Die wichtigsten Theorien zur zweiten Lautverschiebung


Hausarbeit, 1998

15 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

1. Zum Begriff der zweiten Lautverschiebung

2. Räumliche Eingrenzung

3. Inhalt der zweiten Lautverschiebung

4. Gesellschaftliche und politische Rahmenbedingungen
4.1. Die Siedlungsbewegungen der Germanenstämme
4.2. Das Frankenreich der Merowinger
4.3. Christianisierung

5. Die wichtigsten Theorien zur zweiten Lautverschiebung
5.1. Die Stammbaumtheorien
5.2. Die Wellentheorie
5.3. Die Entfaltungstheorie
5.4. Die soziopragmatischen Theorien
5.4.1. Ökonomie
5.4.2. Innovation
5.4.3. Variation
5.4.4. Evolution

6. BibliographieS

1 Zum Begriff der zweiten Lautverschiebung

Die zweite Lautverschiebung, welche oftmals auch die „hochdeutsche“ Lautverschiebung genannt wird, bezeichnet eine Veränderung im germanischen Konsonantismus. Allerdings sind von dieser Änderung nicht alle germanischen Dialekte betroffen, sondern lediglich das Oberdeutsche, zu dem alemannisch und bairisch gezählt wird, das mittelfränkische und das hochfränkische, zu dem rheinfränkisch, südrheinfränkisch und ostfränkisch gezählt wird.[1] Weiterhin von der zweiten Lautverschiebung betroffen war das Langobardische, welches jedoch später ausstarb. Da seit J. Grimm die Teilnahme an der zweiten Lautverschiebung als Kriterium gilt, welches erfüllt sein muß, um dem Hochdeutschen hinzugezählt zu werden, werden diese Dialekte bis zum heutigen Zeitpunkt auch als „hochdeutsche“ Dialekte bezeichnet. Der Beginn der zweiten Lautverschiebung ist in etwa im 6. Jhd. anzusetzen.[2] Die Durchsetzung der einzelnen konsonantischen Veränderungen, innerhalb der einzelnen Stammessprachen, vollzog sich in unterschiedlicher Intensität und Geschwindigkeit.[3] Im Hinblick auf die Herausbildung einer einheitlichen hochdeutschen Sprache, scheint die zweite Lautverschiebung bis zum heutigen Zeitpunkt noch nicht vollends abgeschlossen.[4]

2. Räumlich Eingrenzung

Aus den beteiligten Stammessprachen ergibt sich ein Grenzlinie, welche das Althochdeutsche, wie diese erste Form des Hochdeutschen bezeichnet wird, vom Niederdeutschen abtrennt. Sie beginnt bei Eupen, schneidet den Rhein südlich von Düsseldorf und verläuft weiter in Richtung Kassel – Magdeburg. Diese Grenzlinie wird auch als die „Benrather“ oder „maken/machen“- Linie bezeichnet. Weitaus schwieriger gestaltet sich die Abgrenzung nach Westen und Nordwesten, also in Richtung des Altfränkischen und Altniederländischen. Einige Zeugnisse, wie z. B. die Glossenüberlieferungen oder das Ludwiglied, zeugen davon, daß das Westfränkische auch jenseits der Sprachgrenze Einfluß nahm. In östlicher Richtung sorgten die expandierenden Siedlungsbewegungen der Baiern für eine weitere Verbreitung des Althochdeutschen. Die Zeugnisse des Langobardischen, südlich der Alpen, gelten als fraglich und lassen somit keine nähren Aussagen über dessen Verbreitung zu. Ganz allgemein kann man sagen, daß es wohl gerade zu Beginn der Lautverschiebung und somit des Althochdeutschen zu Überschneidungen in den Grenzgebieten kam, welche im zeitlichen Fortlauf immer mehr abnahmen und dadurch zu einer schärferen Abgrenzung führten.

3. Inhalt der zweiten Lautverschiebung

Von der zweiten Lautverschiebung betroffen sind vornehmlich die stimmlosen Verschlußlaute (Tenues) p, t und k. Aus ihnen entstanden in der Zeit des Althochdeutschen regelmäßig gedehnte Konsonanten, und zwar je nach der Stellung im Wort, entweder gedehnte Reibelaute (Spiranten), nämlich ff, zz ( = nhd. ss) und kch (d.h. ch-ch), oder die bis zu diesem Zeitpunkt nicht vorhandenen Verbindungen von Verschluß- und Reibelaut (Affrikaten) pf, z (=ts) und kh, ch (=kch). Stand im germanischen p, t, k im In- oder Auslaut eines Wortes nach Vokal, so entstanden die gedehnten Spiranten.[5] Wie bereits erwähnt, traten die Veränderungen nicht gleichzeitig in den betroffenen Gebieten ein. So läßt sich nach Stefan Sonderegger eine zeitliche Staffelung vornehmen: t ( 5./6. Jhd.) ; p ( 6./7. Jhd.) ; k (7./8. Jhd.).[6] Auch die räumliche Durchführung gestaltete sich äußerst uneinheitlich.

Die Verschiebung von p nach pf vollzog sich zunächst nahezu ausschließlich im Oberdeutschen Raum. Dagegen ergriff die Verschiebung von t zur Affrikata tz das gesamte hochdeutsche Sprachgebiet, d.h. das Ober- wie das Mitteldeutsche. Das k wurde zunächst nur in den südlicheren Teilen des Oberdeutschen zu dem Kehllaut kch (eine der damals möglichen orthographischen Darstellungsweisen) verschoben. In der Stellung nach einem Vokal sind diese drei Affrikaten, welche als Zwischenstufe gelten, gleichmäßig im gesamten hochdeutschen Sprachgebiet zur Doppelspirans verschoben worden, wobei diese im weiteren zeitlichen Verlauf, bei Labial und Guttural auch nach inlautender Konsonanz, außer m, bald als einfache Spirans eintraten.

Weiterhin betroffen sind die stimmhaften Verschlußlaute (Mediae) b, d, g. Die Verschiebung der Mediae erfolgte laut S. Sonderegger im 8./9. Jhd. Der Labial b erscheint im Oberdeutsch des älteren Althochdeutsch im allgemeinen als p. Schon in spätalthochdeutscher Zeit aber wird dieser Vorgang rückläufig. Nur in der Lautdopplung greift die Verschiebung rasch auf den gesamten hochdeutschen Raum über. Bei dem Dental d, welcher zunächst im oberdeutschen und im östlichen mitteldeutschen Raum in Richtung t verschoben wurde, gestaltete sich die Entwicklung in ähnlicher Weise. Die Verschiebung erfolgte im restlichen hochdeutschen Raum erst im Laufe der Zeit. In der Gemination und im Auslaut ist d von alters her im ganzen hochdeutschen Gebiet zu t verschoben.

Die geringste Durchsetzungskraft entwickelte die Verschiebung des Guttural g. Dieser wurde nur zögernd im älteren Oberdeutsch, anlautend und auslautend, zu einem k. Auch hier begann ab dem 10. Jhd. eine Rückentwicklung, welche zur Wiederherstellung des ursprünglichen Guttural führte. Lediglich in der Gemination (Konsonantendopplung) wurde das g im gesamten hochdeutschen Gebiet verschoben.[7]

Prinzipiell läßt sich festhalten, daß sowohl für die Mediae- als auch für die Tenuesverschiebung gilt, je weiter die Entwicklung zum Althochdeutschen hin, desto geringer werden die zu anfangs in den einzelnen Stämmen bestehenden Unterschiede.

In puncto Verschiebung der Mediae gibt es jedoch einige Kontroversen. So besteht für F.Tschirch kein Zweifel an der Zuordnung der Mediaeverschiebung zur zweiten Lautverschiebung.[8] S. Sonderegger stellt gar zwischen der ersten und der zweiten Lautverschiebung, zwar mit vereinzelter Differenzierung, rückbeziehend auf J. Grimm[9], eine schematische Gleichsetzung her und sieht in der hochdeutsche Lautverschiebung „...nichts anderes als die Wiederholung des gleichen Veränderungsprinzips, wie es schon in der ersten bzw. germanischen Lautverschiebung wirksam war, ...“.[10]

Andere Sprachwissenschaftler, wie z.b. H. Eggers, warnen ausdrücklich vor diesem Vergleich. Als Gründe hierfür führt er die Konsonantendopplung an, welche zwar in der zweiten, nicht aber in der ersten Lautverschiebung stattgefunden hat. Weiterhin hebt er hervor, daß sich, im Unterschied zur ersten, bei dem konsonantischen Wandel der zweiten Lautverschiebung die Artikulationsart ändert.[11]

4. Gesellschaftliche und politische Rahmenbedingungen

Ein weiterer Punkt, welcher für das Verständnis der Theorien zur zweiten Lautverschiebung wichtig ist, sind die gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen der einzelnen beteiligten Germanenstämme und des späteren hochdeutschen Raumes im Ganzen. Diese können hier natürlich nur sehr unvollständig wiedergegeben werden und beschränken sich auf die themenrelevanten Aspekte.

[...]


[1] siehe Besch, Reichmann, Sonderegger: Sprachgeschichte. Bd.2. Berlin; New York 1985. S. 983

[2] siehe Tschirch, Fritz: Geschichte der deutschen Sprache. Bd.1. Berlin 1966. S. 86

[3] siehe Kap. 3

[4] siehe Tschirch, Fritz: Geschichte der deutschen Sprache. Bd. 1. Berlin 1966. S. 86

[5] siehe Eggers, Hans: Deutsche Sprachchgeschichte. Bd.1. Reinbek 1986. S. 64 ff.

[6] siehe Sonderegger, Stefan: Grundzüge deutscher Sprache. Bd. 1. Berlin ; New York 1979

[7] siehe Tschirch, Fritz:Geschichte der deutschen Sprache. Bd 1. Berlin 1966. S. 86 ff.

[8] ebenda S.86 ff.

[9] siehe Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen 1822.

[10] siehe Sonderegger, Stefan: Grundzüge deutscher Sprachgeschichte. Bd.1. Berlin ; New York 1979. Kap. 3.4.4.

[11] siehe Eggers, Hans: Deutsche Sprachgeschichte. Bd. 1. Reinbek 1986. S. 66 ff.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Die wichtigsten Theorien zur zweiten Lautverschiebung
Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main  (Neuere Philologie)
Veranstaltung
Einführung in die Sprachwissenschaft (historisch)
Note
1,0
Autor
Jahr
1998
Seiten
15
Katalognummer
V231162
ISBN (eBook)
9783656475767
ISBN (Buch)
9783656476160
Dateigröße
481 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Hochdeutsche Lautverschiebung, zweite Lautverschiebung
Arbeit zitieren
Sven Zalac (Autor:in), 1998, Die wichtigsten Theorien zur zweiten Lautverschiebung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/231162

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Die wichtigsten Theorien zur zweiten Lautverschiebung



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden