht dazu geeignet seien, „der Jugend gelegentlich historische, geographische und naturwissenschaftliche Kenntnisse beizubringen.“14 Zugleich macht Schwab deutlich, dass die Erzählungen nicht als moralische Lehrstücke missverstanden werden dürften. In der Antike sei zwar ebenfalls eine Moral vorhanden, diese sei jedoch den christlichen Werten unterlegen. Zur sittlichen Unterrichtung des Kindes oder Jugendlichen werden deshalb keine Exkurse im Buch selbst, sondern sollten vom Vater oder Lehrer erfolgen.15 Das für Schwab grundlegende Anliegen ist es daher, mit dem Nacherzählen der antiken Sagen dem Leser „eine angenehme und doch würdige Erholung zu verschaffen.“16 Dabei legt der Autor wert auf Vollständigkeit17, Überschaubarkeit18 und Sittlichkeit.19

Interessant sind neben diesen konkreten Absichten, die Schwab mit „Die schönsten Sagen des klas- sischen Altertums“ zu verwirklichen versucht, die Leserkreise, die der Philologe mit seinem Buch erreichen will. So spricht er im ersten Vorwort die jüngeren Leser an, im Vorwort zum zweiten Teil sollen die Texte „nicht nur der Jugend neu und interessant erscheinen, sondern auch manch älterem Leser,“20 und im Vorwort zum dritten Band schreibt der Autor an eine „Lesewelt, die zum großen Teil voraussichtlich aus Frauen und Kindern bestehen sollte.“21 Daraus wird ersichtlich, dass Schwab durch sein Werk große Teile der Bevölkerung, darunter insbesondere Kinder und Frauen, ansprechen will. Bei der Analyse des Textes „Penthesilea“ wird gezeigt werden, dass der Philologe versucht, vorrangig diesen Lesergruppen seine gesellschaftlichen Positionen zu vermitteln.

3.4 Methoden der Bearbeitung

Gustav Schwab will mit „Die schönsten Geschichten des klassischen Altertums“ zum einen die anti- ken Schriften erfahrbar machen, jedoch ergibt eine intensive Analyse der Texte, dass er zugleich versuchte auch Überzeugungen und Normen zu tradieren. Dafür wendet er bei der Bearbeitung der Original-Texte zahlreiche Verfahren an, die bewirken, dass er seine gesellschaftlichen Positionen dezent vermitteln kann. Daher werden nun die Methoden dargestellt, die Schwab bei der Bearbei- tung der Texte verwendet.

Die auffälligste Änderung der Original-Schriften durch Schwab ist in der literarischen Form erkennbar. So verwendet der Philologe die Prosa anstatt der originalen Verse. Dies begründet Schwab in seinem Vorwort zum ersten Band:

„Die innere lebendige Kraft dieser Bilder ist so groß, daß dieselbe nicht von der vollendeten Kunstgestalt abhängig erscheint, in der wir einen guten Teil je- ner Gebilde von den größten Dichtern verarbeitet besitzen, sondern daß die schlichteste Darstellung genügt, ihre Größe auch vor denjenigen zu entfalten, für welche die Kunstform eher ein Hindernis als eine Förderung des Verständ- nis sein muss.“22

Fast ebenso prägnant verändert Schwab die Texte dahingehend, dass er Anstößiges und Gewalttäti- ges reduziert und abschwächt oder sogar vollständig auslässt. Bei der folgenden Analyse der Erzäh- lung „Penthesilea“ wird diese Methode noch verdeutlicht werden können. Weiterhin ist festzustel- len, dass die auktoriale Erzählhaltung den Großteil des Werkes bestimmt, Schwab aber dennoch wiederholt die Figurenrede einfügt, um den Geschichten Lebendigkeit zu verleihen.

Als grundsätzliche Methoden der Bearbeitung der antiken Sagen sind zudem die bereits erläuterten Prinzipien der Chronologie und der möglichst großen Nähe zum Originaltext zu zählen.

Die antiken Mythen erzählt Schwab dann in kleineren, überschaubaren Abschnitten, sodass die „oft komplexe Erzählstruktur in eine geradlinige, […] möglichst einsträngige abgeändert“23 wird. Daher lässt Schwab die für die Handlung weniger wichtigen Nebenhandlungen aus und konzentriert sich auf die Darstellung der Gesamtgeschichte. Zudem kürzt er umfangreiche Kampfbeschreibungen, Abenteuerpassagen und Seefahrten; handlungsarme Szenen, die der Philologe nicht entfernt, wer- den dahingehend umgestaltet, dass das Erzähltempo und die Spannung deutlich gesteigert werden. Zu den genannten Methoden Schwabs kommen weitere hinzu, die lediglich nachvollziehbar sind, wenn man sich das 19. Jahrhundert als Zeitraum der Veröffentlichung des Werkes bewusst macht. So enthalten zahlreiche Kinder- und Jugendbücher dieser Zeit oftmals moralisierende oder didakti- sche Erklärungen, da sie neben der Unterhaltung auch die Aufgabe hatte ihre Leser zu belehren. Schwab hingegen verzichtet in „Die schönsten Sagen des klassischen Altertums“ auf ausführliche Erörterungen, sodass der Lesefluss ungestört bleibt. Als weiteres Herausstellungsmerkmal ist zu nennen, dass Schwab in seinen Texten deutlicher als im Original das Individuum betont und oftmals versucht, die Protagonisten und „Geschehnisse zu individualisieren.“24 Dies lässt sich auch mit den vom Philologen verwendeten Kapitelüberschriften nachweisen, da oftmals die in einer Geschichte handelnden Protagonisten für einen Abschnitt titelgebend sind. Als kleine Auswahl können „Jason und Pelias“, „Demophoon“, „Ödipus und Kreon“ oder „Penthesilea“ genannt werden sowie als wahrscheinlich deutlichster Beleg die Aeneis, bei der Schwab mit der Überschrift „Aeneas“ eindeu- tig die Betonung auf das Individuum legt. Durch diese Individualisierung der Erzählungen kann er Interesse beim bürgerlichen Lesepublikum hervorrufen, da er die Einzelpersonen sehr oft als Hel- den darstellt und bezeichnet und dies den Bedürfnissen einer sich individualisierenden und selbst- verwirklichenden Gesellschaft entspricht.

Des Weiteren bearbeitet Schwab die antiken Erzählungen dahingehend, dass er nur die Vorkomm- nisse übernimmt, die für den Leser seiner Zeit nachvollziehbar und von Interesse sind. Zum Bei- spiel lässt der Philologe in der Aeneis zahlreiche Passagen über mythologische Städtegründungen aus, die, zumindest seiner Auffassung nach, lediglich für das ursprünglich römische Publikum noch Relevanz besaßen.

Aufgrund dieser intensiven Bearbeitung der antiken Mythen durch Schwab wurden „Die schönsten Sagen des klassischen Altertums“ zu einem der erfolgreichsten Werke der Adoleszenz-Literatur: Die Texte waren gut lesbar, verständlich und als niveauvolle und zugleich unterhaltsame Lektüre für Kinder und Jugendliche geeignet. Daher konnte der Autor seine gesellschaftlichen Positionen einem breiten Publikum präsentieren.

[...]


1 Vgl. Matuschek (2007), 524f

2 Dambacher (1992), 8f

3 Ebd., 15

4 Vgl. Schillbach (1992), 76

5 Schulze (1914), 2

6 Schillbach (1992), 52

7 Schulze (1914), 200

8 Schwab (1986 B), 7

9 Ebd., 8

10 Evers (2001), 113

11 Vgl. Rutenfranz (2004), 74

12 Ebd., 137

13 Evers (2001), 10

14 Schwab (1986 A), 8

15 Vgl. ebd.

16 Ebd.

17 Vgl. Schwab (1986 B), 7; Vgl. Schwab (1986 C), 7

18 Vgl. Schwab (1986 B), 8

19 Vgl. Schwab (1986 A), 8; Vgl. Schwab (1986 C), 8

20 Schwab (1986 B), 7

21 Schwab (1986 C), 7

22 Schwab (1986 A), 7

23 Evers (2001), 141

24 Rutenfranz (2004), 168

Final del extracto de 30 páginas

Detalles

Título
Gustav Schwabs „Penthesilea“. Rollenbilder, Hierarchien und Mythen
Universidad
http://www.uni-jena.de/  (Institut für Germanistische Literaturwissenschaft)
Curso
Neuere Deutsche Literatur - Literatur und Mythologie
Calificación
2,0
Autor
Año
2012
Páginas
30
No. de catálogo
V230987
ISBN (Ebook)
9783656465706
ISBN (Libro)
9783656466543
Tamaño de fichero
579 KB
Idioma
Alemán
Notas
Auszug aus dem Gutachten: "Eine umfängliche Darstellung. Die Vorgehensweise Schwabs wird eindringlich analysiert und gut systematisiert."
Palabras clave
rollenbilder, hierarchien, mythen, gustav, schwabs, penthesilea, Sagen, klassischen, Altertums, schwab, sagen des klassischen altertums, mythologie, mythisch, absichten, methoden, antik, antike, mythos, überlieferung, rezeption, erzählung, standpunkte, gesellschaft, politisch, germanistik, germanistisch, literatur, literaturwissenschaft
Citar trabajo
Sebastian Silkatz (Autor), 2012, Gustav Schwabs „Penthesilea“. Rollenbilder, Hierarchien und Mythen, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/230987

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Título: Gustav Schwabs „Penthesilea“. Rollenbilder, Hierarchien und Mythen



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